Extremwerte von Funktionen mehrerer reeller Variabler

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Transkript:

Extremwerte von Funktionen mehrerer reeller Variabler Bei der Bestimmung der Extrema von (differenzierbaren) Funktionen f : R n R ist es sinnvoll, zuerst jene Stellen zu bestimmen, an denen überhaupt ein Extremum auftreten kann. Im eindimensionalen Fall, also bei f : R R, war ja die entsprechende Bedingung die, dass f (x 0 ) = 0. Satz. Sei f : R n R stetig differenzierbar auf einer offenen Umgebung U(x 0 ) von x 0 R n. Hat f an x 0 ein relatives (= lokales) Extremum, dann gilt notwendigerweise gradf(x 0 ) = 0. Beweis. f muß an x 0 in jeder Richtung a als Funktion des Geradenparameters ein relatives Extremum besitzen. Wegen des entsprechenden Kriteriums für Funktionen einer reellen Variablen bedeutet dies, dass an x 0 die entsprechende Richtungsableitung gradf(x 0 ) a verschwindet. Weil a beliebig ist, muss damit gradf(x 0 ) = 0 sein. Bemerkung. Mit der Bedingung gradf(x) = 0 erhält man also jene Stellen, die für ein lokales Extremum in Frage kommen. Zur Gewinnung eines hinreichenden Kriteriums für das Vorliegen eines Extremums nehmen wir an, dass f zweimal stetig differenzierbar ist. Dann kann die (symmetrische) Matrix H(x) der zweiten partiellen Ableitungen gebildet werden, die sog. Hesse-Matrix oder zweite Ableitung von f. x ( ) 1 x 1 x 1 x 2 2 f x 1 x n H(x) = x i x j = x 2 x 1 x 2 x 2 2 f x 2 x n... = d2f dx = f (x) 2 x n x 2 x n x 1 x n x n 1

Beispiel. Sei f : R 2 R mit f(x, y) = e xy. Dann ist f x = ye xy, f y = xe xy und weiters f xx = y 2 e xy, f xy = f yx = e xy + xye xy und f yy = x 2 e xy. ( ) y Somit ist H(x, y) = 2 e xy e xy + xye xy e xy + xye xy x 2 e xy Indem f (lokal) durch das Taylor-Polynom zweiten Grades approximiert wird, stellt sich heraus, dass für das Vorliegen eines Extremums die durch die Hesse-Matrix definierte quadratische Form von wesentlicher Bedeutung ist. Definition. Sei A eine n n Matrix. Dann heißt die Abbildung Q : R n R mit Q(x) = x T Ax eine quadratische Form. Eine quadratische Form Q(x) = x T Ax heißt nun positiv definit, wenn Q(x) > 0 x 0 negativ definit, wenn Q(x) < 0 x 0 positiv semidefinit, wenn Q(x) 0 negativ semidefinit, wenn Q(x) 0 indefinit, wenn sowohl positive als auch negative Werte angenommen werden. x x Bemerkung. Die obigen Bedingungen können auch durch die Eigenwerte von A ausgedrückt werden. Q > 0 alle Eigenwerte sind > 0 Q < 0 alle Eigenwerte sind < 0 Q 0 alle Eigenwerte sind 0 Q 0 alle Eigenwerte sind 0 Q ist indefinit es gibt positive als auch negative Eigenwerte. 2

