Das Prostatitis- Syndrom

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Transkript:

Das Prostatitis- Syndrom

Allgemeines Ca. 50% der Männer leiden zeitweise an Beschwerden im Bereich der Prostata. Zur Entwicklung standardisierter Behandlungsabläufe wurde vom NIH (National Institution of Health) eine Klassifikation des Prostatitis-Syndroms erarbeitet.

Klassifikation I II III akute bakterielle Prostatitis = akute Infektion der Prostata Chronische bakterielle Prostatitis = rezidivierende Infektionen der Prostata chronische Prostatitis = chronisches Schmerzsyndrom des Beckens keine nachweisbare Infektion IIIA Entzündlich chronisches Schmerzsyndrom des Beckens Leukozyten im Ejakulat, Prostatasekret oder Urin nach Prostatamassage

Klassifikation IIIB nicht entzündliches chronisches Schmerzsyndrom des Beckens keine Leukozyten im Ejakulat, Prostatasekret oder Urin nach Prostatamassage IV Asymptomatische entzündliche Prostatitis eine subjektiven Symptome, Nachweis durch Prostatabiopsie oder durch Leukozyten im P-Sekret oder Ejakulat im Zuge eine Diagnostik aus anderen Gründen

Akute bakterielle Prostatitis / Prostataabszess fieberhafte eitrige Entzündung der Prostata durch gramnegative Erreger

Ätiologie: (meist kanalikulär aszendierend) Harnröhrenstrikturen urethrale Läsion durch instrumentelle Untersuchung Dauerkatheter Diabetes mellitus

Klinik Dysurie Strangurie initiale Hämaturie Defäkationsschmerz perineale Schmerzen Fieber, Schüttelfrost starkes Krankheitsgefühl

Komplikationen Cystitis Epididymitis Pyelonephritis Harnverhalt gramnegative Sepsis septischer Schock Prostataabszess mit Spontanperforation Fistelbildung und

Diagnostik rektale Untersuchung - meist sehr schmerzhaft 4 Gläser-Probe: Ersturin Mittelstrahlurin Prostataexprimat Urin nach P-Massage Urinkultur Ejakulatkultur TBC-Kultur Urethralabstrich: Chlamydien, Mycoplasmen

Diagnostik Blutbild: Leukozytose, CRP, bei Fieber > 38 C : Blutkulturen Infusionsurogramm mit MCU Sonografie Cave: Keine instrumentelle Manipulation im akuten Stadium!

Therapie Bettruhe Breitbandantibiotikum Gyrasehemmer (2x750mg Ciprofloxazin) Cefotaxim Analgetica Metimazol 4-6x 500-1000mg / Tag Spasmolytica z.b. Trospiumchlorid 3x10mg / Tag evtl. Abszessspaltung transperineal oder transurethral suprapubischer Katheter bei Restharn bzw. Harnverhalt

Chronisch bakterielle Prostatitis Chronische Entzündung der Prostata durch rezidivierende Harnwegsinfekte und Persistenz von Bakterien im Prostatasekret

Ätiologie Folge einer akuten Prostatitis gramnegativ (E.coli, Pseudomonas) grampositiv (Streptokokken) Reflux von Urin in die Prostatagänge Autoantikörper psychogen

Klinik Rezidivierende Harnwegsinfekte Epididymitis Myalgien Arthralgien Perineale Schmerzen Ausfluss Nachtropfen Erektile Dysfunktion (ED) Dysurie

Komplikation Infertilität

Diagnostik Rektale Untersuchung - meist sehr schmerzhaft 4 Gläser-Probe: Ersturin Mittelstrahlurin Prostataexprimat Urin nach P-Massage Urinkultur Ejakulatkultur TBC-Kultur Urethralabstrich: Chlamydien, Mycoplasmen

Blutbild: Leukozytose, CRP Infusionsurogramm mit MCU Sonografie evtl. Prostatasteine

Therapie Allgemein Wärme, regelmäßige Stuhlentleerung Sexkarenz und körperliche Schonung sind nicht erforderlich Langzeittherapie mit Cotrim forte 1-0-1 oder Ciprofloxacin 750mg über 2 4 Monate Falls nach 12 Monaten kein Erregernachweis im Ejakulat = Prostatitis ausgeheilt falls nicht, Langzeitmedikation mit Cotrim forte oder Nitrofurantion 100mg 1-0-1 Tbl. / Tag evtl. Kombination mit alpha 1- Blocker z.b. Tamsulosin 0,4mg ret. 1x1 / Tag Bei Versagen der Therapie und abgeschlossener Familienplanung: TUR-P

