Thema: Gaps in Evidence in der medikamentösen Behandlung der Herzinsuffizienz

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Transkript:

OmniaMed AKADEMIE Thema: Gaps in Evidence in der medikamentösen Behandlung der Herzinsuffizienz Autor: Univ.-Prof. Dr. med. Burkert Pieske Stand: Dezember 2016 Sponsor: Novartis AG Univ.-Prof. Dr. med. Burkert Pieske ist Direktor des Charité Centrums für Herz-, Kreislauf- und Gefäßmedizin, Charité Universitätsmedizin Berlin 1 Einleitung Die Herzinsuffizienz ist eine bösartige Erkrankung mit einer höheren Sterblichkeitsrate als viele Krebsarten. Neue Evidenz hat im Jahr 2016 zu zahlreichen Änderungen in den ESC-Leitlinien zur Diagnose und Behandlung der Herzinsuffizienz geführt. Dennoch bestehen immer noch Evidenzlücken, zu deren Schließung weitere Studien notwendig sind. In dieser Fortbildung werden nicht nur die aktuellen Leitlinienänderungen zur Definition und Diagnose der Herzinsuffizienz mit ihren Hintergründen vorgestellt, sondern Sie erhalten auch Einblick in die Ergebnisse aktueller klinischer Studien zur Prävention und Therapie, die ihren Niederschlag in den Leitlinien gefunden haben. 2 Epidemiologie der Herzinsuffizienz in Europa Abbildung 1 zeigt die aktuellen Sterblichkeitsdaten zur Herzinsuffizienz aus dem europäischen Sterblichkeitsregister basierend auf den Daten von tausenden von Patienten. In Europa hat heute ein Mensch mit einer stabilen symptomatischen Herzinsuffizienz, der nicht in ein Krankenhaus aufgenommen wurde, ein einjähriges Sterblichkeitsrisiko von 7 Prozent. Wenn dieser Mensch dekompensiert und ins Krankenhaus aufgenommen wird, dann liegt dieses Risiko bei über 17 Prozent [7]. Wenn man diese Zahlen auf 5 Jahre hochrechnet, dann wissen wir, dass Herzinsuffizienz eine höhere Sterblichkeitsrate hat, als viele Krebsarten. Herzinsuffizienz ist also keine harmlose Erkrankung, sie ist eine bösartige Erkrankung. Abb.1 Epidemiologie der Herzinsuffizienz in Europa Quelle: adaptiert nach Maggioni [7] 3 ESC Guidelines 2016 Wir kommen zu den wesentlichen Neuerungen in den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie zur Diagnose und Behandlung der Herzinsuffizienz, die auf dem Heart Failure Meeting in 1

