Wiederholung: Integralsätze im Raum

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Transkript:

Wiederholung: Integralsätze im Raum

Sei S R 2 ein glattes Flächenstück, d.h. man hat eine (reguläre) Parametrisierung Φ : D R 2 S R 3, (x, y) s = Φ(x, y). S Φ(x, y) T 1 dx T 2 dy Φ D (x, y) e 1 dx e 2 dy Der zugehörige #Normalenvektor ist das Kreuzprodukt N(x, y) := Φ x Φ (x, y) (x, y). y Dies definiert das #Einheitsnormalenfeld n : S R 3 durch n(s) = N(x, y) N(x, y) s = Φ(x, y).

Das #Flächenintegral eines Skalarfeldes g : S R 3 R ist g ds := g dφ = g(φ(x, y)) Φ x Φ y d(x, y). S D Das #Flussintegral eines Vektorfeldes f : S R 3 R 3 ist f ds := f dφ = f(φ(x, y)) ( Φ x Φ ) d(x, y). y S D D D Für diese Definition muss eine Orientierung der Fläche S fixiert sein. Bemerkung: Schreibt man Φ x Φ y = n(s) Φ x Φ y so folgt: S f ds = s S f(s) n(s) ds

#Integralsatz von Stokes: Sei S R 3 eine stückweise glatte, orientierte Fläche mit positiv orientierter Randkurve Γ = S. Für jedes stetig differenzierbare Vektorfeld f : S R 3 R 3 gilt dann: rot f(s) ds = f(s) dγ. s S Die Zerlegung ds = n(s) ds ergibt die gleichwertige Formulierung rot f(s) n(s) ds = f(s) dγ. s S #Integralsatz von Gauß: Sei V R 3 kompakt mit stückweise glatter Randfläche S = V, orientiert durch den Normalenvektor. Für jedes stetig differenzierbare Vektorfeld f : V R 3 gilt dann: div f(v) dv = f(s) ds. v V Die Zerlegung ds = n(s) ds ergibt die gleichwertige Formulierung div f(v) dv = f(s) n(s) ds. v V s S s Γ s S s Γ

Kapitel G Erste Anwendungen der Integralsätze

Inhalt dieses Kapitels G000 1 Partielle Differentialgleichungen der Physik 2 Vektorfelder und Potentiale

Das archimedische Prinzip

Das archimedische Prinzip G004 #Aufgabe: Integrieren Sie die Auftriebskraft, die auf den Körper K wirkt und folgern Sie den Satz des Archimedes. z K K P n #Satz des Archimedes: Die Auftriebskraft des Körpers K gleicht dem Gewicht gϱ vol 3 (K) der verdrängten Flüssigkeit.

Das archimedische Prinzip G005 #Lösung: In jedem Randpunkt (x, y, z) K sei n(x, y, z) die äußere Einheitsnormale. Hier herrscht folgender Druck (= Kraft pro Fläche): skalar: P = g ϱ z, vektoriell: P = g ϱ z n Insgesamt erfährt der Körper K daher die Auftriebskraft F = P ds = g ϱ z n ds. K (x,y,z) K Die Komponenten von F = (F x, F y, F z ) berechnen wir mit Gauß: ( z0 ) Gauß z0 ) z n x ds = n ds = div( d(x, y, z) = 0 0 K K K z n y ds = z n z ds = K K K 0 ( 0z 0 ( 00 z ) ) n ds n ds K Gauß = K Gauß = K 0z ) div( d(x, y, z) = 0 0 00 ) div( d(x, y, z) = vol 3 (K) z

Das archimedische Prinzip G007 #Aufgabe: Wieviel Prozent eines Eisberges liegen unter Wasser? Speziell für ϱ Eis = 918kg/m 3 und ϱ Wasser = 1025kg/m 3? Allgemein? #Lösung: Sei E der Eisberg, unter Wasser liege der Teil U E. Wir nehmen Gleichgewicht an, d.h. der Eisberg sinkt oder steigt nicht. Das Gewicht vol 3 (E) ϱ Eis g gleicht dem Auftrieb vol 3 (U) ϱ Wasser g. Also vol 3 (U) vol 3 (E) = ϱ Eis ϱ Wasser 0.90 Mit anderen Worten, etwa 90% des Eisberges liegen unter Wasser, nur die verbleibenden 10% sind über Wasser sichtbar.

