Lineare Algebra 1 Roger Burkhardt roger.burkhardt@fhnw.ch Fachhochschule Nordwestschweiz Hochschule für Technik Institut für Geistes- und Naturwissenschaft HS 2010/11
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Rechenoperationen und Gesetze Gleichheit von Matrizen Definition Zwei Matrizen A und B sind genau dann gleich, wenn sie die gleiche Dimension haben (also A K n m und B K n m ) und die Matrizen die gleichen Elemente besitzen (also a ij = b ij i n j m). Beispiel ( 1 2 2 Gleiche (identische) Matrizen: 2 ) ( 1 4 3 2 4 2 = 9 16 ( ) 1 2 0 1 2 Ungleiche Matrizen: = 3 4 0 3 4 0 0 0 )
Rechenoperationen und Gesetze Addition und Subtraktion Definition Sind A und B zwei n m-matrizen, so versteht man unter der Summe A + B (bzw. Differenz A B) die n m-matrix S (bzw. D), welche wie folgt definiert ist: s ij := a ij + b ij (1) bzw. d ij := a ij b ij (2) Beispiel 1 2 3 3 + 4 5 5 6 1 2 3 = 1 + 5 2 + 6 3 + 3 1 4 2 5 3 = 6 8 10 2 2 2
Rechenoperationen und Gesetze Multiplikation einer Matrix mit einem Skalar Definition Sei A K n m eine Matrix und k K ein Skalar, so versteht man unter dem Produkt ka die Matrix: a 11 a 12 a 1m ka 11 ka 12 ka 1m a 21 a 22 a 2m ka := k...... = ka 21 ka 22 ka 2m...... a n1 a n2 a nm ka n1 ka n2 ka nm Alle Elemente der Matrix werden also mit dem Skalar multipliziert!
Rechenoperationen und Gesetze Beispiel ( ) 1 2 5 = 3 3 ( 5 1 5 2 5 3 5 3 ) = ( 5 10 15 15 ) Theorem Für die Addition von Matrizen A, B und C und die Multiplikation einer Matrix mit einem Skalar λ, τ und υ gelten die folgenden Gesetze: (kommutativ) A + B = B + A (assoziativ) A + (B + C) = (A + B) + C = A + B + C (distributiv) λ (A + B) = λa + λb (distributiv) (τ + υ) A = τa + υa
Rechenoperationen und Gesetze Linearkombinationen von Matrizen Mit den bisher betrachteten Rechenoperationen können sogenannte Linearkombinationen von Matrizen gebildet werden. D.h. eine Anzahl von gleichdimensionalen Matrizen kann mit Zahlen multipliziert und die Produkte danach aufsummiert werden. Beispiel ( ) ( ) 1 2 2 1 2 + 5 = 3 3 0 5 ( ) 8 9 6 31 ( 2 10 4 + 5 6 + 0 6 + 25 ) = Diese Fähigkeit werden wir später bei den Vektorräumen gebrauchen!
Rechenoperationen und Gesetze Matrizenmultiplikation Definition Sei A eine n m und B eine m r Matrix, so versteht man unter dem Produkt AB die n r Matrix P mit den Elementen: Bemerkung p ij := m a ik b kj (3) k=1 Das Matrizenprodukt ist nur definiert, wenn die angegebene Dimensionsbedinung erfüllt ist, d.h. der erste Faktor gleich viele Spalten wie der Zweite Zeilen besitzt. Zudem hat die Produktmatrix die gleiche Zeilenzahl wie der erste Faktor und die gleiche Spaltenzahl wie der zweite Faktor.
Rechenoperationen und Gesetze Beispiel Wir suchen das Produkt AB: AB = ( 1 2 1 0 3 4 ) 2 1 3 0 1 0 2 4 5 = Das Produkt ist definiert, da der Faktor A 3 Spalten und die Matrix B 3 Zeilen hat. Das Produkt hat wie die Matrix A 2 Zeilen und wie die Matrix B 3 Spalten: ( ) 2 + 0 + 2 1 + 2 + 4 3 + 0 5 = = 0 + 0 8 0 3 16 0 + 0 + 20 ( 4 8 8 19 20 )
Rechenoperationen und Gesetze Falk sches Schema Die Matrizenmultiplikation lässt sich in einer Tabelle sehr übersichtlich bestimmen. Betrachten wir dazu nocheinmal voriges Beispiel: AB ( 1 2 1 0 3 4 2 1 3 0 1 0 ) ( 2 4 5 ) 4 8 8 19 20 In dieser tabellarischen Darstellung ist der Zusammenhang der i-ten Zeile des ersten Faktors mit der j-ten Spalte des zweiten Faktors für die Berechnung des Elements p ij ersichtlich. In der Reihenfolge ihres Auftretens in der Zeile bzw. Spalte werden die Elemente dann multipliziert und die Produkte addiert!
