16. Differentialquotient, Mittelwertsatz

Ähnliche Dokumente
Definition: Differenzierbare Funktionen

Kapitel 16 : Differentialrechnung

Differential- und Integralrechnung

Differenzialrechnung. Mathematik-Repetitorium

ε δ Definition der Stetigkeit.

13. Übungsblatt zur Mathematik I für Maschinenbau

Kapitel 6 Folgen und Stetigkeit

Anwendungen der Differentialrechnung

Mathematik 1 für Wirtschaftsinformatik

Mathematik II für Studierende der Informatik. Wirtschaftsinformatik (Analysis und lineare Algebra) im Sommersemester 2016

10 Aus der Analysis. Themen: Konvergenz von Zahlenfolgen Unendliche Reihen Stetigkeit Differenzierbarkeit

Stetigkeit von Funktionen

10. