Pharmakodynamische Variabilität und individuelle Dosierung

Ähnliche Dokumente
Optimierung der antiinfektiven Therapie bei Intensivpatienten

Schmerzen richtig therapieren

Glomeruläre Filtrationsrate nimmt ca ml/min/1,73 m 2 pro Altersdekade ab (Delanaye et al. 2012)

Patientenorientierte Pharmazie was weiß mein(e) PhiP? JProf. Dr. Dorothee Dartsch

Funktion: Name: Datum: Unterschrift: D. Bornand

Einsatz von NSAR und Basistherapeutika bei eingeschränkter Nierenfunktion und Dialyse

Informationsbroschüre zu HBV bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion mit Kreatinin-Clearance-Rechner

EINSENDERINFORMATION ANTIBIOTIKA-DOSIERUNGEN NACH EUCAST. Karlsruhe, im August Sehr verehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

Orale Antikoagulation

EINSENDERINFORMATION ANTIBIOTIKA-DOSIERUNGEN NACH EUCAST. Karlsruhe, im März Sehr verehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

Hintergrund und Rationale des therapeutischen Drug Monitorings

Pharmaceutical Technology and Biopharmaceutics Prof. Gerhard Winter. Pharmakokinetik IV. Dosisanpassung & Bioäquivalenz Dennis Krieg

9 Antibiotika, Antimykotika: Spektrum Dosierung Nebenwirkungen Kosten

Antikoagulation und Niere Was sagen die Guidelines und Studien?

Schmerzmessung. Standardisiertes Schmerzinterview der DGS/DGSS ( Numerische. 10 Visuelle Analogskala

Retrospektive Analyse von Vancomycin-Talspiegeln

StatSensor-i Kreatinin-Messgerät

Leber und Detoxifikation

sekundäre Eliminationsverfahren

Toxikokinetik LOGO Konzentrationsverlauf nach extravasaler Applikation eines Fremdstoffes. Torsten Binscheck und Dagmar Lampe

Erinnern Sie sich bitte an eine eigene Erfahrung mit Schmerz!

Harnwegsinfektionen von der Hausarztpraxis bis zur Intensivstation. Professor Christian Ruef Institut für Infektiologie und Spitalhygiene

Therapeutisches Drug Monitoring bei Antiepileptika

Blutgerinnungsmanagement aus der Sicht des Gerinnungsexperten

Vergleichstabelle: Sartane

Thrombosemanagement mit NMH Wichtiges worauf Sie achten sollten

Pharmakodynamik und Pharmakokinetik beim Intensivpatienten, Interaktionen

12 Problemsituationen der Arzneitherapie

Dosierung von Antiinfektiva bei Adipositas eine Herausforderung. U. Bruns Fachapothekerin für klinische Pharmazie, Infektiologie

Therapeutisches Drug Monitoring in der antiinfektiven Therapie

Zielgerichtete Therapie bei tiefer Venenthrombose und Lungenembolie

HINWEISE FÜR MEDIZINISCHES FACHPERSONAL ZUR ANWENDUNG VON TENOFOVIRDISOPROXIL BEI HIV-INFIZIERTEN JUGENDLICHEN

Empirische antibiotische Therapie bei schwerer Sepsis

Orale Antikoagulation(OAK) Auswahlkriterien bei VHF oder TE

Arzneimitteltherapie bei Patienten mit Ernährungssonde Wie und wo soll appliziert werden?

mit Ihrem Kontrolltagebuch für Ihre Behandlung mit Exjade

Erhöhung der Verordnungssicherheit bei Patienten mit Niereninsuffizienz in der Hausarztpraxis

Blutverdünnung mit Rivaroxaban. und anderen direkten oralen Antikoagulantien

H.-O. Burmeister O.R. Frey W. Probst A. Immel-Sehr. Rechnen in der Pharmazie

Qualifizierte Schmerztherapie

Dialyse und Arzneimittel. Dr. Annette Freidank Klinikum Fulda gag, Apotheke

BIOPHARMAZIE PHARMAKOKINETIK IN DER PRAXIS

Anwendung von Tenofovirdisoproxil und Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil bei Jugendlichen

X X X X. F * Dosis τ * Clearance. Csteady-state (Exposition) Arzneimittel-Dosierung bei Niereninsuffizienz. Niere. Darm. Leber. Clearance = + + +?

