Falk Gastro-Kolleg. Falk Gastro-Kolleg Leber und Gallenwege. Komplikationen der Leberzirrhose

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Transkript:

Falk Gastro-Kolleg Leber und Gallenwege Komplikationen der Leberzirrhose Zusammenfassung Die Leberzirrhose ist durch strukturelle Veränderungen mit einer ausgeprägten Fibrose der Leber charakterisiert. Die Abnahme der Leberzellmasse führt zum Funktionsverlust mit Ikterus, Ödemen und Gerinnungsstörungen. Die Abklärung der Ätiologie ist essenziell, damit eine kausale Therapie erfolgen kann. Wesentliche Komplikationen, die bei der Leberzirrhose auftreten können, sind die obere gastrointestinale Blutung, Aszites, spontan bakterielle Peritonitis, hepatorenales Syndrom, hepatische Enzephalopathie, portopulmonale Hypertonie und hepatopulmonales Syndrom. Beim Vorhandensein dieser Komplikationen sinkt die Lebenserwartung wesentlich. Die akute Ösophagusvarizenblutung wird durch Bandligatur, eventuell in Kombination mit Terlipressin, zu über 90% erfolgreich behandelt, und ihre Komplikationen werden durch eine Antibiotikaprophylaxe signifikant reduziert. Die Primärprophylaxe vor der ersten Blutung kann bei blutungsgefährdeten Varizen durch Bandligatur oder medikamentös mit β-blockern erfolgen. Blutungsrezidive können durch Bandligatur, oder, falls dies nicht erfolgreich ist, durch Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Stentshunts (TIPS) behandelt werden. Aszites wird stufenweise mit kochsalzarmer Diät, Spironolacton, Schleifendiuretika, Parazentese, Terlipressin und TIPS therapiert. Die spontan bakterielle Peritonitis wird antibiotisch und mit Albuminsubstitution behandelt. Zur Therapie des hepatorenalen Syndroms können Terlipressin und Albumin eingesetzt werden. Zur Behandlung der hepatischen Enzephalopathie werden hauptsächlich Laktulose, verzweigtkettige Aminosäuren und Ornithin-Aspartat eingesetzt. Auf eine ausreichende Nahrungszufuhr, eventuell mit Substitution von Vitamin B 1, B 12, D und K, sowie Kalium, Magnesium, Kalzium und Zink ist zu achten, da bedingt durch Maldigestion und Malabsorption Mangelzustände auftreten können. Durch die konsequente Behandlung der Grundkrankheit und der Komplikationen können Lebenserwartung und Lebensqualität des Patienten mit Leberzirrhose wesentlich gebessert werden. An die Lebertransplantation sollte rechtzeitig gedacht werden. Schlüsselwörter Prof. Dr. J. Rasenack Medizinische Klinik II Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Hugstetter Str. 55 79106 Freiburg Fragebeantwortung unter www.falkfoundation.de Falk Gastro-Kolleg Leberzirrhose Leberzellinsuffizienz portale Hypertension gastrointestinale Blutung Aszites arterieller Volumenmangel hepatorenales Syndrom spontan bakterielle Peritonitis hepatische Enzephalopathie Ammoniak Ernährungsmangel Titelbild: Leberzirrhose

Komplikationen der Leberzirrhose Einleitung Die Leberzirrhose ist das Endstadium chronischer Lebererkrankungen unterschiedlichster Ätiologien (Tab. 1). Diese führen schrittweise über eine chronische Hepatitis mit unterschiedlichen Stadien einer Fibrose zu einer Leberzirrhose. Bei dieser ist die Funktion zunächst kompensiert, später dekompensiert. Im Verlauf kann es zu einer Vielzahl von Komplikationen oder Folgeerkrankungen bis zum hepatozellulären Karzinom kommen (Tab. 2). Bei der Leberzirrhose können schematisch strukturelle und funktionelle Veränderungen unterschieden werden. Die veränderte Struktur führt zu einer portalen Hypertension bedingt durch eine Reduktion des effektiven Querschnitts. Hierdurch kommt es zum Blutaufstau vor der Leber mit der Entwicklung eines Umgehungskreislaufs, dessen Folge gastrointestinale Blutungen sein können. Auch spielt die portale Hypertension eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Aszites, hepatorenalem Syndrom und hepatischer Enzephalopathie. Die Abnahme der Leberzellmasse kann zur metabolischen Insuffizienz führen. Durch die Verringerung des retikuloendothelialen Systems in der Leber kommt eine gestörte Immunantwort zustande. Kohlenhydrat-, Fett-, Aminosäuren- und Proteinstoffwechsel können reduziert sein, was zu Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, hepatischer Enzephalopathie und Muskelschwund führen kann. Ätiologie der Leberzirrhose Stoffwechselerkrankungen Hämochromatose Morbus Wilson α 1 -Antitrypsinmangel Tyrosinämie Zystische Pankreasfibrose Tab. 1 P Die konsequente Abklärung der Ätiologie der Leberzirrhose ist essenziell und stellt die erfolgreichste Prophylaxe und Therapie der Komplikationen dar. Infektionskrankheiten Toxisch Gefäße Hepatitis B Hepatitis C Hepatitis D Bilharziose Alkohol Medikamente Chemikalien Budd-Chiari-Syndrom Pfortaderthrombose Morbus Osler Autoimmunerkrankungen Autoimmunhepatitis Typ 1, 2 Primär biliäre Zirrhose Primär sklerosierende Cholangitis Glutensensitive Sprue NASH 2

