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Transkript:

2 Vektorräume In diesem Kapitel wird der Vektorraumbegriff axiomatisch eingeführt und einige grundlegende Begriffe erläutert, etwa Unterraum, Linearkombination, lineare Unabhängigkeit und Erzeugendensystem. Für Vektoren eines allgemeinen Vektorraums benutzen wir stets lateinische Buchstaben u, v, w, wobei die Buchstaben x, y, z in der Regel Vektoren des K n bezeichnen. Für Elemente des Grundkörpers K benutzen wir in den meisten Fällen griechische Buchstaben α, β, γ,.... 2.1 Grundbegriffe Frage 93 Wie lauten die Axiome für einen K-Vektorraum? Antwort: Sei K ein Körper. Ein K-Vektorraum ist eine Menge V zusammen mit einer inneren Verknüpfung V V V,(v, w) v + w, genannt Addition, und einer äußeren Verknüpfung K V V,genannt skalare Multiplikation, für die die folgenden Eigenschaften gelten: (V1) V isteineabelschegruppebezüglich der Addition +. (V2) Für alle v, w V und alle α, β K gilt: (i) α (β v) =(αβ) v (Assoziativität) (ii) (α + β) v = α v + β v, (Distributivität) α (v + w) =α v + α w (iii) 1 v = v Frage 94 Wie erhält man aus den Axiomen die folgenden Rechenregeln? (i) α 0 V =0 V für alle α K (ii) 0 K v =0 V für alle v V (iii) ( α) v = α ( v) = α v (iv) Aus α v =0 V folgt α =0 K oder v =0 V (Das Nullelement des Körpers K und das des Vektorraums V werden hier durch einen entsprechenden Index unterschieden. Das wird aber nur an dieser Stelle so gemacht, im Weiteren wird auf den Unterschied nicht mehr durch eine spezielle Bezeichnungsweise hingewiesen.) Antwort: (i)esgiltα 0 V + α 0 V = α (0 V +0 V )=α 0 V. Daraus folgt α 0 V =0 K. (ii) Aus 0 K v +0 K v =(0 K +0 K ) v =0 K v folgt 0 K v =0 V.

2.1 Grundbegriffe 37 (iii) Mit (i) und (ii) gilt α v +( α) v =(α +( α)) v =0 K v =0 V α v + α ( v) =α (v +( v)) = α 0 V =0 V. und Daraus folgt (iii). Sei αv =0 V und α 0 K. Dann gilt v =1 v = α 1 α v = α 1 (αv) =α 1 0 V =0 V. Frage 95 Können Sie einige Beispiele für Vektorräume nennen? Antwort: (i) Das Standardbeispiel ist der Raum K n = {x =(x 1,...,x n ); x i K}, bestehend aus allen n-tupeln von Elementen aus K. Definiert man die Addition und die skalare Multiplikation komponentenweise durch (x 1,...,x n )+(y 1,...,y n )=(x 1 + y 1,...,x n + y n ), α (x 1,...,x n )=(αx 1,...,αx n ), so ergibt sich die Gültigkeit der Vektorraumaxiome für K n unmittelbar aus den Körpereigenschaften von K. Aus denselben Gründen sieht man, dass auch die Räume K[X] :={Folgen (x n ) n N in K ; x i =0für fast alle i} und K N := {Folgen (x n ) n N in K }, versehen mit komponentenweiser Addition und Skalarmultiplikation, jeweils K- Vektorräume sind. Man nennt K[X] denpolynomring über K. Im Unterschied zu K n haben die Räume K N und K[X] unendliche Dimension (vgl. Frage 115). (ii) Die Menge Abb(K, K) der Abbildungen K K ist ein Vektorraum, wenn man die Addition und skalare Multiplikation durch (f + a)(x) =f(x)+g(x), (αf)(x) =α f(x) für f,g K K und α K definiert. In der Regel interessiert man sich nur für bestimmte Teilmengen von Abb(K, K), die in den meisten interessanten Fällen ebenfalls eine Vektorraumstruktur tragen. Speziell für K = R bilden z. B. die Mengen C [a, b] :={stetige Funktionen auf [a, b]} C n [a, b] :={n-mal stetig differenzierbare Funktionen auf [a, b]} R[a, b] :={Regelfunktionen auf [a, b]} Vektorräume.

