9. Geometrische Konstruktionen und Geometrische Zahlen.

Ähnliche Dokumente
6. Descartes und die Analytische Geometrie.

Gleichungen dritten und vierten Grades und Konstruktionen mit mehr als Zirkel und Lineal

Gleichungen höheren Grades und Konstruktionen mit Zirkel und Lineal als Motivation für komplexe Zahlen

Unterrichtsreihe zur Parabel

40. Österreichische Mathematik-Olympiade Kurswettbewerb Lösungen

Diplom Mathematiker Wolfgang Kinzner. 17. Oktober Technische Universität München. Die abc-formel. W. Kinzner. Problemstellung.

Papierfalten und Algebra

6. Vektor- und Koordinaten-Geometrie.

Realschule Abschlussprüfung

1 Angeordnete Körper. 1.1 Anordnungen und Positivbereiche

Die Quadratur des Kreises

f(x nk ) = lim y nk ) = lim Bemerkung 2.14 Der Satz stimmt nicht mehr, wenn D nicht abgeschlossen oder nicht beschränkt ist, wie man z.b.

1. Körper und Körpererweiterungen

Drei Kreise im Dreieck

Stefan Ruzika. 24. April 2016

Drehung um einen Punkt um Winkel α.

30. Satz des Apollonius I

3. Die pythagoräische Geometrie.

Seminar Galoistheorie

Die Klassischen Probleme der Algebra. JProf.-Dr. Christoph Wockel 10. April 2012

4 Das Vollständigkeitsaxiom und irrationale Zahlen

Dynamische Systeme und Zeitreihenanalyse // Komplexe Zahlen 3 p.2/29

Die Abbildung (x 1 ;x 2 ) 7! (x 1 ;x 2 ; 1) ist eine Einbettung von R 2 in P 2 (als Mengen). Punkte mit z 6= 0 sind endliche" Punkte mit inhomogenen K

2.2C. Das allgemeine Dreieck

B) Konstruktion des geometrischen Mittels und geometrisches Wurzelziehen :

Karoline Grandy und Renate Schöfer

Übungsaufgaben Geometrie und lineare Algebra - Serie 1

1 Potenzen und Polynome

Mathematik für Informatik 3

Vom Satz des Pythagoras zu aktueller Algebraischer Geometrie

Ausgewählte Themen der Algebra für LA

Komplexe Zahlen. Axel Schüler, Leipzig Juli 2003

Analytische Geometrie I

Koordinatengeometrie. Aufgabe 4 Untersuchen Sie die Funktion f(x) = x² 9.

12. Mathematik Olympiade 3. Stufe (Bezirksolympiade) Klasse 7 Saison 1972/1973 Aufgaben und Lösungen

2. Der Grad von Körpererweiterungen

Algebraische Zahlentheorie. Teil II. Die Diskriminante.

2.2A. Das allgemeine Dreieck

2.9 Die komplexen Zahlen

Origamics Gefaltete Mathematik

Ebene und. Gerade, 2. Punkte A, B, C,..., die auf einer Geraden liegen, heißen kollinear.

GEOMETRIE (4a) Kurzskript

Mathematische Probleme, SS 2013 Montag $Id: dreieck.tex,v /04/22 20:37:01 hk Exp hk $

Vorkurs Mathematik 2016

Kapitel VI. Euklidische Geometrie

2 Die Körper-Axiome. I. Axiome der Addition (A.1) Assoziativgesetz. Für alle x, y, z R gilt (x + y)+z = x +(y + z).

Zirkel und Zahlen, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Juli 07. Zirkel und Zahlen

Elemente der Algebra

Konstruktion des isoperimetrischen Punktes

Lösungen - Serie 2 zu den Übungsaufgaben zur Vorlesung Algebraische Zahlentheorie

Tag der Mathematik 2010

Aufgaben Geometrie Lager

MAT746 Seminar über Euklidische Geometrie Philipp Becker

Übungen zu Geometrie (LGy) Universität Regensburg, Sommersemester 2014 Dr. Raphael Zentner, Dr. Olaf Müller