Florenz im Mai 2016 vorgestellt wurden. Ich hatte die Ehre, auch in diesem Leitlinienkomitee zu sein und kenne deshalb die Diskussionen, die zu diesen Empfehlungen geführt haben. 3.1 Neue Definitionen Die ESC Leitlinien haben Herzinsuffizienz neu definiert und die Definition ein wenig spezifiziert. Über den Sinn oder Unsinn kann man sich streiten. Ich stelle Ihnen die Neuerungen kurz vor. Die Herzinsuffizienz wird jetzt in drei Kategorien eingeteilt, nämlich in eine Kategorie, die wir gut kennen und das sind Patienten mit einer reduzierten Auswurfleistung mit einer EF unter 40 Prozent, also Heart Failure with reduced Ejection Fraction vulgo systolische Herzinsuffizienz. Dann gibt es die Patienten mit Herzinsuffizienz und einer EF von 50 Prozent oder höher, das ist Heart Failure with preserved Ejection Fraction vulgo diastolische Herzinsuffizienz. Neu ist, dass man sich auf diesen cut-off von 50 Prozent bei der EF geeinigt hat. Jetzt ist eine dritte Kategorie eingeführt worden: Heart Failure with mid-range Ejection Fraction, also einer mäßig reduzierten EF zwischen 40 und 50 Prozent. Alle, die echokardiografische Untersuchungen machen wissen, dass das á priori totaler Unsinn ist, denn ein Patient, der heute eine EF von 47 Prozent hat, hat bei einer Wiederholungsuntersuchung vielleicht eine EF von 52. Es handelt sich um eine kontinuierliche Entwicklung, bei der man sich auch mal etwas verschätzen kann. Bei der MR- Untersuchung wird zum Beispiel ein anderer Wert für die EF bestimmt, als bei der Echokardiografie und so weiter. Und diejenigen, die an klinischen Studien teilnehmen, wissen, dass wenn Sie 1.000 Menschen in eine klinische Studie einschließen und die Echolabore die Messwerte übermitteln, dann kommt das eigenartige Phänomen heraus, dass die Patienten überwiegend eine EF haben, die durch 5 teilbar ist. Die Patienten haben also eine EF von entweder 20 Prozent, oder 25, oder 30 oder 35. Auch diese Zahlen sind nicht ganz korrekt, sondern basieren auf der individuellen Rundung der Werte durch den Untersucher. Die erwähnte Kategorie mit der mid-range Ejection Fraction zwischen 40 und 50 Prozent ist zwar etwas fragwürdig, aber es gibt dabei zwei Hintergedanken. Erstens müssen wir uns bei der Herzinsuffizienz immer Gedanken zur Ätiologie machen. Diejenigen Patienten, die in diesen mid-range fallen, das sind ganz häufig Patienten, die zum Beispiel einen Herzinfarkt hatten, rasch reperfundiert wurden und dann mit einer EF von 45 Prozent und einer Vorderwandakinesie zurückbleiben und dann vielleicht symptomatisch sind. Das ist natürlich ein ganz anderes Patientenkollektiv als eine ältere Dame mit Diabetes und Bluthochdruck, einer EF von 55 oder 60 Prozent und einer diastolischen Herzinsuffizienz. Diese Patienten kann ich unmöglich gleich behandeln und das wird jedem einleuchten. Es handelt sich also von der Ätiologie her um unterschiedliche Patientenkollektive. Der zweite und noch wichtigere Hintergedanke ist, dass wir für dieses Patientenkollektiv mit einer mid-range EF, es handelt sich um ungefähr 10 bis 15 Prozent aller Patienten, überhaupt keine evidenzbasierte Behandlung haben. Alle Studien, über die ich gleich sprechen werde, beziehen sich auf die Gruppe der Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz. 3.2 Diagnostischer Basis-Algorithmus für Herzinsuffizienz Wir kommen zur Diagnose. Abbildung 2 zeigt die wesentliche Abbildung aus den Leitlinien zur Diagnose [8]. Wie gehen wir da vor? Ein Patient kommt zu uns und klagt über Kurzatmigkeit. Die kann natürlich alle möglichen Ursachen haben, Herz- oder Lungenerkrankungen, eine Anämie, Skelettmuskelerkrankungen, was auch immer. Wir müssen uns klinisch fragen, wie wahrscheinlich die Diagnose Herzinsuffizienz ist. Die möglichen Differenzialdiagnosen können wir mit unserer Erfahrung relativ schnell durchgehen, dann spielt die Anamnese eine Rolle, welche Risikofaktoren liegen vor, Bluthochdruck, Diabetes oder ein Zustand nach Infarkt? Dann die klinische Inspektion und Untersuchung: sind Ödeme da und wie sieht das EKG aus? Hier gibt es einen Leitspruch: Es gibt keine typischen EKG-Zeichen für Herzinsuffizienz, aber ein normales EKG macht eine Herzinsuffizienz recht unwahrscheinlich. Dann kommen die Echokardiografie und die natriuretischen Peptide ins Spiel. Bei den natriuretischen Peptiden gibt es jetzt cut-offs. Ab einem NTproBNP-Wert von über 125 pg/ml oder einem BNP von über 30 pg/ml wird es auffällig und würde dann zu einer Herzinsuffizienz passen und die Echokardiografie sollte dann die Antwort geben. 2

Abb.2 Diagnostischer Basis-Algorithmus für Herzinsuffizienz der ESC Guidelines 2016 Quelle: adaptiert nach Ponikowski et al [8] 3.3 Entscheidende Kriterien für diastolische Herzinsuffizienz Bei der diastolischen Herzinsuffizienz haben wir ein diagnostisches Problem mit der Echokardiografie. Jetzt haben wir einen Patienten, der ist kurzatmig, hat eine Leistungsminderung und alle klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz, aber mit dem Schallkopf sehen wir einen kleinen und nicht dilatierten Ventrikel, der offensichtlich gut pumpt. Jetzt brauchen wir auch echokardiografisch zusätzliche Evidenz, das wirklich mit dem Herzen etwas nicht stimmt. Ich habe aus den Leitlinien mal die Punkte zusammengefasst, die im Text genannt werden. Diastolische Herzinsuffizienz mit einer EF über 50 Prozent. An strukturellen Veränderungen eine Vorhofdilatation und/oder linksventrikuläre Hypertrophie (linksventrikulärer Massenindex). An funktionellen Veränderungen Gewebedoppler E/é größer gleich 13 als Hinweis auf einen erhöhten linksventrikulären Füllungsdruck und é als ein Maß für die Relaxationsgeschwindigkeit des Myocards von kleiner 9 cm pro Sekunde. Die Parameter der natriuretischen Peptide funktionieren bei einer diastolischen Herzinsuffizienz nicht besonders gut. Für diese Indikation gibt es jetzt also klarere Hinweise zur Diagnose in den Leitlinien [8]. 4. Neue orale Antidiabetika 3

Nächster Punkt: Prävention. Die FDA fordert aufgrund der negativen Erfahrungen in der Vergangenheit, dass neue Antidiabetika die Rate an kardiovaskulären Ereignissen zumindest nicht steigern dürfen. Als Kardiologe habe ich den Diabetes mellitus eigentlich bislang nicht als relevante Erkrankung gesehen und das Fachgebiet der Diabetologie verstehe ich nicht. Wenn man immer nur den Blutzucker behandelt und die Patienten davon überhaupt nicht profitieren, was soll das eigentlich? Das ist natürlich übertrieben, aber ich habe die Endokrinologen damit immer geärgert. Jetzt ändert sich die Sache etwas. 4.1 EMPA-REG-OUTCOME -Ergebnisse Mit der EMPA-REG-OUTCOME -Studie hat eine als Sicherheitsstudie angelegte Studie überraschenderweise gezeigt, dass bei Patienten mit Typ 2 Diabetes mellitus und einem kardiovaskulären Risikoprofil im Vergleich zu Placebo kardiovaskuläre Ereignisse bei gleich guter Blutzuckereinstellung verhindert werden können [11]. Dies gilt vor allem auch für die Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz und das Neuauftreten einer Herzinsuffizienz, wie in Abbildung 3 dargestellt. Dies Ergebnis hat völlig überrascht und hat zu einem regelrechten Hype geführt, so dass man jetzt mit diesen neuen Substanzen prospektive Herzinsuffizienzstudien durchführt. Man sagt sich, dass das vielleicht die Substanzen sind, die man braucht, um auch die Therapie der Herzinsuffizienz weiter zu verbessern, wenn die einen so ausgeprägten Effekt bei der Verhinderung der Herzinsuffizienz haben. Abb.3 Ergebnisse der EMPA-REG-OUTCOME -Studie Quelle: adaptiert nach Zinman et al [11] 4.2 Wirkmechanismus der SGLT2-Hemmung Wie wirken diese sogenannten SGLT2-Inhibitoren? Es gibt in der Niere den Natrium-Glucose-Transporter und diese Substanzen verhindern im Tubulus und im Sammelrohr die Rückresorption von Glukose in den Körper. Die Glukose, die im Glomerulum ausgeschieden wird, wird auch endgültig ausgeschieden und nicht wieder zurück resorbiert [4]. Wenn ich jetzt also einen Teelöffel Zucker esse, dann verliere ich davon bei der Diurese direkt wieder die Hälfte. Das ist eigentlich nicht schlecht, denn die Patienten haben erstens an Gewicht verloren im Gegensatz zur Insulintherapie, wo ja bekanntlich das Gegenteil passiert, 4

und zweitens ist der Blutdruck abgefallen, was natürlich die dokumentierten Effekte mit erklären kann, dass die Patienten sich auch kardiovaskulär besser gestellt haben. Das Wirkprofil der neuen Antidiabetika ist also sehr gut. Als Nebenwirkung gibt es Harnwegsinfekte bei den Patienten, die stark dazu neigen. Hier sollte man also vorsichtig sein und mit guter Pflege gegensteuern. 4.3 ESC 2016 Prävention Die EMPA-REG-OUTCOME -Studie hat dazu geführt, dass in den ESC-Leitlinien Empagliflozin in der Prävention der Herzinsuffizienz bei Patienten mit Typ 2 Diabetes und kardiovaskulärem Risiko, die noch keine Herzinsuffizienz haben, mit einer Klasse IIa-Indikation empfohlen wird. Denken Sie daran, dass Metformin bislang das einzige Antidiabetikum ist, das kardiovaskuläre Ereignisse reduziert. In der Gebrauchsinformation von Metformin steht, dass es bei der Herzinsuffizienz kontraindiziert ist. Das ist natürlich völliger Unsinn, aber jetzt haben wir mit dem Empagliflozin etwas Neues. 5 Medikamentöse Behandlung der systolischen Herzinsuffizienz 5.1 Therapeutischer Algorithmus bei reduzierter EF Nächster Punkt: medikamentöse Behandlung der systolischen Herzinsuffizienz. Abbildung 4 ist die zentrale Abbildung in den Leitlinien. Es geht um Patienten mit einer Ejektionsfraktion unter 35 Prozent und hier stehen auf der linken Seite in grün dargestellt Diuretika als Klasse I Empfehlung für alle Patienten unter 35 Prozent und symptomatischer Herzinsuffizienz. In der Regel sind es Schleifendiuretika, die dann zur Symptomkontrolle eingesetzt werden. Bei einer EF von 35 Prozent trotz optimierter medikamentöser Behandlung sollte man überlegen, ob diese Patienten in der Primärprävention einen Defibrillator brauchen. Dann wird jeder Patient mit symptomatischer Herzinsuffizienz mit ACE-Hemmer und Betablocker behandelt. Wenn er den ACE-Hemmer nicht verträgt, erhält der Patient einen Angiotensin-Rezeptorblocker. Hier hat sich in den Leitlinien nichts geändert. Wenn der Patient weiter symptomatisch bleibt, kommt ein MR-Antagonist hinzu. Ich mache das auch, wenn die Patienten nicht mehr symptomatisch sind, weil es das Überleben verbessert. Und wenn die Patienten mit der Dreifachbehandlung aus ACE-Hemmer, Betablocker und MR-Antagonist immer noch symptomatisch sind, dann muss man weiterdenken. Ein Patient, der eine symptomatische Herzinsuffizienz mit einer EF unter 35 bis 40 Prozent hat, mit ACE- Hemmer und Betablocker vorbehandelt ist und zu Ihnen in die Praxis kommt, der sollte mit Klasse I Indikation auf einen ARNI umgesetzt werden, also einen Angiotensinrezeptor-Neprilysin-Inhibitor. Bei einem Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz und reduzierter Pumpfunktion mit einer QRS- Dauer von 130 Millisekunden oder länger sollte ein CRT, also eine Resynchronisation überlegt werden. Bei einem Linksschenkelblock sollte eine Resynchronisation erfolgen, wenn nichts dagegen spricht. Wenn kein Linksschenkelblock vorliegt, der QRS-Komplex aber breiter als 130 Millisekunden ist, sollte man sich die Resynchronisation überlegen. Die CRT können Sie vergessen, wenn die QRS-Breite unter 130 Millisekunden liegt, weil sie dann keinen Nutzen bringt und eher schadet. Wenn die Patienten im Sinusrhythmus und trotz optimierter Betablockertherapie tachycard sind, kann man den Sinusknoteninhibitor Ivabradin erwägen. Wenn man dann alles gemacht hat und die Patienten sind immer noch symptomatisch, kann man weiterführende Maßnahmen überdenken. 5

