Glomerulonephritiden. Frau K., 36 J. GNs: Verschiedene Einteilungen. Nephrotisches Syndrom

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Transkript:

Frau K., 36 J. Assistentenweiterbildung Glomerulonephritiden Clemens D. Cohen Klinik für Nephrologie und Institut für Physiologie Patientin ist Lehrerin. Morgens erstmals Lidschwellung. Innerhalb einer Woche Schwellung des Gesichts und der Beine. Neue Belastungsdyspnoe. 10 kg zugenommen! Urin ist hell und schäumt. VE: keine, FA: leer Befund: 164 cm, 63 kg (normal 53 kg), 115/80 mmhg, P 72/min, Cor, Pulmo unauffällig; Unterschenkel- und periorbitale Ödeme. Labor: Kreatinin 103 μmol/l (N: 90), Protein 44 g/l (N: 65), Albumin 17 g/l (N: 35), Cholesterin 11 mmol/l (N: 5). Urin: 0-3 Erys/GF, 0-3 Leuks/GF, Proteinurie 10 g/d (N: 0.1) GNs: Verschiedene Einteilungen es Syndrom Einteilung nach Pathogenese: Immunkomplex, Anti-GBM, Vaskulitis, TTP/HUS Einteilung nach Ätiologie: primär, sekundär Einteilung nach klinischem Bild: asymptomatisch, nephritisch, nephrotisch, akutes NV, chronisches NV Proteinurie >3.5 g/24 h Hypalbuminämie <35 g/l Wassereinlagerung (Ödeme) Hypercholesterinämie (Hyperkoagulabilität und Infektneigung) Einteilung nach Verlauf: akut, chronisch, pulmo-renal rasch-progredient Einteilung nach Laborbefunden: Complement, ANCA, Kryoglobuline Einteilung nach Pathologie: minimal change, FSGS, membranös, membranoproliferativ,... Dr. Klapdor, HH

Herr B., 43 J. Zuweisung wegen hohem Kreatinin. Patient selbst ist Arzt. Seit 3 Mo. AZ-Verschlechterung. Seit 1 Mo. Inappetenz, Übelkeit. Urinmenge unauffällig, keine Makrohämaturie, kein Schaum. VE: allergisches Asthma, MED: Oxis 1xd, FA: leer. Befund: 180 cm, 100 kg (zuvor 110 kg),130/80 mmhg, 80/min, afebril. Pulmo, Cor, Abdomen unauffällig. Augen, Ohren, Mundhöhle, NNH, Haut, Neuro, Gelenke unauffällig. Keine LK- Schwellung. Keine Ödeme. Labor: Kreatinin 497 μmol/l (N: 106). Urin: 30 Erythrozyten/GF, 10% dysmorph, 2 Erythrozytenzylinder, Proteinurie 0.8 g/d. Manifestationsformen von GNs es Syndrom Asymptomatische Proteinurie Bluthochdruck Chronisches Nierenversagen Asymptomatische Hämaturie es Syndrom Akutes, rasch fortschreitendes Nierenversagen es Syndrom Hämaturie mit dysmorphen Erythrozyten und Erythrozytenzylindern Niereninsuffizienz Arterielle Hypertonie Proteinurie (meist < 3,5 g/d) Glomeruli und Schlitzmembran Tryggvason-K et al., N Engl J Med, 2006; Marlies Elger and Wilhelm Kriz, Oxf Textb Clin Nephrol, 2005