Universität Zürich HS , Vorlesung #3

Kreis, Ellipse, Hyperbel, Parabel

Geometrie und Zahlentheorie. Ganzzahlige geometrische Objekte

1. Vereinfache wie im Beispiel: 3. Vereinfache wie im Beispiel: 4. Schreibe ohne Wurzel wie im Beispiel:

Normalengleichungen. Für eine beliebige m n Matrix A erfüllt jede Lösung x des Ausgleichsproblems Ax b min die Normalengleichungen A t Ax = A t b,

Diskrete Mathematik. Sebastian Iwanowski FH Wedel. Kap. 4: Zahlentheorie

Körper- und Galoistheorie

Selbsteinschätzungstest Auswertung und Lösung

Polynome Teil VI: Die Potenzsummenformeln von NEWTON

Übungsaufgabe z. Th. lineare Funktionen und Parabeln

Mathematische Probleme, SS 2016 Freitag $Id: convex.tex,v /05/13 14:42:55 hk Exp $

Ganze algebraische Zahlen


ELEMENTAR-MATHEMATIK

2. Teilbarkeit. Euklidischer Algorithmus

Körper- und Galoistheorie

6. Mathematik Olympiade 4. Stufe (DDR-Olympiade) Klasse 10 Saison 1966/1967 Aufgaben und Lösungen

6. Mathematik Olympiade 2. Stufe (Kreisolympiade) Klasse 12 Saison 1966/1967 Aufgaben und Lösungen

2 Restklassenringe und Polynomringe

01. Gruppen, Ringe, Körper

Begründen in der Geometrie

Einiges über komplexe Zahlen

1 Algebraische Strukturen

Geometrie, Einführung

Klausur vom Algebra I. Rolf Farnsteiner

4.1. Vektorräume und lineare Abbildungen

Lösungen der Übungsaufgaben III

Brückenkurs Mathematik für Studierende der Chemie

Zusammenstellung aus ehemaligen DDR Prüfungsaufgaben (Aufgabe 6)

Gleichungen und Ungleichungen

1 Der Goldene Schnitt

Algebra und Diskrete Mathematik, PS3. Sommersemester Prüfungsfragen

Kapitel 3: Die Sätze von Euler, Fermat und Wilson. 8 Der Satz von Euler

Algebraische Kurven. Holger Grzeschik

( ) ( ). Dann heißt die Zahl

Die Steigung m ist ein Quotient zweier Differenzen und heißt daher Differenzenquotient.

Komplexe Zahlen. (a, b) + (c, d) := (a + c, b + d) (a, b) (c, d) := (a c b d, a d + b c)

5. Mathematik Olympiade 3. Stufe (Bezirksolympiade) Klasse 8 Saison 1965/1966 Aufgaben und Lösungen

Vorkurs: Mathematik für Informatiker

Lineare Algebra II. Prof. Dr. M. Rost. Übungen Blatt 1 (SS 2011) Abgabetermin: Donnerstag, 21. April.

Mathematische Theorien im kulturellen Kontext. Fläche eines Parabelsegments nach Archimedes

1 2. Körpererweiterungen

Tag der Mathematik 2006

Dualität in der Elementaren Geometrie

Didaktik der Analysis und der Analytischen Geometrie/ Linearen Algebra

Übungen zu Einführung in die Lineare Algebra und Geometrie

Transkript:

9. Geometrische Konstruktionen und Geometrische Zahlen. Die Dreiteilungsgleichnung. Das Problem der Dreiteilung des Winkels wurde von Descartes vollständig gelöst. Dies ist in der Geometrie von Descartes dargestellt. Das Verfahren war zwar im Prinzip schon den Griechen bekannt. Das Neue hier ist aber, dass Descartes darauf bestand, dass es sich beim unten gegebenen Beweis wirklich um eine Lösung des Problems handelt (indem er als erster darauf besteht, dass zur Lösung auch andere Kurven als Kreis und Gerade zugelassen sein müssen). Descartes [Geometrie, S. 97f] argumentiert in 4 Schritten wie folgt.