Komplikationen der Leberzirrhose Tab. 2 Blutung Ösophagusvarizen Ulzera Gastritis Hypertensive Gastropathie Gefäßneubildungen Aszites Hepatorenales Syndrom Hepatische Enzephalopathie Hepatopulmonales Syndrom Portopulmonale Hypertonie Stoffwechsel Diabetes mellitus Fettstoffwechselstörungen Eiweißstoffwechselstörungen Vitamin- und Spurenelementmangel Gerinnungsstörungen Infektanfälligkeit Hepatozelluläres Karzinom Portale Hypertension Pathogenese Die portale Hypertension wird durch a) strukturelle und b) funktionelle Faktoren verursacht. Es kommt zu einer Reduktion des Gesamtquerschnitts aller Gefäße. Diese ist bedingt durch a) eine Kapillarisierung der Endstrombahngefäße, da die Fenestrierung der Kapillaren zum Disse-Raum durch Entwicklung einer Basalmembran verschwindet, b) die vermehrten Ablagerungen von Kollagen Typ 1 im Disse-Raum mit weiterer Verminderung des Gefäßquerschnitts, c) die Rarefizierung der Gefäße, bedingt durch den Abbau von Lebergewebe, d) die Ausbildung von Noduli, e) die Umwandlung von Sternzellen in Myofibroblasten, die durch Kontraktion ebenfalls zu einer Reduktion des Querschnitts führen. Für die Kontraktion sind eine verminderte NO-Konzentration in der Endstrombahn der Leber, sowie endogene Vasokonstriktoren wie Endothelin, Leukotrien und Thromboxan A 2 verantwortlich. Ein zusätzlicher Faktor für die Druckerhöhung im portalvenösen Gefäßsystem ist die Vasodilatation im Splanchnikusgefäßsystem mit der Konsequenz eines erhöhten Flusses. Alle diese Faktoren tragen dazu bei, dass der portalvenöse Druck über 10 mmhg ansteigt. Für die Entwicklung von Aszites und Ösophagusvarizen ist der Druckgradient zwischen Pfortader und Lebervene (HVPG) wichtig, wenn er 12 mmhg übersteigt. Die Leberdurchblutung erfolgt dann zum Großteil aus der A. hepatica. In schweren Fällen einer sinusoidalen Blockade kann es zusätzlich über Shunts in periportalen Leberläppchenabschnitten zu einem Fluss von Blut aus Ästen der A. hepatica in die V. portae kommen mit einer Umkehr der Flussrichtung in der V. portae. Umgehungskreisläufe bilden sich dann über die V. gastrica in Richtung Ösophagus mit der Ausbildung von Ösophagusvarizen. Weitere Möglichkeiten des Umgehungskreislaufs sind entlang erweiterter Gefäße des L. teres, über wiedereröffnete Umbilicalgefäße (Cruveilhier-Baumgarten-Syndrom), spontane Shunts zur linken Nierenvene via Milzvene, über Gefäße im Bereich der Pars affixa der Leber und über Varizen im Rektum. Die portale Hypertension ist mitverantwortlich für eine Reihe von Komplikationen der Leberzirrhose: Aszites, hepatorenales Syndrom, Ösophagusvarizenblutung, hypertensive Gastropathie, hepatische Enzephalopathie, Resorptionsstörungen. P Die portale Hypertension ist bedingt durch eine Verringerung des intrahepatischen Gefäßquerschnitts der Leber. Anatomische Veränderungen und eine Vasokonstriktion sind dabei wesentliche Faktoren. Ein vermehrter Einstrom in das Splanchnikusgefäßsystem erhöht den Pfortaderdruck zusätzlich.

Obere gastrointestinale Blutung Zum Zeitpunk der Diagnose der Leberzirrhose haben 30 40% der Patienten Ösophagusvarizen. Etwa 5 10% der Patienten, die zuvor keine Varizen hatten, entwickeln diese pro Jahr. Innerhalb der ersten 2 Jahre nach Diagnosestellung der Leberzirrhose kommt es bei ca. 30% zu einer oberen gastrointestinalen (OGI-)Blutung. Endoskopisch werden unterschieden [1]: Stadium I: Es liegen Erweiterungen der submukösen Venen vor, die jedoch nach Luftinsufflation durch das Endoskop verstreichen. Stadium II: Es bestehen einzelne, in das Lumen des Ösophagus hervorragende Varizen, die auch bei Luftinsufflation bestehen bleiben. Stadium III: Das Lumen des Ösophagus ist durch ins Lumen ragende Varizenstränge eingeengt. Als Zeichen einer Epithelschädigung (Erosion) können rötliche Flecken ( red spots ) auf der Schleimhaut bestehen. Stadium IV: Die Varizenstränge haben das Ösophaguslumen verlegt, es bestehen in der Regel zahlreiche Erosionen der Schleimhaut. Verschiedene Faktoren spielen bei der Ösophagusvarizenblutung eine Rolle: Gefäßquerschnitt, Wanddicke, sogenannte red spots oder red stripes, portalvenöser Druck, Magensaftreflux, Mahlzeiten und Gerinnungsstörungen. Zur Blutung aus Ösophagusvarizen kommt es erst ab einem hepatovenösen Druckgradienten (HVPG) von > 12 mmhg. Die Senkung des HVPG unter diesen Grenzwert, oder aber die Reduktion um > 20% unter den Ausgangswert erniedrigen das Blutungsrisiko signifikant. P Zeichen für ein erhöhtes Blutungsrisiko aus Ösophagusvarizen sind deren Durchmesser und red spots oder red stripes. Pathomechanismus Durch den erhöhten portalvenösen Druck bilden sich bei vielen Patienten Umgehungskreisläufe über die V. coronaria gastrica. Aus den Ösophagus- und Fundusvarizen kann es zu Blutungen kommen. Weitere Blutungsursachen sind Ulcera ventriculi und duodeni, sowie eine hämorrhagische Gastritis. Die hypertensive Gastropathie kann so ausgeprägt sein, dass das Bild eines Wassermelonenmagens entsteht, bei dem es auch zu einer Blutung kommen kann. Angiodysplasien in Dünn- und Dickdarm können auch zu Blutungen führen. In seltenen Fällen werden Varizen im Rektum beobachtet, die ebenfalls bluten können. Diagnostik Wird bei einem Patienten eine Leberzirrhose diagnostiziert, sollte, auch wenn noch keine Blutung stattgefunden hat, eine Ösoghagogastroduodenoskopie (ÖGD) durchgeführt werden, um Ösophagusvarizen auszuschließen. Die duplexsonografische Untersuchung erlaubt die Abschätzung des portalvenösen Drucks, dieser beträgt beim Gesunden 5 10 mmhg. Therapie Bei der Behandlung von Ösophagusvarizenblutungen können unterschieden werden: a) Therapie der akuten Blutung, b) Primärprophylaxe: Behandlung vor der ersten Blutung und c) Sekundärprophylaxe: Behandlung nach der Blutung. a) Therapie der akuten Blutung Bei einer Blutung aus Ösophagusvarizen sollte zur Diagnostik und Therapie eine ÖGD durchgeführt werden. Zur Ösophagusvarizenverödungstherapie stehen Sklerosierung mit Polidocanol oder Bandligatur zur Verfügung. Die unmittelbare Blutstillung gelingt bei über 90% der Patienten. Bei konsequenter Sklerosierungstherapie beträgt das Blutungsrezidivrisiko 10% innerhalb von 1 Jahr und 55% nach 5 Jahren [2]. In der Phase der akuten Blutung ist die Therapie mit Terlipressin (4 x 1 mg/24 Stunden) eine Alternative zur endoskopischen Therapie [3] bzw. kann zusätzlich eingesetzt werden (1 mg Terlipressin alle 4 6 Stunden) [4]. In der akuten Phase der Blutung, wenn die medikamentöse Blutstillung erfolglos und die Sklerosierung nicht möglich ist, können vorübergehend die Sengstaken- oder Linton-Nachlas-Sonde eingesetzt werden, die bei 60 90% erfolgreich sind. Nach 12 Stun P Die akute Ösophagusvarizenblutung wird primär endoskopisch behandelt, eine zusätzliche Option ist Terlipressin. Eine Antibiotikaprophylaxe senkt die Mortalität signifikant.