Schlitzmembran GNs vereinfacht Albumin MCD FSGS MGN IGAN PIGN MPGN LN-IV EPGN Membranöse Glomerulonephritis Lupus Nephritis IgA-Nephritis Extrakapillär-proliferative GN Tryggvason-K et al., N Engl J Med, 2006; Rodewald-R and Karnovsky-MJ, J Cell Biol, 1974 Glomeruläre Schemata von JC Jennette, UNC GNs vereinfacht Gesund Gesund Diagnostik: Nierenbiopsie Nur die Nierenbiopsie kann die Diagnose bei einer Glomerulonephritis erbringen. Sie sollte mit dem Ziel durchgeführt werden, die Diagnose zu sichern. die Prognose abzuschätzen. die Therapie zu wählen. MCD FSGS MGN IGAN PIGN MPGN LN-IV EPGN Sie ist daher immer bei nephrotischem und nephritischem Syndrom anzustreben. Bei isolierter Mikrohämaturie oder niedriger Proteinurie kann zuweilen darauf verzichtet werden. Glomeruläre Schemata von JC Jennette, UNC

Membranöse Glomerulonephritis (MGN) MGN: Histologie und Pathogenese MGN: Membranöse Glomerulonephritis Subepitheliale Immundepots Antikörper sind gegen podozytäre Antigene gerichtet (neutrale Endopeptidase, M-Typ Phospholipase A 2 Rezeptor). Histologie: Dr. A. Gaspert, Klinische Pathologie, USZ; Ronco-P et al., Nephron, 2007; Beck-L et al., ASN 2008, SA-FC 458 MGN: Klinik MGN: Spontanverlauf Klinik: Alter >30 Jahre 85% Männer 70% 80% Mikrohämaturie 50% Kreatinin >200 mol/l 10% Pathogenese: Primär (idiopathisch) > 80% Sekundär: Malignome (bei 10% aller MGN!) Infektionen (z. B. Hepatitis B!) Autoimmunerkrankungen (z. B. Lupus) Medikamente (z. B. Gold) Spontanverlauf : Nur Blutdrucktherapie, kein Steroid oder Immunsuppressiva No ESRD (%) Bei Erstdiagnose Membranöse Glomerulonephritis : Tumorsuche, Hepatitis-Serologie, Lupus-Diagnostik Spontanverlauf bei Membranöser Glomerulonephritis: Drittel Remission, Drittel stabil, Drittel Progression. Schiepatti-A et al., N Engl J Med, 1993

Supportive Therapie Blutdruckkontrolle (<125/75 mmhg) mit primär ACE- Hemmer und AT1-Blocker Proteinurie <0.5 g/d als Ziel Behandlung der Hypercholesterinämie Verzicht auf Nikotin und NSAR Diät (Natriumrestriktion (<5 g NaCl/d), Eiweissrestriktion (0,8 g/kg KG)) MGN: Therapie Niedriges Risiko Supportiv (<125/75 mmhg, ACE-Hemmer, Statin) Mittleres Risiko Supportive Therapie für 6 Monate Bei Persistenz der Proteinurie >3.5 g/d und Nierenfunktionsverlust wie bei hohem Risiko Hohes Risiko Steroid in Kombination mit Ciclosporin oder Cyclophosphamid Cattran-D et al., Kidney Int, 2007 MGN: Drei Risikogruppen Differentialdiagnosen es Syndrom Niedriges Risiko Proteinurie <4g/d über 6 Monate Normales Serumkreatinin Mittleres Risiko (55% terminels Niernversagen) Proteinurie >4 aber <8 g/d über 6 Monate Normales Serumkreatinin Hohes Risiko (80% terminales Nierenversagen) Proteinurie >8g/d über 6 Monate Erhöhtes oder steigendes Serumkreatinin 40% Andere Amyloidose Diabetische Nephropathie Membranoproliferative Glomerulonephritis Proliferative Glomerulonephritiden (Lupus, IgA) Minimal Change Disease Fokal-segmentale Glomerulosklerose Membranöse Glomerulonephritis Verlauf über 10 Jahre; Cattran-D et al., JASN, 2005 Jennette-JC, Falk-R, Primers Kid Dis, 2005

