Modellbildung mit Funktionen
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- Lioba Simen
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1 Modellbildung mit Funktionen am Beispiel quadratischer Funktionen 19. Mai 2009 Dr. Katja Krüger Universität Paderborn 1
2 Inhalt Modellieren als Prozess Ein Beispiel zur Modellierung der Reichweite von Erdgasreserven Quadratische Funktionen Weitere Anwendungsbeispiele 2
3 Modellieren als Prozess 3
4 Modellieren Ein Problem aus der Welt übersetzen wir in die Sprache der Mathematik. Dieses Übersetzen in ein mathematisches Modell geschieht in zwei Schritten: 1. Zuerst idealisieren i und vereinfachen wir, um von der realen Situation zu einem Realmodell zu kommen. Wir müssen dazu die Situation analysieren, uns Daten beschaffen und Annahmen und Vernachlässigungen machen. 2. Dieses von uns geschaffene Realmodell ll der betrachteten t Situation mathematisieren wir und erhalten so ein mathematisches Modell der Situation. 4
5 Deduzieren, Interpretieren und Validieren Innermathematisch ti h leiten wir Konsequenzen aus dem Modell ab, indem wir mit den Symbolen unserer mathematischen Sprache kalkulieren. (deduzieren). Die innermathematischen Konsequenzen müssen wir in die Wirklichkeit zurückübersetzen (interpretieren). Die so erhaltenen Ergebnisse müssen wir an der Ausgangssituation messen (validieren). Gegebenenfalls geht nun der Kreislauf von vorne los. 5
6 Metawissen des Anwendens (nach Fischer /Malle: Mensch und Mathematik 1985) Der Schüler soll erkennen, dass Anwenden von Mathematik tik ein Prozeß ist, der in der Bildung von Modellen besteht. Er soll Prozeßschritte kennen. Der Schüler soll erkennen, dass ein Modell von der repräsentierten Situation verschieden ist und diese im allgemeinen nur ausschnittsweise und ungenau beschreibt. Der Schüler soll die Sicherheit und Genauigkeit, mit denen durch mathematische Modelle Aussagen über die Realität gewonnen werden können, beurteilen können. Der Schüler soll erkennen, dass eine Situation durch verschiedene Modelle beschrieben werden kann, die u.u. einander widersprechen. Der Schüler soll erkennen, dass verschiedene Situationen durch ein Modell beschrieben werden können. Der Schüler soll Grenzen und Gefahren des Mathematisierens erkennen und eine kritische Einstellung zur Modellbildung erlangen. 6
7 Modellbildung und Manipulation Aus: Fischer / Malle: Mensch und Mathematik. BI-Verlag 1985, S
8 Modellierung der Reichweite von Erdgasreserven 8
9 Wer will was mit der Modellierung der Reichweite der Erdgasreserven erreichen und wozu? Energiekonzerne (BP, e.on, ) Wirtschaftsverbände Politik Erdgasfeld in der Nordsee Erdgas-Pipelines LNG-Tanker 9
10 Datenbeschaffung ernst nehmen! Internetrecherche (Google) zu Erdgasreserven & Reichweite von Erdgas Kurzstudie Wirtschaftsverband Erdöl und Erdgasgewinnung ev WEB 10
11 Nachgewiesene Nachgewiesene Reserven 2007 Gesamt: 177,36 Tm³ Nachgewiesene Erdgasreserven (BP): Dazu zählen im Allgemeinen Mengen, die nach geologischen und ingenieurtechnischen Informationen aller Wahrscheinlichkeit nach aus den heute bekannten Vorkommen und unter den derzeitigen wirtschaftlichen h und technischen h Bedingungen künftig gefördert werden können. 11
12 Nachgewiesene Reserven = sichere Reserven? Wie gewinnt man solche Wahrscheinlichkeitsangaben? 12
13 Entwicklung der nachgewiesenen nachgewiesenen Erdgasreserven Zum Vergleich 2004: 179,53 T m³ 2006: 176, 22 T m³ 13
14 Verlässliche Daten? Wie beim Erdöl weisen auch beim Erdgas kritische Stimmen darauf hin, dass die Zahlen der Energiekonzerne, aus denen die Endlichkeit der Ergas-Reserven Eg bereits klar hervorgeht, als zu optimistisch angesehen n werden können. Hierfür sei in erster Linie das Problem verantwortlich, dass sich die Höhe der Reserven positiv auf die Bilanzen und damit den Börsenwert der Unternehmen auswirkt und die Versuchung ggroß sei, im Zweifelsfall von höheren Reservebeständen auszugehen. Auch für die Förderländer von Erdgas wird angenommen, dass diese ein Interesse an hohen Reservebeständen hätten, um das Vordringen alternativer Energien einzudämmen. Wie beim Erdöl würde es auch beim Erdgas an objektiven Daten fehlen, da die vorhandenen Angaben in einem Umfeld ökonomischer und politischer Interessen gemacht werden. Bundeszentrale für politische Bildung p, g_ der_ nachgewiesenen _ ErdgasReserven.html 14
