Medienpädagogik zwischen Emanzipationsanspruch und Diskursvermeidung:
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- Franka Graf
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1 Medienpädagogik zwischen Emanzipationsanspruch und Diskursvermeidung: Internetbasierte Kommunikation und Subjektkonstitution eine kritische Betrachtung der Zuschreibung des Bildungswertes Prof. Dr. Rudolf Kammerl Entgrenzung Vortrag auf des der schulischen Frühjahrstagung Lernens der Kommissionstagung Medienpädagogik 2015
2 Bildungswert von Medien? Legitimationsproblematik Medien-Bildungstheorie Zum Bildungswert des Internet Marotzki, W./ Meister, D./ Sand U. 2000) bildungsmäßig wertvolle Medien Marotzki Problematik / Jörissen der 2008 Bildungspotentiale Operationalisierung digitaler Spiele Fromme, und Messbarkeit Jörissen, Unger 2008 Bildungspotentiale von Erklärvideo und Tutorials (Wolf, K. 2015) Medien- Bildungsforschung Medien-Bildung im öffentlichen Diskurs / Bildungspraxis Problematik der Aufmerksamkeit
3 Bildungswert Bildungsgehalt einer Sache ist das an ihr, was im Subjekt zur Bildung werden kann. (Klafki 1959, 180) Aus der Einsicht heraus, dass alle Bildungsgehalte der Geschichtlichkeit unterliegen, ist die Fähigkeit zur vernünftige Selbstbestimmung des Heranwachsenden zu antizipieren und zu fragen, welchen Beitrag die Medien im Kontext zur dessen Entwicklung leisten (Klafki 1986, S. 455). Medien dann bildungsmäßig wertvoll, wenn sie komplizierte und komplexe menschliche Sinnbildungs- und damit Identitätsbildungsprozesse zum Thema haben (Marotzki / Jörissen 2008, S. 62) Bildungswert für Wen? für ein philosophisches Ich, das nicht Teil der Welt ist (Wittgenstein)? für das Bildungsbürgertum und deren Brut? für Kinder, Jugendliche, Sozial Benachteiligte, Eliten.XYZ? Bildungswert unter welchen Bedingungen / Kontexte, welche psychischen und soziokulturellen Voraussetzungen, welche methodischer Zugänge?
4 Reflexives Bildungsverständnis transformatorischer Bildungstheorie ICH Welt- und Selbstverhältnisse Transformation der Grundfiguren Bildungsprozess als qualitative Transformation von Grundfiguren Formen von Subjektivität und Weltbezügen gehen aus Bildungsprozessen hervor
5 Entwicklung als aktive Gestaltung des Subjekts im systemischen Interaktionsgefüge von Person und Umwelt (Bronfenbrenner 1981) Medienhandeln im medienökologischen Kontext Welt- und Selbstverhältnisse Mediatisierung relationaler Ordnungen als Bedingung und Bezugspunkt von (Medien)Bildungsprozessen und (medien-)pädagogischer Theoriebildung Mikro Meso Exo
6 Cartesianische Bildungstheorie Bildung als Möglichkeitskategorie Idealistischer Subjektbegriff: Verzicht auf die Identifikation gebildeter Subjekte Bildung vom Subjekt her gedacht: Philosophische Grundlegung von Autonomie Absage an soziale Determination Versprechen der allgemeinen Bildung für Alle führt zur allg. Disponibilität Vieler? Theorie transformatorischer Bildungsprozesse Bildung als Transformation reflexiver Selbst- und Weltverhältnisse Problem der objektivierenden Identifikation in der Bildungsprozessanalyse Transformationsprozesse unter den Bedingungen gesellschaftlich ungleich verteilte Handlungsfreiräume der Individuen Orientierung an Transformationsprozessen der Einzelnen führt zu individualistischen, formalen und relativierenden Bildungsverständnis
7 Transformatorische Bildungsprozesse in Theorie und Forschung in HH Bildung [wird].. verstanden.. (1) als ein Prozess der Transformation (2) grundlegender Figuren des Welt -und Selbstverhältnisses (3) in Auseinandersetzung mit Krisenerfahrungen, die die etablierten Figuren des bisherigen Welt- und Selbstverhältnisses in Frage stellen (Koller 2012b: 20 f.) Welche Bedingungen sind ausschlaggebend für das Zustandekommen (oder die Blockade) solcher Veränderungen? Koller 2012b: 21 Koller, Hans Christoph (2012b): Anders werden. Zur Erforschung transformatorischer Bildungsprozesse. In: Miethe, Ingrid; Müller, Hans - Rüdiger [Hrsg.]: Qualitative Bildungsforschung und Bildungstheorie, Opladen/Berlin/Toronto 2012, S
