Übungen zu Materialwissenschaften II Prof. Alexander Holleitner Übungsleiter: Eric Parzinger / Jens Repp Kontakt: eric.parzinger@wsi.tum.de / jens.repp@wsi.tum.de Blatt 3, Besprechung: 7. und 14.5.214 1) Brillouin-Streuung zur Ermittlung der Schallgeschwindigkeit Über inelastische Streuung von Licht an Gittern gewinnt man Aussagen über Wechselwirkungsprozesse, die auch Materialeigenschaften zu Tage fördern. So wird in einem Experiment die Brillouin-Streuung eines monochromatischen Lichtstrahls mit λ = 632.8 nm in Wasser beobachtet. Die erzeugte Streulinie (eigentlich ein Band) wird bei einem Streuwinkel von 9 gemessen die Frequenzverschiebung zur Rayleigh-Linie beträgt ν = 4.3 1 9 Hz. Wie groß ist die Schallgeschwindigkeit in Wasser bei Raumtemperatur, wenn der zuvor ermittelt Brechungsindex n = 1.33 beträgt? 2) Innere Energie und spezifische Wärme einer linearen Kette Mit Hilfe der Zustandsdichte in der Debye-Näherung lassen sich für akustische Phononen die innere Energie U(T ) und die spezifische Wärme c V (T ) berechnen. Wie sehen die beiden Größen für eine lineare, einatomige Kette aus, wenn man einmal eine hohe Energie, zum anderen eine niedrige Energie voraussetzt (T, T )? 3) Klassische Theorie der Wärmekapazität Beim Betrachten der Wärmekapazität benutzt man üblicherweise die Debye-Theorie, die wir hier quantitativ mit der klassischen Methode vergleichen wollen. a) Wie groß ist nach der klassischen Theorie der Wärmekapazität die thermische Energie von 1 Mol Kupfer bei T =? (Für Kupfer ist = 34 K) b) Berechnen Sie die thermische Energie mittels Debye-Theorie und vergleichen Sie diese mit dem klassischen Ergebnis aus a). (Hinweis: Debye-Kurve durch Gerade annähern) c) Bestimmen Sie die Größenänderung der Auslenkung der Kupferatome bei T =. Vergleichen Sie den Wert mit dem Atomabstand im Gitter. 1
Lösung 1) Brillouin-Streuung zur Ermittlung der Schallgeschwindigkeit Die angegebene experimentelle Streubedingung (Streuwinkel ϑ = 9 ) lässt sich in folgender Skizze veranschaulichen: gestreutes Licht k, ω erzeugtes Phonon q, Ω k, ω einfallendes Laser Licht Abbildung 1: Prinzipdarstellung der Brillouin-Streuung bei senkrechter Detektion und Erzeugung eines Phonons Aus der Energieerhaltung folgt: Aus der Impulserhaltung folgt: ω = ω + Ω Ω = ω ω = ω = 2π ν (1) k = k + q q = k k (2) Nach der Skizze kann man über den Satz des Pythagoras die Länge des Vektors q zu berechnen. Desweiteren gilt und k = ω n c q = k 2 + k 2 (3) k = ωn c = 2πn λ = ω ω n = 2πn c λ Die Schallgeschwindigkeit v s berechnen wir über v s = Ω q (4) 2π νn. (5) c zu v s = 2π ν q = 2π ν ( 2πn ) 2 ( λ + 2πn ) (6) 2π νn 2 λ c Als Endergebnis erhalten wir dann den numerischen Wert v s = 1446.67 m/s (7) 2
2) Innere Energie und spezifische Wärme einer linearen Kette Mit Hilfe der Debyeschen Kontinuumsnäherung ergibt sich die Zahl der erlaubten Zustände einer linearen, einatomigen Kette zu N = L 2π ω v (8) Mit diesem Ansatz können wir die Zustandsdichte D(ω) wie folgt ausdrücken: D(ω) = dn dω = N ω D (9) Die innere Energie U(T ) lässt sich damit über den allgemeinen Ansatz U(T ) = 3 ω D(ω) f BE (ω) dω (1) berechnen. (Hinweis: Das Integral wurde mit dem Faktor 3 multipliziert, da angenommen werden kann, dass die Phononengeschwindigkeit von der Polarisation unabhängig ist.) Die innere Energie folgt mit der Debyeschen Näherung zu U(T ) = 3 ω N 1 ω D e ω/k BT 1 dω (11) bzw. (nach Umformung und Ergänzung der entsprechenden Integrationsgrenzen) zu