Das archimedische Prinzip G008

Volltorus und Torusfläche

Volltorus und Torusfläche G010 #Aufgabe: Sei 0 < r < R. Wir betrachten den Volltorus V mit (R + ρ sin θ) cos ϕ 0 ρ r V = (R + ρ sin θ) sin ϕ 0 θ 2π. ρ cos θ 0 ϕ 2π (1) Parametrisieren Sie die Torusfläche T = V (2) Bestimmen Sie den Flächeninhalt vol 2 (T ) der Torusfläche T.

Volltorus und Torusfläche G011 #Lösung: z ϕ y R θ r x Die Randfläche T = V des Volltorus erhalten wir für ρ = r: (R + r sin θ) cos ϕ T = V = (R + r sin θ) sin ϕ 0 θ 2π 0 ϕ 2π r cos θ

Flächeninhalt der Torusfläche G012 (2) Parametrisierung Φ : D R 2 T R 3 in Toruskoordinaten: x ( ) (R + r sin θ) cos ϕ { (θ ) } y θ = Φ = (R + r sin θ) sin ϕ 0 θ 2π, D = ϕ ϕ 0 ϕ 2π z r cos θ Tangentialvektoren, Normalenvektor, Flächenelement: r cos θ cos ϕ (R + r sin θ) sin ϕ Φ θ = r cos θ sin ϕ Φ, ϕ = (R + r sin θ) cos ϕ, r sin θ 0 Φ θ Φ r(r + r sin θ) sin θ cos ϕ ϕ = r(r + r sin θ) sin θ sin ϕ, Φ θ Φ ϕ = r(r + r sin θ) r(r + r sin θ) cos θ

Flächeninhalt der Torusfläche G013 Hiermit berechnen wir den Flächeninhalt: vol 2 (T ) = dφ = Φ θ Fub = HDI = 2π D 2π 2π θ=0 ϕ=0 2π θ=0 (θ,ϕ) D r(r + r sin θ) dϕ dθ r(r + r sin θ) dθ (θ, ϕ) Φ ϕ (θ, ϕ) d(θ, ϕ) HDI = 2πr 2πR Bemerkung: Das illustriert die Guldinschen Flächenregel für die Mantelfläche M eines Rotationskörpers.

Guldinsche Regeln für Rotationskörper G014 Satz G0J Der Körper R R 3 entstehe durch Rotation einer ebenen Fläche A um eine disjunkte Achse in derselben Ebene. Dann hat die #Mantelfläche M = R hat den Flächeninhalt: vol 2 (M) = vol 1 (Γ) 2π d(γ). Hierbei ist vol 1 (Γ) die Länge der rotierten Randkurve Γ = A und d(γ) der Abstand ihres Schwerpunktes zur Drehachse. Für sein #Volumen gilt dann: vol 3 (R) = vol 2 (A) 2π d(a) Hierbei ist vol 2 (A) der Flächeninhalt der rotierten Fläche A und d(a) der Abstand ihres Schwerpunktes zur Drehachse.

