Satz von Peano Sei f stetig und beschränkt auf { } Q ab := (t,y) R n+1 : t t 0 a; y y 0 b mit f(t,y) M und α := min(a, b M ). Dann besitzt das Anfangswertproblem y = f(t,y), y(t 0 ) = y 0 Giuseppe Peano (1858-1932) eine stetig differenzierbare Lösung y C 1 ([t 0 α,t 0 +α]). Beweis: [Heuser, S. 617ff] Kapitel IV - Theorie (general06) 1
Existenz Beispiele Wichtig: Der Satz von Peano sagt nichts über die Eindeutigkeit aus. Beispiel 1: Man betrachtet das skalare Anfangswertproblem ẏ = y, y(0) = 0. Die rechte Seite f(t,y) = y erfüllt alle Voraussetzungen des Satzes von Peano. Somit existiert eine Lösung aber diese ist nicht eindeutig: y 1 (t) = 0 and y 2 (t) = t 2 /4. Kapitel IV - Theorie (general12) 2
Beispiel 2: Das AWP Existenz Weitere Beispiele hat auf dem Intervall [ 1,1] eine Lösung. ẏ = f(t,y) = (t+siny) 2, y(0) = 3, Der Satz von Peano sagt, eine Lösung existiert, wenn man Konstanten a, b und M findet, so dass gilt ( min a, b ) 1 und f(t,x) M auf [ a,a] [3 b,3+b]. M Es sei a = 1, dann gilt f(t,x) 4. Somit sind M = 4 und b = 4 die richtigen Wahlen. Frage: Hat das AWP eine Lösung in [ β,β], β > 1? Antwort: Ja. Die Voraussetzungen des Satzes von Peano sind erfüllt für a = β, M = (β +1) 2, b = β(β +1) 2. Kapitel IV - Theorie (general13) 3
Eindeutigkeit (Lipschitz Stetigkeit) Um die Eindeutigkeit einer Lösung zu garantieren, muss der Begriff der Stetigkeit verstärkt werden. Definition: WenneseineKonstanteL > 0gibt, sodass gilt f(t,y 1 ) f(t,y 2 ) L y 1 y 2, dannheißtf(t,y)lipschitzstetiginy mitderlipschitz Konstanten L. Rudolf Lipschitz (1832-1903) Bemerkung: Lipschitz Stetigkeit ist stärker als Stetigkeit und schwächer als Differenzierbarkeit. Kapitel IV - Theorie (general14) 4
Satz von Picard-Lindelöf Zusätzlich zu den Voraussetzungen des Satzes von Peano sei f in einer kleinen Umgebung von t 0 Lipschitz stetig bezüglich des zweiten Arguments mit der Lipschitz Konstanten L: f(t,y) f(t,z) L y z. C. E. Picard (1856-1941) E. Lindelöf (1870-1946) Dann gibt es eine eindeutig bestimmte Lösung y C 1 ([t 0 α,t 0 +α]). Kapitel IV - Theorie (general07) 5
Beispiele - wieder aufgegriffen Beobachtungen: Für die Beispiele 1 und 2 ist die rechte Seite f stetig, also existiert eine Lösung. In Beispiel 2 ist f(t,y) = (t+siny) 2 Lipschitz stetig in y. Somit hat das AWP eine eindeutige Lösung. Im Gegensatz dazu ist die rechte Seite in Beispiel 1 f = y nicht Lipschitz stetig. Damit ist die Voraussetzung an den Satz von Picard und Lindelöf nicht erfüllt und es können mehrere Lösungen existieren. Bemerkung: Der Satz von Picard und Lindelöf sagt nicht, dass mehr als eine Lösung des AWP existieren, wenn die Voraussetzungen des Satzes nicht erfüllt sind. Es kann also passieren, dass die Voraussetzungen des Satzes nicht erfüllt sind, die Lösung aber dennoch eindeutig ist. Kapitel IV - Theorie (general15) 6
Korrekt gestellte Probleme 1. Existenz einer Lösung 2. Eindeutigkeit der Lösung 3. stetige Abhängigkeit der Lösung von den Problemdaten J. Hadamard (1865-1963) Kapitel IV - Theorie (general05) 7
Korrekt gestellte Probleme (2) Wenn eine der Bedingungen 1,2,3 verletzt ist, so heißt das Problem schlecht gestellt. In der Vorlesung werden ausschließlich korrekt gestellte Probleme betrachtet. Bemerkung: Der Beweis der Wohldefiniertheit kann sehr schwierig sein! Beispiel: Navier Stokes Gleichungen für Flüssigkeitsbewegung: Hergeleitet im 19. Jahrhundert, numerische Lösungen existieren seit 1950, viel benutzt in sehr vielen realistischen Anwendungen aber bisher existieren keine allgemeinen Resultate über die Wohldefiniertheit! Kapitel IV - Theorie (general11) 8