15 (Konventionelle) Erdgasreserven und -ressourcen Reserve Ressource Gesamtpotenzial t an Größe? Erdgas konstant Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (kurz BGR) definiert: Reserven als Teil des Gesamtpotenzials, der mit großer Genauigkeit erfasst wurde und mit den derzeitigen technischen Möglichkeiten wirtschaftlich gewonnen werden kann. Ressourcen als Teil des Gesamtpotenzials, der entweder nachgewiesen, aber derzeit nicht wirtschaftlich gewinnbar ist, oder geologisch noch nicht genau erfasst ist. 15
16 Kurzstudie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe unter 16
17 Modellbildung I Stark vereinfachende Annahmen Erdgasreserven konstant r Billionen m³ (Ende 2007) Erdgasverbrauch konstant v 3 Billionen m³/a Erdgasreserven r(t) in Abhängigkeit von der Zeit t (in Jahren) Linearer Zusammenhang r (t) = r 0 - v t Reichweite i t = r 0 / v 17
18 18
19 Standardmodell: Statische Reichweite von Erdgasreserven de/blob/images/c pdf 19
20 Steigender Erdgasverbrauch Aus: BGR-Energiestudie Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen 2007, S
21 Erdgasverbrauch stieg in 25 Jahren um 1,5 Billion m³ 21
22 Modellbildung II Vereinfachende Annahmen Erdgasreserven konstant r Billionen m³ Erdgasverbrauch steigt weiterhin gleichmäßig um 1,5 / 25 Billionen m³/ a Linearer Anstieg des Verbrauchs v + a t = 3 + 0,06 t Erdgasreserven r(t) in Abhängigkeit von der Zeit t (in Jahren) r (t) = r 0 v t vt ½ a t² ½at Quadratischer Zusammenhang r (t) = t 0,03 t² 22
23 Quadratischer Zusammenhang r (t) = t 0,03 t² Warum wird der weltweit wachsende Erdgasverbrauch bei der Modellierung der statischen Reichweite eigentlich nicht berücksichtigt? t? 23
24 Quadratische Funktionenn n 24
25 Begriff der quadratischen Funktion Eine reelle Funktion mit der Gleichung f(x) = a x² + b x + c a 0 heißt quadratische Funktion. Der Graph einer quadratischen Funktion ist eine Parabel. Der Parameter a bewirkt eine Streckung oder Stauchung der Parabel b bewirkt eine Verschiebung der Parabel c gibt den Schnittpunkt (0;c) des Funktionsgraphen mit der y-achse an 25
26 Scheitelpunkt einer Parabel Der Graph einer quadratischen Funktion f(x) = a x² + b x + c hat einen Scheitelpunkt S. Dieser hat die Koordinaten 2 b b S ; c 2a 4a 26
27 Die Parabel als Kegelschnitt Wenn die Schnittebene E die Kegelspitze nicht enthält, entsteht eine Parabel, wenn E zu genau einer Mantellinie i des Kegels parallel l ist. 27
28 Die Parabel als Ortslinie : Alle Punkte einer Parabel haben den gleichen Abstand zu einem Punkt F und einer (Leit-)Gerade g y = ¼x² ² 28
29 Die Parabel als Ortslinie Ortslinie in einem Schulbuch 29
30 Anwendungen ndun n quadratischer r Funktionenn n 30
31 Quadratische Zusammenhänge in der Geometrie Seitenlänge x eines Quadrats Flächeninhalt h l A= x² x Radius r eines Kreises Flächeninhalt A= πr² r Seitenlänge x eines Würfels Oberfläche O = 6 x² Radius r einer Kugel Oberfläche O = 4 π r² ² 31
32 Wie ändert sich der Funktionswert f(x) bei Änderungen des x-wertes? x f(x)=ax² a a 3 9a a x 3x x 1 f(x 1 ) r r² r x 1 r f(x 1 ) Quadratisches Wachstum : Eine Ver-r-fachung r der Variable x bewirkt ebenfalls eine Ver-r²-fachung des Funktionswertes f(x). 32
33 Der freie Fall Wie hängen Fallhöhe s und Fallzeit t zusammen? Aus: Dorn-Bader: Physik 11, Ausgabe A. Schroedel 1998, S
34 Messergebnisse s in m 01 0,1 02 0,2 03 0,3 04 0,4 05 0,5 06 0,6 07 0,7 08 0,8 09 0,9 1 t in s 0,143 0,203 0,247 0,286 0,319 0,347 0,378 0,404 0,429 0,452 2*s/t² 9,78 9,71 9,84 9,78 9,83 9,97 9,80 9,80 9,78 9,79 Vierfache Fallhöhe in doppelter Zeit 1,2 1,1 1 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 Weg s in m Weg-Zeit-Graph freier Fall ,1 02 0,2 03 0,3 04 0,4 05 0,5 Zeit t in s Modell: gleichmäßig beschleunigte Bewegung, d.h. die Beschleunigung g a ist konstant s(t) = ½ a t² Beim freien Fall gilt für die Erdbeschleunigung g in unseren Breiten g 9,81 m/s² 34
35 Quadratische Funktionen als Modelle für beschleunigte Bewegungen (ohne Luftwiderstand) Weg-Zeit-Funktion einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung: s(t) = ½ a t² insbesondere der freie Fall. Bremsweg in Abhängigkeit g von der Geschwindigkeit v und der Bremsbeschleunigung a B : s B (v) = ½ v²/ a B Wurfparabeln Wurfhöhe y in Abhängigkeit der Wurfweite x y = h tanα x 2 v Abwurfwinkel α 2 0 Abwurfgeschwindigkeit v Abwurfhöhe h 0 g cos 0 2 x α 2 α 35
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