Differentialoperatoren und Integralsätze

Differentialoperatoren und Integralsätze G102 Als Abkürzung nützlich ist der #Nabla-Operator = ( 1, 2, 3 ). Divergenz: div f = f = f 1 + f 2 + f 3 x 1 x 2 x 3 Rotation: rot f = f ( f3 f 1 = Gradient: grad g = g = f 2, f 3, x 2 x 3 x 3 x 1 ( g g g ),, x 1 x 2 x 3 Laplace: g = 2 g = 2 g x 2 + 2 g 1 x 2 + 2 g 2 x 2 3 Unsere #Integralsätze schreiben wir dann in folgender Form: HDI: ( g) d s = g( p Ziel ) g( p Start ) Γ Stokes: ( f) n ds = f d s S S Gauß: f dv = f n ds V V f 2 x 1 f 1 x 2 )

Differentialoperatoren und Integralsätze G105 #Gedächtnisstütze: Mehrfache Integralsymbole erinnern an die Dimension, der Kringel an geschlossene Kurven bzw. Flächen (das Integral ist unabhängig von der Schreibweise dasselbe wie zuvor). Unsere drei Differentialoperatoren bilden folgende Sequenz: C (Ω, R) grad C (Ω, R 3 ) rot C (Ω, R 3 ) div C (Ω, R) Folgende Identitäten nützen bei Potentialproblemen und Umformungen: rot grad g = 0 d.h. ( g) = 0 div rot f = 0 d.h. ( f) = 0 div grad g = g d.h. ( g) = g

Die Kontinuitätsgleichung der Strömungslehre

Die Kontinuitätsgleichung der Strömungslehre G107 #Ziel: Wie verhalten sich Strömungen? Betrachte eine Strömung in einem Gebiet Ω R 3 über ein Zeitintervall I = [t 0, t 1 ]. Hierbei sei v : I Ω R 3 das Geschwindigkeitsfeld und ϱ : I Ω R die Massendichte. Die Massenstromdichte ϱ v : I Ω R 3 beschreibt den Massenfluss. Im Strömungsbereich Ω werde Masse weder erzeugt noch vernichtet.

Die Kontinuitätsgleichung der Strömungslehre G109 #Aufgabe: Welche Beziehung folgt aus der Massenerhaltung? (1) Sei K Ω R 3 kompakt, etwa ein Würfel. Formulieren Sie die Massenbilanz für K in Worten und als Volumen-/Flussintegrale. (2) Formen Sie dies um zu einem einzigen Volumenintegral. (3) Folgern Sie hieraus die zugehörige Differentialgleichung. (4) Was folgt für inkompressible Strömungen, also für ϱ(t, x) = const(x)? #Lösung: (1) Die über die Randfläche S = K ausströmende Masse geht der Gesamtmasse in K verloren. Als Integralgleichung formuliert: d ϱ dk + (ϱ v n) ds = 0 dt K S= K (2) Wir dürfen die Ableitung unters Integral ziehen dank Kompaktheit des Integrationsbereichs K und Stetigkeit der Ableitung ϱ/ t: d ϱ ϱ dk Kpkt = dt?? t dk K K

Die Kontinuitätsgleichung der Strömungslehre G110 Wir wollen beide Integrale auf dieselbe Form bringen, um sie zusammenfassen zu können. Dies gelingt mit dem Satz von Gauß: (ϱ v n) ds div(ϱ v) dk S= K Wir erhalten zusammenfassend ein einziges Volumenintegral: [ ] ϱ t + div(ϱ v) dk = 0 K (3) Diese lokale Massenbilanz gilt für jedes Kompaktum K Ω. Das gilt genau dann, wenn der (stetige!) Integrand verschwindet: Gauß = F2I K ϱ t + div(ϱ v) = 0 (4) Für inkompressible Strömungen gilt ϱ = const und somit div v = 0.

Gravitationsfeld einer Punktmasse G131 #Ziel: Wie berechnet man das Gravitationsfeld eines Planeten? Wir betrachten das Gravitationsfeld einer Masse m = 1 im Punkt y R 3 : f : R 3 {y} R 3, y x f( x) = m y x 3. #Aufgabe: (1) Berechnen Sie die Divergenz des Vektorfeldes f, (2) das Flussintegral von f über die Sphäre S = B( y, r) und (3) über den Rand D eines beliebigen Kompaktums D.

