Erbschaftsteuer- und Bewertungsgesetz Aktuell - Wissen auffrischen Dezember Simon Moorkamp, Dipl.-Wjur. (FH), Steuerberater, Oldenburg
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- Thilo Krause
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1 Dezember 2016 Simon Moorkamp, Dipl.-Wjur. (FH), Steuerberater, Oldenburg
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3 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis A. ALLGEMEINES Rechtsgrundlagen des Erbschaftsteuerrechts und Bewertungsrechts Persönliche und Sachliche Steuerpflicht Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs Abzug von Nachlassverbindlichkeiten Erbschaftsteuerliche Besonderheiten der Zugewinngemeinschaft Steuerklassen, 15 ErbStG Freibeträge, 16, 17 ErbStG B. GRUNDVERMÖGEN IM ERBSCHAFTSTEUERRECHT Bewertung des Grundvermögens Steuerbefreiung für das Familienheim Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke C. BETRIEBSVERMÖGEN IM ERBSCHAFTSTEUERRECHT Bewertung von Betriebsvermögen Besonderheiten bei der Bewertung von Kapital- und Personengesellschaften Steuerentlastungen für Unternehmensvermögen D. ÜBRIGES VERMÖGEN IM ERBSCHAFTSTEUERRECHT Allgemeine Bewertungsgrundsätze Bewertung von Kapitalforderungen und Schulden Bewertung von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen Ausgewählt sachliche Steuerbefreiungen (AU 55027/162 ErbSt und BewG) 3
4 4 Inhaltsverzeichnis
5 A. ALLGEMEINES 1. Rechtsgrundlagen des Erbschaftsteuerrechts und Bewertungsrechts Grundlage ist das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) i.d.f. der Bekanntmachung vom , zuletzt geändert durch das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Nach Art. 105 Abs. 2 i.v.m. Art. 72 Abs. 2 GG hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebung über die Erbschaftsteuer. Das Aufkommen der Erbschaftsteuer steht nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG den Ländern zu. Die Erbschaftsteuer ist dementsprechend eine Landessteuer. Die Landesgesetzgebung kann nach Art. 106 Abs. 7 Satz 2 GG darüber bestimmen, ob und inwieweit das Aufkommen den Gemeinden zufließt. Gem. Art. 108 Abs. 2 GG wird die Erbschaftsteuer durch die Landesfinanzbehörden, also durch die Finanzämter, 17 Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 4 FVG, verwaltet. Rechtsgrundlagen des Bewertungsrechts sind: Das BewG (= Beck sche Steuergesetze 200), die DV zu 81 BewG (= Beck sche Steuergesetze 201), die DV zu 90 BewG (= Beck sche Steuergesetze 202), die DV zu 55 Abs. 3 und 4 BewG (= Beck sche Steuergesetze 203), die DV zu 55 Abs. 8 BewG (= Beck sche Steuergesetze 204), ErbStR 2011 sowie ErbStH Persönliche und Sachliche Steuerpflicht 2.1 Persönliche Steuerpflicht Unbeschränkte Steuerpflicht Die persönliche Steuerpflicht ist in 2 ErbStG geregelt. Es besteht eine unbeschränkte Steuerpflicht, wenn der Erblasser bzw. Schenker oder der Erwerber Inländer ist. Inländer ist insbesondere, wer im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder deutscher Staatsangehöriger ist, der sich nicht länger als 5 Jahre dauernd im Ausland aufgehalten hat (sog. erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht) sowie deutsche Auslandsbedienstete inländischer juristischer Personen des öffentlichen Rechts. Die unbeschränkte persönliche Steuerpflicht hat zur Folge, dass der gesamte Vermögensanfall im In- und Ausland der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt. Durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom wurde die optionale unbeschränkte Steuerpflicht gem. 2 Abs. 3 ErbStG für EU-/EWR-Bürger eingeführt. 1 BGBl 2011 I S
6 2.1.2 Beschränkte Steuerpflicht Das Erbschaftsteuergesetz kennt jedoch auch eine beschränkte Steuerpflicht, welche vorliegt, wenn weder Erwerber noch Erblasser/Schenker Inländer sind, jedoch Inlandsvermögen i.s.d. 121 BewG übertragen wurde. Dabei handelt es sich um Vermögen, das eine besonders enge Bindung an das Inland hat, etwa weil es im Inland belegen ist, zu einer inländischen Betriebsstätte gehört oder die Eintragung in ein öffentliches Register erfolgt (vgl. im Einzelnen R E 2.2 ErbStR 2011). Schulden und Lasten sind im Fall der beschränkten Steuerpflicht nach 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG nur insoweit abzugsfähig, als sie im Zusammenhang mit steuerpflichtigem Inlandsvermögen stehen. Der persönliche Freibetrag im Fall der beschränkten Steuerpflicht beträgt nach 16 Abs. 2 ErbStG - unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis von Schenker bzw. Erblasser und Erwerber EUR. Die Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer nach 21 ErbStG kommt nicht in Betracht, weil die Anrechnung nach 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG nur bei unbeschränkter Steuerpflicht, Verweis auf 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, erfolgt Erweiterte beschränkte Steuerpflicht Voraussetzung für das Eingreifen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach 4 i.v.m. 2 AStG ist, dass der Erblasser oder Schenker in den letzten 10 Jahren vor seinem Wegzug als Deutscher mindestens 5 Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war, in einem Niedrigsteuerland i.s.d. 2 Abs. 2 AStG oder in keinem ausländischen Gebiet ansässig ist und wesentliche wirtschaftliche Interessen i.s.d. 2 Abs. 3 AStG im Inland hat. Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht tritt nach 4 Abs. 2 AStG nicht ein, wenn für den Erwerb im Ausland eine der deutschen Erbschaftsteuer entsprechende Steuer zu entrichten ist, die mindestens 30 % der deutschen Erbschaftsteuer entspricht oder ein DBA nach 2 AO dem AStG vorgeht. Zu beachten ist, dass für die ersten 5 Jahre des 10-Jahreszeitraumes 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe b ErbStG (erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht) vorrangig anwendbar ist, sodass 4 AStG nur zwischen dem 6. und dem 10. Jahr des Wegzuges aus Deutschland eingreift. Im Rahmen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht werden über das Inlandsvermögen i.s.d. 121 BewG hinaus alle Vermögensgegenstände erfasst, deren Erträge bei unbeschränkter Steuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.s.d. 34c EStG wären. 6
7 2.1.4 Übersicht zur persönlichen Steuerpflicht Art Rechtsgrundlage Anwendungsbereich Umfang unbeschränkte Steuerpflicht 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG Erwerber oder Erblasser/ Schenker ist Inländer gesamter Vermögensanfall im In- und Ausland optionale unbeschränkte Steuerpflicht 2 Abs. 3 ErbStG Erwerb von Inlandsvermögen, Erblasser/ Schenker bzw. Erwerber in EU/EWR ansässig gesamter Vermögensanfall im In- und Ausland beschränkte Steuerpflicht 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG alle nicht unter Nr. 1 und Nr. 2 fallende Tatbestände mit Übertragung von Inlandsvermögen Inlandsvermögen i.s.d. 121 BewG erweiterte beschränkte Steuerpflicht 4 i.v.m. 2 AStG Wegzug eines Inländers mit wesentlichen wirtschaftlichen Interessen im Inland in ein Niedrigsteuerland Rechtsbehelfsempfehlung Inlandsvermögen i.s.d. 121 BewG sowie Vermögensgegenstände, deren Erträge bei unbeschränkter Steuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.s.d. 34c EStG wären Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte bereits in der Vergangenheit entschieden, dass die gesetzlich vorgesehene Ungleichbehandlung von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen nicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit zu vereinbaren ist. Daraufhin hat der Gesetzgeber ein Recht geschaffen, die Behandlung des Erwerbs als unbeschränkt steuerpflichtig zu beantragen. Das FG Düsseldorf legte sodann dem EuGH die Frage vor, ob der Verstoß gegen das Unionsrecht durch diese Optionsregelung beseitigt worden ist. Das hat der EuGH verneint (Urteil vom , Rs. C-479/14). 7
8 2.2 Sachliche Steuerpflicht Die sachliche Steuerpflicht ist in 1 Abs. 1 ErbStG geregelt und erfasst folgende 4 Tatbestände: a) Erwerb von Todes wegen 1 Abs. 1 Nr. 1 i.v.m. 3 ErbStG, insbesondere: Erbanfall, Vermächtnis, geltend gemachter Pflichtteil, Ansprüche aus Lebensversicherungen, Abfindungen für Verzicht auf Pflichtteil. b) Schenkungen unter Lebenden, 1 Abs. 1 Nr. 2 i.v.m. 7 ErbStG, c) Zweckzuwendungen, 1 Abs. 1 Nr. 3 i.v.m. 8 ErbStG, d) das Vermögen einer Familienstiftung, 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Beispiel 1: Unbeschränkte Steuerpflicht und Zuständigkeit Erblasser Flavio war italienischer Staatsbürger und lebte bis zu seinem Tod in Rom. Er vermachte seinen gesamten Besitz testamentarisch seinem Freund Peter aus Emden. Zu seinem Nachlass gehört auch eine in München gelegene Luxusvilla mit einem Grundbesitzwert von EUR. Unterliegt der Vorgang der deutschen Erbschaftsteuer? Welche Finanzämter sind ggf. örtlich zuständig? Lösung Beispiel 1: Da Peter (= Erwerber) einen Wohnsitz i.s.d. 8 AO in Emden hat, ist er Inländer gem. 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG. Die persönliche Steuerpflicht ist somit gegeben. Es handelt sich um einen Erwerb von Todes wegen (Erbanfall gem BGB), 1 Abs. 1 Nr. 1 i.v.m. 