2.2 Eine Interpretation der Materiewellen

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Transkript:

Auszug aus Kap. 2: Materiewellen 2.2 Eine Interpretation der Materiewellen Die Interpretation der Materiewellen geht auf einen Vorschlag von Max Born aus dem Jahr 1926 zurück. Eine direkte experimentelle Bestätigung wurde erst zu einem späteren Zeitpunkt erbracht. In diesen Experimenten wird die Streuung von Elektronen an Spalten oder Biprismen für (zwei) verschiedene Intensitäten des einfallenden Teilchenstrahles verglichen. Führt man das Experiment mit einem intensiven Teilchenstrahl (typischerweise 10 20 Teilchen pro Strahlquerschnitt und Sekunde) durch, so erhält man ein Interferenzmuster praktisch instantan. Benutzt man hingegen einen schwa- Abb. 2.1. Aufbau eines Interferenzmusters mit einem schwachen Elektronenstrahl über 30 Minuten (mit freundlicher Genehmigung von A. Tonomura, Hitachi Advanced Research Laboratory) chen Strahl (z.b. weniger als 10 3 Teilchen pro Querschnitt und Sekunde), so macht man die folgende Beobachtung: Zunächst registriert man auf dem Schirm ein völlig unkorrelliertes Auftreffen von Elektronen. Nach einiger Zeit ergibt die Summe der Auftreffer genau das gleiche Interferenzmuster wie bei dem Vergleichsexperiment mit dem intensiven Strahl. In Abbildung 2.1 sind die akkumulierten Elektronenverteilungen in einem Experiment mit 10 3 Teilchen pro Sekunde für vier verschiedene Zeitpunkte zu sehen. Man erkennt den Übergang von einem statistischen zu einem voll ausgebildeten Interferenzmuster. (Für weitere Information zu direkten Interferenzexperimenten mit Materiewellen siehe D.tail 2.3). Da die registrierten Teilchen in dem zweiten Versuch zeitlich deutlich getrennt sind, bestätigen die Experimente den individuellen Wellencharakter. Die Tatsache, dass das zweite Experiment erst zu einem viel späteren Zeitpunkt durchgeführt wurde, weist auf die

2.2 Eine Interpretation der Materiewellen 37 technischen Schwierigkeiten hin, einen schwachen Strahl über einen längeren Zeitraum stabil zu halten und die geringere Zahl von gestreuten Teilchen pro Zeiteinheit korrekt nachzuweisen. Das Doppelexperiment bestätigt im Retrospekt den Vorschlag von M. Born, der besagt, dass der Wellencharakter eine statistische Aussage über das Quantensystem beinhaltet. Nach Born ist das Betragsquadrat der Wellenfunktion eines Materieteilchens Ψ(x, t) 2 = Ψ (x, t)ψ(x, t) für ein eindimensionales Problem Ψ(r,t) 2 = Ψ (r,t)ψ(r,t)für ein dreidimensionales Problem ein Maß für die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen zu dem Zeitpunkt t an der Stelle x bzw. r zu finden. Dieses Maß bezeichnet man als Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte und schreibt ϱ W (r,t)= Ψ(r,t) 2. Zur Erläuterung des statistischen Charakters des Ergebnisses des Doppelexperiments kann man auf das Würfelspiel zurückgreifen. Die Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Augenzahl zu würfeln ist 1/6, vorausgesetzt man hat einen idealen (nicht manipulierten) Würfel. Aus dieser Aussage folgt (a) Nimmt man einen Würfel und macht eine genügend große Anzahl N von Würfen (z.b. N = 600 000), so stellt man fest, dass jede Augenzahl N/6 (z.b. 100 000) mal auftritt (bis auf statistische Schwankungen proportional zu 1/ N). (b) Nimmt man eine große Zahl von idealen Würfeln (N, zum Vergleich auch 600 000), wirft sie auf einmal und sortiert, so findet man wiederum, dass jede Augenzahl N/6 mal auftritt. Der Versuch mit dem schwachen Strahl entspricht der Variante (a), der Versuch mit dem intensiven Strahl der Variante (b). Die Tatsache, dass in beiden Experimenten die gleiche Endverteilung auftritt, kann als eine Bestätigung des statistischen Charakters der Welleneigenschaften angesehen werden. Wird ein Mikroteilchen durch eine ebene de Brogliewelle Ψ(r,t)=Ae [i(k r±ω(k)t)] beschrieben, so folgt nach Max Born ϱ W (r,t)= A 2. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte ist unabhängig von Zeit und Ort, bzw. in anderen Worten: Das Teilchen kann zu jedem Zeitpunkt irgendwo im Raum gefunden werden. Auf der anderen Seite ist die Aussage über den Impuls eindeutig. Das Teilchen hat den Impuls p = hk. Wenn man also, im Einklang mit der Unschärferelation, die Situation beschreiben möchte, dass man den Impuls des Quantenteilchens genau, seine Position aber gar nicht kennt, könnte eine ebene de Brogliewelle ein nützliches Instrument sein.