Fall: Herr B., 70 J. IgA-Nephritis Feinmechaniker in Rente. Neu Bauchschmerz. Seit 2-3 Wochen rote Punkte an den Unterschenkeln. Neu blutiger Schnupfen. Bei Hausärztin Nierenwerte erhöht. CT Abdomen unauffällig. VE: Häufig NSAR wegen degenerativen Gelenkbeschwerden. FA: leer Befund: 170 cm, 88 kg, 180/110 mmhg, P 68/min, afebril, Cor, Pulmo unauffällig, leichter Druckschmerz epigastrisch. Purpura und Ödeme beide Unterschenkel. Labor: Kreatinin 323 μmol/l, CRP 44 mg/l. Antikörpersuchtest (ANA, ANCA) und Hepatitis-Serologie negativ. Urin: 20-30 Erys/GF, Proteinurie 5 g/d IGAN: IgA-Nephritis Kleingefässvaskulitis IGAN: Klinik Purpura, Bauchschmerz, Nephritis, Gelenkschmerz. UNC Es ist die häufigste Glomerulonephritis (20% aller nativen Nierenbiopsien) Manifestionsformen bei Erwachsenen: Mikrohämaturie (50%) oder Makrohämaturie (15%) (10%) (5%) Akutes oder chronisches Nierenversagen (5-10%) Sie kann postinfektiös manifest werden (ORL-Infekt und Makrohämaturie) oder renale Manifestation der Purpura Schönlein-Hennoch sein. Gesualdo-L et al., Kidney Int, 2004; Rychlik-I, NDT, 2004; Rivera-F et al., Kidney Int, 2004

IGAN: Histologie und Pathogense IGAN: Prognose Klinische Risikomarker IgA Aktuelle Hypothese: Vermehrte Produktion von polymerem, untergalaktosyliertem IgA (Mukosa, Infektion) Verminderte hepatische IgA-Clearence (Lebererkrankungen) Vermehrte glomeruläre Ablagerung im Mesangium Hohe Proteinurie Niereninsuffizienz bei Diagnosestellung Hypertonie Männliches Geschlecht Junges Alter bei Krankheitsbeginn Fehlen von Makrohämaturie Persistierende Mikrohämaturie Histologisch Ausmass Glomerulosklerose Tubulointerstitielle Fibrose Histologie: Dr. A. Gaspert, Klinische Pathologie, USZ Floege-J, Feehally-J, J Am Soc Nephrol, 2000 IGAN: Prognose IGAN: Therapiestrategie Mikrohämaturie, keine Proteinurie, Kreatinin : keine Therapie, jährliche Kontrollen Proteinurie, Kreatinin : ACE-Hemmer, RR<125/75 mmhg Verlust der Nierenfunktion schneller bei hoher Proteinurie Subgruppenanalyse bei Remission der Proteinurie (<1g/d): Gruppe 1: 1-2 g/d, Gruppe 2: 2-3 g/d, Gruppe 3: >3g/d maximale Proteinurie. Reich-HN et al., J Am Soc Nephrol, 2007 Proteinurie, Kreatinin : Prednison iv und po Proteinurie, Kreatinin : Cyclophosphamid/Azathioprin/Prednison n=44, U-Prot >0.5 g/d, Crea < 1.5 mg/dl;, Praga-M et al., J Am Soc Nephrol, 2003

Frau B., 25 J. Lupusnephritis Studentin. Seit Prüfungsvorbereitung abgeschlagen. Neu auch orale Ulcera und vermehrter Haarsausfall. Gewichtszunahme von 10 kg mit Lid- und Beinödemen. In Rückschau seit 6 Monaten Exanthem im Gesicht und Sonnenempfindlichkeit der Haut. Cedars-Sinai Dr. Klapdor, HH Lupusnephritis IV Frau B., 25 J. LN: Überleben bei Lupus Anamnese sonst unauffällig. VE: keine, MED: keine, FA: Onkel Befund: 165 cm, 63 kg (normal 50 kg), 160/105 mmhg, P 90/min, afebril, Cor, Pulmo, Abdomen unauffällig. Deutliche Ödeme beide Unterschenkel. Erythem an Wangen und Nasenrücken. Labor: Hb 9.6 g/dl, Thr 47 Tsd/ul, Leuks 2.7 Tsd/ul, Kreatinin 120 μmol/l, CRP 4 mg/l, Eiweiss 54 g/l, Alb 22 g/l, LDH 1000 U/l. ANA und dsdna-ak hochtitrig positiv. Urin: > 40 Erys/GF, 10% Akanthozyten, Proteinurie 8 g/d (jede Form einer LN) N=1000; Cervera-R et al., Medicine, 2003