den müssen die Ballons entblockt werden, damit keine Schleimhautnekrose entsteht. Die Rezidivblutungsrate beträgt bis zu 50%. Da ein Teil der Mortalität durch die spontan bakterielle Peritonitis (SBP) oder andere Infektionen bedingt ist, ist eine Antibiotikaprophylaxe indiziert, die die SBP-Rate und die Mortalität signifikant senkt [5]. Durch die Antibiotikaprophylaxe (Ofloxacin 2 x 200 mg/tag über 5 Tage) sind Frührezidive der Ösophagusblutung signifikant seltener [6]. Die operative Behandlung mittels Sperroperation ist wegen der hohen Mortalität nur in Ausnahmefällen indiziert. In kleinen unkontrollierten Studien wurden Ösophagusstents erfolgreich eingesetzt. Der transjuguläre intrahepatische portosystemische Stentshunt (TIPS) ist bei häufigen Blutungsrezidiven indiziert, wenn die Sklerosierungsbehandlung erfolglos war. Die Erfolgsrate ist dann deutlich und signifikant höher als bei den endoskopischen Verfahren [7]. Etwa ein Fünftel der Zirrhosepatienten hat Fundusvarizen, und 5 10% aller OGI-Blutungen sind durch diese bedingt. Diese Blutungen sollten kombiniert medikamentös mit Terlipressin und endoskopisch lokal mit Histacrylinjektionen behandelt werden. Bei Erfolglosigkeit ist ein TIPS indiziert. b) Primärprophylaxe Die prophylaktische Sklerosierungsbehandlung ist bei Patienten mit blutungsgefährdeten Varizen indiziert. Im Vergleich zu β-blockern [8] traten während der ersten 18 Monate nach der Sklerosierungstherapie seltener Blutungen auf als unter der medikamentösen Therapie (15% vs. 43%). Die medikamentöse Prophylaxe bei großen oder bei kleinen Varizen mit red spots oder red stripes mit β-blockern hat sich in mehreren Studien im Vergleich zu Plazebo als erfolgreich erwiesen, auch wenn der Unterschied im ersten Jahr nur 10% bei kleinen Varizen und 18% bei großen Varizen betrug [9]. Die Patienten erhalten eine β-blocker-dosis, die die Herzfrequenz um mindestens 20% reduziert, die Frequenz sollte nicht unter 60/min abfallen. Limitierend können die Nebenwirkungen sein, sodass nach 2 Jahren nur noch 30 60% das Medikament einnehmen. Etwa ein Viertel der Patienten hat entweder Kontraindikationen oder toleriert die notwendigen Dosen nicht. Die endoskopische Bandligatur (EBL) der Ösophagusvarizen ist bei der Prophylaxe der Erstblutung nach einer Metaanalyse mit einem relativen Blutungsrisiko von 0,62 ebenfalls effektiver als die β-blocker-gabe [10]. P Die prophylaktische Sklerosierungsbehandlung ist bei Patienten mit Ösophagusvarizen Grad 3 und red spots und red strings erfolgreich. c) Sekundärprophylaxe Die Rezidivblutungsrate beträgt innerhalb des ersten Jahres 60%, daher ist eine prophylaktische Therapie indiziert. Eine Metaanalyse zeigte, dass die alleinige EBL die Rezidivblutung genauso wirksam verhindert wie die Kombination zusammen mit der Sklerosierung [11]. Bei dieser sind bis zur endgültigen Eradikation meist 4 6 Sitzungen notwendig. Innerhalb eines Jahres nach Sklerosierungstherapie haben bis zu 40% der Patienten ein Rezidiv der Ösophagusvarizen [12]. Bei der EBL sind weniger Sitzungen notwendig, die Komplikationsrate ist geringer, die Rezidivrate allerdings höher. Zusätzlich ist eine medikamentöse Therapie mit β-blockern zu empfehlen. Kommt es nach EBL zu Rezidiven, sollte ein TIPS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Stentshunt) eingesetzt werden, der die Rezidivblutungsrate signifikant senkt [13]. Als Komplikation muss die hepatische Enzephalopathie bedacht werden. Hypertensive Gastropathie Sie ist durch erweiterte Gefäße der Magenschleimhaut gekennzeichnet. Die Schleimhaut erscheint geschwollen, vermehrt gefeldert, hat eventuell rote oder braune Flecken und ist kontaktvulnerabel. Die Häufigkeit beträgt bei Patienten mit Leberzirrhose 11 80% und ist abhängig von der Schwere der Erkrankung. Sie führt mehr zu chronischen als zu akuten Blutungen mit einer Inzidenz von 3% innerhalb von 3 Jahren für die akute und von 10 15% für die chronische Blutung. Die Mortalität dieser Patienten ist mit 12% hoch. Bei der akuten Blutung können β-blocker oder Terlipressin eingesetzt werden. Bei schweren chronischen Blutungen kann ein TIPS notwendig werden. 5

Aszites Beim Aszites handelt es sich um eine Flüssigkeitsansammlung in der freien Bauchhöhle. Bei 85% der Patienten liegt eine Leberzirrhose vor. 50% der Patienten, bei denen eine kompensierte Leberzirrhose diagnostiziert wurde, entwickeln innerhalb von 10 Jahren Aszites [14]. Es können verschiedene Grade unterschieden werden, vom geringen Aszites, der nur durch Ultraschall diagnostizierbar ist, über mittelgradigen Aszites, der durch eine deutliche symmetrische Distension des Abdomens gekennzeichnet ist bis zum hochgradigen Aszites mit gespannter Bauchdecke. Pathogenese Der Aszites ist durch einen erhöhten portalvenösen Druck, ein erniedrigtes Albumin und ein vermehrtes Abpressen von Lymphe bedingt. Eine erhöhte Membranpermeabilität ist eine weitere Voraussetzung. Patienten mit Aszites haben zu Beginn eine relative, später auch eine absolute Hypovolämie. Kompensatorisch kommt es 1) zu einer Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteronsystems (RAAS) mit Na + - und damit auch Wasserrückresorption, 2) zu einer erhöhten ADH-Konzentration mit einer vermehrten Wasserrückresorption und 3) zu einer erhöhten Katecholaminausschüttung (Abb. 1). Durch diese Kompensationsmechanismen kann der Aszites unterhalten werden bzw. noch zunehmen. Zirrhose Abb. 1 Portale Hypertension Fluss durch physiologische Shunts NO-Synthese durch Scherkräfte NO-vermittelte Vasodilatation Arterieller Volumenmangel Vasopressin Sympathikotonus Renin-Angiotensin-Aldosteronsystem Natrium- und Wasserretention Aszites Diagnose Geringe Mengen an Aszites lassen sich sicher durch Ultraschall nachweisen, größere Mengen durch Perkussion und Lageänderung. Der Aszites sollte bei der Erstdiagnose punktiert (Tab. 3) und weiter analysiert werden auf: Gesamtzellzahl, Granulozyten, Albuminkonzentration in Serum und Aszites und Albumingradient ( 1,1 g/100 ml spricht für Leberzirrhose), außerdem sollten Kulturen angelegt werden. P Bei der Erstdiagnose sollte der Aszites punktiert, und Albumin und Granulozytenzahl sollten bestimmt werden. 6