2 I. Elementare Mathematik 1 Schritt 1. Q T N R P 0 Dreiteilung des Winkels bei Descartes 180 o = QNR + NQR + NRQ = QNR + NQR + RQT = QNR + 2 NQR 180 o = NOQ + ONQ + NQ0 = NOQ + 2 NQR und so NOQ = QNR Weiter ist NQR = RQT = NRQ. Also folgt aus dem Strahlensatz. NO : NQ = NQ : QR, (1)

9 Geometrische Zahlen 3 Schritt 2. Nun zeichne QS parallel zu 0T. Q T N S R P 0 Dreiteilung des Winkels bei Descartes Dann ist 180 o = QSR + SQR + QRS 180 o = QSR + SQR + RQT Also ist QRS = RQT = NQR Weiter ist QSR = QTQ = RQT = QRS Schließlich SQR = QOT = NOQ

4 I. Elementare Mathematik 1 Also folgt NQ : QR = QR : RS (2) wieder aus dem Strahlensatz. (1) und (2) ergeben NO : NQ = NQ : QR = QR : RS (3) Schritt 3. Weiter entnehmen wir der Figur (beachte QS ist parallel zu OT) Q T N S R U P 0 Dreiteilung des Winkels bei Descartes die Gleichungen NR = NQ, SU = QT, UP = TP Also 3NQ = NQ + QT + TP = NR + SU + UP = NP + SR (4)

Schritt 4. Nun setze 9 Geometrische Zahlen 5 NO = 1, NP = q und NQ = x Dann folgt wegen (3): 1 x = x QR = QR RS QR = x2, RS = x 3 und wegen (4): x 3 3x + q = 0 Somit ist die Dreiteilung eines Winkels auf die Lösung einer kubische Gleichung zurückgeführt. Descartes behauptet, dass man die Lösung der kubischen Gleichung immer erreichen kann, indem man eine Parabel mit einem Kreis schneidet. Er argumentiert wie folgt: q a Lösung einer kubischen Gleichung

6 I. Elementare Mathematik 1 Nun muß man die Gleichungen der obigen Kurven, d.h. die Gleichung des Kreise und der Parabel aufstellen. Man erhält: Gleichung des Kreises: Gleichung der Parabel: (x q) 2 + (y a) 2 = a 2 + q 2 y = x 2 Hieraus ergibt sich durch Einsetzen x 2 2qx + q 2 + y 2 2ay + a 2 = a 2 + q 2 x 2 2qx + y 2 2ay = 0 x 2 2qx + x 4 2ax 2 = 0 x 2q + x 3 2ax = 0 x 3 + (1 2a)x 2q = 0 Also muß man a = 2 und q = 1 2 wählen, um die Dreiteilungs Gleichung 3x x 3 = q zu lösen. Damit ist die Dreiteilung des Winkels erbracht (sofern man - wie Descartes - die Benutzung der Parabel erlaubt!).

Geometrische Zahlen. 9 Geometrische Zahlen 7 Wir wollen jetzt zeigen, dass man die Dreiteilung von Winkeln im allgemeinen nicht mit Zirkel und Lineal lösen kann. Definition. Eine reelle Zahl α R heißt geometrisch, wenn man sie in endlich vielen Schritten mit Zirkel und Lineal aus einer Strecke der Einheitslänge als Strecke der Länge α konstruieren kann. Beispiel. 2 ist eine geometrische Zahl. Man kann sie als Diagonale im Einheitsquadrat konstruieren. Es gilt für die Diagonale α nach dem Satz von Pythagoras: 2 = 1 2 + 1 2 = α 2 d.h. α = 2. Daß die Menge der algebraischen Zahlen einen Körper bildet, ist viel einfacher zu zeigen, als daß die Menge der geometrischen Zahlen einen Körper bildet.

