Neue Bußgeldvorschriften im AÜG Wie gefährlich wird es für die Zeitarbeit? RA Dr. Martin Dreyer Geschäftsführer
AÜG-Reform 2011: Änderungen in drei Schritten 1. Schritt AÜG-Änderungs- und Missbrauchsbekämpfungsgesetz, seit dem 29.04.2011 wirksam: Umsetzung der EU-Zeitarbeitsrichtlinie Drehtürklausel zur Missbrauchsverhinderung Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Lohnuntergrenze 2. Schritt AÜG-Änderungsgesetz vom 20.07.2011 Zuständigkeit des Zolls zur Kontrolle und Verhängung von Bußgeldern im Zusammenhang mit der Lohnuntergrenze, gültig seit dem 30. Juli 2011. 3. Schritt Weitere Änderungen durch AÜG-Änderungs- und Missbrauchsbekämpfungsgesetz treten zum 01.12.2011 in Kraft. Neue Bußgeldkompetenzen für die BA
Bewertungsfragen Kriminalisierung der Zeitarbeitsbranche?
Änderungen bei den bekannten Bußgeldtatbeständen Erhöhung des Bußgeldrahmens (Beispiele): Unzulässige Überlassung ins Bauhauptgewerbe: von Bisher: 25.000 Euro jetzt: 30.000 Euro Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht von geschäftlichen Unterlagen: von bisher 500 Euro jetzt: 30.000 Euro Verstoß gegen Anzeige- und Auskunftspflichten gegenüber der BA ( 7 AÜG) bisher 500 Euro ab 01.12.2011 : 1.000 Euro Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Equal treatment): Bisher 0 Euro auf Ab 01.12.2011: 500.000 Euro
Neuer Bußgeldtatbestand: Gleichbehandlungsgebot Bisher: Kein Bußgeldtatbestand bei Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebot Ab 01.12.2011: Bußgeldtatbestand, Bußgeldrahmen: 500.000 Euro, Zuständigkeit BA Auslösung des Bußgeldes bei Nichtgewährung von Equal Treatment, obwohl kein Tarifvertrag einbezogen wurde Nichtgewährung von Equal Treatment, obwohl ein Fall der Drehtürregelung gegeben ist Anwendung eines unwirksamen Tarifvertrages
Neuer Bußgeldtatbestand: Tarifvertragsbedingungen Bisher: Kein Bußgeldtatbestand bei Nichtgewährung tariflicher Bedingungen Ab 01.12.2011: Bußgeldtatbestand, Bußgeldrahmen: 500.000 Euro, Zuständigkeit BA Nichtgewährung anderer Bedingungen als Mindestlohn (z.b. Nichtgewährung Zulagen/Urlaubs- und Weihnachtsgeld, zu wenig Urlaub etc.)
Neuer Bußgeldtatbestand: Lohnuntergrenze Aktuell: Lohnuntergrenze noch nicht wirksam; Abstimmung des gemeinsamen Antrages zwischen igz, BAP, DGB und BMAS; Einreichung beim BMAS steht unmittelbar bevor Verfahren nach Einreichung des gemeinsamen Antrages Bekanntmachung des Entwurfs im Bundesanzeiger Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Bekanntgabe Befassung des Tarifausschusses mit dem Vorschlag Entscheidung über den Erlass der Verordnung, BMAS ist Verordnungsgeber
Neuer Bußgeldtatbestand: Lohnuntergrenze Anwendung eines Tarifvertrages, der die Lohnuntergrenze unterschreitet Ab 01.12.2011 Bußgeldtatbestand, Bußgeldrahmen: 500.000 Euro, Zuständigkeit: BA Zivilrechtlich besteht Anspruch auf Equal Pay (nicht Equal Treatment) Nichtgewährung des Mindeststundenentgeltes seit 30.07.2011 gültig, Bußgeldrahmen: 500.000 Euro, Zuständigkeit: Zoll Zivilrechtlich besteht Anspruch auf das Mindeststundenentgelt
Zusammensetzung des Bußgeldbescheides Vermögensabschöpfung (Netto-Prinzip) Anzahl der MA Unterschreitung in Euro pro Arbeitsstunde Anzahl der Arbeitsstunden Marktvorteil Individuelle Geldbuße