8 Klafki: Revidierte Fassung der Didaktischen Analyse Perspektivenschema der kritisch-konstruktiven Didaktik Bedingungsanalyse: Analyse der konkreten, sozio-kulturell vermittelten Ausgangsbedingungen einer Lerngruppe (Klasse), des/der Lehrenden sowie der unterrichtsrelevanten (kurzfristig änderbaren oder nicht änderbaren) institutionellen Bedingungen, einschließlich möglicher oder wahrscheinlicher Schwierigkeiten oder Störungen (Begründungszusammenhang) (themat. Strukturierung) (Bestimmung von Zugangsund Darstellungsmöglichkeiten) (method. Strukturierung) 1 Gegenwartsbedeutung 2 Zukunftsbedeutung 3 exemplarische Bedeutung, ausgedrückt in den allgemeinen Zielsetzungen der U-Einheit, des Projekts oder der Lehrgangssequenz 4 thematische Struktur (einschl. Teillernziele) und soziale Lernziele 5 Erweisbarkeit u. Überprüfbarkeit 6 Zugänglichkeit bzw. Darstellbarkeit (u.a. durch bzw. in Medien) 7 Lehr-Lern-Prozessstruktur verstanden als variables Konzept notwendiger oder möglicher Organisationsund Vollzugsformen des Lernens (einschl. sukzessiver Abfolgen) und entspr. Lehrhilfen, zugleich als Interaktionsstruktur und Medium sozialer Prozesse
9 Historische und kulturelle Voraussetzungen ICH Welt- und Selbstverhältnisse Zivilisatioinsprozess Furchtbares hat die Menschheit sich antun müssen, bis das Selbst, der identische, zweckgerichtete, männliche Charakter der Menschen geschaffen war, und etwas davon wird noch in jeder Kindheit wiederholt. (Adorno / Horheimer)
10 Rückkehr zum Bildungsbegriff als Fortschritt? Adorno Halbbildung: Mensch kann aufgrund Verstrickung in gesellschaftliche Zwänge nicht Selbst sein Kultur begegnet als konsumierbare Kulturprodukte - Medien- und Bewusstseinsindustrie bestimmt Wahrnehmungsmuster des Alltagsbewusstseins Ende der traditionellen Bildungstheorie: Anspruchslosigkeit und Verlust des Bezugs zur Realität Anachronismus an Bildung festzuhalten (Adorno): Bedingungen kritisch reflektieren, die Bildung verhindern Kritische Erziehungswissenschaft ( ) Renaissance des Bildungsbegriffs in der Postmodernen? Verschiebungen gesellschaftlicher Verstrickung? Bildungserwerb vs. computergestützte Informationsbearbeitung Hoffmann (1999): Unbildung statt Halbbildung
11 Abwendung von Bildung Hinwendung zu Kommunikationsund Interaktionstheorie Bildungstheoretisch MP 11
12 Medienbaukasten Repressiver Mediengebrauch Zentral gesteuertes Programm Ein Sender viele Empfänger Immobilisierung isolierter Individuen Passive Konsumentenhaltung Entpolitisierungsprozess Produktion durch Spezialisten Kontrolle durch Eigentümer oder durch Bürokraten Emanzipatorischer Mediengebrauch Dezentralisierte Programme Jeder Empfänger ein potenzieller Sender Mobilisierung der Massen Interaktion der Teilnehmer: feed-back Politischer Lernprozess Kollektive Produktion Gesellschaftliche Kontrolle durch Selbstorganisation Enzensberger, Hans Magnus.: Baukasten zu einer Theorie der Medien. In: Kursbuch 20, S , 1970
13 Aktive Medienarbeit (Schell) Handlungsorientierte Medienarbeit als politisch bildende Medienarbeit Emanzipation als Leitziel Förderung von Kritikfähigkeit und kommunikativer Kompetenz Bestandteil der allgemeinen Hilfen zur Lebensbewältigung statt Medienkunst Adressatenorientierung = Ausrichtung an Erfahrungszusammenhängen und Interessen der Adressaten Auseinandersetzung mit Themen sozialer Realität z. B. soziale Ungleichheit, Jugendpolitik Freiwilligkeit, Entwicklung und Umsetzung eigener Ideen Aufarbeitung eigener Einstellungen und Positionen Darstellung des Themas aus unterschiedlichen Perspektiven Medienprodukte ermöglichen Präsentation unterschiedlicher Positionen mit mehr Distanz als in einer Gesprächssituation. Medienprodukte als Hilfsmittel für Beteiligung an Diskursen Schell, F.: Aktive Medienarbeit mit Jugendlichen. Theorie und Praxis, München 1999.