Rechenoperationen und Gesetze Theorem Für die Matrizenmultiplikation gelten die folgenden Gesetze: (assoziativ) A (BC) = (AB) C = ABC (distributiv) A (B + C) = AB + AC Bemerkung Achtung: Die Matrizenmultiplikation ist nicht kommutativ (d.h., die Faktoren sind nicht vertauschbar): AB BA Bsp: ( ) ( ) ( ) 0 1 1 1 0 0 AB = 0 1 ( 1 1 BA = 0 0 = 0 0 ) = ) ( 0 1 0 1 0 0 ) AB ( 0 2 0 0
Spezielle Matrizen Quadratische Matrizen Quadratische Matrizen Ein Matrix A mit gleich vielen Zeilen wie Spalten, also A R n n, nennt man eine quadratische Matrix. Bsp: ( 0 1 0 1 ) R 2 2, 0 1 2 1 2 3 2 3 4 R 3 3
Spezielle Matrizen Diagonal- und Dreiecksmatrizen Diagonalmatrizen Eine quadratische n n Matrix A mit Nullen oberhalb und unterhalb der Diagonalen (a ij = 0 i j) nennt man eine Diagonalmatrix. Bsp: ( a11 0 0 a 22 ), a 11 0 0 0 a 22 0 0 0 a 33, a 11 0 0 0 0 a 22 0 0 0 0 a 33 0 0 0 0 a 44
Spezielle Matrizen obere und untere Dreiecksmatrix Eine quadratische n n Matrix A die unterhalb (bzw. oberhalb) der Diagonalen nur Nullen aufweist, also a ij = 0 i > j (bzw. a ij = 0 i < j), heisst obere (bzw. untere) Dreiecksmatrix. Bsp: Bemerkung a 11 a 12 a 13 0 a 22 a 23 0 0 a 33, a 11 0 0 a 21 a 22 0 a 31 a 32 a 33 Das Produkt zweier oberer (bzw. unterer) Dreiecksmatrizen ist wieder eine obere (bzw. eine untere) Dreiecksmatrix.
Spezielle Matrizen Einheitsmatrizen Einheitsmatrix Die quadratische n n Matrix E n mit Einsen auf der Diagonalen (a ii = 1) und Nullen oberhalb und unterhalb der Diagonalen (a ij = 0 i j) nennt man eine Einheitsmatrix. E 2 = ( 1 0 0 1 ), E 3 = 1 0 0 0 1 0 0 0 1, E 4 = 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 Theorem Das Produkt mit einer Einheitsmatrix bewirkt keine Veränderung: E n A = A E n = A
Spezielle Matrizen transponierte Matrix Definition Sei A eine n m Matrix, so versteht man unter der zu A transponierten Matrix A T die m n Matrix, welche man durch Spiegelung der Matrix A an ihrer Diagonalen erhält. T a 11 a 12 a 1m a 11 a 21 a n1 a 21 a 22 a 2m a 12 a 22 a n2..... =....... a n1 a n2 a nm a 1m a 2m a nm Beispiel ( 1 2 3 4 5 6 ) T = 1 4 2 5 3 6
Spezielle Matrizen Eigenschaften der Transponierten Theorem Es gilt: ( A T ) T = A (A + B) T = A T + B T (λa) T = λa T (AB) T = B T A T Bemerkung In späteren Kapiteln werden wir die Produkte einer Matrix mit ihrer Transponierten, also AA T und A T A gebrauchen. Hier sei erwähnt, dass unabhängig von der Dimension der Matrix A dieses Produkt immer definiert ist!