Entzündliches chronisches Schmerzsyndrom des Beckens Chronische Prostatitis unklarer Ätiologie ohne Erregernachweis

Klinik und Diagnostik Beschwerden wie bei chronischer Prostatitis persistierende Leukozyturie Diagnostik wie bei akuter Prostatitis Ejakulatkultur (Chlamydien, Mycoplasmen) Uroflow / Restharn IUG, MCU Perineale Prostatastanzbiopsie und Kultur

Therapie Doxicyclin 100mg 1-0-1 für 14 Tage Laevofloxacin 500mg 1-0-0 für 10 Tage Evtl. Metronidazol 2x520mg / Tag Antiphlogistika z.b. Diclofenac Supp.

Nicht-entzündliches chronisches Schmerzsyndrom des Beckens Schmerzen im Prostata- und Dammbereich häufig ohne kausale Genese, unklare Ätiologie, möglicherweise psychogen, Reflux von Urin in die Prostatagänge (?), Blasenentleerungsstörung(?)

Klinik und Diagnostik Klinik wie bei chronischer Prostatitis Dumpfe Schmerzen im Becken- und Dammbereich Diagnostik wie bei akuter Prostatitis Proktologische Untersuchung Hömorrhioden, Fissur, Proktalgie Urodynamik Ausschluss einer funktionellen Blasenhalsobstruktion Psychosomatik

Therapie bei Blasenhalsobstruktion Tamsulosin 0,4mg ret. 1-0-0 Analgetica: ASS 100 1-0-0 Trospiumchlorid 3x10mg / Tag Psychologische Beratung Evtl. Valium 3x2-5mg / Tag

Asymptomatisch entzündliche Prostatitis Beschwerdefreiheit Diagnose bei Fertilitätsabklärung Antibiogrammgemäße Therapie bei Keimnachweis

Sonderfälle: Unspezifische granulomatöse Prostatitis 2 Formen: eosinophile Prostatitis nicht eosinophile Prostatitis

Eosinophile Prostatitis Ursachen und Klinik bei Asthmatikern oder Atopikern oft in Kombination mit einer generalisierten Vaskulitis hat im Gegensatz zur nicht eosinophilen Prostatitis keinen Altersgipfel Klinik wie bei akuter Prostatitis

Nicht eosinophile Prostatitis Ursachen und Klinik Antigen-Antikörper-Reaktion im Prostatagewebe durch Extravasation von Prostatasekreten. Erkrankungsgipfel im 5.-6. Dezennium Klinik wie bei akuter Prostatitis

Differentialdiagnosen Akute Pankreatitis Prostatakarzinom Vesikulitis Prostataabszess Z.n. Blaseninstillation bei Urothelkarzinom Z.n. transurethraler Resektion der Prostata (TUR-P) benigne Prostatahyperplasie (BPH) Blastomycose Wegnersche Granulomatose

Diagnostik und Therapie Diagnostik wie bei akuter Prostatitis Urin-, Spermakulturen PSA, Prostatastanzbiopsie zum Ausschluss eines Karzinoms Zytologie, beweisend sind eosinophile Granulome Therapie antibiogrammgemäße Antibiotikatherapie evtl. 50mg Prednisolon / Tag nach Besserung der Beschwerden Dosisreduktion Blutzuckerkontrolle

Spezifische granulomatöse Prostatitis Prostatatuberkulose Spezifische Entzündung der Prostata und Samenblasen mit Mycobacterium tuberkulosis

Diagnostik Urinstatus: ph 5 abakterielle Pyurie negative Harnkultur Ziehl-Nielsen-Färbung auf säurefeste Stäbchen TBC-Kulturen: 3x Morgenurin und 1x Sperma Labor Blutbild: Anämie BSG-Erhöhung CRP-Erhöhung Tuberkulinprobe Mendel-Mantoux Prostatazytologie granulomatöse Prostatitis ohne eosinophile Granulome

Diagnostik Röntgen-Thorax Infusionsurogramm (IUG) Nieren- Ureter- Urethra- Prostataverkalkungen Antikörperbestimmung bei V.a. Brucellose Luesserologie Candida-AK PE aus Niere, Nasopharynx bei V.a. Wegnersche Granulomatose