9 Mehrkörpersysteme. Anwendungsbeispiele

Ähnliche Dokumente
5 Gleichgewicht gebundener Systeme

4 Gleichgewicht gebundener Körper

3. Systeme von starren Körpern

1. Einfache ebene Tragwerke

Ebene & räumliche Bewegungen. Eine starre ebene Bewegung ist entweder eine. Translation: alle Punkte haben parallele Geschwindigk.

8 Kinetik der allgemeinen Starrkörperbewegung

1. Bewegungsgleichung

Mehrkörpersysteme. Eine Einführung in die Kinematik und Dynamik von Systemen starrer Körper. Bearbeitet von Christoph Woernle

Fachwerkelemente sind an ihren Enden durch reibungsfreie Gelenke miteinander verbunden

12 Stoßprobleme. Bezeichnung

Grundlagen der Analytischen Mechanik

Mehmet Maraz. MechanikNachhilfe

Inhaltsverzeichnis E in fü h r u n g... G rundlagen der V ek to rrech n u n g G rundlagen der K in e m a tik

1 Einleitung Historie Elemente der Mehrkörperdynamik Anwendungsgebiete... 3 Literatur... 4

TU Dortmund. Vorname: Nachname: Matr.-Nr.: Aufgabe 1 (Seite 1 von 3)

Matr.-Nummer Fachrichtung

1. Prinzip von d'alembert

1 Einleitung Historie und Anwendungsgebiete Elemente der Mehrkörperdynamik... 2 Literatur... 2

Inhaltsverzeichnis. 1 Fragestellungen der Dynamik... 1

VII. Inhaltsverzeichnis

1. Prinzip der virtuellen Leistung

Aufgabe 1 (14 Punkte)

Exzentrischer Stoß. Der genaue zeitliche Verlauf der Kraft ist nicht bekannt. Prof. Dr. Wandinger 4. Exzentrischer Stoß Dynamik 2 4-1

Technische Mechanik. Bd. 3: Dynamik. von Peter Hagedorn. überarbeitet

4.6 Computergestütztes Aufstellen der Bewegungsgleichungen

() = Aufgabe 1 ( Punkte) Institut für Technische und Num. Mechanik Technische Mechanik II/III Profs. Eberhard / Seifried SS 2012 P 2

Technische Mechanik. Dynamik. Peter Hagedorn. Band 3. Verlag Harri Deutsch

Errata zu Modellbildung und Simulation der Dynamik von Kraftfahrzeugen

Peter Hagedorn. Technische Mechanik. Band 3. Dynamik. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Verlag Harri Deutsch

Technische Mechanik Dynamik

Drehbewegungen (Rotation)


τ 30 N/mm bekannt. N mm N mm Aufgabe 1 (7 Punkte)

Gleichgewicht am Punkt

Theoretische Physik: Mechanik

M1 Maxwellsches Rad. 1. Grundlagen

1. Impuls- und Drallsatz

Aufgabe 1 (19 Punkte)

Kapitel 6 Bindungen in Mehrkörpersystemen

Klausur Technische Mechanik C

Studienbücherei. Mechanik. W.Kuhn. w He y roth. unter Mitarbeit von H. Glaßl. Mit 187 Abbildungen. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1989

Aufgabe 1: (18 Punkte)

Mehrkörper-Simulation Theorie und Praxis

Kinematik und Kinetik

Vorlesung Technische Mechanik 1 Statik, Wintersemester 2007/2008. Technische Mechanik

Klausur Technische Mechanik C

Peter Hagedorn. Technische Mechanik. Band 3 Dynamik

6. Knappstein Kinematik und Kinetik

Grundlagen der Technischen Mechanik

2 Physikalische Modelle

9 Teilchensysteme. 9.1 Schwerpunkt

Theorie zur Serie 1. erstellt von A. Menichelli. 14. Dezember 2017

Peter Gummert Karl-August Reckling MECHANIK. 2., durchgesehene Auflage. Mit 368 Abbildungen

1 Technische Mechanik 3 Dynamik

Fragen aus dem Repetitorium II

Allgemeine Kräftesysteme

5 Kinematik der Starrkörperbewegung

Klausur Technische Mechanik C

Holonome Massenpunktsysteme

2 Bewegungen ihre Ursachen und Folgen

Technische Mechanik Kinematik und Kinetik

11.1 Kinetische Energie

4. Stoßvorgänge. Stoßvorgänge sind Vorgänge von sehr kurzer Dauer, bei denen zwischen den beteiligten Körpern große Kräfte auftreten.