C1q LN: Klassifikation (ISN/RPS) Lichtmikroskopie: Diverse proliferativ Veränderungen Immunhistologie: Full house (IgG, IgA, IgM, C3, C1q) Fall: Herr R., 32 J. Zuweisung von externem Spital. Seit 3 Monaten Muskel- und Knieschmerzen nach Sport. Seit 3 Wochen Schwäche, Nachtschweiss, nachts bis 38.5 C. Seit 2 Tagen dunkler Urin ohne Schaum. Urinmenge unauffällig. VE: Seit 2 Jahren rezidivierend Nasenbluten, vor 3 Monaten Diagnose traumatischer Nasenseptumdefekt Befund: 185 cm, 82 kg, 120/80 mmhg, P 68/min, T 36.8 C. Cor, Pulmo unauffällig. Nasenseptumdefekt. Knöchelödeme. Labor: Kreatinin 546 μmol/l, CRP 90 mg/l, auswärts cytoplasmatische ANCA positiv, PR3-ANCA 506 U/ml (N<5). Urin: >40 Erys/GF, 80% Akanthozyten, Proteinurie 0,7 g/d Weening-J et al., Kidney Int and J Am Soc Nephrol, 2004 LN: Therapie gemäss Klassifikation und Klinik Fall: Herr R., 32 J. Klinik Therapie I Selten Klinik Keine besondere Therapie 23 Glomeruli, 16 zelluläre Halbmonde, 1 sklerosiert II III IV V Mikrohämaturie, Proteinurie Mikrohämaturie, Proteinurie GFR-Verlust Hypertonie, Mikrohämaturie, hohe Proteinurie GFR-Verlust!!! Hohe Proteinurie, (GFR-Verlust) supportive Therapie (ACE-Hemmer) Bei milder renaler Manifestation Therapie nach weiteren SLE- Manifestationen, bei deutlicher renaler Präsentation Therapie wie Typ IV ( Sammelfehler bei </ > 50%), supportive Therapie Dringende Therapie: Steroide und Cyclophosphamid oder Mycophenolat Mofetil (MMF, bei Crea < 150 mol/l), supportive Therapie; Remissionserhaltung für mindestens 18 Monate (Azathioprin oder MMF) Supportive Massnahmen ausschöpfen, wahrscheinlich Ciclosporin, Mycophenolat Mofetil, Cyclophosphamid von Nutzen. Histologie (anderer Patient): PD Dr. Z. Varga, Klinische Pathologie, USZ; Jenette-C et al., Arth Rheum, 1994

Extrakapillär-proliferative Glomerulonephritis Serologische Antikörper: ANCA, anti-gbm Immunfluoreszenz: canca: cytoplasmatisch-färbender Anti- Neutrophile Cytoplasmatischer Antikörper panca: perinukleär-färbender ANCA Antigenspezifität (ELISA): Peroxidase 3 (PR3, meist canca) Myeloperoxidase (MPO, meist panca) Extrakapillär-proliferative GN Anti-GBM: NC1-Epitop des Kollagen IV alpha 3 (30% auch MPO-ANCA) IF: Binding Site, Schwetzingen Extrakapillär-proliferative GN (EPGN) Die EPGN ist das histologische Korrekat zum klinischen Bild der rapid-progressiven GN Sie tritt auf bei Vaskulitiden, Goodpasture-Syndrom, aber auch bei Lupus, IgA-Nephritis u. a. Die Immunfluoreszenz am Glomerulus ist wichtig: IF negativ, pauci-immune : ANCA-Vaskulitis Lineare IgG-Positivität: anti-gbm (Goodpasture) IF nicht linear positiv: Immunkomplex-GN (z. B. Lupus) Dr. V. D Agati ANCA-Vaskulitiden Renal limitierte Form nur rapid-progressives Nierenversagen (RPGN) Wegenersche Granulomatose (meist canca, PR3) Granulomatöse Entzündung ORL, Augen (Sattelnase, Borken) Lungenbeteiligung (auch asymptomatisch) Niere Gelenke Haut (palpable Prupura) Neuro (Mononeuritis multiplex) Atlas of Rheum.