8 I. Elementare Mathematik 1 Satz. Seien α, β > 0 geometrische Zahlen. Dann sind auch geometrische Zahlen. α + β, α β, α β und α β Beweis. Es ist klar wie man α + β und α β konstruiert. Um α β zu konstruieren, betrachte man die folgende Figur D B A C E Geometrische Multiplikation Nach Konstruktion sind die Strecken BC und DE parallel. Also sind die Dreiecke ABC und ADE ähnlich. Demnach gilt: 1 : AD = AC : AE

9 Geometrische Zahlen 9 und so AE = AC AD Damit ist das Produkt konstruiert. Ganz ähnlich konstruiert man α/β (man muß bloß die Reihenfolge der Strecken vertauschen). Korollar. Die Menge aller geometrischen Zahlen bildet, zusammen mit der üblichen Addition und Multiplikation, einen Körper. Satz. Ist α geometrisch, dann ist auch α geometrisch. Beweis. Betrachte die folgende Figur: B A D C Geometrisches Wurzelziehen

10 I. Elementare Mathematik 1 In der obigen Figur sind die Dreiecke ABD, BCD und ABC ähnlich. Also und so DC = BD 2. 1 : BD = BD : DC Sei K der Körper der geometrischen Zahlen. Dann ist K 2 R 2 die Menge der geometrischen Punkte in R 2. Nehmen wir an wir haben schon eine Menge L 2 von geometrischen Punkten aus der Einheits Strecke mittels Zirkel und Lineal konstruiert. Dann erhalten wir einen weiteren geometrischen Punkt mittels einer der folgenden Konstruktionen: (1) als Durchschnitt von zwei Geraden durch Paare von Punkten aus K 2. (2) als Durchschnitt eines Kreises mit Mittelpunkt in K 2 und Radius in in K mit einer Geraden durch ein Paar von Punkten aus K 2. (3) als Durchschnitt zweier Kreise mit Mittelpunkten in L 2 und Radien in L.

9 Geometrische Zahlen 11 Erzeugung von geometrischen Zahlen Der nächste Satz zeigt: Liegen die Radien und die Koordinaten der weißen Punkte im Körper K der geometrischen Zahlen, dann liegen die schwarzen Punkte in einer algebraischen (genauer: quadratischen) Erweiterung Q( a). Satz. Sei K ein Teilkörper der geometrischen Zahlen. Dann liegen die Zahlen, die man aus K durch Konstruktion mit Zirkel und Lineal erhält, im Körper K( α), für ein α K. Beweis. Konstruktion (1): Der Schnittpunkt von einer Geraden durch die Punkte (x 1, y 1 ),(x 2, y 2 )

12 I. Elementare Mathematik 1 K 2 und einer Geraden durch (u 1, v 1 ),(u 2, v 2 ) K 2 ist gegeben als gemeinsame Lösung der Gleichungen y = m 1 x + n 1, y = m 2 x + n 2. Eine solche Lösung ist aber die Lösung von (m 2 m 1 )x = n 1 n 2 und damit wieder ein Punkt aus K 2. Wir erhalten also durch die Konstruktion (1) überhaupt keine neuen Punkte. Konstruktion (2): Der Schnittpunkt einer Geraden mit einem Kreis ist die gemeinsame Lösung der beiden Gleichungen y = mx + n r 2 = (y y 0 ) 2 + (x x 0 ) 2 Eine solche Lösung ist aber gegeben durch r 2 = (mx + n y 0 ) 2 + (x x 0 ) 2 = m 2 x 2 + (n 2 2ny 0 + y 2 0) + x 2 2xx 0 + x 2 0 = (m 2 + 1)x 2 + 2xx 0 + (n 2 2ny 0 + y 2 0 + x 2 0)

9 Geometrische Zahlen 13 und damit als Lösung einer quadratischen Gleichung. Diese Lösung hat die Form a + b α mit a, b, α K. Also liegt die Lösung in K(α). Konstruktion (3): Der Durchschnitt von zwei Kreisen ist die gemeinsame Lösung der Gleichungen: x 2 + y 2 + d 1 x + e 1 y + f 1 = 0 x 2 + y 2 + d 2 x + e 2 y + f 2 = 0 Diese beiden Kreise haben den gleichen Schnittpunkt wie der folgende Kreis und die folgende Gerade: x 2 + y 2 + d 1 x + e 1 y + f 1 = 0 (d 1 d 2 )x + (b(e 2 e 1 )y + (f 2 f 1 ) = 0 Wir wissen aber bereits, dass solche Schnittpunkte in K( α) liegen. Damit können die geometrischen Zahlen wie folgt algebraisch charakterisiert werden: Korollar. Eine reelle Zahl α ist geometrisch, wenn es eine endliche Folge

14 I. Elementare Mathematik 1 Q = K 0 K 1 K 2... K n R von Körpern gibt mit K i+1 = K i (α i ) und α 2 i K i. Eine kleine Verallgemeinerung des Grades. Alles was wir bisher gesagt haben, bleibt gültig, wenn wir Paare von Körpern (K,Q) ersetzen durch Paare von beliebigen Körpern (K, F) mit F K R, man muß lediglich Koeffitzienten im Körper F statt im Körper Q der rationalen Zahlen betrachten. Insbesondere Definition. Seien F K Körper. Dann ist grad (K, F) gleich der Anzahl aller Zahlen einer Kollektion die K linear erzeugt (mit Koeffizienten in F) und für die das Minimalitäts-Kriterium gilt (mit Koeffizienten in F). Satz. Seien F E K Körper. Dann ist grad (K, F)) = grad (K, E) grad (E, F)

9 Geometrische Zahlen 15 falls sowohl grad (K, E) als auch grad (E, F) existieren. Beweis. (Skizze) Seien α 1,..., α n und β 1,..., β n die Basen der Körperpaare (K, E) und (E, F). Beh. α i β j Bew. Sei ist Basis für die das Körperpaar (K, F). c ij α i β j = 0 i,j Dann kann man dies als ( c ij α i )β j = 0 j i schreiben. Es folgt, dass i c ijα i = 0. für alle i, da β 1,..., β m linear unabhängig. Hieraus folgt, dass c ij = 0, da α 1,...,α n linear unabhängig.

16 I. Elementare Mathematik 1 Beispiel. Da Q( 2) eine Körper ist, erhalten wir mit Q( 2)( ( 3) = Q( ) 2) ( 3) einen weiteren Körper. Nach Definition, besteht er aus den algebraischen Zahlen der Form (a + b 2) + (c + d 2) 3 Dies läßt sich als lineare Kombination der 4 Zahlen schreiben, denn 1, 2, 3, 2 3 (a + b 2) + (c + d 2) 3 = a + b 2 + c 3 + d 2 3 = (a + b 2) 1 + (c + d 2) 3. Da 1, 3 das Minimalitäts Kriterium erfüllt, gilt a + b 2 = 0 und c + d 2 = 0. Da 1, 2 das Minimalitäts Kriterium erfüllt, folgt dass alle Koeffizienten a = b = c = d = 0 sind. Damit ist gezeigt, dass 1, 2, 3, 2 3 das Minimalitäts Kriterium erfüllen. Also ist grad ( Q( 2)( 3),Q ) = 4.

9 Geometrische Zahlen 17 Satz. Sei α R und Q(α) der kleinste Körper in R, der Q und α enthält. Dann ist grad Q(α) = 2 k, falls α eine geometrische Zahl ist. Beweis. Aus zuvor bewiesenem Satz folgt grad(e,q) = grad(e, K k ) grad(k k, K k 1 )... grad(k 1, K 0 ) und grad(k i, K i 1 ) = 2. Dies beweist den Satz. Die Dreiteilung des Winkels. Wir wollen sehen, dass sich ein spezifischer Winkel, nämlich der Winkel α = 20 o nicht mit Zirkel und Lineal konstruieren läßt (übrigens: 18 20 = 360 - also läßt sich das 18-Eck nicht mit Zirkel und Lineal konstruieren).

18 I. Elementare Mathematik 1 Wir beginnen mit der folgenden Formel: cos(3θ) = cos(2θ + θ) = cos(2θ) cos(θ) sin(2θ) sin(θ) = (2 cos 2 (θ) 1) cos(θ) 2 sin 2 (θ) cos(θ) = (2 cos 2 (θ) 1) cos(θ) 2(1 cos 2 (θ) cos(θ) = 4 cos 3 (θ) 3 cos(θ). Aber der Winkel θ ist geometrisch genau dann wenn α = cos(θ) geometrisch ist. Ist nun θ = 20 o, dann ist cos(3θ) = cos(60 o ) = 1 2. Somit nach der obigen Rechnung: 4α 3 3α = 1 2 Damit ist α = cos(20 o ) eine Lösung der Gleichung p(x) = 8x 3 6x 1 = 0. p(x) ist eine Dreiteilungs Polynom. Wir behaupten, dass dies Dreiteilungspolynom irreduzibel ist (und beweisen es Anhang 1). Damit können wir den Beweis des Satzes fortsetzen. Es ist α = cos(20 o ) eine Lösung von p(x) = 0 und,

