Arbeit und psychische Gesundheit unter besonderer Berücksichtigung der Digitalisierung der Arbeitswelt



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Transkript:

Arbeit und psychische Gesundheit unter besonderer Berücksichtigung der Digitalisierung der Arbeitswelt Prof. Dr. Dr. Wolfgang Schneider Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin Universität Rostock Institut für Psychotherapie, Gesundheitswissenschaften und Organisationsentwicklung (GmbH, IPGO) Vortrag auf dem Kongress Digitalisierung und psychische Gefährdung IAPAM, 29. und 30.10.2015

Zunahme psychischer Erkrankungen??? Epidemiologie: 27% Jahresprävalenz Versorgungsdaten: AU-Zeiten mehr als verdoppelt in den letzten 15 Jahren, Antidepressivaverschreibungen mehr als verdoppelt zwischen 2000 und 2010 Berentungen wg. Verminderter Erwerbsminderung mit Erstdiagnose psychischer Erkrankung 2013: 42%; 3 Jahre früher als bei anderen Erstdiagnosen; nur 42% dieser Neuzugänge in 2011 einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen sind; fast 30% waren Harz-IV-Empfänger (Deutsche Rentenversicherung 2012 und 2013)

Kritischer Blick auf die Datenlage Ausweitung des Krankheitsbegriffs (was ist normal?) Zunahme von Diagnosen (DSM 1 bis DSM-IV) von 106 auf ca.390): Absenkung der diagnostischen Schwellen; ab wann sprechen wir von einer psychischen Erkrankung? Formulierung von Risikosyndromen

Medikalisierung/ Pathologisierung als Interaktion zwischen unterschiedlichen Ebenen Individuum Gesellschaft, Politik, Gewerkschaften, Fachverbände, Medien Medizinisches und paramedizinisches Versorgungssystem

Schaffung neuer Krankheiten Risikofaktoren Wellness Lifestylemedizin Medikalisierung Intensivmedizin Schönheitschirurgie

Psychische Entwicklung Genetik u.biol. Faktoren Biografie Individuum Familie, Partnerschaft, Freizeit Arbeit

Die modernen Krankheiten - zwischen Realität, Dramatisierung und Krankheitsgewinn - als Produkt der Medien, Politik, Medizin und den Individuen Burn-Out Posttraumatische Belastungsstörungee Mobbing

Süddeutsche Zeitung FAZ Spiegel Stern BILD Zeitung Deutsches Ärzteblatt Insges. Begriff 1997-2000 (Archiv ab 2002) Depression 23 9 2-13 14 61 Mobbing 84 24 11-10 10 139 Burnout 4 0 1-2 1 8 Psych. Erkrankungen 1 0 0-2 16 19 Insges. Zeitung 112 33 14-27 41 227 Zusammenhang Arbeit 79 23 8-15 11 136 2002 2005 Depression 14 19 13 35 0 44 125 Mobbing 76 44 15 24 23 9 191 Burnout 6 4 2 3 1 12 28 Psych. Erkrankungen Insges. Zeitung Zusammenhang Arbeit 2 2 2 10 3 30 49 98 69 32 72 27 95 393 36 9 4 25 12 11 97 2010 2013 Depression 17 16 59 91 2 49 234 Mobbing 31 62 53 87 24 3 260 Burnout 8 16 42 55 25 33 179 Psych. Erkrankungen Insges. Zeitung 2 3 5 23 15 48 96 58 97 159 256 66 133 769 Zusammenhang 21 13 46 58 13 27 178

Autonomie Selbstwertgefühl und Selbstwirksamkeit Sinn Anerkennung Identitätsfördernd Sozialer Austausch Materielle Basis zum Leben Soziale Sicherheit Vermittlung von persönlicher und formaler Struktur Planbarkeit des Lebens und der Beziehungen

Psychosoziale Risiken der Arbeitswelt/Hauptverdächtige - Arbeitsintensivierung, Multitasking, neue Technologien - Emotionsarbeit - Führungsverhalten - Kommunikations- und Interaktionskultur - Entgrenzung der Arbeit und geforderte Mobilität - Arbeitslosigkeit oder drohender Arbeitsplatzverlust - Gratifikationskrisen (Siegrist,) - Anforderungs-Kontroll-Modell (Karasek &Theorell) -Organisationsungerechtigkeit (Elovainio et al 2002)