14 Kommunikative Rationalität durch Beteiligung an öffentlichen Diskursen Emanzipatorisches Potential neuer Medien Handlungsorientierte Vermittlung von Medienkompetenz Herstellung von Gegenöffentlichkeit Selbstbestimmung als soziales Projekt
15 Kommunikationsformen (Habermas 1981) Verständigungsorientierte Kommunikation Gemeinsame Überzeugungen Rational motiviertes Einverständnis Offen strategisch Drohungen Lockungen Erzwungene Übereinstimmung Erkaufte Übereinstimmung Unbewusste Täuschung (systematisch verzerrte Kommunikation) Täuschende Übereinstimmung Strategische Verdeckt strategisch Bewusste Täuschung (Manipulation) Erschlichene Übereinstimmung Kommunikation
16 Kommunikation, Interaktion, Medium Struktur der Kommunikation Struktur des Mediums i. w. S.
17 Internetbasierte Kommunikation als Mittel zur Macht- und Geldvermehrung MACHT GELD
18 Können die Strukturen internetbasierter Kommunikation die Subjektwerdung behindern? (Blockade von Bildungsprozessen) Inwiefern sind mediatisierte relationale Ordnungen als Bedingung von Sozialisation, Enkulturation Individuation theoretisch zu konzipieren und empirisch zu fassen? Auslotung der (sozial ungleich verteilten) Chancen, kritisch-reflexive Distanz gegenüber historischgesellschaftlichen Verhältnisse zu wahren. Übergang von Heteronomie zur relativen Autonomie als soziales und individuelles Projekt Bestimmung der Chancen durch Klärung, Kritik und Bemühungen zur Beseitigung ihrer Blockaden
19 Bildungswert von Medien? Medien-Bildungstheorie Legitimationsproblematik Problematik der Operationalisierung und Messbarkeit Medien- Bildungsforschung Medien-Bildung im öffentlichen Diskurs / Bildungspraxis Problematik der Aufmerksamkeit
20 Literatur Adorno, Th. (1972(: Theorie der Halbbildung. In: ders.: Gesammelte Schriften. Bd. 8: Soziologische Schriften 1. Frankfurt a. M, S Habermas, Jürgen. (1981): Theorie kommunikativen Handelns. Bd Frankfurt: Suhrkamp. Hansmann, O. (1988): Kritik der sogenannten theoretischen Äquivalente von Bildung. In: Hansmann, O. / Marotzki, W. (Hrsg.): Diskurs Bildungstheorie. 1. Systematische Markierungen. Weinheim. Hoffmann, D. (1999): Bildung Halbbildung Unbildung. Der Verfall eines pädagogischen Sachverhalts. In: ders. (Hrsg.): Rekonstruktion und Revision des Bildungsbegriffs. Weinheim. Enzensberger, Hans Magnus.: Baukasten zu einer Theorie der Medien. In: Kursbuch 20, S , 1970 Klafki, Wolfgang (1986): Die Bedeutung der klassischen Bildungstheorien für ein zeitgemäßes Konzept allgemeiner Bildung. In: Z. f. Päd., 32. Jg.; H 4; 1986, 455f. Koller, Hans-Christoph (2008): Grundbegriffe, Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft. (3. Aufl.) Stuttgart: Kohlhammer. Koller, Hans-Christoph (2012a): Bildung anders denken. Einführung in die Theorie transformatorischer Bildungsprozesse, Stuttgart 2012 Koller, Hans Christoph (2012b): Anders werden. Zur Erforschung transformatorischer Bildungsprozesse. In: Miethe, Ingrid; Müller, Hans - Rüdiger [Hrsg.]: Qualitative Bildungsforschung und Bildungstheorie, Opladen/Berlin/Toronto 2012, S Luhmann, Niklas (1981): Die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation. In: Ders.: Soziologische Aufklärung 3. Opladen. Westdt. Verlag. S ders. (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt a. M: Suhrkamp. Marotzki, Winfried; Jörissen, Benjamin (2008): Medienbildung. In: Sander, Uwe; von Gross, Frederike; Hugger, Kai- Uwe (Hrsg.): Handbuch Medienpädagogik. Bielefeld: VS Verlag für Sozialwisesnschaften. S Schäfer, Alfred (2007): Bildungsprozesse Zwischen erfahrener Dezentrierung und objektivierender Analyse. In: Koller, Han-Christoph, Marotzki, Winfried, Sanders, Olaf (Hrsg.I: Bildungsprozess und Fremdheitserfahrung. Beiträge zu einer Theorie transformatorischer Bildungsprozesse. S Schell, F.: Aktive Medienarbeit mit Jugendlichen. Theorie und Praxis, München 1999.
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