38 2 Materiewellen Inwieweit sie, infolge ihrer Einfachheit, in der Praxis zum Einsatz kommt, werden die folgenden Kapitel zeigen. Für das bewegte Materiewellenpaket gilt im Grenzfall Δk k 0 für die Wellenfunktion [ Ψ(x, t) = 2A (x v gr t) sin ((x v grt) Δk) bzw. für die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte ] i(k0 x ω(k0) t) e 4 A 2 ϱ W (x, t) = (x v gr t) 2 sin2 ((x v gr t) Δk). Das Teilchen, das durch diese Wellenfunktion beschrieben wird, findet man mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Intervalles v gr t π Δk x v grt + π Δk. Die gesamte Verteilung bewegt sich in diesem Grenzfall ohne Dispersion mit der Geschwindigkeit v gr in der positiven x -Richtung. Der Impuls des Teilchens kann (mit gleicher Wahrscheinlichkeit ϱ W (k, t) = A 2, wie in Kap. 8.3 erklärt wird) einen Wert aus dem Intervall h(k 0 Δk) p h(k 0 + Δk) annehmen. Da Δk k 0 vorausgesetzt wird, ist die Impulsunschärfe relativ gering. In diesem Grenzfall beschreibt das Wellenpaket ein Teilchen mit einer gewissen Lokalisierung, dessen Dispersion (zumindest über einen gewissen Zeitraum) vernachlässigbar ist. Infolge der Lokalisierung muss man eine gewisse Unschärfe bezüglich des Impulses hinnehmen. Nimmt die Breite Δk beliebige Werte an, so bedingt die größere Impulsunschärfe, dass die Komponenten des Paketes eine deutlich unterschiedliche Geschwindigkeit aufweisen. Dies ist letztlich der Grund für das Auseinanderfließen. Um die Ausführungen in diesem Kapitel zu untermauern, muss man in der Lage sein, die Materiewellenfunktionen für experimentell zugängliche Situationen (z.b. das Wasserstoffatom) zu berechnen. Man benötigt dazu eine Gleichung (voraussichtlich eine Differentialgleichung) mit Hilfe derer man die Wellenfunktionen bestimmen kann. In dem nächsten Kapitel soll die Aufstellung und die Diskussion dieser Gleichung, der Schrödingergleichung, in Angriff genommen werden....

15 Reale Coulombsysteme 371 Auszug aus Kap. 15: Reale Coulombsysteme 15.3.3 Bändertheorie Fügt man, in einem Gedankenexperiment, Atome zu einem Festkörper zusammen, so wird sich die Struktur der Zustände der einzelnen Atome infolge der Wechselwirkung zwischen benachbarten Atomen verändern. Ein Festkörpermodell, in dem diese Vorstellung umgesetzt wird, wurde 1927 von Walter Heitler und Fritz London formuliert. Die Grundidee ist in Abbildung 15.2 dargestellt. Ausgangspunkt sind die Energiezustände in einem isolierten Atom (Abb. 15.2a). Da alle Atome eines Elementes (bei Vernachlässigung von Isotopeneffekten) das gleiche Niveausschema haben, ver-n-facht sich die Anzahl der Zustände für N isolierte (weit getrennte) Atome. In den ns-zuständen dieser Atome kann man z.b. 2N Elektronen unterbringen, etc. Als Folge der Wechselwirkung zwischen benachbarten Atomen werden die vorher entarteten Zustände aufgespalten. Es tritt eine Verbreiterung der ursprünglich entarteten Niveaus auf (Abb. 15.2c). So verteilen sich z.b. die 6N -Zustände auf ein (mehr oder weniger) kontinuierliches Band von Zuständen. Eine entsprechende Aussage gilt für die anderen Zustände. Die Lücken zwischen den Bändern können keine Elektronen aufnehmen. Die Breite und Separation der Bänder hängt von dem jeweiligen Material (der Kristallstruktur, den Kristallabständen, etc.) ab. (a) (b) (c) [10] [6] [2] 3d [10 N] 3d [10 N] 3d [6] [2] [2] Einzelatom N isolierte Atome Festkörper Abb. 15.2. Entstehung von Bandstrukturen ([x] gibt den Grad der Entartung der Orbitale an)