2. Exzentrischer Stoß

Technische Mechanik für Wirtschaftsingenieure

1. Bewegungsgleichung

TECHNISCHE MECHANIK III (DYNAMIK)

Holzmann/Meyer/Schumpich Technische Mechanik Kinematik und Kinetik

2.0 Dynamik Kraft & Bewegung

3. Impuls und Drall. Prof. Dr. Wandinger 2. Kinetik des Massenpunkts Dynamik 2.3-1

Starrer Körper: Drehimpuls und Drehmoment

Lehrbuch der Technischen Mechanik - Dynamik

Technische Mechanik für Wirtschaftsingenieure

2. Lagrange-Gleichungen

Berechnen Sie die Ersatzfedersteifigkeiten für die Gruppierungen, die am oberen (c o ) und am unteren (c u ) Seil befestigt sind.

Klausur Technische Mechanik

Naturwissenschaftliches Praktikum. Rotation. Versuch 1.1

Universität für Bodenkultur

Dr. Alfred Recknagel. em.ord. Professor der Technischen Universität Dresden. PH i SIlv. Mechanik. 17., unveränderte Auflage VERLAG TECHNIK BERLIN

E. Brommundt G. Sachs. 2., neubearbeitete und erweiterte Auflage

4.9 Der starre Körper

52 5 Gleichgewicht des ebenen Kraftsystems. Festlager

5 Haftreibung Technische Mechanik Haftreibung

04/02/13. Matrikelnummer: Folgende Angaben sind freiwillig: Name, Vorname: Studiengang: Hinweise:

Hochschule Düsseldorf University of Applied Sciences. 01. Dezember 2016 HSD. Physik. Impuls

Technische Mechanik Kinematik und Kinetik

6 Mechanik des Starren Körpers

4. Stoßvorgänge. Stoßvorgänge sind Vorgänge von sehr kurzer Dauer, bei denen zwischen den beteiligten Körpern große Kräfte auftreten.

Lösung IV Veröffentlicht:

Übungen zur Vorlesung Fahrdynamik

SAMMLUNG GÖSCHEN BAND 902 DYNAMIK. Von. Prof. Dr. Wilhelm Müller, München. I Dynamik des Einzelkörpers. Mit 48 Figuren. Zweite, verbesserte Auflage

Klausur Technische Mechanik

D. Bestle Technische Mechanik II Dynamik

Eine Kreis- oder Rotationsbewegung entsteht, wenn ein. M = Fr

MECHANIK & WERKSTOFFE

Transkript:

63 Bei vielen technischen Fragestellungen kann man die Verformungen der Maschinenteile gegenüber den durch Lager ermöglichten Bewegungen vernachlässigen. Die daraus resultierenden Modelle bezeichnet man als Mehrkörpersysteme. Sie bestehen aus massebehafteten, starren Körpern, die bewegte Maschinenteile wie Räder, Rotoren, Gewichte oder schwere Umlenkrollen repräsentieren, masselosen, reibungsfreien Bindungen als Idealisierung von Lagern, Stützen, Seilen, leichten Umlenkrollen, Getrieben und Haftreibungskontakten, sowie masselosen Kraftelementen als Repräsentanten für Federn, Dämpfer, Gleitreibungskontakten und Antriebsmotoren. Führt ein Körper keine Drehbewegung aus oder ist sein Trägheitsmoment vernachlässigbar, kann statt des starren Körpers auch der Massenpunkt als einfacheres Modellelement herangezogen werden. Bindungen beschränken die Bewegungsmöglichkeiten des Systems und rufen Reaktionskräfte und -momente hervor, die zunächst ebenso unbekannt wie die verbleibenden Bewegungsgrößen sind. Die durch Bindungen beschränkten Bewegungsgrößen lassen sich mit Hilfe von kinematischen Beziehungen eliminieren, die aus den Bindungen folgen und am einfachsten für Geschwindigkeitsgrößen zu formulieren sind. Beziehungen zwischen Lagegrößen bzw. Beschleunigungsgrößen ergeben sich daraus durch Integration bzw. Differentiation. Durch Freischneiden können die einzelnen Körper oder Teilsysteme freigestellt werden, so dass der bereits bekannte Impuls- und Drallsatz, der ursprünglich nur für freie Körper gilt, anwendbar wird. Dies liefert bei räumlicher Betrachtung für jeden Körper 6 Gleichungen, bei ebener Betrachtung 3 Gleichungen, die die unbekannten Bewegungsgrößen und Reaktionen enthalten. Eliminiert man die Reaktionen, erhält man Bewegungsgleichungen in Form von Differentialgleichungen für die freien Bewegungsgrößen. Durch Einsetzen der sich daraus ergebenden Bewegungsfunktionen in die Grundgleichungen findet man schließlich die Lagerreaktionen. Falls bei der Modellbildung Annahmen über Kraft- oder Bewegungsrichtungen gemacht werden mussten, sollten diese zum Abschluss überprüft werden. Anwendungsbeispiele Robotik/Manipulatoren Fahrzeugdynamik