U(T ) = 3 N ω D ω D ω e ω/k BT 1 dω. (12) Das Integral lässt sich über eine Substitution einfacher lösen, dazu substituieren wir aus der wir die entsprechende differentielle Größe x = ω k B T, (13) dω = k BT dx (14) folgern können. Gleichzeitig nutzen wir die Beziehung zwischen ω D und, ω D = k B (15) aus, so dass wir insgesamt für die innere Energie die Beziehung: U(T ) = 3Nk BT 2 in einer einfacher lösbaren Integralform erhalten. x D x dx (16) e x 1 Im Grenzfall hoher Temperaturen, also für T können wir folgende Abschätzung 3
vornehmen: e ω/k BT 1 + ω k B T = 1 + x (17) die uns aus der entsprechenden Auswertung des obigen Integrals die innere Energie zu U(T ) = 3Nk BT 2 x D (18) berechnen lässt. Hierin machen wir die oben ausgeführte Substitution wieder rückgängig, so dass sich schließlich als innere Energie ergibt: Die spezifische Wärme c V (T ) ist definiert als ( ) U c V (T ) = T woraus wir nach entsprechender Differenziation für c V erhalten. U(T ) = 3Nk B T. (19) V, (2) den Ausdruck c V (T ) = 3Nk B = const. (21) Im Grenzfall niedriger Temperaturen, also für T kann die obere Integrationsgrenze im Integral bis ins Unendliche erweitert werden, da für ω ω D keine Phononen mehr existieren. Aus den obigen Überlegungen erhalten wir also für die innere Energie: U(T ) = 3Nk BT 2 x dx. (22) e x 1 Der Wert des Integrals nimmt einer konstanten Wert α an, so dass für die spezifische Wärme folgt: T c V (T ) = α 6Nk B, (23) d.h. für die lineare, einatomige Kette gilt im Grenzfall tiefer Temperaturen der lineare Zusammenhang zwischen spezifischer Wärme und Temperatur: 3) Klassische Theorie der Wärmekapazität c V T. (24) a) Nach dem Gleichverteilungssatz der Thermodynamik entfällt auf jeden Freiheitsgrad der Bewegung die thermische Energie U(T ) = 1 2 k BT. (25) 4
Da ein Festkörper 6 Freiheitsgrade besitzt, ergibt sich die thermische Energie mit N = N A Atomen zu U(T ) = 3Nk B T = 3N A k B T = 3RT, (26) d.h. für 1 Mol Kupfer und T = = 34 K lässt sich die Energie ermitteln zu U(T ) = 3RT = 848.8 J/mol (27) 3R c V T Θ T Abbildung 2: Annäherung der Debye-Kurve durch eine Gerade b) Nähert man die Debye-Kurve durch eine Gerade an, so erhält man über die Skizze in Abbildung 2 die Beziehung c V (T ) = 3R T. (28) Die thermische Energie lässt sich mit Hilfe der spezifischen Wärme über die Formel U(T ) = berechnen es ergibt sich über das genannte Integral U(T ) = 3 R schließlich für die Energie der Wert: c V (T )dt (29) T dt = 3 2 R (3) U(T ) = 424.4 J/mol (31) Der klassische ermittelte Wert für die thermische Energie ist damit also genau doppelt so groß wie der nach der Debye-Theorie ermittelte. c) Nimmt man an, dass die Auslenkungen der Atome einem harmonischen Kraftansatz unterliegen, so kann man grmäß dem Hookeschen Gesetz für das harmonische Potential den Ausdruck U(T ) = 1 2 Cx2 (32) ansetzen. 5
Aus der Dispersionsrelation (siehe Vorlesung) lässt sich die Federkonstante berechnen. Über ω 2 max = 4 C m folgt für die Federkonstante der Ausdruck Mit Hilfe der bereits bekannten Beziehung und der Annahme ω D = ω max, erhält man (33) C = 1 4 mω2 max. (34) ω D = k B (35) wobei n = m M C = 1 4 M kb 2 Θ2 D Cu, (36) 2 m = M mit n = 1 mol (37) berücksichtigt wurde. Aus den obigen Ansätzen ergibt sich die maximale Auslenkung der Atome über 2U(T ) x max = C. (38) Mit M Cu = 63.55 g/mol erhält man für x max den Wert x max =.3 nm. (39) Damit liegt dieser Wert bei etwa einem Zehntel der Gitterkonstante. 6