U. Rausch, 2010 Potenzrechnung 1 Potenzrechnung 1 Schreibweise und Potenzrechenregeln Unter einer Potenz versteht man ein Symbol der Form a x, gesprochen a hoch x, wobei a und x (reelle) Zahlen sind. Dabei nennt man a die Basis oder Grundzahl und x den Exponenten oder die Hochzahl der Potenz. Es gelten die Potenzrechenregeln (P1) a x a y = a x+y (P2) (a x ) y = a x y (P3) a x b x = (ab) x Bisher wurde weder gesagt, wie eine Potenz definiert ist, noch, welche Voraussetzungen zu beachten sind und warum die Potenzrechenregeln gelten. Dies wird gleich nachgeholt werden. Es hängt entscheidend von der Beschaffenheit des Exponenten ab: Für natürliche Zahlen als Exponenten ist die Potenz einfach eine abgekürzte Schreibweise für ein Produkt von lauter gleiche. Die Gültigkeit der Potenzrechenregeln ist in diesem Fall leicht festzustellen. Anschließend wird die Definition von a x in mehreren Schritten auf immer umfangreichere Zahlbereiche für x erweitert. Dabei werden zwei Prinzipien beachtet: Bei jedem Schritt muß die neue Definition die alte umfassen; das heißt, was zuvor definiert wurde, darf nicht mehr verändert werden. Die Potenzrechenregeln sollen ihre Gültigkeit behalten. Wir werden sehen, daß dadurch alles weitere schon im wesentlichen festgelegt ist. 2 Natürliche Exponenten Ist der Exponent eine natürliche Zahl n, so ist a n definiert als Produkt von, die alle gleich a sind: a n := } a a {{ a a} (n N), also a 1 := a, a 2 := a a, a 3 := a a a und so weiter. Die Potenzrechenregeln lassen sich dann leicht bestätigen (m, n N): (P1): a m a n = } a a {{ a a} } a a {{ a a} m Faktoren = a a a a m+ (P2) ergibt sich am schnellsten durch mehrfache Anwendung von (P1): (a m ) n = a m a m a m a m n Summanden (P3) erhält man, indem man die Faktoren passend anordnet: a n b n = } a a {{ a a} Beispiel 1) 2 5 = 32, ( 3) 3 = 27, } b b {{ b b} 5 {}}{ = a m+m+m+...+m = a m n. = (ab) (ab) (ab) (ab) ) 2 = 1 25. = a m+n. = (ab) n.
U. Rausch, 2010 Potenzrechnung 2 3 Ganzzahlige Exponenten 3.1 Der Exponent Null Wie soll a 0 definiert werden? Wenn die Regel (P1) weiter gültig bleiben soll, dann folgt a = a 1 = a 1+0 = a 1 a 0 = a a 0, und wenn a 0 ist, dann ergibt Division der Gleichung a = a a 0 durch a, daß a 0 := 1 gesetzt werden muß. Im Fall a = 0 ist dieser Schluß nicht zulässig, aber man setzt auch dann 0 0 := 1. Für diese Festsetzung spricht einfach, daß sie sich in vielen Situationen als praktisch erweist, indem sie einem die Behandlung von Sonderfällen erspart. 3.2 Negative ganze Exponenten Es sei n N; wir betrachten den Exponenten x = n, eine negative ganze Zahl. Aufgrund von (P1) folgt a n a n = a n n = a 0 = 1. Hieraus ersieht man zunächst, daß, damit diese Gleichung überhaupt erfüllbar ist, a n 0, d.h. a 0 sein muß, und dann, daß a n = 1 a n (a 0) gelten muß. Insbesondere ist a 1 der Kehrwert 1 a von a. Beispiel 2) 2 5 = 1 32, ( 3) 3 = 1 27, 5) 2 = 25. 3.3 Anmerkung Wir haben nun gesehen, wie man Potenzen mit ganzzahligen Exponenten definieren muß, wenn die Potenzrechenregeln weiterhin gelten sollen. Eigentlich müßten wir jetzt anschließend auch beweisen, daß mit diesen Definitionen alle drei Potenzrechenregeln für alle möglichen Kombinationen ganzzahliger Exponenten tatsächlich gelten. Das ist nicht schwer, aber ein bißchen mühsam (und langweilig); deshalb verzichten wir hier darauf. Im folgenden Abschnitt werden wir ebenso verfahren. 4 Rationale Exponenten Als nächstes betrachten wir als Exponenten rationale Zahlen, also Brüche der Form x = m n mit m Z, n N. Wir beginnen mit dem einfachsten Fall:
U. Rausch, 2010 Potenzrechnung 3 4.1 Stammbrüche (So nennt man Brüche der Form 1 n mit n N.) Wie ist a1/n zu definieren? Wir setzen zur Abkürzung u := a 1/n ; dann ergibt die Regel (P2): u n = (a 1/n ) n = a (1/n) n = a 1 = a. u muß also eine Lösung der Gleichung u n = a, d.h., eine n-te Wurzel aus a sein. Bezüglich der Lösungen der Gleichung u n = a muß man unterscheiden, ob n eine gerade oder ungerade Zahl ist: Ist n ungerade, so besitzt die Gleichung u n = a für jedes a R genau eine reelle Lösung; diese bezeichnet man mit dem Symbol n a. Ist n gerade, so gibt es drei Möglichkeiten: Man definiert Im Fall a < 0 besitzt die Gleichung u n = a keine reelle Lösung. Die Gleichung u n = 0 besitzt nur die Lösung u = 0; man setzt n 0 := 0. Im Fall a > 0 besitzt die Gleichung u n = a genau zwei reelle Lösungen; diese unterscheiden sich nur durch das Vorzeichen. n Mit dem Symbol a bezeichnet man die positive Lösung. a 1/n := n a, wobei man also im Fall, daß n gerade ist, a 0 voraussetzen muß. ) 1/4 Beispiel 3) 4 1/2 = 2, ( 8) 1/3 1 = 2, = 16 2. 4.2 Beliebige Brüche Für x = m/n mit m Z, n N ergibt sich mit (P2) einerseits: und andererseits a x = a m/n = a m (1/n) = (a m ) 1/n = n a m a x = a m/n = a (1/n) m = (a 1/n ) m = ( n a ) m. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, sollten diese beiden Ausdrücke gleich sein. Wenn a positiv (oder, im Fall m 0, auch = 0) ist, sind sie tatsächlich gleich, aber Vorsicht! Für rationale Exponenten gelten die Potenzrechenregeln nur dann uneingeschränkt, wenn alle vorkommenden Basen positiv sind. Mit negativen Basen kommt man nämlich in Schwierigkeiten der folgenden Art: Wegen 1 = 2 2 sollte 3 = ( 3)1 = ( 3) 2/2 = ( 3) 2 = ( 3 ) 2 sein. Aber ( 3) 2 = 9 = +3, und ( 3 ) 2 ist gar nicht definiert. Wegen 1 3 = 2 6 sollte 2 = 3 8 = ( 8) 1/3 = ( 8) 2/6 = 6 ( 8) 2 = ( 6 8 ) 2 sein. Aber 6 ( 8) 2 = 6 64 = +2, und ( 6 8 ) 2 ist gar nicht definiert. Beispiel 4) 4 3/2 = (4 1/2 ) 3 = 2 3 = 8, ) 3/4 = 16 3/4 = (2 4 ) 3/4 = 2 3 = 8. 16
U. Rausch, 2010 Potenzrechnung 4 5 Reelle Exponenten Um a x für eine beliebige reelle Zahl x definieren zu können, muß man von vornherein a > 0 voraussetzen. Die Definition selber erfordert das liegt in der Natur der Sache die Bildung von Grenzwerten und sprengt damit den Rahmen dieses Kurses. Es sei nur angedeutet, daß sie auf den folgenden zwei Prinzipien beruht: 1. Jede reelle Zahl x läßt sich beliebig genau durch rationale Zahlen r annähern. 2. a r wird eine beliebig genaue Näherung für a x, sobald nur r nahe genug bei x liegt. (Man sagt auch: a x hängt stetig vom Exponenten x ab.) Die Gültigkeit der Potenzrechenregeln überträgt sich dabei von den rationalen auf die reellen Exponenten. 6 Potenz- und Exponentialfunktionen Hält man x fest und betrachtet a als variabel, so bezeichnet man die so erklärte Funktion f(a) := a x als Potenzfunktion. Aufgrund der obigen Überlegungen ist sie, je nachdem zu welchem Zahlenbereich x gehört, definiert für alle a R, für a 0, für a 0 oder nur für a > 0. Nimmt man dagegen a > 0 als fest an und betrachtet a x in Abhängigkeit vom Exponenten x, g(x) := a x, so spricht man von einer (allgemeinen) Exponentialfunktion. Sie ist für alle reellen x definiert. 7 Ergänzende Bemerkungen 7.1 Klammerersparnisregeln Um Klammern zu sparen, verabredet man, daß die Potenzierung eine höhere Priorität hat als Addition und Multiplikation, also vor diesen ausgewertet wird. Das heißt: a+b n bedeutet a+(b n ); ist dagegen (a+b) n gemeint, müssen Klammern gesetzt werden. ab n bedeutet a (b n ); ist dagegen (ab) n gemeint, müssen Klammern gesetzt werden. Beispiel 5) 2 + 3 5 2 = 77. Bei geschachtelten Potenzen wird immer die oberste zuerst ausgewertet, also z.b.: 3 33 bedeutet 3 (33) = 3 27 ; wenn dagegen (3 3 ) 3 = 3 9 gemeint ist, müssen Klammern gesetzt werden. 7.2 Alternierende Vorzeichen Abwechselnde ( alternierende ) Vorzeichen lassen sich bequem durch den Ausdruck ( 1) n mit n Z codieren; es gilt nämlich ( 1) n = { +1, wenn n gerade ist, 1, wenn n ungerade ist.
U. Rausch, 2010 Potenzrechnung 5 8 Aufgaben 1. Schreiben Sie als Potenzen (a) ( a 1 ) ( a 1 ) ( a 1 ) ; (b) (b a) (a b) (a b). 2. Fassen Sie zusammen (a) 12a 2 b 6ab 2 15a 2 b + 6ab 2 7a 2 b ; (b) 4(a b) 2 + 2(b a) 2 3(a b) 2. 3. Vereinfachen Sie die folgenden Ausdrücke: 4 ( (a) 4 2 ; (b) 4) 1 ) 5 ( 3 ) 2 ( 4 ) 3 ; (c). a 4 4 3 4. Vereinfachen Sie: 3a n+1 6x n+7 9b x+1 (a) 3x n 2b x+1 ; (b) 3a (c) (e) a x+1 b x+3 a 3x 1 b x+3 a x 2 b 3 x a x b x+1 ; 18x a+4 4x7 3a : 2y5a+7 9y 8+5a ; (d) 42a 2 b 3 x n+1 36c 3 y 2 z n 3 : 70a3 b 2 x n+2 54c 2 y 4 z n 2 ; 27x 5 y 6 z 1 45x 4 y 5 z 0 49x 2 y 3 z 4 42x 3 y 4 z 3. 5. Vereinfachen Sie: ( a 2 bc 2 ) 5 (a) de 2 : f ( ab 2 ) 5 c d 2 ; (b) ef (rs + rt) m+3 u m+1 (rsu + rut) m 2.