HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT (MARKEN, MUSTER UND MODELLE) Nichtigkeitsabteilungen Alicante, den 07/09/2001 (490A/DE/E/Nichtigkeit/Absolute/080501) IN DEM VERFAHREN ZUR ERKLÄRUNG DER NICHTIGKEIT Aktenzeichen: 128C 000382325/1 Gemeinschaftsmarke: 382 325 DEPRO (Wortmarke) Verfahrenssprache: Deutsch ANTRAGSTELLER Horst Detmers Am Förderturm 8 D-45471 Mülheim a.d. Ruhr VERTRETER DR. FERSCHEN & PARTNER Postfach 13 02 49 D-45446 Mülheim an der Ruhr gegen INHABER DER GEMEINSCHAFTSMARKE Interkrenn Maschinen Vertriebs GmbH Rudolf-Diesel-Str. 11-13 D-85521 Ottobrunn-Riemerling VERTRETER % Avenida de Europa, 4, Apartado de Correos 77, E - 03080 Alicante, Spanien - : (+34) 965 139 100 - Fax: (+34) 965 131 344 Internet: http://oami.eu.int/
- 2 - hat DIE ERSTE NICHTIGKEITSABTEILUNG in der Besetzung: Herbert E. Meister (Vorsitz), Pedro Jurado Montejano (Mitglied) und Etienne Sanz de Acedo (Mitglied) am 07/09/2001 entschieden: 1. Die Eintragung der Gemeinschaftsmarke Nr. 382 325 (DEPRO) wird für nichtig erklärt. 2. Der Inhaber der Gemeinschaftsmarke hat die Kosten des Antragstellers zu tragen. TATBESTAND (1) Die Gemeinschaftsmarke Nr. 382 325, Wortmarke DEPRO, wurde am 16/11/1998 eingetragen für eine Reihe von Waren in den Klassen 7, 8 und 9. Die Marke wurde angemeldet am 30/09/1996. Die Sprachen der Gemeinschaftsmarke sind Deutsch und Englisch. (2) Der Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit wurde in Deutsch am 03/07/2000 gestellt. Die Gebühr wurde bezahlt durch Banküberweisung. (3) Der Antragsteller stützt seinen Antrag auf Art. 51(1)(b) und Art. 52(1)(a) GMV und trägt dazu vor, dass die Anmeldung bösgläubig war und der Antragsteller über ein älteres Recht verfüge. (4) Der Antragsteller richtet seinen Antrag gegen alle von der Gemeinschaftsmarke erfassten Waren. (5) Im wesentlichen trägt der Antragsteller vor: Die Marke DEPRO wurde im Mai 1996 von ihm und Herrn Wolfgang Detmers entwickelt, sie bedeutet Detmers Products. Am 06/08/1996 wurde ein Konzept zur Gründung einer DEPRO Handel GmbH erstellt. Gesellschaftszweck sollte u.a. sein der Handel mit Elektrowerkzeugen und ergänzenden Produkten. Im selben Monat beschlossen die Gesellschafter die Unternehmensgründung und legten das Firmenlogo DEPRO fest. Herr Krenn von der Firma Interkrenn, der Inhaberin der Gemeinschaftsmarke, hielt sich im Jahr 1996 zu geschäftlichen Besprechungen bei dem Antragsteller auf. Dort erfuhr er von der Entwicklung der Marke DEPRO. Es bestanden und bestehen wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Herrn Krenn und dem Unternehmen Interkrenn GmbH. Die Anmeldung der Marke durch die Interkrenn GmbH war daher unbefugt. Ferner verfügt der Antragsteller über die IR-Marke Depro, Nr. 685
- 3-079, in den Klassen 7 und 8, vom 07/11/1997, und über die deutsche Marke Depro Nr. 39706211 vom 13/02/1997, in Klasse 7. (6) Der Antragsteller hat folgende Nachweise vorgelegt: Kopien der Eintragungsurkunden der genannten Marken. Ferner Kopien der Entwürfe für das Firmenlogo DEPRO, sowie Kopien von geschäftlichen Briefbögen, auf denen dieses Logo enthalten ist. Darüber hinaus hat der Antragsteller Zeugen benannt. (7) Am 02/11/2000 wurde der Antrag dem Inhaber der Gemeinschaftsmarke zugestellt und eine Frist von drei Monaten zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Der Inhaber hat keine Stellungnahme abgegeben. Am 25/05/2001 wurden die Parteien davon unterrichtet, dass sich das Verfahren wegen der Abordnung des Berichterstatters eine andere Abteilung verzögern wird. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Zulässigkeit des Antrags (8) Die Gemeinschaftsmarke ist vor dem Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Erklärung der Nichtigkeit eingetragen worden. Die gesetzliche Gebühr für den Antrag wurde in voller Höhe entrichtet, Art. 55(2) Satz 2 GMV. Die übrigen Formvorschriften wurden beachtet. Damit ist der Antrag zulässig. Begründetheit des Antrags (9) Nachdem der Inhaber der Gemeinschaftsmarke keine Stellungnahme abgab, ist nach Lage der Akten zu entscheiden. Der Antrag ist begründet. Die Anmeldung der Marke erfolgte bösgläubig im Sinn von Art. 51(1)(b) GMV. (10) Der Inhaber der Gemeinschaftsmarke ist bei der Übersendung des Antrags auf Erklärung der Nichtigkeit darauf hingewiesen worden, dass das Amt nach Lage der Akten entscheiden kann, wenn keine Stellungnahme abgegeben wird, Regel 40(2) DV. (11) In einem Nichtigkeitsverfahren gestützt auf absolute Nichtigkeitsgründe hat das Amt den Sachverhalt grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln (Gegenschluß aus Art. 74(1) GMV). Allerdings setzt auch dies in jedem Fall voraus, dass der Antrag substantiiert wird. Ein Antragsteller kann nicht einfach eine Behauptung aufstellen und den Rest dem Amt überlassen. Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller relativ ausführlich einen Sachverhalt dargelegt, mit Unterlagen gestützt und Zeugen benannt. (12) Das Nichtigkeitsverfahren ist grundsätzlich als zweiseitiges Verfahren ausgestaltet, jedenfalls ab der Übermittlung des Löschungsantrags an den Markeninhaber. Die Regel 40(1) DV besagt, dass das Amt den Antrag zunächst formell zu prüfen hat und diesen nur dann, wenn es ihn nicht als
- 4 - unzulässig abweist, dem Markeninhaber zustellen muß. Jedenfalls das Nichtigkeitsverfahren aus absoluten Nichtigkeitsgründen ist allerdings auch dann kein reines kontradiktorisches Verfahren, wie dies etwa im Zivilprozeßrecht der Fall wäre. Dies folgt bereits aus Art. 74(1) GMV. Aber auch andere Löschungsverfahren können dem Zivilprozeß nicht tel quel gleichgesetzt werden. Nicht alles, dem nicht ausdrücklich widersprochen wird, kann automatisch als Grundlage der Entscheidungsfindung dienen. Der vorliegende Sachverhalt ist jedoch ein Beispiel für einen solchen Fall. (13) Gemäß Regel 40(2) DV ist auf der Basis der vorliegenden Beweismittel zu entscheiden. Es kann hier unentschieden bleiben, ob die Norm das Amt hindern würde, bei absoluten Nichtigkeitsgründen gemäß Art. 74(1) GMV weitere Nachforschungen anzustellen. Hinzuweisen ist in dem Zusammenhang darauf, dass im Gesetz von den vorliegenden Beweismitteln die Rede ist, nicht von den vorgelegten Beweismitteln. (14) Im konkreten Fall hat der Antragsteller schlüssig vorgetragen, dass eine mit der Markeninhaberin verbundene Person bei Gelegenheit geschäftlicher Besprechungen Kenntnis erhielt von einem Markenkonzept des Antragstellers. Der Name dieser Person ist in dem Firmennamen der Markeninhaberin enthalten (Krenn/Interkrenn GmbH). Dafür wurden zwei Zeugen benannt. Diesem Vorbringen ist die Markeninhaberin nicht entgegengetreten, was in diesem Fall als Zugeständnis gewertet werden kann. Wir haben es damit mit einem klassischen Fall von Markendiebstahl zu tun. (15) Der Art. 51(1)(b) GMV bezieht sich auf den Anmelder. Es kommt also nicht darauf an, wer ggf. später Inhaber der Gemeinschaftsmarke wird, sondern auf die Person des Anmelders. Ist der Anmelder eine juristische Person, so ist ihr das Handeln mit ihr verbundener natürlicher Personen zuzurechnen. Im vorliegenden Fall war die Markeninhaberin auch Anmelder. Ferner hat auch der Vortrag als zugestanden zu gelten, dass Herr Krenn, der Kenntnis von dem Markenkonzept des Antragstellers hatte, in relevanter Form mit der anmeldenden juristischen Person verbunden war und noch verbunden ist. (16) Wer sich in der geschilderten Form die Marke eines Dritten aneignet, handelt bösgläubig im Sinn von Art. 51(1)(b) GMV (vgl. dazu auch die Entscheidung dieser Abteilung im Fall BE NATURAL, vom 25/10/2000, C000479899/1; rechtskräftig). Die Eintragung der Gemeinschaftsmarke Nr. 382 325 war daher für nichtig zu erklären. KOSTEN (17) Gemäß Art. 81(1) GMV, Regel 94 DV hat im Nichtigkeitsverfahren die unterliegende Partei die Kosten zu tragen.
- 5 - DIE ERSTE NICHTIGKEITSABTEILUNG MEISTER FÜR DEN ABWESENDEN Herbert E. Meister Pedro Jurado Montejano Etienne Sanz de Acedo Vorsitz Mitglied Mitglied RECHTSMITTELBELEHRUNG Gemäß Artikel 57, 58 und 59 der Verordnung Nr. 40/94 (GMV) ist diese Entscheidung mit der Beschwerde anfechtbar, soweit ein Beteiligter durch die Entscheidung beschwert ist. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach dem Zugang der Entscheidung schriftlich beim Amt einzureichen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Gebühr (800 Euro) bezahlt wurde. Innerhalb von vier Monaten nach dem Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung muß die Beschwerde schriftlich begründet werden. HINWEIS AUF UMWANDLUNG Der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke, die ganz oder teilweise für nichtig erklärt worden ist, hat nach Rechtskraft dieser Entscheidung gemäß Art. 108 GMV das Recht, beim Amt einen Antrag auf Umwandlung in eine Anmeldung für eine nationale Marke zu stellen (vgl. Richtlinien für das Verfahren vor dem Harmonisierungsamt, Teil E, Kapitel 2, ABl HABM 1/99, 40). Der Inhaber wird nach Eintritt der Rechtskraft darüber noch eine besondere Nachricht erhalten.