Das aktive Angehörigentelefonat auf der Intensivstation
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- Nicole Egger
- vor 5 Jahren
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Transkript
1 Tagung «Angehörigenfreundliche Intensivstation» 25. November 2016 in Berlin Das aktive Angehörigentelefonat auf der Intensivstation Eine Intervention zur Reduktion eingehender Telefonate und zur Steigerung der Informationsqualität Jürgen Maier, Pflegeexperte Intensivstation Neurochirurgie
2
3 Präsentationsinhalt Ausgangslage und Evidenz Zielsetzungen Methoden Strukturelles Vorgehen Planung Inhalt des Projektes Ergebnisse Dokumentation bisheriger Projektstand Schlussfolgerungen und Ausblick
4 Evidenz - Angehörigenbedürfnisse Das Hauptbedürfnis von Angehörigen auf der Intensivstation ist die Information (Maier, 2008) Ein direkter Einbezug von Angehörigen kann Angst, Unsicherheit und Stress reduzieren (Fry et al., 2007 und Johannson, 2005) Der persönliche Kontakt zum Behandlungsteam schafft eine gute Vertrauensbasis (Fry et al., 2007)
5 Evidenz - Pflegende Professionelle Pflege auf Intensivstationen beinhaltet den Einbezug von Angehörigen (Millar et al., 2002) Neben der hochkomplexen Arbeit direkt am Bett von Intensivpatienten stellt die Angehörigenbetreuung zusätzlichen Stress dar (Medland et al., 1998) Es zeichnet sich eine Diskrepanz ab zwischen dem theoretischen Anspruch und der Praxis, wo Pflegende Prioritäten setzen müssen (Abt-Zegelin, 2004) Anspruch Zeitressourcen
6 Evidenz Reduktion von Angehörigentelefonaten Eine Studie von Medland et al. (1998) bewies eine deutliche Reduzierung der Angehörigentelefonate durch ein aktives Telefonat mit entsprechenden flankierenden Massnahmen Kontrollgruppe M = 3,26 Experimentalgruppe M = 0,33 (Telefonate pro Patient pro Tag)
7 Ausgangslage auf unserer Abteilung Intensiv- und Überwachungsstation mit 18 Betten: hohe Belastung durch Telefonate von Angehörigen von ca. 4,3 pro Pat. pro Tag (Erhebung vom Februar 2009) meist zwei Personen beteiligt oft ist noch ein zweiter Anruf nötig Anrufe sind ungeplant Anrufer sind oft nicht bekannt Informationen sind nicht alle bekannt
8 Zielsetzung des Projektes Reduktion von Angehörigentelefonaten gesteigerte Informationsqualität durch strukturierte, vorbereitete Telefonate Angehörige fühlen sich ernst genommen Vertrauensbasis zwischen Angehörigen und Pflegenden Rechtssicherheit bei telefonischer Auskunft
9 Methoden - Praxisentwicklungsprojekt Praxisentwicklung ist ein kontinuierlicher Prozess in Richtung einer effektiven und patientenorientierten Pflege (Garbett & McCormack in McCormack et al. 2004) Strukturelle Vorbereitungen Projektinhalte festlegen Erstellen eines Projektzeitplanes Durchführung, Begleitung und Dokumentation
10 strukturelle Vorbereitungen Information über die Intervention im Zuge des ersten Gespräches mit Angehörigen (Pflegeanamnese) Bestimmung von Bezugsperson und Anrufzeit Abgabe des Informationsblattes an die Bezugsperson Dokumentation der Bezugsperson, Anrufzeit, Telefonnummer an definierten Orten
11 Projektinhalte I: allgemein tägliches Telefonat durch die Pflege definierte Anrufzeit (+/- 30 Minuten) definierte Bezugsperson Information des Patientenumfeldes durch diese Bezugsperson Anrufe auf der IPS nur in Ausnahmen
12 Projektinhalte II: Gesprächsinhalte Vitalzeichen, Atmung/Beatmung Neurologie Zustand in der letzten Nacht Veränderungen zum Vortag geplante Untersuchungen bester Zeitpunkt für heutige Besuche offene Fragen ggf. Termin für Arztgespräch
13 Zeitplan April 2009 Juni 2009 Juli 2009 Juli/August September 2009 Oktober 2009 August 2010 Oktober 2010 Vorbereitung durch AG-Pflege aufgrund der Erhebung eingehender Telefonate vom Februar 2009 Vorstellen des Projektes an der Kadersitzung Ausarbeiten des Projektes durch die Projektleitung Information an die Ärzte Weiterbildungen für das Team Projektstart auf der Intensivstation Bei guter Erfahrung mit IPS-Patienten, Einbezug der Bettenstationen für postoperative Patienten Projektstart auf der IDÜ Evaluation des Projektes durch Erhebung der eingehenden Telefonate Vorstellen des Projektes und der Evaluation an der IPL Sitzung Ausweitung des Projektes auf die Intensivstationen im USZ Publikationen auf Kongressen und in Fachzeitschriften