Spezielle Matrizen Beispiel Gegeben Sei die Matrix A = Produkte AA T und A T A: AA T = A T A = ( 1 2 3 4 5 6 1 4 2 5 3 6 ( 1 2 3 4 5 6 ) 1 4 2 5 3 6 ( 1 2 3 4 5 6 ). Wir suchen die = ) = ( 14 32 32 ) 1 22 2 22 29 36 2 36 45
Spezielle Matrizen symmetrische und schiefsymmetrische Matrizen Definition Eine quadratische Matrix A mit der Eigenschaft a ij = a ji i, j nennt man eine symmetrische Matrix (die Elemente oberhalb der Diagonalen sind gleich den entsprechenden Elementen unterhalb der Diagonalen - die Diagonale ist die Spiegelachse!). Gilt a ij = a ji i, j, so nennt man die Matrix schiefsymmetrisch. Beispiel A ist eine symmetrische und B eine schiefsymmetrische Matrix: 1 2 3 1 4 2 A = 2 5 4, B = 4 5 0 3 4 0 2 0 1
Spezielle Matrizen Matrizen der elementaren Zeilenumformungen Theorem Sei (Ab) eine erweiterte Koffizientenmatrix und (Ab) die erweiterte Koeffizientenmatrix nach elementaren Zeilenumformungen, so existiert die Matrix Z, mit Z(Ab) = (Ab). Dabei entspricht Z einer leicht abgewandelten Einheitsmatrix. Es gilt: Multiplikation der k-ten Zeile mit der reellen Zahl a 0: z kk = a Vertauschen der k-ten mit der s-ten Zeile: z kk = z ss = 0 und z ks = z sk = 1 Ersetzen der k-ten Zeile durch die Linearkombination a k-te und b s-te Zeile (a 0): z kk = a und z ks = b
Spezielle Matrizen Beispiel Wir suchen die Lösung des nachfolgenden Gleichungssystems: 1 1 0 x 2 2 3 2 y = 4 2 0 3 z 1 Wir formen dazu die erweiterte Koeffizientenmatrix um: 1 1 0 2 (Ab) = 2 3 2 4 II II 2I III 2I III 2 0 3 1 Z 1 = 1 0 0 2 1 0 2 0 1 (Ab) 1 = Z 1 (Ab) = 1 1 0 2 0 1 2 0 0 2 3 5
Spezielle Matrizen Fortsetzung Z 2 = Z 3 = (Ab) 1 = 1 1 0 0 1 0 0 2 1 (Ab) 2 = 0 2 0 2 0 0 1 1 1 0 2 0 1 2 0 0 2 3 5 I I II III III 2II (Ab) 2 = Z 2 (Ab) 1 = 1 0 2 2 0 1 2 0 0 0 5 I I 2III II II + 2III (Ab) 3 = Z 3 (Ab) 2 = 1 0 2 2 0 1 2 0 0 0 5 0 0 4 0 0 10 0 0 5
Spezielle Matrizen Fortsetzung (Ab) 3 = 0 0 4 0 0 10 0 0 5 I 1 I II 1 II III 1 III 1 0 0 Z 4 = 1 0 0 (Ab) 4 = Z 4 (Ab) 3 = 1 0 0 1 0 0 4 0 1 0 10 0 0 1 5
Spezielle Matrizen Fortsetzung Nun lassen sich diese Faktoren noch zusammenfassen: (Ab) 4 = Z 4 (Ab) 3 = Z 4 Z 3 (Ab) 2 = Z 4 Z 3 Z 2 (Ab) 1 = Z 4 Z 3 Z 2 Z 1 (Ab) = 9 2 6 3 3 2 2 2 1 } {{ } Z 4 Z 3 Z 2 Z 1 1 1 0 2 2 3 2 4 2 0 3 1 Die hier gefundene Matrix Z 4 Z 3 Z 2 Z 1 werden wir im nächsten Abschnitt noch genauer untersuchen!
Spezielle Matrizen reguläre und singuläre Matrizen Definition Ein quadratische n n Matrix A nennt man regulär, wenn der Rang der Matrix maximal, also rg(a) = n ist. Andernfalls nennt man die Matrix singulär. Bemerkung Die Koeffizientenmatrix A eines regulären linearen Gleichungssystems Ax = b ist regulär und diejenige eines singulären linearen Gleichungssystem ist dementsprechend singulär.
Inversion Inversion Definition Sei A eine quadratische n n-matrix. Existiert eine Matrix B so, dass gilt: AB = BA = E n so nennt man A invertierbar und die Matrix B das Inverse von A. Für die Inverse schreibt man: B = A 1 Mit der Inversen einer Matrix lässt sich ebenfalls die Lösungsmenge eines (regulären) linearen Gleichungssystem beschreiben. Sei Ax = b ein lineares Gleichungssystem, so kann dieses System beidseitig mit der Inversen (von Links her) multipliziert werden: Ax = b
Inversion A} 1 {{ A} x = A 1 b E n x = A 1 b Fortsetzung Beispiel Matrizen und elementare Zeilenumformung Für das lineare Gleichungssystem 1 1 0 2 3 2 2 0 3 fanden wir die Umformung: x y z = 2 4 1