Berechnung von Gravitationsfeldern

Gravitationsfeld einer Punktmasse G133 #Lösung: (1) Auf ganz R 3 { y} finden wir div f = 0, denn f i x i = x i y i x i y x 3 = 1 y x 3 + 3(y i x i ) 2 y x 5 f 1 x 1 + f 2 x 2 + f 3 x 3 = 0. (2) Den Fluss über die Sphäre B( y, r) berechnen wir dank Symmetrie: 1 f ds = f n S ds = ds = 4π r2 B(y,r) B(y,r) B(y,r) (3) Für jedes Kompaktum D mit stückweise glattem Rand D folgt { } 0 für y / D f ds = 4π für y D = 4π I D( y) D

Gravitationsfeld eines Planeten G140 Die Massendichte ϱ : R 3 R erzeugt das Gravitationsfeld f : R 3 R 3 (1) mit f( x) y x = ϱ( y) d y. y x 3 y R 3 #Aufgabe: Berechnen Sie den Fluss von f durch den Rand S = D eines Kompaktums D R 3 (mit Fubini und der vorigen Aufgabe). #Lösung: Der Fluss aus D ist proportional zur Gesamtmasse in D: ( ) (1) y x f ds = ϱ( y) d y ds D x D y R 3 y x 3 ( ) (2) y x = y R 3 x D y x 3 ds ϱ( y) d y (3) = ( 4π) I D( y) ϱ( y) d y = 4π ϱ( y) d y y R 3 y D

Gravitationsfeld einer Vollkugel / Kugelschale G141 #Aufgabe: Berechnen Sie das Gravitationsfeld f einer Kugelschale K = { y R 3 r 0 y r 1 } mit 0 r 0 < r 1 und konstanter Dichte ϱ. #Lösung: Das Feld f ist kugelsymmetrisch, das heißt f( x) = g( x ) x/ x. Aus B( 0, r) = { x R 3 x r } fließt B( 0,r) f ds = 4πr 2 g(r). Dank Gauß gilt andererseits B( 0,r) f ds = 4π B( 0,r) ϱ(y) dy. Gravitationstärke: g(r) = 1 r 2 ϱ( y) d y B( 0,r) Für r > r 1 gilt g(r) = m/r 2 : Wie eine Punktmasse im Ursprung. Für r < r 0 gilt g(r) = 0: Hier heben sich entgegengesetzte Kräfte auf. Für r 0 r r 1 gilt g(r) = ϱ 4π 3r 2 (r 3 r 3 0 ): Wie Punktmasse, aufgeteilt. Spezialfall Vollkugel: Für 0 = r 0 r r 1 ist g(r) = ϱ 4π 3 r linear.

Gravitationsfeld einer Vollkugel / Kugelschale G142 Gravitationsfeld einer Vollkugel / Kugelschale bei homogener Masse: g(r) = f(r) Vollkugel Kugelschale r 0 r 1 r

Vektorfelder und Potentiale

Potentiale und Gradientenfelder G202 #Wiederholung: Sei U R n ein Gebiet. Dann definiert man: (1) Ein #Skalarfeld auf U ist eine stetige Abbildung F : U R n R. (2) Ein #Vektorfeld auf U ist eine stetige Abbildung f : U R n R n. (3) Zu jedem stetig diff baren Skalarfeld F : U R ist der #Gradient ( F f : U R n gegeben durch f = F = grad F =,..., F ). x 1 x n (4) Ein #Potential zu f : U R n ist ein Skalarfeld F : U R mit F = f. (5) Für jeden stückweise stetig diff baren Weg γ : [a, b] U gilt dann: b b f dγ = F (γ(t)) γ df (γ(t)) (t) dt = dt = F (γ(b)) F (γ(a)) dt γ a (6) Ist f = F und γ geschlossen, γ(a) = γ(b), so folgt γ f dγ = 0. a

Exakte und konservative Vektorfelder G204 Ein Vektorfeld f : U R n heißt #exakt, oder #Gradientenfeld, wenn es ein Potential erlaubt, also ein Skalarfeld F : U R mit F = f existiert. Ein Vektorfeld f : U R n heißt #konservativ, oder #global wirbelfrei, wenn γ f dγ = 0 für jeden geschlossenen Weg γ : [a, b] U gilt. U β q U γ q p α p Das garantiert: Arbeitsintegrale hängen nur von Start p und Ziel q ab, denn für den Weg γ = α β gilt α f dα β f dβ = γ f dγ = 0. Satz G2A (Hauptsatz: exakt konservativ) (1) Besitzt das Vektorfeld f : U R n ein Potential, so ist f konservativ. (2) Ist umgekehrt f konservativ, so ist F (x) = x s=p f(s) ds ein Potential.