Abb.4 Therapeutischer Algorithmus für einen Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz mit reduzierter EF; ESC Guidelines 2016 Quelle: adaptiert nach Ponikowski et al [8] 5.2 Angiotensin-Neprilysin-Inhibition Lassen Sie uns kurz über diese wesentliche Neuerung in der medikamentösen Behandlung sprechen, nämlich die Umsetzung von ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptorblocker auf einen ARNI. ARNI, Angiotensinrezeptor-Neprilysin-Inhibitor, ist eine neue Substanzklasse, die neben der gut etablierten Blockade des Renin-Angiotensin-Systems das Neprilysin hemmt, wie zum Beispiel mit der Kombination aus Valsartan und Sacubitril. Neprilysin ist ein endogenes Enzym, das in allen möglichen Körperzellen vorkommt und den Abbau der natriuretischen Peptide, also ANP und BNP vermittelt. Diese Peptide haben ja eine vorteilhafte biologische Wirkung, die zum Beispiel das Phänomen erklärt, warum das Wasser in einem Kinderschwimmbecken nach einer gewissen Nutzungszeit immer etwas gelblich verfärbt ist. Wenn ihr Kind ohne die Schwimmwindeln ins Kinderschwimmbecken geht, kommt es durch den vermehrten hydrostatischen Druck von Außen zu einer venösen Kompression und zu einem vermehrten venösen Rückstrom aus den Beinen und den Armen in den rechten Vorhof. Der rechte Vorhof wird dilatiert und dadurch wird vermehrt atriales natriuretisches Peptid (ANP) und auch BNP sezerniert. Das führt in der Niere zur vermehrten Diurese und wenn da 10 Kinder in einem kleinen Schwimmbecken sind, kann man das Ergebnis nach einer halben Stunde sehen. Das geht relativ rasch und das sind die unmittelbaren Effekte der natriuretischen Peptide. Bei einer chronischen Erkrankung brauchen wir die natriuretischen Peptide, weil sie nicht nur diuretisch und natriuretisch, sondern auch antifibrotisch und antiproliferativ wirksam sind. Durch den Abbau dieser Peptide kann man die nützlichen Effekte verlängern und verstärken. 6