Fachbereich: Medikamente / Immunologie. Änderungen: Quellenangabe Rückumstellung Tacrolimus auf Test Dimension (Fa. Siemens)

Multimorbidität und Niere Prof. Thomas Fehr

sekundäre Giftelimination

Target-Therapie mit dem mtor-inhibitor Temsirolimus (Torisel )

Antibiotikadosierung auf der Intensivstation wie geht es richtig?

Fehlerraten und Fehlervermeidung bei Eliminationsstörungen

Vinflunin (Javlor ) Zyklus: T1 q3w, Tag 22 = Tag 1 = neuer Zyklus. Patientenaufkleber

Mittwoch. Der spannende Fall oder die Frage: Was hätten Sie gemacht?

Niereninsuffizienz und Dialyse

Rheuma & Niere Fokus auf die Schmerztherapie bei Niereninsuffizienz

Analgetika in der Geriatrie ein Überblick. Mag. pharm. Michaela Mandl ahph

Dosierung von Carboplatin

Heroin Pharmakologie Struktur von Heroin 1

ABS-Doku-Tool zur Dokumentation von ABS-Interventionen während Visiten

2.1 Die Halbwertszeit und die Eliminationskonstante Berechnung anhand zweier Plasmaspiegel

VORICONAZOL-haltige Arzneimittel: Checkliste für medizinisches Fachpersonal

Medikamentöse Schmerztherapie

Valdoxan (Agomelatin)

Con - Prolongierte Gabe von Beta-Laktam-Antibiotika

Beginn oder Wechsel der Nierenersatztherapie

Bestimmung der glomerulären Funktion bei chronischer Niereninsuffizienz (cn)

Dosisindividualisierung bei eingeschränkter Organfunktion

Wechselwirkungen der Medikamente

UNIVERSALINSTRUMENT ANTIBIOTIKUM?

ZUSAMMENFASSUNG DER MERKMALE DES ARZNEIMITTELS

Arzneimitteltherapie-Sicherheitsprüfung heute und morgen

Tropfen, Sirup, Suppositorien «neue Dosierung» Husten und Reizhusten bei Erkältungen. Zusammensetzung

Geänderter Text ist i.a. durch graue Hinterlegung markiert. Gebrauchsinformation: Information für den Anwender. Aciclovir Aristo 200 mg Tabletten

Pharmazeutische Betreuung

Schmerzmanagement Pharmakologie der Opioide

Universitätsklinikum Jena Zentrale Notfallaufnahme

Arzneimittelprofile häufig angewendeter Arzneistoffe in der Palliativmedizin

Einführung in die Pharmakokinetik/ Begriffsbestimmungen

Analysen zur Dosisoptimierung von Antibiotika bei kritisch kranken Intensivpatienten

Cytomegalie-Immunglobulin vom Menschen

Valdoxan (Agomelatin)

Dr. Eberhard Meyer Nephrocare Hamburg Altona Strukturierte Aufbaumodule Onkologie für MFA Nephrologie. Nephrologie Niereninsuffizienz

GEBRAUCHSINFORMATION Information für den Anwender

Arzneimitteltherapie bei Niereninsuffizienz

Zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen ab 12 Jahren und Erwachsenen

Vitamin-K- Antagonisten NOAK VKA. Neue orale Antikoagulanzien. Informationen für Ärzte: Umstellung von NOAK auf VKA

bei palliativen Wunden

Paracetamol 1000 mg Heumann Zäpfchen

Leistungsbeschreibung (LVZ)

GEBRAUCHSINFORMATION Information für den Anwender. Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Lactose-Monohydrat 217,6 mg

PHV-issue: Hydroxyethylstärke (HES) hältige Arzneispezialitäten (Infusionen) Änderungen der Fach- und Gebrauchsinformationen

Antikoagulation bei Niereninsuffizienz. J. Jacobi Medizinische Klinik 4, Universität Erlangen-Nürnberg