Indikationen zur diagnostischen Parazentese Tab. 3 Erstes Auftreten von Aszites Bei jeder stationären Aufnahme Klinische Verschlechterung Fieber Bauchschmerz Abwehrspannung Bewusstseinsstörung Hypotension Azidose Ileus Labor mit Entzündungsparametern Leukozytose Verschlechterung der Nierenfunktion Therapie Therapieziele sind die Verminderung der Aszitesmenge und der peripheren Ödeme, ohne dass es zu einer wesentlichen intravasalen Volumendepletion kommt. Die erfolgreiche Therapie führt zu einer Verbesserung der Lebensqualität mit weniger Dyspnoe, da der Zwerchfellhochstand geringer ist. Die Patienten können mehr Nahrung aufnehmen, da der Magen sich besser ausdehnen kann, sind mobiler durch weniger Gewicht, der Bauch ist weniger gespannt, Hernien (Nabel, Leiste, Narben) stehen weniger unter Spannung, und der Energieverbrauch wird gesenkt, u. a. weil die Aszitesflüssigkeit nicht mehr erwärmt werden muss. Allgemeine Grundsätze: Ein wesentlicher Faktor bei der Behandlung des Aszites ist die Therapie der Grunderkrankung. Diese sollte, wenn immer möglich, behandelt werden. Es ist eine strikte Alkoholkarenz einzuhalten. Nicht-steroidale Antiphlogistika sollten vermieden werden, da sie zu einer Vasokonstriktion der Nierenarterien führen können. Hierdurch kann die Wirkung der Diuretika herabgesetzt sein, und es kann sich leichter ein Nierenversagen entwickeln. Ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung ist eine negative Natriumbilanz. Nach Möglichkeit sollte eine kochsalzarme Diät mit 2 g/tag eingehalten werden. Diese ist vor allen Dingen bei Patienten erfolgreich, deren Na + -Exkretion > 78 mval/tag ist. Hauptproblem bei dieser Diät ist, dass sie den bei vielen Patienten ohnehin schon eingeschränkten Appetit weiter reduziert. Die Kochsalzzufuhr sollte unbedingt auf maximal 5 g/tag beschränkt werden. Durch die medikamentöse Therapie sollte eine Gewichtsreduktion von maximal 1 kg/ Tag bei Vorhandensein von peripheren Ödemen und von 0,5 kg/tag ohne Ödeme erreicht werden. Bei zu raschem Ausschwemmen droht die Gefahr des Volumenmangels und des Nierenversagens. Vor Beginn der Diuretikatherapie sollten in einem Urinaliquot die Na + - und K + -Konzentration gemessen werden, um einen sekundären Hyperaldosteronismus (Na + /K + - Verhältnis < 1) zu diagnostizieren. Die diuretische Therapie wird mit Spironolacton begonnen, um die Aktivierung des RAAS zu antagonisieren. Die initiale Dosierung beträgt 50 100 mg/tag, die maximale Dosis 400 mg/tag. Die Serum-K + -Konzentration muss wegen des Hyperkaliämierisikos kontrolliert werden. Ein häufiges Problem bei Männern ist die z. T. schmerzhafte Gynäkomastie. Die zweite Stufe der medikamentösen Therapie ist die zusätzliche Gabe eines Schleifendiuretikums. Dieses sollte eine länger dauernde Wirkung haben wie z. B. Torasemid (5 20 mg/tag). Häufig wird Furosemid (40 80 mg/tag) gegeben, dieses hat einen raschen und starken Wirkungseintritt, sodass die Gefahr der passageren Hypovolämie mit Verstärkung der Kompensationsmechanismen größer ist. Bei der Diuretikatherapie müssen regelmäßig P Die Therapie des Aszites sollte bei Fehlen von peripheren Ödemen zu einem Gewichtsverlust von ca. 0,5 kg pro Tag führen, um Komplikationen wie hepatorenales Syndrom und hepatische Enzephalopathie zu vermeiden. 7

K + -, Na + - und Kreatininkonzentration kontrolliert werden. Etwa 10% der Patienten sprechen auf die Diuretikatherapie nicht an. Zur Compliancekontrolle sollte die 24h- Na + -Exkretion gemessen werden. Ist sie höher als 78 mval/24h und verliert der Patient kein Gewicht, ist er nicht compliant. Spricht der Patient auf diese Therapie trotz maximaler Dosen von Spironolacton und Schleifendiuretikum nicht an, ist er diuretikaresistent. Die Diagnose sollte gesichert werden durch die Na + -Ausscheidung im 24h-Urin, die > 78 mval/24h betragen soll und/oder die Entwicklung einer hepatischen Enzephalopathie, Elektrolytentgleisung oder Nierenversagen. Diese Patienten haben eine schlechte Prognose mit einer Überlebenswahrscheinlichkeit von 50% während der nächsten 6 Monate und von 25% innerhalb der nächsten 12 Monate. Nur die Lebertransplantation verbessert die Überlebensprognose. Therapie der Wahl ist die Parazentese. Es können 5 10 l pro Punktion abgelassen werden. Wenn die Bauchdecke gespannt ist, kann schon eine geringe Menge zu einer wesentlichen Reduktion des relativen intravasalen Volumens mit der Gefahr des Nierenversagens führen. Ab einem Parazentesevolumen von > 6 l sollte Albumin 20% (8 g/l Aszites) ersetzt werden [15]. Es muss bedacht werden, dass bei regelmäßigen Parazentesen große Mengen Eiweiß verloren gehen, die bei dem meist ohnehin vorhandenen Katabolismus der Patienten zu einer Verstärkung der Kachexie führen können. Die Komplikationsrate der Parazentese für größere Hämatome bei Patienten mit Leberzirrhose ist mit 1% gering, das Risiko für eine Hb-wirksame Blutung in den Aszites liegt bei 1 [16]. Eine weitere Therapieoption bei diuretikaresistentem Aszites ist der TIPS. Mehrere Studien zeigen, dass der Aszites bei einem großen Teil verschwindet, und es auch selten zu einem Rezidiv kommt. Die Gesamtprognose ist in einigen Studien auch günstiger als z. B. bei den wiederholten Parazentesen [17]. Problem beim TIPS ist das Risiko der hepatischen Enzephalopathie. Hepatorenales Syndrom Das hepatorenale Syndrom (HRS) ist ein potenziell reversibles Nierenversagen bei Patienten mit Leberzirrhose (und akutem Leberversagen) mit portaler Hypertension. Die Patienten sind oligurisch, das Urinsediment zeigt keine wesentlichen Besonderheiten, die Na + -Ausscheidung ist vermindert, die Kreatininkonzentration > 1,5 mg% und ansteigend und die Kreatininclearance < 40 ml/min und abfallend [18]. Es sollten kein Schockgeschehen, keine bakterielle Infektion, keine nephrotoxischen Substanzen, kein massiver Flüssigkeitsverlust, keine Verbesserung nach Diuretikareduktion und Volumengabe, keine Proteinurie von > 500 mg% vorliegen, und sonografisch sollten Nierenerkrankungen ausgeschlossen sein. Es werden 2 Formen des HRS unterschieden: Typ 1 zeichnet sich durch eine rasche Verschlechterung der Nierenfunktion aus mit Verdoppelung des Kreatinins innerhalb von 2 Wochen und klinischen Zeichen eines akuten Nierenversagens. Beim Typ 2 steigt das Kreatinin langsamer an, und die Patienten haben Aszites. Die 50%-Überlebenswahrscheinlichkeit beträgt bei Patienten mit HRS Typ 1 2 Wochen mit einer nahezu 100%igen Mortalität innerhalb von 4 Monaten, bei Patienten mit HRS Typ 2 beträgt die 50%-Überlebenswahrscheinlichkeit 6 Monate [19]. P Das hepatorenale Syndrom hat eine sehr hohe kurzfristige Mortalität. Pathomechanismus Das herausragende Merkmal des HRS ist die ausgeprägte renale Vasokonstriktion, die durch endogene Vasokonstriktoren (Vasopressin, Noradrenalin, Renin-Angiotensinsystem) hervorgerufen wird [18]. Der Gefäßwiderstand im Splanchnikusgefäßbett und auch im großen Kreislaufnoch geringer als bei Patienten mit alleinigem Aszites, sodass das effektive Gefäßvolumen bei Vasodilatation stark verringert ist. Die Vasodilatation ist bedingt durch Stickoxide, Kohlenstoffmonoxid, Glukagon, Prostacyclin, endogene Opiate und Adrenomodullin. Für das effektive Blutvolumen sind verantwortlich: systemischer Gefäßwiderstand, Blutvolumen, Volumenverteilung, Herzminutenvolumen und arterielle Compliance. 8

