Differenzialdiagnose der Parkinson-Syndrome mittels MRT

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Leitthema Nervenarzt 2010 81:1168 1179 DOI 10.1007/s00115-010-3022-8 Online publiziert: 22. September 2010 Springer-Verlag 2010 P. Mahlknecht 1 M. Schocke 2 K. Seppi 1 1 Universitätsklinik für Neurologie, Medizinische Universität Innsbruck 2 Universitätsklinik für Radiologie 1, Medizinische Universität Innsbruck Differenzialdiagnose der Parkinson-Syndrome mittels MRT Der Morbus Parkinson (MP) ist nach dem Morbus Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung und die häufigste Ursache von Parkinson-Syndromen (PS). Die Diagnose des MP basiert primär auf Anamnese und klinischer Untersuchung [1, 2]. Ungefähr ein Viertel der Patienten mit der Initialdiagnose eines MP zeigt Parkinson-Symptome im Rahmen anderer Erkrankungen wie Z. B. eines vaskulären oder medikamenteninduzierten PS oder auch im Rahmen von atypischen Parkinson-Syndromen (aps); im Laufe der Erkrankung muss daher die Diagnose reevaluiert werden [1, 3]. Trotz klinischer Diagnosekriterien für MP und aps [2, 4, 5], wie der Multisystematrophie (MSA), der progressiven supranukleären Blickparese (PSP) und der kortikobasalen Degeneration (CBD), gibt es eine hohe Rate an Fehldiagnosen, da sich die klinische Präsentation insbesondere zu Beginn der Erkrankung ähneln kann. Diese neurodegenerativen Erkrankungen unterscheiden sich im Hinblick auf Krankheitsverlauf, Prognose und Therapiestrategien. Außerdem ist die Ätiologie der Erkrankungen sehr unterschiedlich, weshalb eine frühe und akkurate Diagnosestellung nicht nur aus klinischen, sondern auch aus wissenschaftlichen Gründen erstrebenswert ist. 1168 Der Nervenarzt 10 2010 Der Einsatz der Magnetresonanztomographie (MRT) hat seit den 1980er Jahren kontinuierlich Einzug in die Abklärung neurologischer Erkrankungen gehalten. Auch bei der Diagnostik von PS wird von den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie einmalig eine strukturelle Bildgebung vorzugsweise eine MRT im Rahmen der Basisdiagnostik, v. a. zum Ausschluss eines symptomatischen PS aufgrund struktureller Läsionen wie Tumoren, zerebralen Ischämien oder eines Normaldruckhyrdozephalus, empfohlen. Darüber hinaus gab die Veröffentlichung zweier Studien zur radiologischen Diagnose von aps im Jahr 1986 in der Fachzeitschrift Radiology den Anstoß für die intensive Erforschung der Wertigkeit der MRT in der Differenzialdiagnose der neurodegenerativen Parkinson-Syndrome [6, 7]. Ziel dieses Artikels ist es, dem Leser einen Überblick über die Verfahren wie die konventionelle MRT mit den Standard-T1- und -T2-gewichteten Sequenzen und die diffusionsgewichtete MRT (DWI, diffusion weighted imaging ) und deren Stellenwert in der heutigen klinischen Diagnostik in der Abklärung von Parkinson-Syndromen zu geben. Da durchweg sämtliche Literaturstellen auf Befunde von 1,5-Tesla (T)-Geräten beruhen, beziehen sich Befunde über Signalveränderungen in diesem Artikel auf die auch in der klinischen Routine meistverwendeten Magnetfeldstärken von 1,5 T, falls nicht anders angegeben. MRT beim Morbus Parkinson Beim Morbus Parkinson (MP) ist vor allem im Frühstadium die konventionelle MRT mittels T1-/PD-/T2-gewichteten Sequenzen in der Regel unauffällig, insbesondere gibt es keine mittels MRT fassbaren Zeichen einer krankheitsspezifischen Neurodegeneration im Bereich des dopaminergen nigrostriatalen Systems [1]. In späteren Krankheitsstadien allerdings treten gelegentlich eine hippokampale sowie eine präfrontale kortikale Atrophie [8], leichte Signaländerungen im Bereich der Substantia nigra (SN) wie Hyperintensitäten in T2-Bildern oder Verwaschen der Grenzen zum Nucleus ruber hin und ein Aneinanderrücken dieser beiden Strukturen zutage. Derartige Veränderungen können jedoch schwer von altersabhängigen Normvarianten abgegrenzt werden, eine Übertragung