PITFALLS IN DER NEPHROLOGISCHEN DIAGNOSTIK

PHV-issue: Atorvastatin. Sehr geehrte Damen und Herren,

Paclitaxel Gemcitabin

ANTIBIOTIKATHERAPIE BEI IMPLANTATERHALTUNGSVERSUCH

CKD Stadien sind GFR-orientiert

Niereninsuffizienz und die Elimination von jodhaltigem Kontrastmittel per Dialyse

Gebrauchsinformation: Information für Anwender. Zovirax 400 mg-filmtabletten Wirkstoff: Aciclovir

GEBRAUCHSINFORMATION Information für den Anwender

Gemcitabin Carboplatin

Transkript:

Richtige Dosierung von Arzneimitteln im klinischen Alltag Dr. Otto Frey Apotheke und Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie, Kliniken Landkreis Heidenheim ggmbh Wien, Oktober 2017 Pharmakodynamische Variabilität und individuelle Dosierung Variabilität Konzentration Normdosis Variabilität Effekt Variabilität Dosis Eingestellte Konzentration Variabilität Effekt

Anamnese oder was müssen wir wissen? Station und Name des behandelnden Arztes Name Patient, Geburtsdatum, Geschlecht Indikation und gegebenenfalls wichtige Grunderkrankungen (Relevante) Komedikation Arzneimittel und Darreichungsform Dauer und Dosierung der Vormedikation Körpergröße, Körpergewicht, Serum-Kreatinin Relevante sonstige Laborwerte Organersatzverfahren Dringlichkeit und Erreichbarkeit Die Nierenfunktion - Cystatin? Reine glomeruläre Filtration, tubuläre Rückresorption Konstante Bildungsrate, Halbwertszeit ca. 2 Stunden Cave Leber- und Schilddrüsenerkrankungen, Rauchen und hochdosierte Glucocorticoidtherapie. nicht durch die Muskelmasse (vorteilhaft bei Älteren, Schwangeren und bettlägerigen Patienten) oder durch die Ernährung beeinflusst egfr = 130 * Cystatin C -1.069 * Alter -0.117 7 http://www.uniklinik-ulm.de/struktur/institute/klinischechemie/home/praeanalytik/untersuchungen-leistungsverzeichnis/abcd/cystatinc.html Zur Medikamentendosierung: Körperoberfläche berücksichtigen!

Kreatinin basierte Berechnung (Abschätzung) nach Cockroft und Gault Untergewichtige: Aktuelles Körpergewicht Übergewichtige: Ideales Körpergewicht Vorsicht bei Übergewichtigen oder kachektischen Patienten ( 140 Alter [ Jahre]) IKG[ kg] ClKrea Mann = 72 Serumkreatinin[ mg / dl] [ ml / min] Cl Frau = 0, 85 Cl Mann [ ml / min] Krea Krea IKG = Mann 50 + ( Grösse [ cm ] 152, 4 ) * 0, 89 [ kg ] IKG = Frau 45, 5 + ( Grösse [ cm ] 152, 4 ) * 0, 89 [ kg ] Die Kreatinin-Clearance

Das ideale Körpergewicht Patientenbeispiele Vergleich der Formeln

Patientenbeispiele Vergleich der Formeln Patientenbeispiele Vergleich der Formeln

Patientenbeispiele Vergleich der Formeln Kreatintin-Clearance abschätzen www.clincalc.com

Patientenbeispiele Vergleich der Formeln Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz totale Clearance = renale Clearance + hepatische Clearance Der Anteil der Niere an der Gesamt-Clearance ist substanzspezifisch 1 - Qo = Bioverfügbarer Dosisanteil bei normaler Nierenfunktion, welcher in aktiver Form renal eliminiert wird Qo = Extrarenal ausgeschiedener bioverfügbarer Dosisanteil bei normaler Nierenfunktion

Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz Bei einer Kreatinin-Clearance < 50 ml/min steigt die Arzneimittelmenge im Körper für Arzneimittel mit niedrigem Qo stark an. Für alle Arzneimittel mit einem Qo-Wert < 0.7 wird eine Dosierungsanpassung empfohlen. Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz Bei Kenntnis der geschätzten Kreatinin-Clearance kann die individuelle Ausscheidungskapazität Q für ein bestimmtes Arzneimittel einfach berechnet werden.

www.dosing.de Patientenbeispiele Individuelle Dosierung S.R. 56 Jahre, m 176 cm, 92 kg, Krea 2,7 mg/dl [0,5-1,5 mg/l] Der Patient soll wegen eines Harnwegsinfekts mit Ofloxacin behandelt werden. R.A. 84 Jahre, w 165 cm, 60 kg Krea 1,0 mg/dl [0,5-1,5 mg/l] Die Patientin soll wegen eines Harnwegsinfekts mit Ofloxacin behandelt werden. Dosis bei Nierengesunden? Q0-Wert? Ausscheidungskapazität? Relative Maximaldosis? Gegenanzeigen? Nierentoxizität?