9 Geometrische Zahlen 19 wegen der eben bewiesenen Behauptung, ist p(x) das Minimalpolynom von α. Der Grad des Minimalpolynoms ist aber gleich dem Grad des Körpers Q(α). Also gradq(α) = 3 Wenn nun α geometrisch wäre, dann wäre gradq(α) = 2 k Aber 3 2 k, für jedes k. Also kann α nicht geometrisch sein. Damit ist bewiesen: Satz. Die Zahl α = cos(20 o ) ist nicht geometrisch, d.h. nicht mit Zirkel und Lineal konstruierbar.

20 I. Elementare Mathematik 1 Anhang 1. Irreduzibilität der Dreiteilungsgleichung. Behauptung Sei p(x) = 8x 3 6x 1. Dann gibt es keine nicht-trivialen Polynome f(x), g(x) mit rationalen Koeffizienten und mit p(x) = f(x) g(x). Beweis der Behauptung. Es gibt zunächst keine solchen Polynome mit ganzzahligen Koeffizienten. Da eines der Polynome linear sein muß, müsste p(x) = 0 eine ganze Zahl als Lösung haben. Aber das ist unmöglich, wie man leicht nachprüft. Nehmen wir also an, f(x), g(x) haben beide rationale Koeffizienten. Dann ist: ( ) ( ) p(x) = f(x) g(x) = a1 a 2 x 2 + a 2 b 2 x + a 3 b 3 a4 b 4 x + a 5 b 5 Dann setze Dann sind B 1 = b 1 b 2 b 3, B 2 = b 3 b 4, D 1 = ggt(a 1, a 2, a 3 ), D 2 = ggt(a 4, a 5 ) f 1 (x) = B 1 D 1 f(x) und g 1 (x) = B 2 D 2 g(x)

9 Geometrische Zahlen 21 Polynome mit Koeffizienten in Z. Also p(x) = f(x) g(x) = D 1 B 1 f 1 (x) D2 B 2 g 1 (x) ( ) = D1 D 2 B 1 B 2 f 1 (x) g 1 (x) Da die Koeffizienten von f(x) ganze Zahlen sind, muß auch D 1 D 2 B 1 B 2 eine ganze Zahl sein. Also sind ( ) D f 2 (x) := 1 D 2 B 1 B 2 f 1 (x) und g 2 (x) := g 1 (x) Polynome mit ganzen Koeffizienten. Das ist aber unmöglich, denn p(x) ist kein Produkt von ganzzahligen Polynomen. Anhang 2. Körper der algebraischen Zahlen. Satz. Die Menge der algebraischen Zahlen, zusammen mit der gewöhnlichen Addition und Multiplikation, bildet einen Körper - den Körper der algebraischen Zahlen. Beweis. Seien α, β algebraische Zahlen. Dann liegen α + β und α β in Q(α)(β) = Q(α, β). Wir wissen Q(α, β);q] ist endlich. Also können die Zahlen α + β,(α + β) 2,(α + β) 3,...

22 I. Elementare Mathematik 1 nicht alle linear unabhängig sein. Ebenso für α β. Es gibt also ein n und rationale Zahlen a n 1,..., a 0 0 mit a n 1 (α + β) n 1 + a n 2 (α + β) n 2 +... + a 0 = 0 Dann ist r(x) = a n 1 x n 1 +... + a 0 das gesuchte Polynom für α + β. Ähnlich für α β. Damit ist die Menge der algebraischen Zahlen abgeschlossen gegenüber der Addition und Multiplikation. Die Menge der algebraischen Zahlen bildet einen Ring. Weiter sind α, 1 α Q(α), da Q(α) ein Körper ist. Also gibt es nach obigem Argument auch für α und 1/α ein Polynom. Demnach sind α und 1/α algebraisch. Daraus folgt, dass die Menge der algebraischen Zahlen einen Körper bildet.