5.3 PARADIGM-HF-Studie Das wurde mit Sacubitril/Valsartan in der großen PARADIGM-HF-Studie untersucht, die schon vor 2 Jahren veröffentlicht wurde und auch die ich nicht im Detail eingehen werde. Sie wissen, dass das Überleben, die Hospitalisierung und andere Parameter gegenüber einem ACE-Hemmer hochsignifikant gebessert bzw. verhindert worden sind, wie in Abbildung 5 dargestellt [6]. Aus diesem Grund ist die Gabe eines ARNI als Klasse-Ib-Empfehlung in die Leitlinien mit aufgenommen worden. Abb.5 PARADIGM-HF: Kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz (Primärer Endpunkt); LCZ696 = Sacubitril/Valsartan Quelle: adaptiert nach McMurray et al [6] 5.3.1 Demenz als Nebenwirkung in Herzinsuffizienzstudien Jetzt gab es ein Reihe von weiteren Analysen zur PARADIGM-HF-Studie, auf die ich kurz eingehen möchte. Eine Frage, die auch mir immer wieder auch von Patienten vorgetragen wird, lautet: Bekomme ich davon Alzheimer? Wir wissen, dass Neprilysin im Gehirn auch das Amyloid-Beta abbaut. Die Hemmung des Abbaus von Amyloid-Beta könnte theoretisch eine mögliche Ursache für das Auftreten einer Demenz nach 10 bis 20 Jahren Behandlung sein. Die Neurologen sagen uns, dass das aber sehr unwahrscheinlich ist, weil es im Gehirn 23 Enzyme gibt, die Amyloid-Beta abbauen und eines davon ist Neprilysin. Es bleibt bei einer Hemmung des Neprilysins also immer noch ein redundantes System von 22 Enzymen über und das wird letztenendes keinen Einfluss haben. Da wir es aber nicht genau wissen und man vorsichtig sein muss, laufen dazu jetzt prospektive Studien. Es gibt aktuell keine klinischen Hinweise, aber es gibt eine Studie, die in diesem Jahr vorgestellt und veröffentlicht wurde. Aus dem PARADIGM-Kollektiv mit über 8000 Patienten wurden die Adverse Event Meldungen nach standardisierten Kriterien mit der Fragestellung analysiert, bei wie vielen Patienten im Studienzeitraum von 4-5 Jahren eine Verschlechterung der kognitiven Funktion dokumentiert wurde. Die Ergebnisse wurden mit großen anderen Studien verglichen. Es wurde zwischen einer engen und einer breiteren Definition von Demenzmeldungen unterschieden. Es kam heraus, das es bei der Häufigkeit solcher Meldungen keinen Unterschied zwischen den Patienten in der Sacubitril/Valsartan-Gruppe und der Enalapril-Gruppe gab. Und wenn man die Ergebnisse von PARADIGM-HF mit denen anderer großer Studien vergleicht, dann liegt das alles etwa im gleichen Bereich. Es gibt also aus dem PARADIGM-Kollektiv über den untersuchten Studienzeitraum von ein paar Jahren keinen Hinweis auf eine Häufung von Demenz [1]. 5.3.2 Hyperkaliämierisiko und Kreatininkonzentration in PARADIGM Ein zweiter Punkt: offensichtlich kann über das BNP-System eine Hyperkaliämie verhindert werden. Das ist in dieser weiteren post hoc Analyse von PARADIGM-HF untersucht worden. Die Patienten wurden 7

danach stratifiziert, ob sie mit einen MR-Antagonisten, also entweder mit Spironolocton oder mit Eplerenon, behandelt wurden oder nicht. Die Gruppen waren vergleichbar groß. Es kam heraus (siehe Abbildung 6), dass über die Studiendauer bei den Patienten in der Enalapril-Gruppe das Kalium im Mittel leicht von 4,5 auf 4,6 angestiegen ist, bei den Patienten in der Sacubitril/Valsartan-Gruppe aber nicht [2]. Das ist also schon einmal ein deutlicher Unterschied. Abb.6 Verlauf der Serumkalium- und Serumkreatininkonzentration in PARADIGM-HF Quelle: adaptiert nach Desai et al [2] Wenn man jetzt aber die Inzidenz von klinisch relevanten Hyperkaliämien anschaut (siehe Abbildung 7), dann waren die am häufigsten bei den mit Enalapril und einem MR-Antagonisten behandelten Patienten. Bei den Patienten mit Sacubitril/Valsartan und einem MR-Antagonisten sind deutlich weniger relevante Hyperkaliämien dokumentiert worden. Dieser Unterschied gilt auch für die Patientengruppen, die keinen MR-Antagonisten erhalten haben [2]. Wir haben also unter Sacubitril/Valsartan deutlich weniger klinisch relevante Hyperkaliämien und ich glaube, das ist auch eine wichtige Information. Abb.7 Schwere Hyperkaliämien in PARADIGM-HF Quelle: adaptiert nach Desai et al [2] 5.3.3 Bedeutung der Ejektionsfraktion Der dritte wichtige Punkt zur PARADIGM-HF-Studie betrifft den Einfluss der Ejektionsfraktion zu Studienbeginn auf das Studienergebnis. Sie lag zu diesem Zeitpunkt ja zwischen 1 und 40 Prozent. Völlig unabhängig von der Behandlungsart kommt zunächst einmal heraus, je schlechter die EF ist, desto höher ist die Ereignisrate. Also ein Patient mit einer EF von 35 Prozent hatte ein besseres Outcome als ein Patient mit 25 oder 15 Prozent, was den kombinierten Endpunkt oder die Gesamtmortalität betrifft. Das sind also die kränkeren Patienten und das ist auch soweit logisch. 8