64 9.1 Bindungen Lagerungen und Bindungen Wertigkeit n c j reduzieren Bewegungsfreiheiten rufen Reaktionskräfte und -momente hervor = Zahl der Bewegungseinschränkungen = Zahl der Reaktionen 2D: n c j 3 Zahl der verbleibenden Freiheitsgrade 3D: n c j 6 Zahl der verbleibenden Freiheitsgrade Typische Bindungselemente (ebene Betrachtung) Lager und Führungen feste Einspannung Gelenklager Loslager Abrollen (Haftreibung)

65 Gleitkontakt (Gleitreibung) v 0 Seile und Rollen Riemenantrieb r 1 r 2 Stirnradgetriebe r 2 r 1 Kegelradgetriebe Stab P Q

66 9.2 Impuls- und Drallsatz Die Bewegung eines freien bzw. freigeschnittenen Körpers wird eindeutig durch Impulsund Drallsatz beschrieben. Die einfachste Form dieser Grundgleichungen ergibt sich für den Schwerpunkt C als Bezugspunkt. Räumliche Bewegung Resultierender Kraftwinder bez. Schwerpunkt C: F 1 F 2 r r2 F n n 1 r C C M m m, I C F n i1 F i M 1 M 2 M C n ri F i m M j i1 j1 Impulssatz: ma C F absolute Beschleunigung des Schwerpunkts C Masse des Körpers Drallsatz I C. ~ I C M C absolute Winkelgeschwindigkeit des Körpers Trägheitstensor des Körpers bez. Schwerpunkt C absolute Winkelbeschleunigung Ebene Bewegung Ann.: Bewegung in der x, y-ebene, Drehung um die z-achse. M C y C F x F y Impulssatz: ma Cx F x ma Cy F y Drallsatz: I C. M C x m, I C

67 9.3 Bewegungsgleichungen Klassifizierung von Bindungssystemen in Mehrkörpersystemen f u f u i n n c j f f u n Freiheitsgrad des freigeschnittenen Systems = Zahl der Grundgleichungen 2D Körper: fi u 3 (Massenpunkte: fi u 2) 3D Körper: fi u 6 (Massenpunkte: fi u 3) Zahl der Bindungen (Ann.: unabhängige Bindungen) = Zahl der unbekannten Reaktionen verbleibender Freiheitsgrad des gebundenen Systems = Zahl der unbekannten Bewegungsgrößen Allgemeines Vorgehen zur Lösung dynamischer Probleme 1) Zeichnen des Systems in einer allgemeinen Position. Formulieren von Bindungsbeziehungen in Abhängigkeit der f freien Bewegungsgrößen 2) Freischneiden des Systems: Freistellen aller Körper, Ersetzen der Bindungen durch unbekannte Reaktionen sowie der Kopplungen durch bekannte eingeprägte Kräfte und Momente (Beachte actio! reactio) 3) Formulierung der Grundgleichungen für alle Körper K k, k 1(1)p: Impulssatz: ma C k F k Drallsatz: I C k. k ~ k I Ck k M C k, k 1(1)p unabhängige Bewegungsgrößen abhängige Bewegungsgrößen Reaktionskräfte/-momente eingeprägte Kräfte/Momente Zahl der Gleichungen! Zahl der Unbekannten 4) Einsetzen der Bindungsbeziehungen in die Grundgleichungen. 5) Elimination der Reaktionskräfte/-momente aus den Grundgleichungen liefert Gleichungen für die unbekannten Beschleunigungen (Bewegungsgleichungen) ^ Differentialgleichungen 2. Ordnung für die unabhängigen Bewegungsgrößen 6) Integration der Beschleunigungen ggf. zu überprüfende Annahmen: Gleitbedingungen v rel! 0

68 7) Ermitteln der Reaktionskräfte und -momente durch Einsetzen der Bewegungsfunktionen in die Grundgleichungen ggf. zu überprüfende Annahmen: Haftgrenze R! 0 N N kein Abheben N! 0 kein Kippen a N r! a 2