372 15 Reale Coulombsysteme Die Bandstruktur für ein explizites Beispiel, Natrium, ist in Abbildung 15.3 angedeutet. In isolierten Na-Atomen ist die Grundzustandskonfiguration () 2 () 2 () 6 () 1. Die zwei ersten Elektronenschalen bis zu dem -Zustand sind aufgefüllt, die -Schale enthält nur ein Elektron. In einem Natrium-Kristall treten die entsprechenden Bänder auf (Abb. 15.3). Die inneren Bänder sind recht schmal, [N] [6N] Abb. 15.3. Bandstruktur im Natriumkristall (schematisch) da die Kernanziehung in dem Atom über die Wechselwirkung zwischen den Atomen dominiert. Die zugehörigen Wellenfunktionen für jedes Atom in dem Kristall haben also fast atomaren Charakter und überlappen kaum mit den Wellenfunktionen der nächsten Nachbarn. Das nur halb gefüllte -Band ist hingegen wesentlich breiter. Die -Wellenfunktionen benachbarter Atome überlappen stark. Oberhalb des halbgefüllten -Bandes liegt ein leeres - Band, das ebenfalls relativ breit ist und zum Teil in das -Band hineinreicht. Die relativ hohe Leitfähigkeit eines Natriumkristall beruht darauf, dass den und Elektronen somit eine große Anzahl von unbesetzten Niveaus zur Verfügung stehen. Wenn man ein elektrisches Feld anlegt, gewinnen diese Elektronen Energie und können in die darüberliegenden Zustände, die quasifreien Zuständen entsprechen, angehoben und zu Leitungselektronen werden. Die Leitfähigkeit kann zusätzlich durch Erwärmung stimuliert werden. Ist T>0 K, so ändert sich die Struktur der Bänder wenig (da kt E ist). Es ändert sich jedoch die Besetzung der höherenergetischen Zustände gemäß der Fermi-Dirac Verteilung. Dadurch werden mehr Elektronen in ein Leitungsband gehoben und die Leitfähigkeit somit verstärkt. Ein Beispiel für einen Isolator ist der Diamant. Die Grundzustandskonfiguration in einem Kohlenstoffatom ist () 2 () 2 () 2.Die -Unterschale, bzw. bei dem Übergang zu einem Festkörper, das -Band ist nur zu einem Drittel gefüllt. Es zeigt sich jedoch, dass das -Band in ein vollbesetztes und ein leeres Band aufgetrennt wird, die durch eine Lücke von ca. 6 ev getrennt sind (Abb. 15.4). Da das Produkt kt für Zimmertemperatur (T = 300 K)

15 Reale Coulombsysteme 373 [4N] 6 ev Abb. 15.4. Bandstruktur von Diamant (schematisch) einen Wert von ungefähr 0.03 ev, hat, kann die Lücke nicht durch thermische Anregung überwunden werden. Ebensowenig ist es möglich, Elektronen durch Anlegen eines elektrischen Feldes in das leere Band zu befördern. Diamant ist aus diesem Grund ein guter Isolator. Bei der Diskussion der Leitfähigkeit ist die folgende Nomenklatur gebräuchlich: Das letzte (voll oder teilweise) besetzte Band wird als Valenzband bezeichnet, das erste (ganz oder teilweise) unbesetzte Band als Leitungsband. Die Leitfähigkeit wird durch die Größe der Lücke zwischen diesen Bändern, der Bandlücke (band gap), kontrolliert (Abb. 15.5). L band gap V Abb. 15.5. Zur Nomenklatur der Bänder Um diese Andeutungen in quantifizierbare Aussagen umzusetzen, ist ein gewisser Aufwand notwendig. Für die Berechnung der Bewegung der Elektronen in einem perfekten Kristall ist die Lösung der Schrödingergleichung in einem periodischen Potential zuständig. Die Diskussion der Periodizität in dem dreidimensionalen Raum erfordert die Kenntnis einiger Begriffe über Kristallgitter. Man bezeichnet ein Kristallgitter als ein Bravaisgitter, wenn, ausgehend von einem beliebigen Gitterpunkt in dem Kristall, die Gesamtheit der Gitterpunkte durch Bravaisvektoren R B = n 1 a 1 + n 2 a 2 + n 3 a 3 n i =0, ±1, 2,... (15.1) beschrieben werden können. Bravaisvektoren werden durch Superposition eines Satzes von primitiven Vektoren a i dargestellt. In Abbildung 15.6 wird eine Ansicht (a) und ein möglicher Satz von primitiven Vektoren (b) für ein körperzentriertes kubisches Gitter (body centered cubic = bcc) gezeigt. In Bezug auf...