Die Wirksamkeit von Sacubitril/Valsartan gegenüber Enalapril war unabhängig von der Ejektionsfraktion gleichermaßen vorhanden, wie in Abbildung 8 dargestellt. Egal, ob der Patient eine schlechte oder noch eine ganz ordentliche EF hatte, die Risikoreduktion von Sacubitril/Valsartan war immer gleich [10]. Wir können also nicht sagen, wenn einer eine ganz schlechte EF hat, dann sollte man bei diesem Patienten diese Therapie nicht mehr anwenden. Soweit zum Sacubitril/Valsartan. Abb.8 Die Ejektionsfraktion zu Studienbeginn hatte in der PARADIGM-HF Studie keinen Einfluss auf das Studienergebnis Quelle: adaptiert nach Solomon et al [10] 5.4 Bedeutung der Eisensubstitution bei Herzinsuffizienz Dann gab es eine Klasse IIa Empfehlung auf der Basis von zwei Studien zum Thema Herzinsuffizienz und Eisenmangel. Eisenmangel wird nicht über den Hb-Wert definiert. Entweder liegt das Serum-Ferritin unter 100 g/l, oder es liegt zwischen 100 und 300 g/l und die Transferrinsättigung beträgt weniger als 20 Prozent. In diesen Fällen kann ein Eisenmangel diagnostiziert werden. Die Messung des Eisenspiegels selbst spielt keine Rolle. Wenn man einen Eisenmangel diagnostiziert hat, dann sollte man Eisencarboxymaltose intravenös applizieren. 5.4.1 CONFIRM-HF-Studie In mehreren Studien bei Patienten mit Eisenmangel und systolischer Herzinsuffizienz wurde der Nachweis erbracht, dass die intravenöse Gabe von Eisencarboxymaltose (FCM) wirksam ist. Eine dieser Studien heißt CONFIRM-HF. Hier wurde die gegebenenfalls einmal zu wiederholende Gabe von 500 bis 1000 mg Eisencarboxymaltose mit Placebo verglichen. Die Eisensubsitution führte zu einer deutlichen Zunahme der Leistungsfähigkeit (siehe Abbildung 9), der Lebensqualität und zu einer Reduktion klinischer Ereignisse. Es handelte sich um eine Phase II-Studie [9] aber es liegen mittlerweile mehrere Studien zur intravenösen Gabe von Eisencarboxymaltose (FCM) vor, deren Ergebnisse in die gleiche Richtung deuten. 9

Abb.9 Primärer Endpunkt von CONFIRM-HF: Veränderung der 6-Minuten-Gehstrecke nach 24 Wochen Quelle: nach Ponikowski et al [9] 5.4.2 IRONOUT-Studie Zum American Heart Kongress wurden die Ergebnisse einer Studie zur in der Praxis häufig vorkommenden oralen Substitution von Eisen bei Patienten mit Eisenmangel und systolischer Herzinsuffizienz vorgestellt [5]. Im Grunde ist das Studienkonzept gleich wie bei CONFIRM-HF. Die Patienten haben einen diagnostizierten Eisenmangel und haben eine systolische Herzinsuffizienz. Der Hb- Wert kann normal sein. Der einen Gruppe wurde oral 2x täglich 150mg Eisen gegeben und der anderen Gruppe Placebo. Beide Gruppen wurden über 16 Woche beobachtet. Abb.10 Ergebnisse zu den primären Endpunkten der IRONOUT-Studie Quelle: nach Lewis [5] Die Patienten haben von der oralen Eisengabe nicht profitiert, wie in Abbildung 10 dargestellt. Links sehen Sie den spiroergometrischen Parameter Peak VO2 maximale Leistungsfähigkeit für beide Gruppen: überhaupt kein Unterschiede zwischen oraler Eisensubstitution und Placebo. 5.4.3 Vergleich der Studienergebnisse zur Eisensubstitution 10

Warum ist das so? In Abbildung 11 sind das Ferritin und die Transferrinsättigung (Tsat) dargestellt. Man sieht, dass man über einen Zeitraum von 16 Wochen mit einer oralen Eisensubstitution von 300mg am Tag die Eisenspeicher überhaupt nicht aufgefüllt bekommt. Ferritin und Tsat steigen über den Untersuchungszeitraum nur ganz geringfügig an. Im Gegensatz dazu ist auf der rechten Seite der Abbildung das Ergebnis der IV-IRON-Studie von Stefan Anker aufgeführt. Hier sind Ferritin und Transferrinsättigung deutlich angestiegen. In diesem Studiensetting ist die iv-eisengabe wirksam und die orale Eisengabe offensichtlich nicht [5]. Das ist eine wichtige Botschaft und die iv-eisengabe mit der Eisencarboxymaltose ist auch eine sichere Therapie. Abb.11 Vergleich der Ergebnisse zur oralen vs intravenösen Eisensubstitution bei Herzinsuffizienz Quelle: nach Lewis [5] 5.5 Lösliche Guanylat-Cyclase bei Herzinsuffizienz Lassen Sie mich zum nächsten neuen Therapieansatz kommen. Es gibt einen pathophysiologischen Befund bei Patienten mit Herzinsuffizienz, dass es über eine verminderte Bioverfügbarkeit von NO zu einer reduzierten Aktivität eines Enzyms in unseren Muskelzellen und Endothelzellen kommt, der löslichen Guanylatzyklase (sgc). Jetzt erinnern Sie sich alle an Ihr Medizinstudium und die Pathophysiologie und Biochemie: die lösliche Guanylatzyklase bewirkt die Bildung von zyklischem GMP aus GTP. Wenn die Aktivität dieses Enzyms vermindert ist, haben wir eine cgmp-defizienz und das trägt zur Myocard- Fehlfunktion und zur vaskulären Fehlfunktion bei. Vericiguat ist ein neuer Stimulator dieses Enzyms sgc und die cgmp-spiegel steigen wieder. Vericiguat ist verwandt mit einem Wirkstoff, den Sie bereits kennen, dem Riociguat. Riociguat ist auch ein sgc-stimulator, den man im Gegensatz zum Vericiguat allerdings dreimal am Tag einnehmen muss. Die Substanz ist mittlerweile weltweit zugelassen für die Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie in der WHO-Gruppe 1 und der CTEPH in der Gruppe 4, weil die Patienten sich leistungsfähiger fühlen und vielleicht auch länger leben, was wir bald sehen werden. 5.6 SOCRATES und VICTORIA Studienprogramm Zu Vericiguat gab es ein Phase-II Studienprogramm mit der Bezeichnung SOCRATES, wo Patienten mit systolischer aber auch mit diastolischer Herzinsuffizienz untersucht wurden. Der primäre Endpunkt war ein Surrogatparameter: Änderung des NTproBNP-Spiegels. Tatsächlich kam es dosisabhängig bei einer hohen Dosierung von 10 mg Vericiguat zu einem gegenüber Placebo statistisch signifikanten Abfall von NTproBNP nach 12 Wochen, wie in Abbildung 12 dargestellt. Die Verträglichkeit war sehr gut und die Behandlung führte tendenziell zu weniger kardiovaskulären Ereignissen gegenüber Placebo und den niedrigeren Dosen von Vericiguat [3]. 11