auf die alltägliche Praxis ist derzeit nicht praktikabel. > Konventionelle MRT-Sequenzen ergeben bei MP-Patienten üblicherweise einen altersentsprechenden Normbefund Drei aktuelle Studien, die Verfahren an 3T-Scannern verwendeten, konnten neuropathologische Prozesse in der SN bei frühen MP-Patienten darstellen. So zeigte eine Studie mittels Mulitgradientenechosequenzen zur Quantifizierung des Eisengehaltes erhöhte Eisenwerte auf Gruppenniveau in der SN mit lateraler Betonung und klinischer Korrelation mit dem motorischen Behinderungsgrad gemessen mit der Unified Parkinson Disease Rating Scale (UPDRS) [9]. Dieses wurde durch eine rezente Studie bestätigt, welche eine bilaterale Verminderung des T2*-Signals der SN, suggestiv für einen höheren Ei

Leitthema Abb. 1 8 Axiale MR-Bilder eines Patienten mit einem neuropathologisch verifizierten Ependymom des Hirnstamms und einem konsekutiven, linksbetonten Parkinson-Syndrom. a T1-gewichtet mit Kontrastmittel, b T2-gewichtet. c Die initiale Computertomographie ergab keine Hinweise für Parenchymläsionen Prozessen, die sich klinisch in Form einer Parkinson artigen Störung manifestieren [1]. Des Weiteren kann eine MRT auch bereits in frühen Krankheitsstadien die Diagnose eines atypischen PS favorisieren, wenn sich bestimmte, für aps pathognomonische Zeichen darstellen lassen. MRT zum Ausschluss sekundärer Parkinson-Syndrome Abb. 2 8 T2-gewichtete axiale MR-Bilder eines Patienten mit einem vaskulären Parkinson-Syndrom bei Status lacunaris mit multiplen vaskulären Läsionen im Bereich der Basalganglien sowie arteriosklerotischer Leukenzephalopathie sengehalt und eine generell erhöhte Vulnerabilität für einen MP, aufzeigt und außerdem noch ein unilateral vermindertes T1 Signal der SN als möglichen Progressionsmarker beschreibt [10]. Die fraktionelle Anisotropie als Maß für die Gerichtetheit der Diffusion scheint bei MP Patienten v. a. im kaudalen Bereich in der SN derart erniedrigt zu sein, dass hiermit eine komplette Trennung von Normalkontrollen möglich war [11]. Außerdem konnte im Tractus olfactorius eine Erhöhung der Diffusivität mittels 1,5 T bei frühen MP Patienten erfasst und in der betreffenden Studie mit einer Treffsicherheit von 94% zwischen MP Patienten und Kontrollen unterschieden werden [12]. Dies ist von großem wissenschaftlichem Interesse, da bis zu 90% der MP Patienten zu Krankheitsbeginn eine Hyposmie aufweisen. All diese Ergebnisse müssen jedoch noch reproduziert werden und sind daher als experimentell zu werten. Die wichtige Rolle der MRT bei der Diagnose eines MP im heutigen klinischen Gebrauch liegt vorerst im zuverlässigen Ausschluss eines symptomatischen PS sekundär zu anderen neuropathologischen Sekundäre oder symptomatische PS können auf dem Boden von Raumforderungen im Bereich der Basalganglien, des Hirnstamms oder des frontalen Marklagers wie Tumoren (. Abb. 1), vaskulären Läsionen oder im Rahmen eines Normaldruckhydrozephalus entstehen und erfordern somit eine diagnostische Abklärung unter Einbeziehung von Befunden der zerebralen Bildgebung [1]. Ein vaskuläres PS entsteht in erster Linie entweder schleichend auf dem Boden einer subkortikalen arteriosklerotischen Enzephalopathie (SAE), bei der eine Parkinson artige Gangstörung mit weiteren Kardinalsymptomen eines PS verbunden sein kann, oder aber als Herdsymptom (sub )akut bei lakunären Hirninfarkten, die den externen Teil des Globus pallidus, den ventrolateralen Teil des Thalamus und selten die SN betreffen. Dementsprechend zeigen sich in der MRT lakunäre Infarkte im Bereich der Basalganglien, Frontalhirninfarkte oder eine subkortikale, oft frontal betonte Leukenzephalopathie [13] 1170 Der Nervenarzt 10 2010