ANCA-Vaskulitiden Mikroskopische Polyangiitis (meist panca, MPO) Nicht-granulomatöse Entzündung Niere (fast 100%) Lunge Neuro (Mononeuritis multiplex) Haut Gastrointestinal u.a. Churg-Strauss-Syndrom (meist panca, MPO) Granulomatöse Entzündung Asthma, Allergie, Eosinophilie Lunge, ORL, Neuro, Haut, Herz selten Niere Prognose und Komplikationen Das Überleben ist insbesondere reduziert bei älteren Patienten (> 60 J.) Kreatinin bei Diagnosestellung deutlich erhöht Entwicklung von Dialysepflichtigkeit Sepsis Komplikationen sind Infektionen (30%) Leukopenie (41%) Cardiovaskulär (9.5%) Booth-AD et al., AJKD, 2003; 233 ANCA+ renal vasculitis, 10 J., Harper-L et al., Rheumatology, 2005, 234 ANCA+ Pat., Chen-M et al., Medicine, 2008, Inzidenz und Verlauf Therapie einer RPGN bei ANCA-Vaskulitis Cyclophosphamid mit Steroid ist Standardtherapie zur Remissionsinduktion bei renaler/generalisierter ANCAassoziierter Vaskulitis. Dosisanpassung an Alter und Nierenfunktion, Prophylaxe gegen Pneumocystis-Pneumonie und Osteoporose Im Anschluss Remissionserhaltung über mindestens 18 Monate mit Azathioprin (oder Methotrexat, ggf. MMF) und Steroid 82/413.500 Einwohner, 10 J. Beobachtung, Watts-RA et al., Arth Rheum, 2000; 246 ANCA+ renal vasculitis, 5 J. follow-up, Booth-AD et al., AJKD, 2003 Muhtyar-C et al., Ann Rheum Dis, 2008; Pagnoux-C et al, N Engl J Med, 2008

Plasmaaustausch Bei Kreatinin >500 μmol/l bei Diagnosestellung (und/oder pulmonaler Beteiligung) zusätzlich Plasmaaustausch. Weniger Patienten dialysepflichtig geblieben. Kein Einfluss auf Überleben. Therapie des Goodpasture-Syndroms Schnell erkennen und schnell behandeln! Steroid, Cyclophosphamid, Plasmaaustausch Prognose der Nierenfunktion bei Dialysepflichtigkeit bei Diagnosestellung ist sehr schlecht. Im Gegensatz zu Vaskulitiden kaum Rezidive. Cave: Rekurrenz in Transplantat. 137 Pat., ANCA+, Crea > 500 μmol/l, Jayne-DRW et al., J Am Soc Nephrol, 2007 Goodpasture-Syndrom, anti-gbm-gn Antibasalmembranantikörper reagieren mit Kollagen in Glomeruli und Alveolen. Pulmorenales Syndrom, aber keine Vaskulitis. GNs zusammengefasst Unterschiedliche Manifestationsformen. Oft Hinweis auf Systemerkrankung. Diagnose zügig anstreben. Therapie verbessert Verlauf deutlich. MCD FSGS MGN IGAN PIGN MPGN LN-IV EPGN Hudson-D et al., N Engl J Med, 2003