Was bedeutet Digitalisierung? Die Globalisierung und Digitalisierung der (Arbeits-) Welt ist mit einem hohen Ausmaß an Komplexität, Schnelligkeit und der tendenziellen Aufhebung von Zeit und Ort verbunden, kurze Veränderungszyklen Computer, Internet, Robotik, künstliche Intelligenz, Cyberphysische Systeme/Smart Factory Big Data : Sammlung und Speicherung von Informationen, die dann auf der Basis von Algorithmen zu Mustern oder Clustern zusammengeführt werden (Korrelative Zusammenhänge) Ziele: Zukünftige Interessen, Eigenschaften, Handlungsintentionen von Individuen voraussagen zu können, Sammelleidenschaft? Kontrollwünsche? Probleme Datenschutz; Intimitätsschutz Hohe Anforderungen an kognitive, emotionale und verhaltensbezogene Kompetenzen

Auswirkungen der Digitalisierung Beachte: Die Digitalisierung umfasst das gesamte Leben Neue Arbeitsformen und organisation Hohes Ausmaß an Komplexität, Flexibilität und Schnelligkeit von Arbeitsprozessen Kontrolle der Arbeitstätigkeit und ihrer Effekte Veränderung von Kommunikations- und Interaktionsformen Ethische und wertorientierte Dimensionen Mögliche negative und positive Folgen für die Individuen Kompetenz im Umgang mit der Digitalisierung ist gefordert

Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit (Zimmermann 2015) Wissen nimmt mehr und mehr an Bedeutung zu, Weiterbildung Traditionelle Berufsgruppen verlieren an Bedeutung und werden durch neue ersetzt; z.b. Berufe, die durch Präzision und Routinen gekennzeichnet sind Gefordert sind kreative und soziale Kompetenzen Verlagerung des Unternehmerrisikos auf den Einzelnen Aufträge für Projekte (Werbetexter, Softwareentwickler oder Designer) werden einzeln und weltweit ausgeschrieben Die digitale Kompetenz der Organisation wie der Mitarbeiter ist gefordert

Weiterbildungsinhalte Digitale Kompetenz, IT-Fachwissen und Fähigkeit zum Umgang mit dem Internet, Grenzsetzung Berufliches Erfahrungswissen Förderung der Fähigkeit mit Partnern/ Kunden unter den Bedingungen der Digitalisierung adäquat zu kommunizieren und zu kooperieren Demographischer Faktor und die mit dem Alter und den Vorerfahrungen verbundenen Ausgangslagen, Interessen, Ängste und Vorbehalte müssen berücksichtigt und Zielgruppen angemessen aufgegriffen werden

Dimensionen des Internets in ihren Auswirkungen auf die Produktionsprozesse das Internet fördert Informationsfluss und vernetzung das Internet als Kommunikationsplattform (social media) Informationsraum als Handlungsraum; er verändert sich durch die Nutzung Globalisierung der Kopfarbeit führt zur Einschränkung der Autonomie des einzelnen hochqualifizierten Mitarbeiters Permanentes Benchmarkingführt zu einem erhöhten Bewährungsdruck des einzelnen MA`s oder auch von Teams

Überforderung durch ein zu viel an Komplexität, Flexibilität, Schnelligkeit, Aufgabenvielfalt nimmt zu: Multitasking, wieviel ist möglich? Intensivierung und Verdichtung von Arbeit Unterbrechung von Aktivitäten und Phasen der Aufmerksamkeit Zuwendung zu einer Aufgabe wird oft unterbrochen Notwendige Ruhephasen werden unterbrochen Permanente Kontrolle der Arbeitstätigkeit und ihrer Effekte Gefahr der kognitiven Überforderung, Einengung von Arbeitseffektivität, und Möglichkeiten der Stressreduktion

Neue Arbeitsformen und -organisation Innovative Arbeitsorganisation durch zeitliche und räumliche Flexibilität (Vertrauensarbeit, Home-Office; Freelancer) Ergonomische und gesundheitsförderliche Arbeitssystemgestaltung ist nötig Grenzen zwischen Arbeit und Privatem verschwimmen, Gefahr der Selbtausbeutung -------------------------------------------------------------------------------------------- verantwortungsvolle Selbstorganisation und Strukturierung des Verhältnisses von Arbeit und Privatleben vom Individuum gefordert Wieviel Raum und Möglichkeit lässt die Organisation dem Einzelnen?