Zusammenfassung Summary (. Abb. 2). Von den Diagnosekriterien wird hierbei ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten der motorischen Symptome und den vaskulären Läsionen gefordert [13]. Interessanterweise finden sich häufig derartige Läsionen ohne ein PS, es ist aber auch zu bedenken, dass zwischen dem MP und dem ischämisch-bedingten PS Überlappungen bestehen können. Ein Normaldruckhydrozephalus manifestiert sich klinisch in einer frontalen Gangstörung (Gangapraxie) sowie in einer inkonstant vorhandenen subkortikalen Demenz und Inkontinenz. Gelegentlich findet sich die gesamte typische Trias. E Im MRT-Bild zeigen sich eine Ballonierung der Vorderhörner und Temporalhörner der Seitenventrikel sowie periventrikuläre T2-Signal- Anhebungen v. a. an deren Polen. Diese entstehen wahrscheinlich durch transependymale Liquordiapedese und funktionelle Minderperfusion [14] (. Abb. 3). Seltene Ursachen von PS umfassen fokale Läsionen im Rahmen einer Multiplen Sklerose, genetisch bedingte Erkrankungen wie den Morbus Wilson, die striatodentale Kalzifikation, den Morbus Huntington (Westphal-Variante) und die Neuroferritinopathien sowie infektiöse Erkrankungen und Toxine. Die neuronale Schädigung durch erhöhte Kupferablagerungen beim Morbus Wilson spiegelt sich typischerweise im MRT in einer Mittelhirnatrophie mit T2/FLAIR-Signal-Anhebung in der Mittelhirnhaube ( Pandabär-Zeichen ) und in randständig betonten T2-Erhöhungen in Putamen, Pallidum, Kaudatum und entlang der Pyramidenbahn wider [15]. Schädigungen der Basalganglien durch Eisenablagerungen bei Neuroferritinopathien führen hingegen typischerweise zu T2-Signal-Veminderungen in Putamen, Kaudatum, Thalamus und Pallidum, wobei bei der PKAN, einer Unterform dieser Erkrankungen, eine Hyperintensität im Zentrum der hypointensen Veränderungen des Kernes auftritt und als Tigerauge-Zeichen ( eye of the tiger ) beschrieben wird [16]. Symmetrische Kalzinosen der Basalganglien, des Nucleus dentatus und des peri Nervenarzt 2010 81:1168 1179 Springer-Verlag 2010 DOI 10.1007/s00115-010-3022-8 P. Mahlknecht M. Schocke K. Seppi Differenzialdiagnose der Parkinson-Syndrome mittels MRT Zusammenfassung Die Differenzialdiagnose der Parkinson-Syndrome ist auch für den Erfahrenen schwierig zu stellen. Trotz Leitlinien, die die Diagnose der unterschiedlichen Parkinson-Syndrome (PS) wie die des Morbus Parkinson (MP) und der atypischen Parkinson-Syndrome (aps), welche die Multisystematrophie (MSA), die progressive supranukleäre Blickparese (PSB) und die kortikobasale Degeneration (CBD) beinhalten, erleichtern sollen, gibt es eine hohe Rate an Fehldiagnosen. Jedoch ist eine frühe Differenzierung zwischen diesen neurodegenerativen Erkrankungen mit jeweils sehr unterschiedlichen Krankheitsverläufen insbesondere in Hinblick auf Prognose und Therapie sehr wichtig. Die Magnetresonanztomographie (MRT) hat trotz gewisser Einschränkungen die Differenzialdiagnose der neurodegenerativen Parkinson-Syndrome zweifellos erleichtert. In der klinischen Praxis ist die konventionelle MRT mit T1- und T2-gewichteten Sequenzen als Methode zum Ausschluss symptomatischer Ursachen etabliert, sie kann aber auch bildmorphologische Hinweise für das Vorliegen eines aps geben. Des Weiteren können auch neuere Verfahren wie die diffusionsgewichtete Bildgebung hilfreich in der Abgrenzung von aps sein. Schlüsselwörter Parkinson-Syndrom Magnetresonanztomographie Multisystematrophie Progressive supranukleäre Blickparese Diffusionsgewichtete Bildgebung Differential diagnosis of parkinsonian syndromes using MRI Summary The differential diagnosis of parkinsonian syndromes is considered one of the most challenging in clinical neurology. Despite published consensus operational criteria for the diagnosis of Parkinson s disease (PD) and the various atypical parkinsonian disorders (APD), such as progressive supranuclear palsy (PSP), multiple system atrophy (MSA) and corticobasal degeneration (CBD), the clinical separation of APDs from PD carries a high rate of misdiagnosis. However, the early