Abb.12 Primärer Endpunkt: NTproBNP nach 12 Wochen Behandlung mit Vericiguat Quelle: adaptiert nach Gheorghiade et al [3] Also vielversprechende Ergebnisse, so dass jetzt eine weltweite Phase-III Studie mit Vericiguat läuft mit der Bezeichnung VICTORIA. In diese Studie werden fast 5000 Patienten eingeschlossen und nach randomisierter Zuteilung entweder mit 10mg Vericiguat oder Placebo verglichen. Die Studie ist Eventgetrieben und wird ein paar Jahre dauern. Wie gesagt, die Studie läuft und die ersten 150 bis 200 Patienten sind bereits eingeschlossen. Vielleicht werden Sie in Ihrer täglichen Praxis auch mit Patienten zu tun haben, die in dieser Studie sind. 6 Zusammenfassung Vielen Dank für Ihr Interesse, Sie haben sich durchgekämpft. Noch einmal aus meiner Sicht die Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte. Es gibt einen neuen Bereich Herzinsuffizienz definiert nach Ejektionsfraktion, Heart Failure with mid-range Ejection Fraction, ein bisher wenig beachtetes Patientenkollektiv. Dann haben wir eine bessere Definition der diastolischen Herzinsuffizienz mit neuen diagnostischen Kriterien. Empagliflozin wird bei Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko und Typ 2 Diabetes mellitus zur Prävention einer Herzinsuffizienz empfohlen. Sacubitril/Valsartan hat eine Klasse Ib-Indikation für die Behandlung der systolischen Herzinsuffizienz bei Patienten mit stabiler Vorbehandlung mit ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptorblocker. Bei Patienten mit Eisenmangel und Herzinsuffizienz müssen wir an die intravenöse Eisensubstitution zur Verbesserung von Symptomatik und Lebensqualität denken. Eine orale Eisensubstitution hat sich als unwirksam herausgestellt. Häufige Fragen und Antworten zum Thema: Frage 1: Wirken ARNI bei Patienten mit Diabetes mellitus? Es gibt eine Subgruppenanalyse in der PARADIGM-Studie. Etwa ein Drittel der Patienten (30%) hatte einen Diabetes mellitus. Es gab keinen Unterschied in der Wirksamkeit zwischen Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz mit und ohne Diabetes. Sacubitril/Valsartan wirkte in beiden Gruppen gleich gut. Frage 2: Wie sehen Sie den Einsatz von Amiodaron bei der ischämischen Herzinsuffizienz? Amiodaron verhindert nicht den plötzlichen Herztod und ersetzt bei Indikation keinen Defi. Wenn Sie plötzlichen Herztod verhindern wollen, dann brauchen Sie einen Defi. Was Amiodaron allerdings kann, ist 12