Veränderung von Kommunikations- und Interaktionsformen Wichtige Kommunikations-und Interaktionsmöglichkeiten werden tendenziell eingeengt, man trifft sich nicht mehr persönlich: Onlinebanking, -Einkauf, Videokonferenzen, Chatrooms, Skypen Virtuelle Beziehungen vermitteln weniger Emotionen, Vertrauen und oder Nähe; Gedächtnisinhalte werden besser gespeichert, wenn sie durch emotionalen Input gestützt sind Teambildung und Kooperation wird u.u. eingeengt Digitale Kommunikation (z.b. E-mails) bedient logische und systematische Informationen (rational) Beziehungsaspekt wird eher durch analoge Kommunikation (Mimik, Gestik, szenisches) gefördert Wie stellen sich die Beziehungen unter diesen Bedingungen dar?

Entgrenzung der Arbeit Vermischung von Arbeit und Freizeit Auch inhaltliche Aspekte vermischen sich Wir können überall und zu jeder Zeit arbeiten Gefahr der Selbstausbeutung Wichtige Kommunikations-und Interaktionserfahrungen fallen tendenziell weg

Stress als Wechselwirkung zwischen äußerem Reiz und Individuum Quelle: http://www.bghw.de/ Gefährdungs- und Belastungsanalyse psychischer Belastungen Betriebsarzt: Jens Parpart, Einbeck, Januar 2015

Das Individuum Erleben von Befindlichkeitsstörungen, z.b. Erschöpfung, Schmerz, Schlafstörungen, depressiver Stimmung, Ängsten, Stress etc. Wieviel Störungen der Befindlichkeit sind normal? Aufsuchen von Hilfe oder beratenden Wertungen

Akteure im Versorgungssystem:ambulanzte und stationäre Behandlung, Rehabilitation, Betriebsmedizin, Psychotherapie und Beratung, MDk, Rentenversicherer, Gerichte etc. Individuum fühlt sich widersprüchlichen Intentionen hilflos ausgesetzt, erlebt oft Willkür!

Das Individuum Erleben von Befindlichkeitsstörungen, z.b. Erschöpfung, Schmerz, Schlafstörungen, depressiver Stimmung, Ängsten, Stress etc. Leidensdruck, Krankheitskonzept, Selbstkonzept, Leistungskonzept, Kausal- und Kontrollattribuierungen, sekundärer Krankheitsgewinn, Veränderungskonzept,Behandlungsmotivation,Chronisches Krankheitsverhalten, Veränderungsmotivation, Rentenantrag

Effekte psychosozialer Belastungen Befindlichkeitsstörung Psychische und psychosomatische Erkrankung Chronische Erkrankung

Burnout Körperliche Symptome im Sinne von Erschöpfung, Kraftlosigkeit, Unruhe, Schlafstörungen, Somatisierung Ängste, Gefühl des Ausgebranntseins, der Überforderung Depressivität, Hoffnunglosigkeit Störungen der Konzentrationund Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses Komplexe Arbeitsstörungen Probleme sich zu Entspannen und von der Arbeit zu distanzieren

Frühwarnzeichen Zunehmende Erschöpfung Schlafstörungen Körperliche Befindlichkeitsstörungen (z.b. Schwindel, Schmerzen, Kreislaufprobleme) Empfinden von Dauerstress und Überforderungsgefühle, mangelnde Motivation und Unlust Konzentrationsstörungen und Leistungseinschränkungen Emotionale Labilität, Ängste und Niedergeschlagenheit Sozialer Rückzug