differentiation between APD and PD, each characterized by a very different natural history, is crucial for determining the prognosis and choosing a treatment strategy. Despite limitations the various modern magnetic resonance imaging (MRI) techniques have undoubtedly added to the differential diagnosis of neurodegenerative parkinsonism. In clinical practice conventional MRI with visual assessment of T2 and T1-weighted imaging is a well established method for the exclusion of symptomatic parkinsonism due to other pathologies and may also point to the diagnosis of APD. Furthermore, advances in MRI techniques, such as diffusion-weighted imaging (DWI), have enabled abnormalities in the basal ganglia and infratentorial brain structures in APD to be quantitatively illustrated. Keywords Parkinson s disease Magnetic resonance imaging Multiple system atrophy Progressive supranuclear palsy Diffusionweighted imaging Der Nervenarzt 10 2010 1171

Leitthema Abb. 3 9 a T2-gewichtetes MRT in axialer und b T1-gewichtetes MRT in sagittaler Schnittführung eines Patienten mit einem Normaldruckhydrozephalus mit typischer Aufweitung der Seitenventrikel und periventrikulären Signalsteigerungen an deren Polen (in T2), auch Polkappen genannt MRT bei atypischen Parkinson-Syndromen Multisystematrophie Abb. 4 8 T2-gewichtete axiale MR-Bilder eines Patienten mit der Westphal-Variante des Morbus Huntington. Die Pfeile weisen auf die für die Erkrankung typische Kaudatusatrophie hin ventrikulären Marklagers im Rahmen einer striatodentalen Kalzifikation (Morbus Fahr) demarkieren sich im MRT unter Umständen nur unzureichend, hier sollte ergänzend eine CT durchgeführt werden [17]. Die Westphal Variante der Chorea Huntington präsentiert sich häufig mit einem juvenilen PS, in der MRT findet sich typischerweise eine Kaudatusatrophie (. Abb. 4). Auch entzündliche ZNS Erkrankungen können zu Parkinson artigen Symptomen mit Signalveränderungen führen, wobei bei viralen Enzephalitiden symmetrische multifokale T2 Hyperintesitäten im Thalamus, in den Basalganglien und im Hirnstamm auftreten können [18]. Bakterielle, fungale und parasitäre ZNS Erkrankungen führen gelegentlich zu fokalen Läsionen. Insbesondere bei ZNS Toxoplasmosen und AIDS, welche eine Prädilektionsstelle für die Basalganglien aufweisen (. Abb. 5), kann die radiologische Abgrenzung zu Lymphomen schwierig sein, welche sich als uni oder multilokuläre Herde mit T2 Signal Anhebungen und ringförmiger Kontrastmittelaufnahme darstellen. Schließlich können auch toxinassoziierte PS mit MRT Signal Alterationen in den Basalganglien einhergehen, z. B. zeigen sich bei chronischer Manganexposition häufig T1 Hyperintensitäten insbesondere im Pallidum [19, 20]. Akute Kohlenmonoxidvergiftungen ziehen transiente T2 Hyperintensitäten der Basalganglien v. a. aber auch des Marklagers nach sich [21]. Die Multisystematrophie (MSA) ist eine seltene Variante neurodegenerativer PS und wie der MP eine α Synukleinopathie, die entsprechend den Diagnosekriterien immer mit autonomen Symptomen wie Blasenfunktionsstörungen oder orthostatischer Dysregulation einhergeht [5]. In Abhängigkeit der Zusatzsymptome zum Untersuchungszeitpunkt lässt sich die MSA in zwei Unterformen unterteilen [5]: F Die MSA P zeigt überwiegend Zeichen eines L Dopa refraktären PS und ist neuropathologisch durch striatonigrale Degeneration (SND) gekennzeichnet, F die MSA C geht dagegen mit zerebellären Zeichen einher und beruht auf einer olivopontozerebellären Atrophie (OPCA). Im Verlauf der Erkrankung bietet ein Großteil der Patienten neben den autonomen Symptomen sowohl Parkinsonals auch zerebelläre Symptome, auch neuropathologisch liegt in den meisten Fällen sowohl eine SND als auch eine OPCA vor [22]. MRT morphologisch kann bei der MSA P in der T2 Gewichtung ein hyperintenser putaminaler Randsaum beobachtet werden, welcher neuropathologisch einer gliotischen Umwandlung in diesem Bereich entspricht und häufig in Kombi 1172 Der Nervenarzt 10 2010