Therapie Therapie der Wahl ist die Lebertransplantation [20]. Hierdurch werden die 2 Hauptfaktoren für das HRS, portale Hypertension und Leberversagen, beseitigt. Die Überlebensrate bei Lebertransplantierten, die ein HRS hatten, beträgt nach 3 Jahren 60%, im Unterschied zu 70 80% bei denen ohne HRS. Im MELD-System werden Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion bevorzugt. Therapie des Typ-1-HRS: In den letzten Jahren wurden Studien mit Vasopressinanaloga, Ornipressin und Terlipressin, die in Verbindung mit Albumininfusionen wirksam waren, durchgeführt. Die Gabe von Terlipressin 0,5 mg alle 6 Stunden plus Humanalbumin 20% ergab in mehreren kleinen Studien Verbesserungen der Nierenfunktion zwischen 40 60%, die bei 70 80% der Patienten auch nach Absetzen der Therapie erhalten blieb [21, 22]. Eine weitere Therapieoption ist der TIPS. Hierdurch kommt es ebenfalls zu einer Verringerung des Volumenmangels. Bei 50 70% der Patienten kam es zu Verbesserung der Nierenfunktion. Die kurzfristige Überlebensrate betrug nach 1 Monat 71 100% und nach 3 Monaten 29 64%. Durch die Dialyse kann etwa ein Drittel der Patienten über die Zeit bis zur Transplantation hinweggebracht werden [23]. Therapie des Typ-2-HRS: Eine spezielle Therapie existiert nicht. Da diese Patienten typischerweise einen therapierefraktären Aszites haben, entspricht die Therapie dem dortigen Vorgehen. Spontan bakterielle Peritonitis Die spontan bakterielle Peritonitis (SBP) ist durch eine Infektion des Aszites gekennzeichnet, ohne dass eine chirurgisch behandelbare Ursache vorliegt. Die Symptome sind: Fieber 69%, Bauchschmerzen 59%, Bewusstseinsstörungen 54%, Abwehrspannung 49%, Diarrhö 32%, paralytischer Ileus 30%, niedriger Blutdruck 21% und Hypothermie 17%. Bei Patienten mit Leberzirrhose ist die SBP die häufigste bakterielle Infektion, die überwiegend durch Gram-negative Bakterien (ca. 70%) hervorgerufen wird [24]. Die Häufigkeit von Infektionen steigt mit dem Child-Stadium an und zwar von 3% bei Patienten mit Child-Stadium A bis auf > 30% bei Patienten mit Child- Stadium C [25]. Pathomechanismus Initial kommt es zur Überwucherung der normalen Darmflora. Die Zirrhose prädisponiert hierzu, da die Darmmotilität vermindert ist, und häufig eine Hypochlorhydrie vorliegt. Durch das Anschwellen der Schleimhaut wird die Permeabilität erhöht, zudem ist die Immunantwort gestört [26]. Durch diese Faktoren können Bakterien aus dem Darmlumen die Mukosa überwinden und gelangen in die mesenterialen Lymphknoten. Diese Translokation ist vom Stadium der Leberzirrhose abhängig und kommt bei fortgeschrittener Leberzirrhose häufiger vor. Vom Lymphknoten gelangen die Bakterien via systemischem Kreislauf und Leber über die Glisson sche Kapsel in den Aszites. Alternativ ist dies auch direkt über Lymphgefäßrupturen möglich. Auch Harnwegsinfekte, Pneumonie, Pharyngitis und Infekte der Zahnwurzeln können zu einer SBP führen. Die SBP kommt auch häufiger bei Patienten vor, die mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI) behandelt werden. Patienten mit Leberzirrhose haben häufig einen Komplementmangel und außerdem Macrophagen mit eingeschränkter Funktion, sodass Bakterien, die in den Aszites gelangen, schlechter vernichtet werden können. Risikofaktoren für SBP sind: Gesamteiweiß im Aszites 1 g%, vorangegangene Episoden mit SBP, Serumbilirubinkonzentration > 2,5 mg%, Ösophagusvarizenblutung, Unterernährung und Einnahme von PPI. P Bei jedem Patienten mit Aszites und plötzlicher klinischer Verschlechterung sowie bei Patienten mit therapierefraktärem Aszites muss an eine SBP gedacht und der Aszites auf Granulozytenzahl und Keime untersucht werden. 9