Das Arzneimittel-Konsil http://www.bayerischerinternistenkongress.de/vortraege-2014/jacobi.pdf

NOAKs (DOAKs) und Nierenfunktion Eliquis Lixiana Pradaxa Xarelto Welche Formel? Kontraindikation Nierenfunktion? Dosismodifikation nach Indikation und KreaCl Alter, Körpergewicht, Komedikation Fallbeispiel Aciclovir Patientin T.G. Alter: 78 J. Gewicht: 75kg Größe: 1,65m Krea: 0,70mg/dl Herpesenzephalitis symptomatisches Anfallsleiden mit Aphasie Rezidiviernde Pneumonien mit Beatmungspflicht

Dosierung Patientin T.G. Fachinformation

Kreatininanstieg durch Aciclovir? Konzentration mg/dl 1,7 1,2 0,7 Aciclovir 3 mal 625 mg i.v. Kreatininanstieg auf 1,45 mg/dl Kreatinin Serum Verlauf Gemessener Aciclovir-Talspiegel: 8 mg/l (angestrebt: <0,5-2(-5)mg/l) 0,2 0 5 10 15 20 25 30 Tage Insbesondere bei älteren Patienten Verschlechterung der Nierenfunktion bis zum akuten Nierenversagen möglich. Dosisreduktion??

Kreatininanstieg durch Aciclovir? Konzentration mg/dl 1,7 1,2 0,7 Aciclovir 3 mal 625 mg i.v. Kreatininanstieg auf 1,45 mg/dl Kreatinin Serum Verlauf Gemessener Aciclovir-Talspiegel: - Dosisreduktion auf 8 mg/ (angestrebt: <0,5-2(-5)mg/l) 625 mg / 12 h 0,2 0 5 10 15 20 25 30 Tage Kontrollen nach 2 und 4 Tagen: Abfall des Talwerts auf 0,7 mg/l, dann wieder Dosissteigerung auf 3 mal 625 mg mit Talwert 2,9 mg/l -Flüssigkeitszufuhr erhöhen. Insbesondere bei älteren Patienten Verschlechterung der Nierenfunktion bis zum akuten Nierenversagen möglich. Dosisreduktion?? Arzneimitteldosierung bei Nierenersatzverfahren

www.thecaddy.de Zavicefta Patient, m 56 Jahre, Sepsis 180 cm 80 kg KG, akutes Nierenversagen anurisch, dialysiert Dosis - Fachinformation - CADDy (Erhaltungsdosis Levetiracetam, eingestellt auf 2 mal 1000mg)