Leitthema Abb. 5 8 Kontrastmittelunterstützte T1-gewichtete axiale MRT eines Patienten mit linksbetontem Parkinson-Syndrom mit multiplen Herden mit ringförmiger Kontrastmittelaufnahme bei zerebraler Toxoplasmose im Rahmen einer AIDS-Erkrankung. a Vor Therapie, b nach hochaktiver antiretroviraler (HAART) und Toxoplasmosetherapie der MSA( P) sind in. Tab. 1 zusammengefasst. Eine Studie berichtet, dass bei der Verwendung von 3T Scannern auch bei Gesunden der hyperintense Randsaum des Putamens regelmäßig zu finden ist, welcher somit bei dieser Feldstärke als unspezifisches Zeichen unklarer pathologischer Relevanz zu deuten ist [30]. Die Rolle von Signalveränderungen in der Anwendung von 3T Scannern in der Abklärung neurodegenerativer PS ist weitgehend unklar. Daher wurden in den aktuellen Diagnosekriterien MRT Signal Veränderungen nicht inkludiert, jedoch die regionale Atrophie von diversen ZNS Strukturen als Hinweis für eine mögliche MSA P (Putamen, mittlerer Kleinhirnstiel, Pons oder Zerebellum) und für eine mögliche MSA C (Putamen, mittlerer Kleinhirnstiel oder Pons) angeführt [5]. Im letzten Jahrzehnt gab es wachsendes Interesse an der diffusionsgewichteten Bildgebung (DWI) zur Differenzialdiagnose der aps. Insbesondere scheinen sich die putaminalen Gewebsschäden bei der MSA P bereits früh im Krankheitsverlauf durch eine erhöhte Diffusivität im Putamen darzustellen (. Abb. 9). > MSA-P lässt sich durch eine erhöhte Diffusivität im Putamen nachweisen Abb. 6 8 Axiale T2-gewichtete MR-Bilder. a Unauffällig bei einem Patienten mit Morbus Parkinson. b Bei Multisystematrophie-P zeigt sich eine Atrophie des Putamens (Pfeil) sowie eine putaminale Hypointensität (gepunkteter Pfeil) mit einem hyperintensen Randsaum (gestrichelter Pfeil) nation mit einer putaminalen T2 Hypointensität auftritt (. Abb. 6) [23]. Außerdem zeigt sich häufig eine für die MSA P hochspezifische striatale Atrophie mit Betonung des dorsolateralen Putamens, welche beim MP nie anzutreffen ist [24]. Die Angaben in der Literatur für die Sensitivität derartiger Veränderungen zur Abgrenzung der MSA vom MP und gesunden Kontrollen reichen abhängig vom Krankheitsstadium bis zu 80%, die Spezifität wird hingegen mit über 90% angegeben [25, 26, 27]. Zeichen für eine MSA C sind hingegen eine Atrophie des Zerebellums, des mittleren Kleinhirnstiels und des Pons sowie eine kreuzförmige Hyperintensität in T2 Gewichtung im Pons, das sog. Hot cross bun oder Semmel Zeichen, als Folge einer Degeneration von pontozerebellären Bahnen (. Abb. 7, 8) [23, 24]. Bildmorphologische Überlappungen zwischen den Formen der MSA kommen typischerweise vor. So finden sich regelmäßig eine Atrophie und Signalsteigerungen in infratentoriellen Strukturen bei der MSA P (. Abb. 7 zeigt das Semmel Zeichen bei einem MSA P Patienten) und putaminale Veränderungen bei der MSA C [28, 29]. Typische Abnormitäten in der konventionellen MRT bei So wurden in diversen Studien MSA P Patienten mit einer Krankheitsdauer von 3 bis zu 6 Jahren mit einer hohen diagnostischen Treffsicherheit gegenüber MP Patienten und gesunden Kontrollen abgegrenzt [25, 31, 32, 33]. Außerdem wurde die Überlegenheit dieser Methode beim Abgrenzen der MSA vom MP gegenüber dem Dopamin D2 Rezeptor IBZM und dem kardialen MIBG SPECT in direkten Vergleichsstudien gezeigt [34, 35]. Auch in anderen Hirnstrukturen wie im mittleren Kleinhirnstil, Pons und Zerebellum findet sich eine abnorme erhöhte Diffusivität [32, 36], wobei wie bei den Veränderungen im konventionellen MRT supratentorielle Veränderungen im Bereich der Basalganglien bei der MSA P betont sind, infratentorielle Veränderungen hingegen bei der MSA C [37]. Vorsicht ist bei der Unterscheidung der MSA von der PSP geboten, da auch diese Entität regelmäßig 1174 Der Nervenarzt 10 2010