Diagnostik Die Diagnose wird durch die Bestimmung der absoluten Zellzahl (> 500/µl), oder besser durch die Bestimmung der Granulozytenzahl, die > 250/µl ist, gestellt. Blutkulturen sind nur bei einem Drittel der Patienten positiv; werden mehr als 10 ml Aszites eingesetzt, soll die Erfolgsrate > 90% sein. Therapie Bei Verdacht auf eine SBP sollte die Behandlung sofort begonnen werden. Für die SBP sprechen eine Körpertemperatur > 37,8 C, Bauchschmerzen, Abwehrspannung, Bewusstseinsstörung und eine Granulozytenzahl > 250 Zellen/µl. Zur Therapie wird Cefotaxim 3 x 2 g/tag i.v. gegeben [27]. Eine Alternative ist Ciprofloxacin, zunächst 2 x 200 mg i.v. für 2 Tage, anschließend 2 x 500 mg oral für 8 Tage [28]. Zusätzlich kann zur Prophylaxe eines Nierenversagens, das sich bei 30 40% der Patienten mit SBP entwickelt, Albumin an Tag 1 in einer Dosierung von 1,5 g/kg KG und an Tag 3 mit 1 g/kg KG verabreicht werden [29]. Kommt es zu einer Einschränkung der Nierenfunktion, sollte Terlipressin 4 x 0,5 mg/tag gegeben werden. Die Indikation zur Kontrollparazentese sollte großzügig gestellt werden. Eine Langzeitprophylaxe mit Antibiotika sollte bei Patienten mit einem Gesamteiweiß von < 1,5 g/dl im Aszites, mehr als 9 Punkten im Child-Pugh-Score und einem Serumbilirubin > 3 mg/dl sowie bei Patienten mit einem Serumkreatinin > 1,2 mg% oder Na + < 130 meq/l durchgeführt werden, da es hierdurch seltener zu SBP und HRS kommt und die 3- und 12-Monats-Überlebensraten wesentlich höher sind [30]. Zur Langzeitprophylaxe kann Ciprofloxacin 2 x 500 mg/tag gegeben werden. Ein Problem bei der Langzeitprophylaxe ist das Auftreten resistenter Stämme bei > 60%, sodass sie nur bei Patienten durchgeführt werden sollte, die häufiger eine SBP und/oder ein Child-Stadium C haben. P Die SBP wird durch Antibiotika, Albumin und bei Nierenfunktionseinschränkung mit Terlipressin behandelt. Hepatische Enzephalopathie Die hepatische Enzephalopathie (HE) ist eine reversible Funktionseinschränkung des Hirns bei Patienten mit Leberzirrhose, die zu einer Vielzahl von Symptomen führen kann (Tab. 4). Es kann sich um reversible metabolische Störungen, Hirnatrophie, Hirnödem oder eine Kombination dieser Veränderungen handeln. Man unterscheidet: a) Enzephalopathie bei akutem Leberversagen, b) Enzephalopathie bei portosystemischem Bypass ohne Lebererkrankung und c) Enzephalopathie bei Leberzirrhose mit oder ohne Shunt. Die HE kann minimal sein oder zum Koma führen. Die manifeste HE kann episodisch oder ständig vorhanden sein. Sie kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden (Tab. 5). Symptome der hepatischen Enzephalopathie Tab. 4 Psychische Veränderungen Konzentrationsstörungen Euphorie/Depression Schlafstörungen Tag-Nacht-Rhythmus Müdigkeit Lethargie Desorientiertheit Ort, Zeit Persönlichkeitsveränderungen, Erregbarkeit Wahnvorstellungen Somnolenz, Stupor Neurologische Veränderungen Feinmotorik Tremor, Flapping-Tremor Hyper-, Hypo-, Areflexie Koma 10

Faktoren, die eine hepatische Enzephalopathie auslösen können Tab. 5 Medikamente/Toxine Gesteigerte Ammoniakkonzentration Portosystemische Shunts Gefäßverschlüsse Benzodiazepine Schlafmittel Alkohol Zu hohe Eiweißzufuhr Gastrointestinale Blutung Infektion Elektrolytentgleisungen Metabolische Alkalose Obstipation Dehydratation Erbrechen Diarrhö Blutung Diuretika Großvolumige Parazentesen TIPS oder chirurgische Shunts Spontane Shunts Pfortaderthrombose Budd-Chiari-Syndrom Pathomechanismus Ein wesentlicher Faktor ist die erhöhte Ammoniakkonzentration. Daneben spielen weitere Faktoren eine Rolle: inhibitorische Neurotransmitter wie δ-aminobuttersäure (GABA), Octopamin, Veränderungen bei zerebralen Neurotransmittern, Verschiebungen der Verhältnisse von verzweigtkettigen zu aromatischen Aminosäuren im Serum, erniedrigter Blutdruck, Hypoxie, Sepsis, eingeschränkte Autoregulation der ZNS-Durchblutung, portosystemische Shunts, Sedativa, Hypokaliämie, Hyponatriämie, Infektionen, gastrointestinale Blutungen, ZNS-Schädigung durch die Grunderkrankung wie z. B. Morbus Wilson oder Alkohol [31]. Ammoniak entsteht vornehmlich im Darmtrakt aus Nahrungseiweiß. Es gelangt normalerweise über die Pfortader in die Leber und wird dort zu Harnstoff metabolisiert und anschließend über die Nieren ausgeschieden. Bei Leberzirrhose ist die Serumkonzentration erhöht, zum einen, weil die Detoxifikation in der Leber eingeschränkt ist, zum anderen, weil das Blut an der Leber vorbeifließt. Dies führt bei 90% der Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose zu erhöhten Konzentrationen im arteriellen Blut, was auch mit einer erhöhten Ammoniakkonzentration im Hirn einhergeht [32]. Das von den Astrozyten vermehrt aufgenommene Ammoniak wird mit Glutamat zu Glutamin umgesetzt. Dies wirkt einerseits als Ampholyt, was zur Zellschwellung führt, und andererseits zur Störung der mitochondrialen Funktion, bedingt durch die Deaminierung von Glutamin, sodass Ammoniak wiederum die mitochondriale Funktion stören kann. Durch die erhöhte Ammoniakkonzentrationen und die erhöhten Konzentrationen der aromatischen Aminosäuren Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan im Serum werden diese vermehrt ins ZNS aufgenommen, sodass die Neurotransmitter Dopamin, Noradrenalin und Serotonin vermehrt gebildet werden. Außerdem sollen atypische Neurotransmitter wie Octopamin synthetisiert werden. Diese Änderung der Neurotransmitter soll auch eine Rolle bei der Pathogenese der HE spielen. Andere Toxine wie kurzkettige Fettsäuren und Mercaptane sollen die Ammoniaktoxizität verstärken können. Eine weitere Rolle sollen GABA-Rezeptoren spielen. Zum einen durch GABA, die sich ebenfalls in erhöhten Konzentrationen im Serum findet und zum anderen durch erhöhte Benzodiazepinähnliche Substanzen. Neurosteroide, bei denen es sich um Metabolite des Progesterons handelt wie Allopregnanolon und Tetradehydrooxycorticosteron, reagieren ebenfalls mit dem GABA-Rezeptor. P Die erhöhte arterielle Ammoniakkonzentration ist durch unzureichende Metabolisierung in der Leber und durch Umgehungskreisläufe bedingt. Sie spielt eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der hepatischen Enzephalopathie. 11