Welche Schmerzmittel erscheinen für Dialysepatienten grundsätzlich geeignet? Paracetamol (Paracetamol) Q0-Wert 1,0 Bei schwerer Niereninsuffizienz muss ein Dosisintervall von mindestens 8 Stunden eingehalten werden. (Dialyse: 500-1000 mg alle 6-8 h; dialysabel) Ibuprofen (Ibuprofen) Q0-Wert 1,0 Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz darf Ibuprofen nicht angewendet werden. (Dialyse: Normale Dosis bei Dialysepatienten; nicht dialysabel) Voltaren (Diclofenac) Q0-Wert 1,0 Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz darf Diclofenac nicht angewendet werden. (Dialyse: Normale Dosis bei Dialysepatienten (cave bei Patienten mit Blutungsneigung) ; nicht dialysabel) Novalgin (Metamizol) Q0-Wert 1,0 Bei Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion sollten hohe Dosen vermieden werden. (Der Hauptmetabolit (4-N-Methylaminoantipyrin) kann durch Hämodialyse, Hämofiltration, Hämoperfusion oder Plasmafiltration eliminiert werden) Welche Schmerzmittel erscheinen für Dialysepatienten grundsätzlich geeignet? MST (Morphinsulfat) Q0-Wert 0,3 (Metabolit) Der aktive Metabolit kann bei Niereninsuffizienz kumulieren und zu einem Teil der analgetischen Wirkung beitragen. (Dialyse: Geringe Einzeldosen z.b. 1,25-2,5 mg alle 4h, dann Dosistitration; akt. Metabolit dialysabel) Durogesic SMAT (Fentanyl) Q0-Wert 0,9 Sorgfältige Überwachung und gegebenenfalls Dosisreduktion bei eingeschränkter Leberund/oder Nierenfunktion. (Dialyse: 50% der Dosis, dann Dosistitration; nicht dialysabel) Transtec PRO (Buprenorphin) Q0-Wert 1,0 Da sich die Pharmakokinetik von Buprenorphin bei Nierenversagen nicht verändert, ist die Anwendung bei Niereninsuffizienz, einschließlich Dialysepatienten, möglich. Tramal (Tramadol) Q0-Wert 0,6 Bei schwerer Niereninsuffizienz sollte Tramal (Tramadol) nicht verabreicht werden. (Dialyse: 50 mg alle 8 h, dann Dosistitration; dialysabel) Valoron N (Tilidin, Naloxon) Q0-Wert 0,95 Eine Nierenfunktionseinschränkung erfordert keine Dosisänderung. (Dialyse: Tilidin und aktive Metabolite nicht dialysabel)

Leberinsuffizienz - Leberzirrhose Leberinsuffizienz - Leberzirrhose Leberinsuffizienz mit portaler Hypertension (Pfortaderhochdruck) und ihre Komplikationen -Durch die gestörte Durchblutung kommt es zum Aufstau des Bluts vor der Leber mit der Ausbildung von Ösophagusvarizen, die zu starken Blutungen führen können -Eine weitere Konsequenz ist die Wasseransammlung im Bauch (Aszites) -Verminderte Eiweißsynthese (Gerinnungsfaktoren, Enzyme und Albumin) -gestörte Verstoffwechslung von Substanzen, körpereigene Verbindungen, Nahrungsbestandteile oder Medikamente -Zeichen dieser mangelhaften Entgiftungsfunktion ist in den meistenfällen eine Gelbsucht (Ikterus). Uncharakteristische Symptome sind verminderte Leistungsfähigkeit und ggf. Oberbauchbeschwerden. Patienten berichten von einer neu aufgetretenen Blutungsneigung, dunklem Urin, starken Blähungen, Ödemen der Beine oder einer Konzentrationsschwäche (hepatische Enzephalopathie).

Leberinsuffizienz Child-Pugh-Skala (Rechner Labor Limbach) Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz - verminderte Metabolisierungskapazität und reduzierte Leberdurchblutung führen zu einer herabgesetzten hepatischen Clearance - spontane Ausbildung portosystemischer Shunts, Umgehung der Leber - die Funktionseinschränkung kann nicht quantifiziert werden - die reduzierte Plasmaeiweißbindung muss berücksichtigt werden - das Risiko der Akkumulation muss für jeden Arzneistoff individuell abgeschätzt werden - berücksichtigt werden die extrarenale Ausscheidungsfraktion, die Proteinbindung und bei oraler Gabe die Bioverfügbarkeit bzw. der firstpass-effekt - häufig tritt gleichzeitig auch eine eingeschränkte Nierenfunktion auf - grundsätzlich ist bei einer extrarenalen Ausscheidungsfraktion > 50% bei Leberinsuffizienz eine Dosisanpassung vorzunehmen - (relative) Gegenanzeigen sollten beachtet werden