Bemerkung. Der Spezialfall n = 2 läßt sich einfach beschreiben. Eine 2 2 Matrix A ist positiv definit det A > 0 und a 11 > 0 negativ definit det A > 0 und a 11 < 0 semidefinit det A 0 indefinit det A < 0. Satz. Sei f : R n R, x 0 R n und f C 2 (U(x 0 )) auf einer offenen Umgebung von x 0. Weiters sei gradf(x 0 ) = 0. Dann gilt : H(x 0 ) ist positiv definit f hat an x 0 ein isoliertes relatives Minimum H(x 0 ) ist negativ definit f hat an x 0 ein isoliertes relatives Maximum H(x 0 ) ist indefinit f hat an x 0 kein relatives Extremum. (Sattelpunkt) Beispiel. Man bestimme die relativen Extrema von f(x, y) = x 2 + 4y + 1 y. Die Kandidaten für ein mögliches Extremum ergeben sich aus der Bedingung gradf(x) = 0, hier also aus f x = 2x = 0 und f y = 4 1 y = 0 2 bzw. x = 0 und y = ± 1 2. Somit sind die Punkte P 1 (0, 1 2 ) und P 2(0, 1 2 ) mögliche Extrema. f xx = 2, f xy = 0, f yy = 2 y, ( ) 2 0 also ist H(x, y) = 0 2 y und det H(x, y) = 4 y. Mit det H(x, y) P1 = 2 > 0 und f xx P1 = 2 > 0 folgt, dass in P 1 ein relatives Minimum vorliegt. Wegen det H(x, y) P2 = 2 < 0 liegt in P 2 ein Sattelpunkt vor.

Häufig sucht man die Extremwerte einer Funktion f : R n R unter eingeschränkten Bedingungen für die Variablen x 1, x 2,..., x n. Beispiel. Man bestimme die Extrema von f(x, y) = cos 2 x 2 sin 2 y, wobei y x = π 2. Die entscheidende Aussage in dieser Fragestellung ist der folgende Satz. (Lagrange sche Multiplikatorregel) Sei f : R n R differenzierbar auf einer offenen Menge X R n. Weiters seien g 1, g 2,..., g m : R n R stetig differenzierbar auf X, und linear unabhängig. Hat unter diesen Voraussetzungen f an x 0 ein Extremum, wobei nur jene x X betrachtet werden, für die g 1 (x) = 0,..., g m (x) = 0 ist, dann gibt es Zahlen λ 1, λ 2,..., λ m sodass f (x 0 ) + m l=1 λ l g l (x 0 ) = 0 für ν = 1, 2,..., n. λ 1, λ 2,..., λ m heißen Lagrange sche Parameter bzw. auch Lagrange sche Multiplikatoren. Die Funktionen g 1, g 2,..., g m beschreiben dabei die m Nebenbedingungen. Zur praktischen Berechnung. Gegeben seien also f : R n R und des weiteren die m Nebenbedingungen g 1 : R n R,..., g m : R n R. Man bilde die Funktion F (x 1,..., x n, λ 1,..., λ m ) = f(x 1,..., x n ) + λ 1 g 1 (x 1,..., x n ) + λ 2 g 2 (x 1,..., x n ) +... + λ m g m (x 1,..., x n ) mit den n + m Unbekannten x 1,..., x n, λ 1,..., λ m. Die mögliche Extremalstelle x 0 ergibt sich dann aus dem System der n + m Gleichungen g l (x 0 ) = 0 für l = 1, 2,..., m 4

f (x 0 ) + m l=1 also aus den Gleichungen λ l g l (x 0 ) = 0 für ν = 1, 2,..., n, F λ1 = 0,..., F λm = 0 sowie F x1 = 0,..., F xm = 0. Beispiel. Ein Kegelvolumen V (r, H) = r2 πh soll unter der Nebenbedingung g(r, H) = r 2 + H 2 2RH = 0 (R... fest) maximal werden. Wir betrachten F (r, H, λ) = V + λg = r2 πh + λ(r 2 + H 2 2RH). Damit erhalten wir die Gleichungen F λ = r 2 + H 2 2RH = 0 F r = 2π rh + λ2r = 0 F H = π r2 + λ(2h 2R) = 0 Aus der zweiten Gleichung folgt λ = π H, eingesetzt in die dritte Gleichung erhalten wir r 2 = 2H(H R). Unter Berücksichtigung der ersten Gleichung erhalten wir nun und r = 2 2 R. H = 4 R 5