Diagnostik Bei der Anamnese werden häufig Schlafstörungen oder Umkehr des Tag-Nacht-Rhythmus angegeben. Bei der klinischen Untersuchung fällt ein Tremor, später ein Flapping-Tremor (Asterixis) auf. Die Muskeleigenreflexe können lebhaft sein. Die Ammoniakkonzentration kann bei Patienten mit Leberzirrhose erhöht sein. Die Messung im Blut ist abhängig von der Muskelaktivität, dem Abstand zur Nahrungsaufnahme, der Dauer des Stauens und ob die Probe auf Eis gelagert wurde. Die Bestimmung der venösen Ammoniakkonzentration korreliert nur locker mit dem Grad der HE. Sie eignet sich allenfalls zur Kontrolle des Therapieerfolgs. Dasselbe gilt auch für die Messung im arteriellen Blut. Die Bestimmung des Ammoniakdrucks im arteriellen Blut nach Standardmahlzeit ist nur für Stunden geeignet. Die HE wird in 4 Stadien eingeteilt. Es werden dabei Bewusstseinszustand, Verhalten, intellektuelle Fähigkeiten und neurologische Veränderungen berücksichtigt (Tab. 6). Es können verschiedene psychomotorische Tests eingesetzt werden. Tests für die Praxis sind Schreiben, Rechnen von leichten Aufgaben, Angaben zu Ort und Zeit. Diese Verfahren sind nicht standardisiert. Zahlenverbindungstest, Liniennachziehtest, Punkttest erfassen verschiedene Parameter, sind aber sehr zeitaufwendig. Weitere Untersuchungsverfahren wie Elektroenzephalogramm (EEG), evozierte Potenziale, kritische Flimmerfrequenz, Computertomografie und Kernspinmagnetresonanztomografie sind für die Routine nicht geeignet. Stadien der hepatischen Enzephalopathie Tab. 6 HE-Stadium Bewusstsein Verhalten Neurologisch latent Klinisch unauffällig Pathologische Tests Pathologische Tests I Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Müdigkeit Geringe Persönlichkeitsveränderungen Reaktionsgeschwindigkeit vermindert, gestörte Feinmotorik II Verlangsamung, Lethargie Auffällige Persönlichkeitsveränderungen Asterixis, verwaschene Sprache III Desorientierheit, Stupor, Somnolenz Bizzares Verhalten, Wahnvorstellungen Hyper-, Hyporeflexie, Krampfanfälle IV Koma Hypo-, Areflexie Therapie Ein wesentlicher Punkt bei der Behandlung der HE ist die Beseitigung der auslösenden Ursache: Absetzen von Benzodiazepinen, Sedativa, absolute Alkoholkarenz, Behandlung der GI-Blutung, kurzzeitige Reduktion der Eiweißzufuhr, Behandlung von Infektionen, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Diarrhö, Ausgleich der Elektrolytstörungen, des Volumenmangels, besonders bei Parazentese größerer Mengen, Reduktion der Diuretika. Eine eiweißarme Diät ist, entgegen früheren Annahmen, nicht notwendig [33]. Meist essen die Patienten wegen des fortgeschrittenen Stadiums der Lebererkrankung (Child B oder C) ohnehin nicht ausreichend. Bei OGI-Blutungen ist eine rasche Entfernung des Bluts aus dem Magen-Darm-Trakt wesentlich. Die Ammoniakkonzentration lässt sich durch Laktulose oral (3 6 x 20 ml/tag bis der Stuhl breiig wird, dann Reduktion, solange der Stuhl breiig bleibt) oder als Einlauf bei Patienten, die nicht Schlucken können (100 ml Laktulose/100 ml H 2 O) reduzieren [34, 35, 36]. P Die HE wird durch Laktulose, und falls diese nicht ausreichend wirkt, mit L Ornithin-L-Aspartat behandelt. Die intravenöse Gabe verzweigtkettiger Aminosäuren kann erfolgreich sein. 12

Diese Behandlung führt zu einer Regulierung der Darmflora und einer rascheren Magen-Darm-Passage, sodass weniger Ammoniak durch die Bakterien der Darmflora produziert und damit aufgenommen werden kann. Ziel der Therapie sind 2 3 weiche Stuhlgänge pro Tag. Schwer resorbierbare Antibiotika wie Neomycin sind ebenfalls wirksam, allerdings wesentlich teurer und allenfalls bei Laktuloseunverträglichkeit indiziert. Bei längerer Therapiedauer müssen bei den Antibiotika Ototoxizität und Nephrotoxizität beachtet werden [36]. Eine weitere therapeutische Option ist die Gabe von L-Ornithin-L-Aspartat, das die Metabolisierung von Ammoniak fördert. Bei intravenöser Gabe konnte eine signifikanter Effekt gezeigt werden, der bei oraler Gabe nicht so ausgeprägt war. In der akuten Phase der HE liegt die Dosierung bei 3 x 3 6 g/tag [37]. Die orale Gabe von verzweigtkettigen Aminosäuren (Dosierung 1 3 Beutel Falkamin / Tag) führt zu einer Verbesserung des Ernährungszustands, des Stickstoffmetabolismus sowie der psychomotorischen Störungen. Letzteres kann bedeutsam für die Fahrtauglichkeit sein. Verzweigtkettige Aminosäuren induzieren eine anabole Stoffwechsellage in der Muskulatur, verbessern die Leberzellfunktion sowie den zerebralen Glutamatstoffwechsel, was sich günstig auf die Ammoniakentgiftung im Gehirn auswirkt. Sie ermöglichen eine ausreichende Zufuhr von Aminosäuren, insbesondere bei bestehender Proteinintoleranz [38]. Die Infusion von verzweigtkettigen Aminosäuren ist nach mehreren Studien und Metaanalysen wirksam und dann indiziert, wenn die o. g. Behandlungsmaßnahmen keine Wirkung zeigen [39]. Die Gabe von Flumazenil ist bei einem Teil der Patienten mit HE wirksam, insbesondere, wenn zuvor Benzodiazepine gegeben wurden. Wegen der kurzen Halbwertszeit eignet es sich jedoch nicht für die Therapie der HE. Hepatopulmonales Syndrom Das hepatopulmonale Syndrom (HPS) ist durch intrapulmonale Vasodilatation mit einem vergrößerten alveolar-arteriellen Sauerstoffgradienten von über 15 mmhg bzw. über 20 mmhg bei über 64 Jahre alten Patienten, die eine Leberfunktionseinschränkung und/oder eine portale Hypertension haben, charakterisiert. Die meisten Patienten mit einem klinisch bedeutsamen HPS haben einen pao2 < 70 mmhg. Bis zu 70% der Patienten mit Leberzirrhose haben Atemnot aus unterschiedlichsten Gründen. 15 20% der Lebertransplantationskandidaten haben ein HPS. Dieses ist unabhängig von der Ätiologie der Lebererkrankung. Patienten mit HPS haben im Vergleich zu Patienten mit Leberzirrhose ohne HPS eine erhöhte Mortalität mit einer mittleren Überlebenswahrscheinlichkeit von 24 Monaten zu 87 Monaten und einer 5-Jahres- Überlebensrate von 23% zu 63% [40]. Es kommt sowohl bei Patienten mit portaler Hypertension ohne Zirrhose als auch bei Patienten mit Zirrhose ohne portale Hypertension vor. Ein großer Teil der Patienten klagt über Atemnot, besonders unter Belastung. Im Liegen ist die Atemnot häufig geringer als im Sitzen oder Stehen, was durch die vermehrte Durchblutung der basalen Lungenabschnitte in diesen Positionen bedingt ist. Husten ist kein typisches Symptom. Patienten mit Spider naevi haben häufiger ein HPS. Trommelschlegelfinger und periphere Zyanose können Symptome sein. P Patienten mit Atemnot sollten auf das hepatopulmonale Syndrom untersucht werden. Pathogenese Patienten mit HPS haben eine ausgeprägte Dilatation der Lungenkapillaren und der präkapillären Gefäße, außerdem werden arteriovenöse Shunts beobachtet. Bei erhaltener Ventilation, aber erhöhter Perfusion bei erweiterten Kapillaren, ist die Diffusion für Sauerstoff herabgesetzt. Stickoxide (NO) spielen für die Vasodilatation wahrscheinlich eine wesentliche Rolle. NO wird bei Patienten mit Zirrhose vermehrt ausgeatmet. Nach einer Lebertransplantation ist dies nicht mehr der Fall. Die Ursache der erhöhten NO-Synthese ist unklar. In der Leber vermehrt freigesetztes Endothelin-1 könnte hier eine Rolle spielen. 13