Neue Kontrollbefugnisse bei wirksamer Lohnuntergrenze Pflichten des Zeitarbeitsunternehmens Zoll hat umfassendes Einsichtsrecht in Arbeitsverträge und alle Geschäftsunterlagen Bereithaltung der Unterlagen für 2 Jahre, auf Verlangen der Prüfbehörde auch am Ort der Beschäftigung Betretungsrecht, Duldungs- und Mitwirkungspflichten Pflichten des Kundenunternehmens Kunde muss eingesetzte Arbeitnehmer melden, wenn Entsendung aus dem Ausland Aufzeichnung von Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit der eingesetzten Zeitarbeitnehmer
Neue Bußgelder: Kontrollbefugnisse des Zolls Bußgeldrahmen bei Verletzung der vorgenannten Pflichten: 30.000 Euro Bußgeldadressat: Zeitarbeitsunternehmen oder Kundenunternehmen
Allgemeines zu Ordnungswidrigkeiten I Bereits fahrlässiges Handeln ist bußgeldrelevant /Unkenntnis schützt vor Strafe nicht Verantwortlich sind im Falle einer juristischen Person das vertretungsberechtigte Organ oder Mitglieder dieses Organs (z.b. Geschäftsführer einer GmbH) Bußgeld kann gegen Unternehmen ( 30 OWiG) oder gegen Geschäftsführung oder gegen beide verhängt werden. Aber: Keine Verdoppelung der Geldbuße bei Verhängung einer Geldbuße gegen Unternehmen + Geschäftsführer; Aufteilung i.d.r.: Gewinnabschöpfung + Abschöpfung des Marktvorteils = Unternehmen individuelle Geldbuße = Geschäftsführer
Allgemeines zu Ordnungswidrigkeiten II Kriterien für die Höhe des Bußgeldes: Unrechtsgehalt (Häufigkeit der Verstöße, Gefährdung der geschützten Rechtsgüter, erstrebte Abschreckungsgrad) Wirtschaftliche Verhältnisse des ordnungswidrig Handelnden kann berücksichtigt werden ( 17 Abs. 3 S. 2 OWiG) Berücksichtigung des gezogenen wirtschaftlichen Vorteils Bei Fahrlässigkeit ist die Geldbuße zu halbieren.
Allgemeines zu Ordnungswidrigkeiten III Wer muss zahlen? Geldbuße (Var. A) Geldbuße (Var. B) Geldbuße (Var. C) Unternehmen Geschäftsführer Unternehmen Geschäftsführer ( 30 OWiG) Gewinnabschöpfung Abschöpfung Marktvorteil individuelle Geldbuße
Allgemeines zu Ordnungswidrigkeiten IV Allgemeiner Grundsatz: Bußgeld kann nur dann erhoben werden, wenn Bußgeldtatbestand im Zeitpunkt der Begehung der Ordnungswidrigkeit schon bestand Einspruch hat aufschiebende Wirkung
vorübergehende Überlassung I 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG (gültig ab 01.12.2011): Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend. Rechtswissenschaftliche Diskussion über die Konsequenzen: Liegt ein Befristungsgrund vor, wenn Arbeitnehmer vom Kunden selbst eingestellt werden würde? Verdeckte Einführung einer neuen Höchstüberlassungsgrenze? Dagegen spricht: Begründung des Gesetzgebers: flexible Zeitkomponente, keine genau bestimmten Höchstüberlassungsfristen ; Feststellung des Status Quo der Zeitarbeit in Deutschland
vorübergehende Überlassung II Deshalb spricht viel dafür, dass Zeitarbeit mit Überlassung bis auf weiteres nicht gegen den neuen Programmsatz verstößt Problematisch könnte es bei Service-GmbHs werden, die Konzerngesellschaften dauerhaft mit Personal bedienen. Für die Zeitarbeit nachteilige Entwicklungen bei Auslegung/Verständnis des Begriffes vorübergehend insbesondere durch den EuGH nicht auszuschließen.
Rechtsfolgen bei dauerhafter Überlassung Gewerberechtlich Löst kein Bußgeld aus Kann zum Entzug der Erlaubnis führen ( unzuverlässig ) Zivilrechtlich Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Einstellung beim Kunden (BAG, Urteil vom 28.06.2000 7 AZR 100/99) Betriebsrat des Kunden Es ist mit dem Versuch von Betriebsräten zu rechnen, darüber die Zeitarbeit zu begrenzen Zustimmungsverweigerungsrecht gegeben, wenn man in der dauerhaften Überlassung einen Gesetzesverstoß sieht
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