mit Erhöhung der putaminalen Diffusivität einhergeht. Außerdem führen chronisch vaskuläre Veränderungen der Basalganglien zu einer Erhöhung der Diffusivität, was aufgrund deren Häufigkeit oft Schwierigkeiten bei der Interpretation dieses Parameters bereiten kann [38]. Progressive supranukleäre Blickparese Die progressive supranukleäre Blickparese (PSP) ist im Unterschied zur MSA und zum MP eine τ-protein-assoziierte neurodegenerative Erkrankung und kann sich im Frühstadium heterogen präsentieren [39]. Der klassische Phänotyp, das Richardson-Syndrom (RS), ist sehr typisch durch die supranukleäre vertikale Blickparese, posturale Instabilität und Stürze nach hinten gekennzeichnet. Daneben gibt es aber noch atypische Präsentationen wie die Parkinson-Variante der PSP (PSP-P) mit einem initial auf L-Dopa meist gering bis mäßiggradig ansprechenden PS, das erst im späteren Verlauf die Symptome des RS zeigt. Die meisten MRT-Studien wurden mit RS-Patienten durchgeführt, wohingegen die eigentliche Schwierigkeit in der Diagnose der sich atypisch präsentierenden PSP- P liegt. Passend zu neuropathologischen Studien zeigt sich bei der PSP in der MRT eine Atrophie des Mesenzephalons, insbesondere des Tegmentums (Mittelhirnhaube), aber auch des Tektums (Mittelhirndach), außerdem der oberen Kleinhirnstiele und der unteren Olive. Inkonstant kommen auch frontale und parietale Substanzminderungen sowie der MSA ähnliche putaminale T2-Hypointensitäten und Atrophie vor. > Aus der Atrophie des Mittelhirns resultiert das sog. Kolibri-Zeichen Abb. 7 7 Axiales T2- gewichtete MR-Bild eines Patienten mit Multisystematrophie- P. Der Pfeil weist auf die Signaländerung im Pons hin, das sog. Hotcross-bun- oder Semmel-Zeichen Die Atrophie des Mittelhirns führt zu einer Abflachung und schließlich Eindellung der rostrodorsalen Mittelhirnhaube und zu einer Größenzunahme des 3. Ventrikels. Bildmorphologisch resultiert aus dieser Atrophie in der medianen Sagittalschicht das sog. Königspinguin- oder Kolibri-Zeichen, wobei das Tegmentum die Form des kleinen Kopfes annimmt und der darunterliegende, nicht atrophe Pons den Körpers darstellt [40] (. Abb. 8). In dieser Schicht kann sich außerdem eine Verformung des oberen Mittelhirnprofils der normalerweise konvexen rostrodorsalen Mittelhirnhaube am Boden des 3. Ventrikels in eine plane bis konkave Struktur zeigen [41]. In der Axialschicht findet sich häufig ein reduzierter anteriorposteriorer Durchmessers des Mittelhirns, was zusammen mit einer Verschmächtigung der Mittelhirnschenkel (Pedunculi cerebri) zum sog. Mickey- Mouse-Zeichen führt. Werte von 14 mm und darunter scheinen relativ spezifisch für das Vorliegen einer PSP zu sein [31, 42] und überlappen kaum mit den Werten von MP-Patienten, die Werte von MSA- Patienten überschneiden sich jedoch mit beiden Gruppen [31, 41, 43]. In. Tab. 2 sind die typischen Abnormitäten in der konventionellen MRT bei PSP-Patienten zusammengefasst. Des Weiteren scheint die planimetrische Ausmessung der Mittelhirn- und Ponsfläche sowie der Breite der oberen und mittleren Kleinhirnstiele hilfreich in der Unterscheidung zwischen PSP- und Nicht-PSP-Patienten zu sein [28, 29, 40, 44, 45]. Von einigen Autoren wurde das Verhältnis zwischen Mittelhirn- und Ponsfläche alleine [40, 44, 46] oder in Kombination mit dem Verhältnis zwischen Breite der oberen und unteren Kleinhirnstiele (MR-Parkinsonism-Index) [29, 46] als Diskriminator beschrieben (. Tab. 3). Welche Ausmessungen und daraus errechneten Ratios wirklich die diagnostische Treffsicherheit zu erhöhen vermögen, bleibt vorerst offen. In diffusionsgewichteten Sequenzen kann es, wie es regelmäßig bei der MSA der Fall ist, auch bei der PSP zu einem Anstieg der putaminalen Diffusivität kommen, sodass hohe Werte mit denen der MSA und niedrige Werte mit denen des MP überlappen [31, 43, 47, 48]. Des Weiteren