14 Start und Verlauf des Projektes enge Begleitung durch die Projektleitung Patienten mit voraussichtlich langer Liegedauer eingeschlossen ein Frage- und Antwortportal am Stationscomputer wurde eingerichtet und rege genutzt anfänglich sehr viele Unsicherheits-/ Unmutsäusserungen Nach ca. 4 Wochen (!!) implementiert
15 Informationsblatt an die Bezugsperson Erklärung der Intervention Gesprächsinhalte Zeitpunkt des Gespräches Klärung der folgenden wichtigen Punkte: Informationen an das gesamte Patientenumfeld Anrufe nur in Ausnahmen
16 Mitarbeitercheckliste Liste zum Abhaken der strukturellen Faktoren Gesprächsinhalte Aushang der Checkliste in der Nähe der Telefone Abgabe der Checkliste an alle Mitarbeiter
17 Information an die Ärzte Information über Inhalt und Zweck des Projektes Einigung über die beste Zeit für Gesprächstermine Übereinkunft, dass die Ärzte Angehörige auf dieses Projekt verweisen, d.h. keine Aussagen mehr wie und Sie können jederzeit bei der Pflege anrufen
18 Vorbereitung des Pflegeteams Projektinformation über Fortbildungen, Protokolle, Informationsportale, Aushänge, Teamsitzungen und persönlich alle Projektunterlagen im Pflegeordner zugänglich Auffrischung der Kenntnisse über Auskunftsrecht Nutzung von spitalinternen Fortbildungen über Kommunikation und Publikumskontakt Information über eventuelle Bedenken und Hindernisse
19 Ergebnisse - Projektevaluation August 2010 Quantitative Auswertung Fragebogen an Angehörige Fragebogen an Pflegende
20 Projektevaluation Quantitative Auswertung Anzahl eingehender Telefonate auf der Intensivstation Nord I C, UniversitätsSpital Zürich Anzahl pro Patient pro Tag Vor dem Projekt Nach Einführung des Projektes
21 Projektevaluation - Fragebogen an Angehörige (n = 6) ausnahmslos alle Angehörigen fühlten sich ausreichend über das Projekt informiert wurden zur vereinbarten Zeit (+/- 30 Min.) angerufen bekamen genügend Informationen in verständlicher Sprache fühlten sich mit ihren Anliegen ernst genommen konnten problemlos eine Bezugsperson bestimmen Der tägliche Anruf fand immer bis fast immer statt
22 Projektevaluation - Fragebogen an Pflegende (n = 33) 33 fühlten sich ausreichend über das Projekt informiert 25 konnten die Angehörigen gut über das Projekt aufklären 22 konnten die Anrufzeit immer einhalten 16 konnten die Anrufzeit fast immer einhalten 27 waren auf die Anrufe gut vorbereitet 28 gaben an, Angehörige hielten sich an die Abmachungen 22 gaben weniger Störungen durch Telefonate an
23 Schlussfolgerungen Ein Reduktion der Anrufe ist objektiv und subjektiv spürbar Angehörige sind mit der Qualität der Informationen zufrieden Angehörige fühlen sich durch die Anrufe ernst genommen von einer Vertrauensbasis kann somit ausgegangen werden Die Rechtssicherheit ist gewährleistet Pflegende können gezielt und strukturiert Informationen abgeben, sie brauchen Zeit und Begleitung um sich an die aktive Rolle zu gewöhnen.
24 Ausblick stufenweise Einführung auf allen Intensivstationen des USZ Kurzfilm zum Angehörigentelefonat (Januar 2017) weitere Veröffentlichungen und Präsentationen weitere Forschung ist geplant Evaluation der Einführung auf der letzten Intensivstation des USZ durch Fokusgruppeninterviews Eine phänomenologische Studie zur Kommunikation zwischen Angehörigen und Pflegefachpersonen aus der Sicht der Angehörigen (Masterthesis J. Maier Sommer 2017) Gefördert durch ein Stipendium der Careum Stiftung
25 Literatur zum Angehörigentelefonat aus einer systematischen Literaturrecherche vom Oktober 2015 PubMed Suche am Treffer: n = 4 CINAHL Suche am Treffer: n = 24 EMBASE Suche am Treffer: n = 1 Treffer gesamt n = 29 Ausschluss Duplikate n = 2 Titel/Abstract - Screening n = 27 ausgeschlossen:* n = 25 Volltext Screening n = 2 Handsuche n = 2 Relevant n = 4 *Telefon Follow up; ambulante Telefonate; Tele Intensivstation; Telefonate, die nicht mit Angehörigen geführt werden; Protokoll einer systematischen Review mit anderer Fragestellung ohne Darstellung von Ergebnissen
26 Für weitere Fragen:
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