das Auftreten von ventrikulären Arrythmien unterdrücken, die vielleicht zu einer Defi-Entladung führen würden. Amiodaron kann natürlich auch Vorhofflimmern unterdrücken, was vielleicht zu inadäquaten Defi-Schocks führen würde. Wir setzen Amiodaron deshalb schon ein, ich mag die Substanz wegen der Nebenwirkungen nicht so gern, wenn ich Arrythmien kupieren will und den Patienten damit ein besseres Leben zu ermöglichen. Aber Amiodaron verhindert nicht den plötzlichen Herztod. Frage 3: Auf dem letzten ABCD-Symposium wurde eine erhöhte Mortalität unter Amiodaron bei der ischämischen Herzinsuffizienz präsentiert. Was sagen Sie dazu? Vielen Dank noch einmal für diesen Hinweis. Amiodaron ist ein Reservemedikament. Ich meine, es sollte nicht á priori eingesetzt werden. Wir haben eine Menge Nebenwirkungen, das ist uns allen bekannt. Wenn ich einen jüngeren Patienten habe, der eine Herzinsuffizienz hat, der eine Kardiomyopathie hat, sei sie nicht-ischämisch oder ischämisch und zum Beispiel ventrikuläre Tachycardien hat und darunter leidet oder eine hohe Belastung durch ventrikuläre Extrasystolen hat, dann gehört dieser Patient abladiert. Amiodaron ist ein Reservemedikament und sollte zurückhaltend eingesetzt werden. Frage 4: Wie beeinflusst Sacubitril/Valsartan den BNP- und NTproBNP-Blutspiegel? Sacubitril/Valsartan bewirkt eine Hemmung des Abbaus von BNP. Der BNP-Spiegel steigt also, was man auch bei den Patienten messen kann. NTproBNP ist ein inaktives Spaltprodukt auf dem Weg hin zu BNP und wird pharmakologisch von Sacubitril/Valsartan nicht beeinflusst. Sie können also die klinische Verbesserung mit dem NTproBNP feststellen. Wenn der Patient sich stabilisiert, fällt NTproBNP weiter ab. Das BNP hilft Ihnen hier nicht weiter, weil pharmakologisch steigt es an, mit der klinischen Verbesserung sinkt es ab und irgendwo dazwischen liegt dann der Messwert. Bei den Patienten, die auf Sacubitril/Valsartan eingestellt sind, ist die Bestimmung des BNP-Wertes also sinnlos, nehmen Sie hier bitte das NTproBNP. Frage 5: Welche medikamentösen Möglichkeiten gibt es bei HFpEF (Heart Failure with preserved Ejection Fraction) außer einem Diuretikum? Die optimale Kontrolle der Risikofaktoren. Viele Patienten haben einen Hypertonus oder einen Belastungshypertonus, nach dem gesucht werden muss. Wenn diese Patienten bei 50 Watt auf 190 hochschnellen, kommt der Ventrikel gegen den hohen Widerstand nicht an und dann muss man auch den Belastungshypertonus gut behandeln. Ein Drittel der Patienten hat eine chronotrope Inkompetenz. Diese Patienten haben ein kleines steifes Herz mit einem kleinen Ventrikelcavum. Wenn diese Patienten bei Belastung mit der Herzfrequenz nicht hochkommen, können sie ihren Cardiac output nicht steigern. Wenn diese Patienten jetzt eine chronotrope Inkompetenz haben und zum Beispiel einen Betablocker zur Einstellung des Bluthochdrucks, dann nehmen Sie diesen Patienten damit die letzte Möglichkeit, ihren Cardiac output zu steigern. Hier muss also der Betablocker abgesetzt werden und dann werden die Patienten wieder leistungsfähiger. Das Spironolacton hat eigentlich doch erfolgsversprechende Effekte gezeigt. Die TOPCAT-Studie verlief negativ, weil die Hälfte der Patienten aus Nordamerika kam, die andere Hälfte kam aus Russland und Georgien. Die russischen und georgischen Patienten hatten die Erkrankung nicht und haben auch das Medikament nicht bekommen, so dass Spironolacton bei HFpEF in den USA und Kanada sehr gut gewirkt hat und in Russland oder Georgien haben die Patienten überhaupt keine Ereignisse gehabt und da hat auch die Substanz nicht gewirkt, die haben auch keinen Kaliumanstieg gehabt. Diese Studie war schlecht kontrolliert und auch schlecht gemacht. Sie hat zu Verwirrung geführt, aber die Daten zeigen in eine Richtung: Wenn Sie einen Patienten mit HFpEF haben, der vielleicht auch noch hypertensiv ist, die Nierenfunktion bzw. GFR über 30 ist und er kein Problem mit dem Kalium hat, dann geben sie ihm Spironolacton. Das wäre meine Empfehlung. Literaturverzeichnis 1. Cannon JA et al., Eur J Heart Fail. 2016 Nov 20, Epub ahead of print 2. Desai AS et al., JAMA Cardiol. 2016 Nov 14, Epub ahead of print 3. Gheorghiade M et al., JAMA. Published online 2016 13

4. Gosh et al., Int J Cardiol, 2016 Jun 1, 212: 29-36 5. Lewis G, presented at AHA Scientific Sessions 2016 6. McMurray JJV et al., N Engl J Med 2014; 371:993 1004 7. Maggioni AP, Heart Fail Clin. 2015 Oct; 11(4):625-35 8. Ponikowski P et al., ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure, European Heart Journal 2016, doi: 10.1093/eurheartj/ehw128 9. Ponikowski P et al., Eur Heart J 2015; 36: 657-668 10. Solomon SD et al., Circ Heart Fail. 2016 Mar; 9(3) 11. Zinman B et al., N Engl J Med, 2015 Nov 26, 373(22): 2117-28 14