Rotationsfreie Vektorfelder und Potentiale G206 #Wiederholung: Ein C 1 Vektorfeld f : U R n heißt #rotationsfrei, wenn j f i = i f j gilt. Das bedeutet, dass die Jacobi Matrix ( j f i ) i,j symmetrisch ist. Das ist gleichbedeutend mit rot(f) = 0. Jede C 2 Funktion F : U R erfüllt j i F = i j F für alle i, j. Jedes C 1 Gradientenfeld f = ( 1 F,..., n F ) ist somit rotationsfrei. Aus Exaktheit folgt Rotationsfreiheit für jedes C 1 Vektorfeld f. Existiert nämlich ein Potential F mit i F = f i, so folgt j f i = i f j. Ist rot(f) 0 (d.h. j f i i f j ) dann hat das Feld f kein Potential. Aber allein aus rot(f) 0 (d.h. j f i = i f j ) folgt noch nicht, dass f ein Potential hat! Für die Existenz spielt die Form des Gebiets U eine entscheidende Rolle, wie folgendes Beispiel zeigt:

Zentrales Beispiel: das Wirbelfeld G207 Für jedes a R betrachten wir das zirkuläre Vektorfeld: f a : U = R 2 {0} R 2 mit f a (x, y) = ( y, x)/(x 2 + y 2 ) a/2. y x

Zentrales Beispiel: das Wirbelfeld G208 #Aufgabe: (1) Berechnen Sie das Arbeitsintegral längs B(0, r). (2) Berechnen Sie rot(f a ). Für welche a ist rot(f a ) konstant? Null? (3) Für welche a existiert zu f a ein Potential F : R 2 {0} R? #Lösung: (1) Parametrisierung durch γ(t) = (r cos t, r sin t), t [0, 2π]: 2π f a (s) ds = f a dγ = f a (γ(t)) γ (t) dt B(0,r) 2π = t=0 1 r a ( r sin t r cos t γ ) ( r sin t r cos t t=0 ) dt = 2π t=0 r 2 a dt = 2π r 2 a. (2) Wir finden rot(f a ) = 1 f a2 2 f a1 = (2 a)/(x 2 + y 2 ) a/2. Die Rotation ist konstant für a {0, 2}, und Null nur für a = 2. (3) Das Feld f a erlaubt kein Potential auf R 2 {0}, denn es gilt f a (s) ds 0. B(0,r) Für a = 2 gilt rot f a = 0, aber das Feld f a besitzt kein Potential!

Homotopie von Integrationswegen G211 #Frage: Wann ist das Arbeitsintegral unabhängig vom Weg? U p γ α β D q Sei f : U R n R n ein Vektorfeld. Wir integrieren entlang der Wege α, β, γ : [a, b] U von p nach q. Die Ergebnisse sind i.a. verschieden! Hat f ein Potential F, so ist jedes Arbeitsintegral gleich F (p) F (q). Aus rot(f) = 0 und α β = D folgt α f dα = f dβ dank Stokes. Wege α und β heißen #homotop in U, wenn sie sich stetig ineinander deformieren lassen innerhalb von U und bei festen Endpunkten. Satz G2B (Rotationsfreiheit impliziert Homotopieinvarianz) Ist das Vektorfeld f : U R n R n rotationsfrei, so liefern je zwei homotope Wege α, β : [a, b] U stets dasselbe Arbeitsintegral. β