38 2 Vektorräume (iii) Für jede rein irrationale Zahl ξ sind die Mengen Q(α) :={a + bξ ; a, b Q} Vektorräume über Q. Beispielsweise ist die Menge Q( 2) als Erweiterungskörper von Q insbesondere ein Q-Vektorraum. Ein analoger Zusammenhang gilt für alle Erweiterungskörper eines Grundkörpers K (vgl. [4]). (iv) Die komplexen Zahlen C := {a + bi ; a, b R} sind insbesondere ein R-Vektorraum. (v) Jeder Körper K besitzt die Struktur eines K-Vektorraums, indem man die Multiplikation als skalare Multiplikation deutet. Frage 96 Was versteht man unter einem Unterraum eines K-Vektorraums V? Antwort: Eine nichtleere Teilmenge U V heißt Untervektorraum oder linearer Unterraum oder kurz Unterraum von V,wennU zusammen mit der in V gegebenen Vektoraddition und skalaren Multiplikation ebenfalls einen Vektorraum bildet. Da die Assoziativ- und Distributivgesetze in U automatisch gelten, da sie in V gelten, ist eine Teilmenge U V durch folgende drei Eigenschaften als Unterraum ausgezeichnet: (i) U (ii) v, w U = v + w U (iii) v U = αv U für alle α K. Man beachte, dass man aus (iii) sofort 1 v = v U sowie 0 v =0 U erhält. Beispiele: (a) Jeder Vektorraum enthält insbesondere sich selbst als Unterraum sowie den trivialen Unterraum U = {0}. (b) Die Menge U := {(x 1,x 2,x 3 ); x 1,x 2,x 3 K, x 3 =0} K 3 bildet einen Unterraum von K 3,dieMenge X := {(x 1,x 2,x 3 ); x 1,x 2,x 3 K, x 3 =1} K 3 allerdings nicht, da die Summe zweier Elemente aus X nicht mehr in X liegt. (c) Für α 1,α 2,β K ist U := {(x 1,x 2 ) K ; α 1 x 1 + α 2 x 2 = β}

2.1 Grundbegriffe 39 genau dann ein Unterraum, wenn β = 0 gilt. In diesem Fall enthält U nämlich den Nullvektor, und für x =(x 1,x 2 ) und y =(y 1,y 2 ) und λ K folgt α 1 (x 1 + y 1 )+α 2 (x 2 + y 2 )=(α 1 x 1 + α 2 x 2 )+(α 1 y 1 + α 2 y 2 )=0+0=0 α 1 λx 1 + α 2 λx 2 = λ(α 1 x 1 + α 2 x 2 )=λ 0=0, also x + y U und λx U. Für β 0istU jedoch kein Unterraum, denn U enthält in diesem Fall nicht den Nullvektor. (d) Ist A eine reelle m n-matrix (vgl. Kapitel 3), dann ist die Lösungsmenge U := {x K n ; A x =0} des zugehörigen homogenen Systems ein Unterraum von K n. (e) Im Raum Abb(R, R) der Abbildungen R R hat man die folgende aufsteigende Kette von Unterräumen R d [X] R[X] C 1 (R) C (R) R(R) Abb(R, R). Dabei bezeichnet R d [X] die Menge aller Polynome mit Grad d, C 1 (R) die Menge der differenzierbaren reellen Funktionen, C (R) die Menge der stetigen reellen Funktionen und R(R) die Menge der Regelfunktionen in R. Frage 97 Ist die Menge U := {(x 1,x 2 ) R 2 ; x 1 x 2 0} ein Unterraum von R 2? Antwort: Die Vektoren v =(1, 2) und w =( 2, 1) liegen beide in U, trotzdem gilt v + w =( 1, 1) U. AlsoistU kein Unterraum. Frage 98 Können Sie zeigen, dass der Durchschnitt (auch unendlich vieler) Unterräume eines Vektorraums V wieder ein Unterraum von V ist? Gilt dasselbe auch für die Vereinigung von Unterräumen? Antwort: Sei (U i ) i I ein System von Unterräumen aus V,wobeiI irgendeine Indexmenge bezeichnet. Der Durchschnitt i I U i enthält den Nullvektor, da dieser in allen U i liegt. Ferner gilt für v, w i I U i u, w U i für alle i I, und folglich, da die U i Unterräume sind, v + w U i und αv U i für alle i I,