Diagnostik Bei Patienten mit Trommelschlegelfingern oder Dyspnoe wird nach einem erhöhten alterskorrigierten alveolar-arteriellen Gradienten und einer intrapulmonalen Vasodilatation gesucht. Als Screening wird eine Pulsoxymetrie eingesetzt und bei einer Sauerstoffsättigung von unter 79% eine arterielle Blutgasanalyse durchgeführt. Andere Ursachen für eine eingeschränkte Lungenfunktion müssen ausgeschlossen werden. Ist der arterielle Sauerstoff < 50 mmhg, handelt es sich um ein sehr schweres HPS, zwischen 50 und < 60 mmhg um ein schweres und zwischen 60 und 80 mmhg um ein mittelgradiges HPS. Mittels Kontrastmittelechografie kann eine Vasodilatation nachgewiesen werden, typischerweise tritt das Kontrastmittel im linken Ventrikel erst 3 Herzaktionen später auf als im rechten Ventrikel. Therapie Die einzige wirksame Therapie des HPS ist die Lebertransplantation, durch die es bei mehr als 85% der Patienten zu einer signifikanten Verbesserung der Oxygenierung kommt. Die Überlebensrate bei Patienten mit HPS unterscheidet sich nach der Lebertransplantation mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 76% kaum von der bei anderen Lebererkrankungen [40]. Eine wirksame medikamentöse Therapie existiert nicht. In unkontrollierten Studien hatte eine TIPS-Anlage einen günstigen Effekt. Portopulmonale Hypertonie Bei der portopulmonalen Hypertonie (PPHTN) findet sich sowohl eine portale als auch eine pulmonale Hypertonie. Die Prävalenz beträgt bei Patienten mit Leberzirrhose 0,7% [41] und bei Patienten auf der Warteliste für eine Lebertransplantation 6% [42]. Definitionsgemäß ist der mittlere Pulmonalarteriendruck > 25 mmhg, der pulmonale Kapillarverschlussdruck < 15 mmhg und der pulmonale Gefäßwiderstand > 240 dynes x second x cm 5. Die Patienten klagen über Müdigkeit, Orthopnoe, Belastungsdyspnoe, Synkopen, thorakale Schmerzen und Hämoptysen. Pathogenese Die Ursache der PPHTN ist unklar. Neben genetischen Faktoren sollen verschiedene Faktoren wie Serotonin, Interleukin-1, Endothelin-1, Glucagon S, Thromboxan-B 2, die normalerweise in der Leber abgebaut werden und sich bei Patienten mit Leberzirrhose in erhöhten Konzentrationen im Serum finden, verantwortlich sein. Diagnostik Bei Verdacht auf eine pulmonale Hypertonie sollte eine Echokardiografie durchgeführt werden, ergänzt durch Lungenfunktionstests. Ein Rechtsherzkatheter dient der Diagnosesicherung. Therapie Die Medikamente, die zur Behandlung der PPHTN eingesetzt werden können, sind Epoprostenol, Bosentan, Sildenafil und Iloprost. Diese Medikamente wurden in kleineren Studien zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie eingesetzt. Nach der Lebertransplantation soll sich bei einem großen Teil der Patienten die pulmonale Hypertonie bessern. 14

Stoffwechsel Patienten mit Leberzirrhose haben, speziell, wenn sie dekompensiert ist, Stoffwechselstörungen, die Kohlenhydrate, Fette, Proteine, Aminosäuren, Vitamine und Spurenelemente betreffen. Ein großes Problem ist bei vielen Patienten eine katabole Stoffwechselsituation, die durch 1) unzureichende Nahrungszufuhr, 2) Maldigestion, 3) Malabsorption und 4) einen erhöhten Stoffwechselumsatz zustande kommt und zu einer wesentlichen Gewichtsabnahme führen kann. 5) Parazentesen und 6) hyperdynamer Kreislauf kommen hinzu. Die Patienten haben dadurch einen Muskelschwund, der durch die Inaktivität verstärkt wird. Dies kann durch eine negative Stickstoffbilanz objektiviert werden. Fettdepots, inklusive buccalem Fett werden abgebaut. Kohlenhydratstoffwechsel: 80 90% der Patienten mit Leberzirrhose haben einen pathologischen Glukosetoleranztest und eine Hyperinsulinämie, die durch eine erhöhte Sekretion und einen verminderten Abbau bedingt ist. Die Glycogensynthese ist vermindert, sodass Patienten mit Zirrhose morgens erhöhte Ketonkörperkonzentrationen haben. Daher ist eine kleine Spätmahlzeit bei diesen Patienten sinnvoll. Durch die Zufuhr von Kohlenhydraten wird der Fettabbau reduziert. Fettstoffwechsel: Die Fettresorption aus dem Darm ist reduziert. Cholesterin- und Phospholipidkonzentrationen im Serum sind wegen der reduzierten Synthese in der Leber erniedrigt. Da der Umsatz essenzieller Fettsäuren zu Arachidonsäure gestört ist, kommt es auch zu einer reduzierten Synthese von Prostaglandinen und Thromboxan. Dies wird verstärkt durch die verminderte Resorption essenzieller Fettsäuren. Da Glukose in unzureichenden Mengen vorliegt, wird Fett zur Energiegewinnung abgebaut. Im nüchternen Zustand wird mehr Fett abgebaut. Eiweißstoffwechsel: Durch eine verminderte Proteinsyntheseleistung der Leber werden vermindert Albumin, Transporteiweiße, Enzyme und Gerinnungsfaktoren gebildet. Die Hypalbuminämie führt zu Ödemen und der Mangel an Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren zu Blutungen. P Die katabole Stoffwechselsituation führt bei einem großen Teil der Patienten mit länger dauernder dekompensierter Leberzirrhose zur Kachexie mit massivem Abbau der Muskulatur und der Fettspeicher. Infektionen Patienten mit Leberzirrhose haben häufiger Infektionen, deren Häufigkeit mit dem Child-Stadium ansteigt, von 1 3% bei Patienten mit Child-Stadium A bis auf 17 48% bei Patienten mit Child-Stadium C [43, 44, 45]. Ursache für die häufigeren Infektionen ist die erworbene Immundefizienz, die durch erniedrigtes Komplement, eingeschränkte Granulozyten und Makrophagenfunktion gekennzeichnet ist. Die SBP ist mit 24% die häufigste Infektion bei stationären Patienten mit Leberzirrhose, gefolgt von Harnwegsinfekten (19%) und Pneumonien [24]. Gram-positive Bakterien waren die häufigsten Erreger. Wenn die Patienten wegen rezidivierender SBP eine Prophylaxe mit Quinolonen erhalten hatten, waren 40 50% der Gram-negativen Bakterien Quinolon-resistent. Ziel muss es daher sein, bei Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose gezielt nach Infektionen zu suchen und diese rasch antibiotisch zu behandeln, vorzugsweise mit Medikamenten, die nicht nephrotoxisch sind. 15

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