Geringe Geringe Dosisanpassung hepatische hepatische bei Extraktion Extraktion Leberinsuffizienz E < 0, 3 und E h h < 0, 3 und Beispiele Orale Bioverfügbarkeit Einfluss der Leberinsuffizienz Bioverfügbarkeit Effekt eines portosystemischen Shunts Proteinbindung < 90% Bromazepam, Citalopram, Carbamazepin, Theophyllin Proteinbindung > 90% Diazepam, Valproinsäure, Clindamycin, Phenprocoumon Mittlere hepatische Extraktion E h 0, 3-0,6 Midazolam, Amitriptylin, Ciprofloxacin, Erythromycin Hohe hepatische Extraktion E h > 0,6 Sertralin, Morphin, Metoprolol, Verapamil Hoch Hoch Mittel Niedrig Unverändert Nicht relevant Unverändert Nicht relevant Gering erhöht Gering Erhöht Hoch Clearance Reduziert Meist reduziert Reduziert Reduziert Dosierung oral Initial Erhaltungsdosis Dosierung i.v. Initial Erhaltungsdosis Normal Ca. 50%-25% Normal Ca. 50%-25% Normal Ca. 50%-25% Normal Ca. 50%-25% reduziert Ca. 50%-25% Normal Ca. 50%-25% Stark reduziert Ca. 25% Normal Ca. 50%-25% Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz Einfluss einer Leberinsuffizienz auf den Serumspiegelverlauf nach einmaliger oraler Gabe: Normalpatient (schwarz) und bei Leberinsuffizienz E h < 0,3 (blau) und E h > 0,6 (violett)

Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz M, 51 Jahre, 172 cm, 71 kg KG Aszites ausgeprägt Leichte Enzephalopathie fraglich Leberzirrhose, C2-Abusus Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz

Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz - Beloc - Metoprolol i.v. Umstellung auf oral (Bisoprolol) - Sirdalud - Tizanidin - Staphylex - Flucloxacillin und Alternative Cephazolin - Eremfat - Rifampicin und Alternative Infectophos - Fosfomycin cardiolab.ch Ein Patient (m, 182 cm, 72 Jahre, KreaCl 60 ml/min) ist auf Sirdalud 2 mal 4 mg eingestellt. Eine Harnwegsinfektion soll mit 2 mal 500 mg Ciprofloxacin oral über 7 Tage behandelt werden.

cardiolab.ch http://www.umm.edu/health/medical/drug-interaction-tool

Interaktionen AMeLi (ABDAMED) Dosisanpassung bei Adipositas Körpergewicht, Verteilungsvolumen und Dosiergewicht Berechnung einer Initialdosis bei Übergewicht Einfluss des Körpergewichts auf die Erhaltungsdosis Patientin 52 Jahre, 162 cm, ca. 180 kg Körpergewicht Kreatinin 1,0 mg/dl Dosierung Vancomycin (Vd = 0,7 l/kg KG) Spitzenspiegel 25-30 mg/l Erhaltungsdosis: normal 2000 mg/24h Gentamicin (Vd = 0,3 l/kg Dosiergewicht) Spitzenspiegel 20 mg/l Erhaltungsdosis: normal 500 mg/24h

Cotrimoxazol - Dosierung Patient H.S. 14.07.1968 178 cm, 75 kgkg Serumkreatinin 0,9 mg/dl Harnwegsinfektion mit sensiblem E. coli Dosis, Dosisintervall, Applikation, Applikationsart Patient K.K. 18.1.1951 181 cm, 133 kgkg Serumkreatinin 1,1 mg/dl Pneumocystis-jiroveci-Pneumonie bei Immunsuppression und COPD Dosis, Dosisintervall, Applikation, Applikationsart, Infusionsdauer Wie ist eine orale Sequenztherapie zu bewerten? Dosisanpassung bei Hypoalbuminämie Reduktion der Plasmaproteinbindung von 90% auf 45 % Überlegungen zur Initialdosis Überlegungen zur Ausscheidung und Metabolisierung Überlegungen zur Halbwertszeit Überlegungen zur Dosierung Patient 71 Jahre, 177 cm, 67 kg Körpergewicht Kreatinin 3,8 mg/dl, Albumin 15 mg/l Dosierung Valproinsäure zur Krampf-Prophylaxe nach Krampfanfall auf der Intensivstation, kontinuierliche Infusion. Ein Serumspiegel von 27 mg/l [angestrebt 50-100 mg/l] wurde gemessen 3 Tage später wurde ein Valproinsäure-Serumspiegel von 6 mg/l gemessen