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die sachliche Steuerpflicht ist daher ebenfalls gegeben. Flavio war kein Inländer i.s.d. 2 ErbStG. Somit ist nicht das Wohnsitz-Finanzamt des Erblassers, sondern das Wohnsitz-Finanzamt des Erwerbers (hier: Finanzamt Emden) für die Festsetzung der Erbschaftsteuer örtlich zuständig, 35 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG. Für die Feststellung des Grundbesitzwerts gem. 151 Abs. 1 Nr. 1 AO ist örtlich das Lagefinanzamt (hier: Finanzamt München) zuständig, 152 Nr. 2 BewG. Beispiel 2: Beschränkte Steuerpflicht und Zuständigkeit Wie Beispiel 1, nur erbt das Vermögen des Flavio sein Freund Pietro aus Neapel. Unterliegt der Vorgang der deutschen Erbschaftsteuer? Welche Finanzämter sind ggf. örtlich zuständig? Lösung Beispiel 2: Weder Flavio noch Pietro sind Inländer gem. 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG somit liegt kein Fall der unbeschränkten persönlichen Steuerpflicht vor. Da es sich bei dem Grundstück in München jedoch um Inlandsvermögen i.s.d. 121 BewG handelt, ist die beschränkte persönliche Steuerpflicht nach 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG gegeben. Es handelt sich um einen Erwerb von Todes wegen (Erbanfall gem BGB), 1 Abs. 1 Nr. 1 i.v.m. 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die sachliche Steuerpflicht ist daher ebenfalls gegeben. Für die Erbschaftsteuerfestsetzung ist nach 35 Abs. 4 ErbStG i.v.m. 19 Abs. 2 AO das Finanzamt München zuständig, da sich in dessen Bezirk befindet. Für die Feststellung des Grundbesitzwerts gem. 151 Abs. 1 Nr. 1 AO ist örtlich das Lagefinanzamt (hier: Finanzamt München) zuständig, 152 Nr. 2 BewG. 8
9 Beispiel 2a: Optionale unbeschränkte Steuerpflicht Pierre wird Alleinerbe nach seinem Vater Jacques. Beide sind französische Staatsbürger und haben ihren Wohnsitz in Frankreich. Der Nachlass besteht ausschließlich aus einer Immobilie in Deutschland mit einem Verkehrswert von EUR sowie einem Sparguthaben in Frankreich von EUR. Darüber hinaus schuldet Jacques seiner Lebensgefährtin Sophie noch EUR aus einem Privatdarlehen für eine Weltreise. Lösung Beispiel 2a: Beschränkte Steuerpflichtige Unbeschränkte Steuerpflichtige Vermögensanfall EUR EUR Nachlassverbindlichkeiten - EUR./ EUR Bereicherung EUR EUR persönlicher Freibetrag./ EUR./ EUR steuerpflichtiger Erwerb EUR EUR Steuersatz 15 % 7 % Steuer EUR EUR Ein Antrag auf optionale unbeschränkte Steuerpflicht nach 2 Abs. 3 ErbStG würde die Steuerlast somit erheblich mindern! 9
10 3. Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs Der steuerpflichtige Erwerb ist grundsätzlich wie folgt zu ermitteln, vgl. R 10.1 ErbStR Entwurf: 1. Steuerwert des Wirtschaftsteils des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens./. Befreiung nach 13 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG + Steuerwert des Betriebsvermögens./. Befreiung nach 13 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG + Steuerwert der Anteile an Kapitalgesellschaften = Zwischensumme./. Steuerbefreiung nach 13a ErbStG + Steuerwert des Wohnteils und der Betriebswohnungen des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens./. Befreiung nach 13 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4a bis 4c ErbStG./. Befreiung nach 13c ErbStG + Steuerwert des Grundvermögens./. Befreiung nach 13 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4a bis 4c ErbStG./. Befreiung nach 13c ErbStG + Steuerwert des übrigen Vermögens./. Befreiung nach 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG = Vermögensanfall nach Steuerwerten ================================================== 2. Steuerwert der Nachlassverbindlichkeiten, soweit nicht vom Abzug ausgeschlossen, mindestens Pauschbetrag für Erbfallkosten (einmal je Erbfall) = abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten 3. Vermögensanfall nach Steuerwerten (1.)./. abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten (2.)./. weitere Befreiungen nach 13 ErbStG = Bereicherung des Erwerbes ================================================== 4. Bereicherung des Erwerbers (3.)./. ggf. steuerfreier Zugewinnausgleich, 5 Abs. 1 ErbStG + ggf. hinzuzurechnende Vorerwerbe, 14 ErbStG./. persönlicher Freibetrag, 16 ErbStG./. besonderer Versorgungsfreibetrag, 17 ErbStG = steuerpflichtiger Erwerb ================================================== 10
Kurzleitsatz: Behandlung von Schenkungen: Unterscheidung zwischen gebietsansässigen und nicht gebietsansässigen Personen rechtmäßig?
Gericht: FG Düsseldorf Entscheidungsform: Beschluss Datum: 04.04.2012 Vorinstanz(en): Paragraphenkette: ErbStG 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, ErbStG 16 Abs. 2, BewG 121 Nr. 2, EG Art. 56 Abs. 1, EG Art. 58 Abs.
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