40 2 Vektorräume also v + w U i und αv U i. i I i I Somit ist i I U i ein Unterraum von V. Dagegen ist die Vereinigung U 1 U 2 zweier Unterräume U 1,U 2 V in der Regel kein Unterraum. Sei zum Beispiel U 1 = {(x 1,x 2 ) K 2 ; x 1 =0}, und U 2 = {(x 1,x 2 ) K 2 ; x 2 =0}, dann liegen die Vektoren u 1 =(0, 1) und u 2 =(1, 0) beide in U 1 U 2,nichtaber deren Summe u 1 + u 2 =(1, 1). Frage 99 Was versteht man unter einer Linearkombination eines endlichen Systems (v 1,...,v r ) von Vektoren eines K-Vektorraums V? Antwort: Unter einer Linearkombination der Vektoren v 1,...,v r V versteht man jede Summe der Form α 1 v 1 + + α r v r, wobei α i für i =1,...,r beliebige Elemente des Grundkörpers K sind. Da V gegenüber skalarer Multiplikation und Addition von Vektoren abgeschlossen ist, ist jede Linearkombination von Vektoren aus V damit selbst ein Element aus V. Frage 100 Was versteht man unter einer Linearkombination von Vektoren eines unendlichen Systems von Vektoren aus V? Antwort: Eine Linearkombination eines unendlichen Systems S ist eine Linearkombination eines endlichen Teilsystems von S, d.h.einelinearkombinationvon endlich vielen Vektoren aus S. Man betrachte zum Beispiel das unendliche System S =(1,X,X 2,X 3,...)des Polynomrings K[X]. Jede Linearkombination aus S besitzt dann die Gestalt α 0 + α 1 X + α 2 X 2 + + α r X r mit α i K und r N. Frage 101 Was versteht man unter dem von einem System S =(v 1,...,v r ) von Vektoren in V aufgespannten Unterraum? Wieso handelt es sich dabei überhaupt um einen linearen Unterraum? Antwort: Der von S aufgespannte Unterraum ist die Menge aller Linearkombinationen von Vektoren aus S. Er wird mit span(s) bezeichnet. Ergänzend definiert man span( ) :={0}.

2.1 Grundbegriffe 41 Beispiel: Für die Vektoren e 1 =(1, 0, 0) und e 2 =(0, 1, 0) aus K 3 gilt span(e 1,e 2 )={(x 1,x 2,x 3 ) K 3 ; x 3 =0}. Um zu zeigen, dass span(s) Unterraum ist, betrachte man zwei Vektoren v, w span(s). Es gilt v = α 1 v 1 + + α r v r, w = β 1 v 1 + + β r v r mit bestimmten α i,β i K, also v = ( α 1 )v 1 + +( α r )v r span(s), v + w = (α 1 + β 1 )v 1 + +(α r + β r )v r span(s). Damit ist insbesondere 0 span(s). Weiter gilt für jedes λ K λv =(λα 1 )v 1 + +(λα r )v r span(s). Damit ist span(s) abgeschlossen gegenüber skalarer Multiplikation und der Addition von Vektoren. Außerdem gelten in span(s) die Assoziativ- und Distributivgesetze, da sie in V gelten. Also ist span(s) V ein Vektorraum, folglich ein Unterraum von V. Frage 102 Sei S =(v 1,v 2,...) ein (eventuell unendliches) System von Vektoren aus V. Durch welche Eigenschaft lässt sich der Unterraum span(s) charakterisieren? Antwort: Es gilt: span(s) ist der kleinste Unterraum von V, der alle Vektoren aus S enthält. Genau bedeutet das span(s) = {U V ; U Unterraum mit S U}. Beweis: Sei W := {U V ; U Unterraum mit S U}. Die Menge W bildet nach Frage 98 einen Unterraum von V. Ebenso ist span(s) nach Frage 101 ein Untervektorraum. Da S span(s) gilt, folgt W span(s). Umgekehrt erhält man aber auch span(s) W, denn jedes v span(s) lässt sich als Linearkombination v = α 1 v 1 + + α r v r für ein r N und bestimmten α 1,...,α r K schreiben. Diese Linearkombination ist in jedem Unterraum U mit S U und damit auch in W enthalten. Frage 103 Was versteht man unter einem Erzeugendensystem eines Vektorraums V?WannheißteinVektorraumV endlich erzeugt?

42 2 Vektorräume Antwort: Ein System S von Vektoren aus V heißt Erzeugendensystem von V, wenn V =span(s) gilt. V heißt endlich erzeugt, wenn es ein Erzeugendensystem von V gibt, das nur endlich viele Elemente enthält. Frage 104 Wann heißt ein System S = (v 1,...,v r ) von Vektoren eines K- Vektorraums V linear unabhängig bzw. linear abhängig? Antwort: S heißt linear unabhängig, wennfür alle α 1,...,α r K gilt: α 1 v 1 + + α r v r =0 α 1 = = α r =0. S heißt linear abhängig, wenns nicht linear unabhängig ist, wenn es also eine nichttriviale Linearkombination des Nullvektors mit Vektoren aus V gibt. Zum Beispiel ist das System der beiden Funktionen f 1 : x e x und f 2 : x e x im Vektorraum C (R) linear unabhängig, dagegen sind die drei Funktionen (f 1,f 2, sinh) wegen linear abhängig. 1 2 ex 1 2 e x sinh x =0 für alle x R Frage 105 Wann heißt ein unendliches System S von Vektoren linear unabhängig? Antwort: Ein unendliches System S =(v 1,v 2,...) heißt linear unabhängig, wenn jedes endliche Teilsystem linear unabhängig ist. Das bedeutet, dass für jedes r N gilt: α 1 v 1 + + α r v r =0 α 1 = α 2 = = α r =0. In diesem Sinne ist z. B. das System der Polynome (p 0,p 1,p 2,...) mit p i (x) =X i für alle i N linear unabhängig in R[X]. Für jedes r N folgt nämlich aus α 0 p 0 + α 1 p 1 + + α r p r = α 0 + α 1 X + + α r X r =0 notwendigerweise α 0 = α 1 = = α r =0. Frage 106 2? Was bedeutet die lineare Abhängigkeit bei Systemen der Länge 1 bzw. Antwort: Ein System S =(v) ist linear abhängig genau dann, wenn v = 0 gilt, ein System S =(v, w) genau dann, wenn v = α w mit einem α K gilt.

2.2 Basis und Dimension 43 Frage 107 Können Sie folgenden Zusammenhang begründen: Ein System S = (v 1,...,v r ) ist linear unabhängig genau dann, wenn für k =1,...,r gilt: v k span(v 1,...,v k 1 ) (dabei ist span( ) ={0})? Antwort: Beweis mit Induktion nach r. Der Fall r = 1 ist klar, da {v 1 } genau dann linear unabhängig ist, wenn v 1 0,alsov 1 span( ) gilt. Sei daher r 2 und die Behauptung für k < rschon gezeigt. Angenommen, die Vektoren (v 1,...,v r ) sind linear abhängig. Dann gibt es α 1,...,α r mit α i 0für mindestens ein i {1,...,r}, so dass gilt α 1 v 1 + + α r v r =0, ( ) also α 1 v 1 + + α r 1 v r 1 = α r v r. Ist α r 0, dann liefert die Division durch α r eine Darstellung von v r als Linearkombination von v 1,...,v r 1, in diesem Fall gilt also v r span(v 1,...,v r 1 ). Ist α r = 0, dann sind bereits die Vektoren v 1,...,v r 1 linear abhängig. Nach Induktionsvoraussetzung lässt sich v r 1 als Linearkombination von v 1,...,v r 2 darstellen, und indem man diese in ( ) substituiert, erhält man β 1 v 1 + + β r 2 v r 2 + α r v r =0, mit bestimmten β i K, die nicht alle verschwinden. Das System (v 1,...,v r 2,v r ) der Länge r 1 ist demnach linear abhängig. Nach Induktionsvoraussetzung gilt v r span(v 1,...,v r 2 ) und damit erst recht v r span(v 1,...,v r 1 ). Das zeigt insgesamt die Implikation v 1,...,v r linear abhängig = v r span(v 1,...,v r 1 ). Sei umgekehrt v r span(v 1,...,v r 1 ). Dann gilt α 1 v 1 + + α r 1 v r 1 = v r, für bestimmte α i K, und durch Addition von v r auf beiden Seiten der Gleichung erhält man eine nichttriviale Linearkombination des Nullvektors. 2.2 Basis und Dimension Der Begriff der Basis ist von fundamentaler Bedeutung für die Lineare Algebra. In der Tat ergeben sich die meisten Zusammenhänge der Linearen Algebra als eine Folge der Tatsache, dass Vektorräume überhaupt eine Basis besitzen. Auf