Dosisanpassung bei Hypoalbuminämie Patientin 92 Jahre, 160 cm, 48 kg Körpergewicht Kreatinin 1,4 mg/dl, Albumin 18 g/l Krampfanfall Orfiril long 300 0 600 mg Serumspiegel: 106,8 mg/l [50-100 mg/l] Hohe Serumspiegel riefen bei Erwachsenen wie bei Kindern abnorme neurologische Störungen, wie z. B. erhöhte Anfallsneigung und Verhaltensänderungen, hervor. Das Vergiftungsbild ist gekennzeichnet durch Verwirrtheitszustände, Sedation bis hin zum Koma, Muskelschwäche und Hypo- bzw. Areflexie. TDM-Befund

Merke Die Nierenfunktion ist quantifizierbar und korreliert mit der renalen Arzneimittel-Ausscheidung Der Einfluss von Nierenersatzverfahren auf die Arzneimittel- Ausscheidung ist berechnabr und reproduzierbar Die nichtrenale Ausscheidung ist nicht quantifizierbar, zur Abschätzung der Leberfunktion steht in der Routine kein Laborparameter zur Verfügung (TDM!) Das Körpergewicht kann zur Abschätzung der Initialdosis bzw. der geeigneten Einzeldosis relevant sein, die Erhaltungsdosis ist in der Regel vom Körpergewicht unabhängig Eine reduzierte Proteinbindung kann in Einzelfällen das Dosisintervall beeinflussen und muss bei Plasmaspiegelmessungen berücksichtigt werden Das Arzneimittel-Konsil 61 Konsile mit insgesamt 408 Medikamenten. 70% aller Patienten hatten eine eingeschränkte Nierenfunktion (KreaCl < 60 ml/min) Bei 235 (57,6%) der Medikamente erfolgte ein Hinweis hinsichtlich der Dosierung bzw. einer durch die Niereninsuffizienz vorliegenden Kontraindikation bei 25 Medikamenten wurde die relative Maximaldosis überschritten oder die Gabe war aufgrund der Nierenfunktion kontraindiziert Bei insgesamt 147 Interaktionsmeldungen wurde nach fachlicher Bewertung in 14 Fällen (9,5%) interveniert.

Das Arzneimittel-Konsil Das Arzneimittel-Konsil

Nomogramm Piperacillin Frey OR et al, Fragen und Antworten zur individuellen Dosierung von ß-Lactam-Antibiotika bei kritisch Kranken, Intensiv-News 2015; 19(4/15) Nomogramm Meropenem Empirische Erhaltungsdosis nach KreaCl: Federico Pea et al. Antimicrob. Agents Chemother. December 2012 vol. 56 no. 12 6343-6348

Empirische Dosierung Meropenem ZNS Infektionen Empirische Dosierung Gentamicin

Dosierung Gentamicin Individuell Dosieren Vancomycin Initialdosis: < 60 kg KG 1000 mg 60-90 kg KG 1500 mg > 90 kg KG 2000 mg Erhaltungsdosis: nach Krea-Cl (Cockroft/Gault) > 110 ml/min 1000 mg alle 8 h (1500 mg alle 12 h) 90-110 ml/min 1250 mg alle 12 h (750 mg alle 8 h) 75-89 ml/min 1000 mg alle 12 h (500 mg alle 6 h) 55-74 ml/min 750 mg alle 12 h (500 mg alle 8 h) 40-54 ml/min 500 mg alle 12 h 30-39 ml/min 750 mg alle 24 h (500 mg alle 18 h) 20-29 ml/min 500 mg alle 24 h < 20 ml/min 500 mg alle 48 h Kontrolle des Talwerts vor Gabe innerhalb von 24-48 h nach Therapiebeginn.

Empirische Dosierung Vancomycin ZNS Infektionen Individuell dosieren Vancomycin Patient F.T., 50 Jahre, 189 cm, 105 kg, Krea 1,77 mg/dl, CRP 106 mg/l, Leukos 10,6*10 9 /l, septische Osteomyelitis mit Staph. epidermidis -> Therapie mit Vanco und Rifampicin Ask your browser!

Pharkin 4.0 Richtige Dosierung von Arzneimitteln im klinischen Alltag Dr. Otto Frey Apotheke und Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie, Kliniken Landkreis Heidenheim ggmbh Wien, Oktober 2017