demonstrierten mehrere Studien eine PSP-spezifische Zunahme der Diffusivität in den oberen Kleinhirnstielen, wohingegen bei der MSA die Diffusivität in den mittleren Kleinhirnstielen erhöht zu sein scheint [36, 43, 48]. Diese vorläufigen Ergebnisse bedürfen jedoch noch weiterer Studien, bevor sie für die routinemäßige Abklärung von Parkinson-Syndromen herangezogen werden können. Kortikobasale Degeneration Die kortikobasale Degeneration (CBD) ist wie die PSP eine Tauopathie und neuropathologisch durch eine asymmetrische kortikale Degeneration gekennzeichnet. Die Der Nervenarzt 10 2010 1175

Leitthema Abb. 8 8 T1-gewichtete MR-Bilder in der medianen Sagittalebene. a Unauffällig bei Morbus Parkinson. Bei Multisystematrophie-P (b) zeigt sich eine Ponsatrophie, bei progressiver supranukleärer Blickparese (c) zeigt sich eine Mittelhirnatrophie ohne Atrophie des Pons. Hieraus ergibt sich die Silhouette eines Königspinguins oder eines Kolibris, wobei das Mittelhirn die Form des Kopfes annimmt und der darunterliegende, nicht atrophe Pons den Körpers darstellt (getrennt durch die weiße Linie) Abb. 9 8 ADC-Maps auf Höhe des Striatums. a Normal beim Patient mit Morbus Parkinson. Bei Patienten mit b Multisystematrophie-P und c progressiver supranukleärer Blickparese zeigt sich eine diffuse Hyperintensität, mit entsprechend erhöhten ADC-Werten (erhöhte Diffusivität) klassische Manifestation der CBD ist die klinische Präsentation als kortikobasales Syndrom (CBS) und umfasst eine unilaterale Extremitätenapraxie, (ggf. mit Alien limb Phänomen der fremden Extremität) u. a. vergesellschaftet mit Myoklonus, Dystonie, Bradykinese und Rigor der betreffenden Extremität. Rezente klinischneuropathologische Studien haben allerdings gezeigt, dass sich eine CBD phänotypisch auch als PSP oder als eine frontotemporale Demenz präsentieren kann. Andererseits können einem CBS neuropathologisch, eine CBD, eine PSP, eine frontotemporale Demenz oder ein Morbus Alzheimer zugrunde liegen [49]. > Typisch für CBD ist die asymmetrische kortikale Atrophie Wenige Studien haben sich mit MRT Veränderungen bei der CBD befasst. In Übereinstimmung mit der Neuropathologie lassen sich aber häufig eine asymmetrische Atrophie frontoparietal, ggf. auch subkortikale Hyperintensitäten bildmorphologisch darstellen [50, 51]. Zumeist findet sich eine asymmetrische, kontralateral zur klinisch stärker betroffenen Seite ausgeprägte frontoparietale kortikale Atrophie, gelegentlich kommt aber auch eine symmetrische Globaltrophie vor [52]. Marklagergliosen können häufig gefunden werden und demarkieren sich als kleine T2 Hyperintensitäten der angrenzenden weißen Substanz. Des Weiteren können sich das Mittelhirn und auch das Putamen in der MRT leicht atrophisch zeigen, Veränderungen der Basalganglien fehlen jedoch häufig. Wirklich typisch für die Erkrankung ist nur die eingangs beschriebene asymmetrische kortikale Atrophie. Noch limitierter ist die Studienlage für diffusionsgewichtete Sequenzen bei der CBD. Erhöhte Diffusivität besteht im Putamen, v. a. aber in asymmetrischer Weise in den Hemisphären [48]. 1176 Der Nervenarzt 10 2010

Leitthema Tab. 1 Typische Abnormitäten in der konventionellen MRT bei der Multisystematrophie(-P) Putaminale Atrophie Hyperintenser putaminaler Randsaum ( putaminal hyperintense rim ) Putaminale Hypointensität Atrophie und/oder Hyperintensität im Pons (ggf. Semmel-Zeichen ) Atrophie und/oder Hyperintensität im mittleren Kleinhirnstiel Dilatation des IV. Ventrikels Die Angaben für diese Veränderungen gelten für 1,5-T-Geräte; Signaländerungen (Hyper- bzw. Hypointensitäten) beziehen sich auf T2-gewichtete Aufnahmen. Tab. 2 Typische Abnormitäten in der konventionellen MRT bei der progressiven supranukleären Blickparese Mittelhirnatrophie mit indirekten Zeichen: Anterior-posteriorer Mittelhirndurchmesser <14 mm in der Axialebene (ggf. Mickey-Mouse-Zeichen ) Abnormes oberes Mittelhirnprofil in der medianen Sagittalschicht (linear bis konkav) Königspinguin-Zeichen Hyperintensität im Mittelhirn Dilatation des III. Ventrikels Atrophie und/oder Hyperintensität im oberen Kleinhirnstiel Putaminale Atrophie Frontale/parietale Atrophie Die Angaben für diese Veränderungen gelten für 1,5-T-Geräte; Signaländerungen (Hyper- bzw. Hypointesitäten) beziehen sich auf T2-gewichtete Aufnahmen. Tab. 3 Praktische MRT-Kriterien beim neurodegenerativen Parkinson-Syndrom MP MSA(-P) PSP Konventionelle MRT Normal ++ Putaminale Atrophie ++ ++ Hyperintenser putaminaler Randsaum ( putaminal hyperintense rim ) + ++ + Putaminale Hypointensität ++ Atrophie des Pons (und des Vermis cerebellaris) ++ + Signaländerungen im Pons ( Semmel-Zeichen ) oder in den mittleren ++ Kleinhirnstielen Atrophie des Mittelhirns (Bei PSP Mickey-Mouse - und Kolibri-Zeichen ) ++ MRT-Planimetrie Reduzierter anterior-posteriorer Mittelhirndurchmesser + ++ Reduzierte Ratio zwischen Mittelhirn- und Ponsfläche + +++ Abnormer MRPI (>15 bei PSP) + +++ Diffusion (DWI) Erhöhte putaminale Diffusivität +++ ++ Erhöhte Diffusivität des oberen Kleinhirnstiels +++ MP Morbus Parkinson, MSA Multisystematrophie, PSP progressive supranukleäre Blickparese. <20%; + 20 50%; ++ 50 70%; +++ 70 90%; ++++ >90%. Die Angaben für diese Veränderungen gelten für 1,5-T- Geräte; Signaländerungen (Hyper- bzw. Hypointensitäten) beziehen sich auf T2-gewichtete Aufnahmen. Die kortikobasale Degeneration ist aufgrund der limitierten Studienlage nicht enthalten. MRPI MR-Parkinsonism-Index = (A Pons /A Mittelhirn )*(D Mittlerer Kleinhirnstil /D Oberer Kleinhirnstil ). ausgeschlossen werden. Da klinisch die diagnostische Treffsicherheit in späten Krankheitsstadien höher als in frühen ist, wurden vorwiegend Patienten in fortgeschrittenen Krankheitsstadien untersucht. Daten zur MRT-gestützten Diagnosefindung in frühen Krankheitsstadien fehlen weitgehend. Die meisten MRT-Studien bei PSP-Patienten wurden mit RS- Patienten durchgeführt, wohingegen die eigentliche Schwierigkeit in der Diagnose der sich atypisch präsentierenden Formen der PSP, wie der PSP-P, liegt. In Anbetracht der klinischen Heterogenität der CBD muss auch hier die Studienlage mit kritischem Auge betrachtet werden. Fazit für die Praxis Die Domäne der strukturellen Bildgebung mittels MRT in der Parkinson-Diagnostik ist der Ausschluss symptomatischer Formen durch Läsionen im Bereich der Basalganglien, der SN oder des frontalen Marklagers und der Ausschluss eines Normaldruckhydrozephalus sowie anderer seltener Ursachen. Beim MP zeigt die MRT in der Regel keine Hinweise für die krankheitsspezifische Neurodegeneration, bei den atypischen PS können sich sehr spezifische Zeichen demarkieren.. Tab. 3 fasst nützliche MRT- Marker bei 1,5 T als Hilfestellung zur Diagnose der neurodegenerativen PS zusammen. Unter den neueren Verfahren ist die DWI vorerst die am besten etablierte, da einerseits die Sequenzen innerhalb weniger Minuten akquiriert werden können, andererseits Änderungen in der Diffusivität bei der MSA und der PSP womöglich schon früh im Krankheitsverlauf auftreten [32, 33, 43, 47] und insbesondere im Bereich des Putamens bereits in vielen Studien beschrieben wurden. Rezente Studien beim MP zur Beurteilung des Eisengehaltes und der fraktionellen Anisotropie in der SN mittels 3-T-MRT sind als experimentell zu werten. Korrespondenzadresse Prof. K. Seppi Universitätsklinik für Neurologie, Medizinische Universität Innsbruck Anichstraße 35, 6020 Innsbruck Österreich klaus.seppi@uki.at Limitationen Die meisten der angeführten Studien bedienten sich klinischer Diagnosekriterien ohne neuropathologische Verifizierung, somit können Fehldiagnosen nicht 1178 Der Nervenarzt 10 2010 Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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