44 2 Vektorräume dem Begriff der Basis gründet sich auch der Dimensionsbegriff. Außerdem ermöglicht die Auswahl einer Basis, Vektoren eines n-dimensionalen Vektorraums durch n-tupel von Elementen aus K zu beschreiben und lineare Abbildungen zwischen endlich-dimensionalen Vektorräumen durch Matrizen. Die wichtigsten Sätze in diesem Kapitel sind der Basisauswahlsatz, der Basisergänzungssatz sowie der Austauschsatz von Steinitz. Frage 108 Was versteht man unter einer Basis in einem K-Vektorraum V? Antwort: Eine Basis ist ein System S von Vektoren aus V mit den beiden Eigenschaften (i) (ii) S ist ein Erzeugendensystem von V,alsoV = span(s). S ist linear unabhängig. Beispiele: (a) Eine Basis des K n ist gegeben durch die Standardbasis E n = (e 1,...,e n ) mit e 1 =(1, 0, 0...,0), e 2 =(0, 1, 0,...,0),...,e n =(0, 0,...,0, 1). (b) Eine Basis des Vektorraums K[X] ={ i N α ix i ; α i =0für fast alle i } der Polynome in K ist gegeben durch das unendliche System (1,X,X 2,...). (c) Die Elemente 1 und 2 bilden eine Basis des Q-Vektorraums Q( 2). (d) (1, i) ist eine Basis von C, betrachtet als R-Vektorraum. Frage 109 Wie lassen sich Basen in einem endlich erzeugten Vektorraum V {0} charakterisieren? Antwort: Folgende Aussagen sind für B =(v 1,...,v n ) äquivalent: (i) B ist eine Basis von V. (ii) B ist ein unverlängerbares (maximales) linear unabhängiges System in V, d. h., fügt man zu B irgendeinen Vektor v V hinzu, so ist das neue System linear abhängig. (iii) B ist ein unverkürzbares (minimales) Erzeugendensystem von V, d. h., lässt man einen Vektor weg, so ist das neue System kein Erzeugendensystem mehr. (iv) Jeder Vektor aus V lässt sich eindeutig als Linearkombination von Vektoren aus B schreiben. Beweis: (i) = (ii): Sei v V beliebig. Da B als Basis insbesondere ein Erzeugendensystem von V ist, lässt sich v als Linearkombination der Basisvektoren darstellen, es gilt also v = n i=1 α iv i mit geeigneten α i K. Subtraktion von v auf beiden Seiten der Gleichung liefert dann v n α i v i =0. i=1

2.2 Basis und Dimension 45 Da zumindest der Koeffizient bei v in dieser Linearkombination nicht verschwindet, bedeutet das, dass die Vektoren v, v 1,...,v n linear abhängig sind. (ii) = (iii): Sei B ein maximal linear unabhängiges System. Wäre B kein Erzeugendensystem, dann gäbeeseinenvektorv V mit v span(b) und somit wäre B {v} ebenfalls linear unabhängig, im Widerspruch zur Maximalität von B. Da andererseits B als maximal linear unabhängiges System insbesondere linear unabhängig ist, ist B\{v i } für jeden Basisvektor v i Bkein Erzeugendensystem mehr. Daraus folgt die Minimalitätseigenschaft von B. (iii) = (iv): Ist B ein minimales Erzeugendensystem, so lässt sich jeder Vektor aus v V als Linearkombination der Vektoren aus B darstellen. Angenommen, die Darstellung sei nicht eindeutig, es gelte also v = n i=1 α iv i = n i=1 β iv i,wobei wir ohne Beschränkung der Allgemeinheit α n β n annehmen können. Dann folgt n 1 α i β i v n = v i, also v n span(v 1,...,v n 1 ). α n β n i=1 Für jede Linearkombination λ 1 v 1 + λ n v n gilt dann mit α := α i β i α n β n n 1 λ 1 v 1 + λ n v n = (λ i + λ n α )v i. Das heißt, (v 1,...,v n 1 ) ist ebenfalls ein Erzeugendensystem von V,imWiderspruch dazu, dass B minimal ist. (iv) = (i): Unter der Voraussetzung ist B zumindest ein Erzeugendensystem von V, und aus der Eindeutigkeit der Linearkombinationen folgt, dass sich insbesondere der Nullvektor nur durch eine einzige Linearkombination darstellen lässt, nämlich durch die, in der alle Koeffizienten verschwinden. Daraus folgt die lineare Unabhängigkeit von B. i=1 Frage 110 Was besagt der Basisauswahlsatz? Antwort: Der Basisauswahlsatz lautet: Jedes Erzeugendensystem E =(v 1,...,v m ) eines endlich-dimensionalen Vektorraums V enthält ein Teilsystem, das eine Basis von V ist. Beweis: Da E endlich ist, enthält E ein minimales Erzeugendensystem. Dieses muss dann eine Basis von V sein. Frage 111 Was besagt der Basisergänzungssatz oder Austauschsatz von Steinitz? Antwort: Der Satz besagt: Jedes linear unabhängige System S = (u 1,...,u r ) von Vektoren eines endlich erzeugten Vektorraums V lässt sich durch Hinzunahme von Vektoren eines Erzeugendensystems E =(v 1,...,v m ) zu einer Basis von V ergänzen.

http://www.springer.com/978-3-8274-1976-7