Anreizgestaltung in Organisationen. Die Prinzipal-Agenten-Theorie und die Verdrängung intrinsischer Motivation

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Transkript:

Seminar Theorien der Organisation Ökonomische und sozialtheorethische Perspektiven Hagen, 19.12. - 21.12.2005 Anreizgestaltung in Organisationen die Verdrängung intrinsischer Motivation Schwerpunkt: Verdrängungseffekt und psychologische Grundlagen Martin Dresler

Inhalt 1. Einführendes Beispiel 2. Definitionen: Prinzipal-Agenten-Theorie und intrinsische/extrinsische Motivation 3. Psychologische Grundlagen der Motivation 4. Verdrängungseffekt und seine psychologische Deutung 5. Bedingungen für den Verdrängungseffekt 6. Bedeutung für die Prinzipal-Agenten-Theorie 7. Kritische Zusammenfassung 2

1. Einführendes Beispiel allg. Angebot x Herkömmliche Wirtschaftstheorie x 1 Gesetz von Angebot und Nachfrage Preissystem ist allein Anreiz für Handeln 0 0 P 1 Höhe der finanziellen Kompensation P Widerspruch: Blutspenden werden traditionell gratis gegeben Anzahl der Blutspenden x TITMUSS: finanzielle Kompensation x 0 lässt Angebot zunächst sinken keine Additivität von ideeller Motivation und finanzieller Kompensation 3 x 1 0 P 1 P 2 Höhe der finanziellen Kompensation P

2. Definitionen Prinzipal-Agenten-Theorie Annahme: Individueller Akteure mit eigenen Interessen Grundlage: Bilaterale Vertrag zwischen Prinzipal und Agent Problematik: Eingeschränkte Rationalität und Opportunismus (negatives Menschenbild: Moral Hazard, Shirking) Lösung: Disziplinierung mittels Leistungsvorgaben und Anreizsystemen Intrinsische vs extrinsische Motivation Zusammenhang Prinzipal-Agenten-Theorie und extrinsische Motivation (z.b. Geld, Anerkennung, Berufschancen, Furcht vor Bestrafung, etc.) Person ist intrinsische motiviert, wenn sie keine sichtbare Belohnung als die Aktivität selbst erhält. (DECI) Fliessender Übergang, z.b. Bergsteigen um bewundert zu werden 4

3. Psychologische Grundlagen der Motivation Motivation und Motivationstheorien Motivation sind Prozesse, die körperliche und psychische Vorgänge auslösen, steuern oder aufrechterhalten. (STAEHLE) Motivationstheorien beschreiben und erklären Verhalten sowie dessen Richtung, Intensität und Dauerhaftigkeit. (ZIMBARDO) Problematik: unterschiedliche, aber gleichwertige Ansätze und Theorien Equity-Theorie (ADAMS) Motivationales Potential durch Wahrnehmung von Ungleichheit und Ungerechtigkeit Bedingung für Gleichheit: Erträge von A = Eingaben von A Erträge von B Eingaben von B Ziel: Reduzierung der Diskrepanz z.b. durch Variation der Anstrengung, Aufgabeneinschätzung oder des Bezugssystem 5

3. Psychologische Grundlagen der Motivation Motive Motive sind zeitlich stabile Wertungsdispositionen, die die Vorliebe von Personen für bestimmte Handlungsziele erklären soll. (HECKHAUSEN) z.b. MURRAY s Untersuchung umfaßt 27 verschiedene Bedürfnisse Hier: Motiv der Leisung, Misserfolgsvermeidung, Macht, des sozialen Anschlusses Risikowahl-Modell (ATKINSON) Beschreibt Interaktion von Motiven (M), Erwartungen (E) und Anreizen (A) Tendenz zu handeln entspricht T = E x M x A (Erwartungs-mal-Wert Theorie) 2 Komponenten des Leistungsmotivs: Hoffnung auf Erfolg und Furcht vor Misserfolg Positive Motivationstendenz, wenn Differenz aus Erfolgs- und Misserfolgstendenz positiv ist 6

3. Psychologische Grundlagen der Motivation Attribution Betont Auswirkung von Ursachenzuschreibung auf Motive und Erwartungen Beispiel: Externe Zuschreibung der Ursache von Erfolg reduziert zukünftige Motivation Zweidimensionale Klassifikation der Ursachenzuschreibung: Lokation internal external Stabilität stabil variabel Fähigkeit Anstrengung, Stimmung, Müdigkeit, Krankheit Aufgabenschwierigkeit Zufall Unterschiedliche Attributionsprozesse bei Erfolgs- und Misserfolgsmotivierten 7

4. Verdrängungseffekt und seine psychologische Deutung Verdrängungseffekt wirkt Preiseffekt entgegen Kognitive Evaluationstheorie (DECI) 3 Determinanten: Kompetenzerleben, Angebot x normale, additive Angebotskurve Autonomie, soziale Zugehörigkeit Ursache: internal tendencies, people s intrinsic need (entspricht Motiv oder Wert) Extrinsischer Anreiz wird als Ursache des Verhaltens attributiert Folge: Anreiz wird als Einschränkung der eigenen Autonomie interpretiert x 0 x 1 0 P 1 P 2 Verborgene Kosten der Belohung Angebotskurve mit Verdrängungseffekt Preis P 8

5. Bedingungen für f r den Verdrängungseffekt Persönliche Beziehung zwischen Prinzipal und Agent Berücksichtigung persönlicher Motive (Menschentyp) Tätigkeitsart Art der Ausübung der vertraglichen Beziehung, z.b. Art der Kontrollausübung, Mitbestimmung, Autonomie 9

6. Bedeutung für f r die Prinzipal-Agenten Agenten-Theorie Berücksichtigung des Verdrängungseffekts Reduziert Kontroll- und Opportunitätskosten des Prinzipals Erhöht Effizienz und Effektivität des Agenten Erhöht die Arbeitsmotivation Fördert Innovation und Kreativität Ermöglicht effektive Entwicklung und Nutzung von Pool Ressourcen 10

7. Kritische Zusammenfassung Kombination von Prinzipal-Agenten-Theorie mit Erkenntnissen aus der Motivationspsychologie positiv, aber Einseitige Fokusierung auf intrinsische Motivation macht Agenten schwer lenkbar (Zielausrichtung) Extrinsische Anreize können auch zu einem Verstärkungseffekt führen Fazit: Extrinsische Anreize allein sind kein Garant für Erfolg, zusätzliche mitarbeiterbezogene Maßnahmen sind notwendig 11