Shellstudie2015 (2550 T.; 12-25 Jahren Optimismus nimmt weiter zu (61%), Bildung ein zentrales Thema, Flexible Arbeitsformen und Sicherheit Vereinbarkeit von Beruf und Familie kommt vor Karriere Familie als hohes Gut bei rückläufigem Kinderwunsch Steigendes Politikinteresse aber abseits der etablierten Parteien mehr Angst vor Fremdenfeindlichkeit als vor Zuwanderung Stabiles Wertesysteme (persönliche Beziehungen aber auch umwelt-und gesundheitbezogen) 99% haben Zugang zum Internet, 18,4 Std. pro Woche Online ggü. 10 Std. im Jahr 2010 Datenmißbrauch gegenüber eher reflektiert Jugendstudie Baden -Württemberg 2015 Soziales Netzwerk (86,2%), Facebook, Instagram, Twitter oder WhatsApp Mehrmals täglich (60,8): 30% bis zu einer Std.; 40% =2-3 Std.; 30% =4-6 Std.; Mädchen häufiger al Jungen; Anders bei Computerspielen: 105 min die Jungen gegenüber 48 min die Mädchen (JIM-Studie 2014) Großer Nachholbedarf auf der Ebene der Medienbildung!

Bedingungsgefüge des Burn-Outsyndroms nach Geyerhofer und Unterholzer 2009 Person Leistungsbereitschaft, Engagement, Bewertungsstile Arbeit Arbeitsbelastung (Komplexität,Mobilität) Einfluss/Kontrolle Belohnung/Anerkennung Gemeinschaft Fairness und Gerechtigkeit Werte Privatleben Familie, soziales Netz, Hobbies, Gesellschaft Komplexität Schnelligkeit Gerechtigkeit Burnout

Interventionen Person Bewertungstile Leistungsansprüche Work-Life-Balance Gesundheitsverhalten Stressverarbeitungs- Programme Psychotherapie Prävention Therapie Rehabilitation Arbeit Gesundheitsmanagement Org.-Kultur Privatleben Bessere Work-Life Balance, Beziehungsaufbau Burnout Gesellschaft Karrierebilder Leistungsanforderungen Entschleunigung Downsizing Wertedebatte

Worauf achten? Ergonomische Aspekte Angemessene Weiterbildung und Qualifizierung Passung von Mitarbeitern und Arbeitsanforderungen Gute Kommunikationskultur einführen und umsetzen Den MA bei Bedarf im Umgang mit dem Netz/ Roboter unterstützen Soviel direkte vis-a - vis Kommunikation wie möglich Eigene Kontrolle der Prozesse durch den MA fördern Spezifische Gratifikationspotenziale fördern Reduktion von Konkurrenzdruck Angebote zur Stressbewältigung und prophylaxe Günstiges Verhältnis von Arbeit und Privatleben fördern Gesellschaftlich: Soziale und ethische Werte stärker berücksichtigen Medienkompetenz stärken Emotionalität und zwischenmenschliche Beziehungen und Verantwortung stärken Umfasst auch die Minderung von psychischen Belastungen,iesich aus den Digitalisierungstendenzen ergeben!

Was tun? - Soziale Probleme auf der gesellschaftlichen Ebene lösen (Politik, Gewerkschaften, Medien, medizinisches Versorgungssystem) Risiken und etwaige Folgen differenziert betrachten und bewerten -Implementierung von Gesundheitsmanagementsystemen in der Arbeitswelt Den Selbstlauf der ökonomischen Interessen der Akteure im Gesundheits- und Sozialsystem begrenzen -Strukturelle Probleme im medizinischen Versorgungssystem : Welche Leistungen werden finanziert? Druck zur Diagnosenstellung und zur Behandlung (z.b. Überdiagnostik,Psychopharmaka und Psychotherapie) -Die Probleme von Individuen ernst nehmen aber nicht unnötig pathologisieren, Selbstverantwortung und wirksamkeit stärken, Erweiterung von qualifizierten Beratungsangeboten -Günstige psychosoziale Entwicklungs-/Lebens-/ und Arbeitsbedingungen fördern!