Einfach zusammenhängende Gebiete G215 Eine Menge U #einfach zusammenhängend, wenn je zwei Wege α, β : [0, 1] U mit gleichem Start und Ziel homotop in U sind. Oder, äquivalent dazu: geschlossene Weg γ : [0, 1] U lässt sich auf einen Punkt zusammenziehen (durch eine Homotopie in U). Zum Beispiel: U R n #konvex, d.h. zu je zwei Punkten p, q U liegt ihre Verbindungsstrecke [p, q] = { (1 s)p + sq 0 s 1 } in U U #sternförmig bezüglich eines festen Zentrums p U, d.h. zu jedem Punkt q U liegt die Verbindungsstrecke [p, q] in U konvex sternförmig einfach zusammenhängend nicht einfach zusammenhängend

Lösung des Potentialproblems G217 Satz G2E (Potentiale auf einfach zusammenhängenden Gebieten) Das Gebiet U R n sei einfach zusammenhängend, z.b. konvex oder sternförmig. Ein C 1 Vektorfeld f : U R n besitzt genau dann ein Potential F : U R, wenn f rotationsfrei ist, also j f i = i f j erfüllt. In diesem Fall erhalten wir ein Potential durch das Arbeitsintegral x b { γ : [a, b] U, F (x) = f(s) ds = f(γ(t)) γ (t) dt mit γ(a) = p, γ(b) = x. s=p f : U R n ist exakt, F : U R : F = f HDI f ist konservativ, f dγ = 0 in U γ t=a Arbeitsintegral f stetig diff bar U einfach zshgd immer U einfach zshgd f stetig diff bar f ist rotationsfrei, j f i = i f j auf U Stokes f ist lokal konservativ, f dγ = 0 lokal γ

Zentrales Beispiel: das Wirbelfeld G219 #Fortsetzung & Schluss: Wir betrachten das zirkuläre Vektorfeld f : U = R 2 {0} R 2 mit f(x, y) = ( y, x)/(x 2 + y 2 ) a/2. y x

Zentrales Beispiel: das Wirbelfeld G220 #Aufgabe: Statt U = R 2 {0} betrachten wir vier offene Halbebenen: U 1 = {x > 0} U 2 = {y > 0} U 3 = {x < 0} U 4 = {y < 0} (5) Für welche a existiert zu f Ui : U i R 2 ein Potential F i : U i R? (6) Bestimmen Sie jeweils zu f Ui alle Potentiale F i : U i R. (7) Existieren Potentiale F 12 : U 1 U 2 R? F 123 : U 1 U 2 U 3 R? Warum konstruieren wir so nicht auch ein Potential F : U R?

Zentrales Beispiel: das Wirbelfeld G221 (5) Wir finden rot(f) = (2 a)/(x 2 + y 2 ) a/2. Zur Exaktheit ist rot(f) = 0 notwendig, also a = 2. Dies ist eine lokale Bedingung und unabhängig vom Gebiet! Zudem ist U i konvex: Für a = 2 existiert ein Potential F i : U i R. (6) Wir bestimmen ein Potential F 1 : U 1 R mit einem Arbeitsintegral : F 1 (x, y) = = = (x,0) s=(1,0) y t=0 f(s) ds + x x 2 + t 2 dt = [ arctan(u) ] y/x (x,y) s=(x,0) y t=0 u=0 = arctan(y/x) f(s) ds = 0 + 1 1 + (t/x) 2 d(t/x) = y t=0 y/x u=0 f(x, t) (0, 1) dt 1 1 + u 2 du Probe: x arctan(y/x) = y/(x 2 + y 2 ), y arctan(y/x) = x/(x 2 + y 2 ).

Zentrales Beispiel: das Wirbelfeld G223 Potential F 1 y U 1 x

Zentrales Beispiel: das Wirbelfeld G224 Potential F 1 F 2 y U 1 U 2 x

Zentrales Beispiel: das Wirbelfeld G225 Potential F 1 F 2 F 3 2π y U 1 U 2 U 3 x