Inversion Fortsetzung (Ab) 4 = Z 4 (Ab) 3 = Z 4 Z 3 (Ab) 2 = Z 4 Z 3 Z 2 (Ab) 1 = Z 4 Z 3 Z 2 Z 1 (Ab) = 9 2 6 3 3 2 2 2 1 } {{ } Z 4 Z 3 Z 2 Z 1 1 1 0 2 2 3 2 4 2 0 3 1 Nun entspricht das Produkt der Umformungsmatrizen der Inversen der Koeffizientenmatrix des Systems: A 1 = Z 4 Z 3 Z 2 Z 1 = 9 2 6 3 3 2 2 2 1
Inversion Fortsetzung Die Lösung des Systems erhalten wir durch das Produkt der Inversen mit den Absolutgliedern: 2 x = A 1 b = 4 = 1 Bemerkung 9 2 6 3 3 2 2 2 1 Dieses Beispiel zeigt ein Verfahren, um die Inverse einer Matrix zu bestimmen. Da jedoch die einzelnen Zeilenumformungsmatrizen miteinander multipliziert werden müssen, ist es ein sehr aufwendiges Verfahren! 4 10 5
Inversion Berechnung der Inversen Denkt man sich die gesuchte Inverse A 1 = (b ij ) als eine n n Matrix mit den Unbekannten b ij, so entspricht die Gleichung AA 1 = E n dem Problem n 2 Grössen zu bestimmen. Dieses Problem lässt sich nun in n lineare Gleichungssysteme mit jeweils n Unbekannten aufteilen: A b 11 b 21. b n1 = 1 0. 0, A b 12 b 22. b n2 = 0 1. 0,..., A b 1n b 2n. b nn = Es ergeben sich also n erweiterte Koeffizientenmatrizen, wobei bei allen die gleiche Koeffizientenmatrix vorliegt: 0 0. 1
Inversion A 1 0. 0, A 0 1. 0,..., A Da beim Lösen des linearen Gleichungssystems die elementaren Zeilenumformungen nur von der Koeffizientenmatrix abhängen, ergibt sich für alle n Systeme das gleiche Vorgehen und man fasst die n erweiterten Koeffizientenmatrizen zu einer super erweiterten Koeffizientenmatrix zusammen: 1 0 0 A 0 1 0...... = (A E n ) 0 0 1 0 0. 1
Inversion Mit elementaren Zeilenumformungen bestimmt man nun (Gauss-Jordan-Verfahren) die Lösungen der n Systeme (vorausgesetzt die Lösungen existieren!): a 11 a 1n..... a n1 a nn 1 0..... 0 1 1 0..... 0 1 b 11 b 1n..... b n1 b nn Inversion mit dem Verfahren nach Gauss-Jordan Noch schematischer kann das Vorgehen folgendermassen dargestellt werden: (A E n ) ( E n A 1 )
Inversion Beispiel Gesucht sei die Inverse der Matrix A = 1 2 1 4 2 1 0 0 4 2 1 0 2 0 1 0 Es wird die erweiterte Matrix mit A und der Einheitsmatrix gebildet: 1 2 1 4 1 0 0 0 (A E 4 ) = 2 1 0 0 0 1 0 0 4 2 1 0 0 0 1 0 2 0 1 0 0 0 0 1. II 2I II III 4I III IV 2I + IV
Inversion Fortsetzung 1 2 1 4 0 3 2 8 0 6 3 16 0 4 3 8 3 0 1 4 0 3 2 8 0 0 1 0 0 0 1 8 3 0 0 4 0 3 0 8 0 0 1 0 0 0 0 8 1 0 0 0 2 1 0 0 4 0 1 0 2 0 0 1 1 2 0 0 2 1 0 0 0 2 1 0 2 4 0 3 1 0 1 0 2 3 2 0 0 2 1 0 2 6 1 3 I 3I 2II III 2II III IV 3IV 4II I I + III II II 2III IV III IV I 2I + IV II II IV
Inversion Fortsetzung 6 0 0 0 0 3 0 0 0 0 1 0 0 0 0 8 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 6 3 3 0 9 3 3 0 2 1 0 2 6 1 3 1 0 1 2 1 2 0 3 1 1 0 2 1 0 1 4 3 4 Die Inverse existiert somit und lautet: A 1 = 1 8 3 8 1 0 1 2 1 2 0 3 1 1 0 2 1 0 1 4 3 4 1 8 3 8 I 1 6 I II 1 3 II IV 1 8 IV = ( E 4 A 1 )
Inversion Gesetze für die Inverse Theorem Für die Matrixinversion gelten die folgenden Gesetzmässigkeiten: A sei regulär A ist invertierbar und die folgenden Rechengesetze: ( A 1 ) 1 = A (AB) 1 = B 1 A 1 ( A T ) 1 = ( A 1 ) T
Inversion 2 Rechenoperationen und Gesetze Addition und Subtraktion Multiplikation einer Matrix mit einem Skalar Matrizenmultiplikation Spezielle Matrizen Quadratische Matrizen Diagonal- und Dreiecksmatrizen Einheitsmatrizen transponierte Matrix symmetrische und schiefsymmetrische Matrizen Matrizen der elementaren Zeilenumformungen reguläre und singuläre Matrizen Inversion Definition Inverse Berechnung der inversen Gesetze für die Inverse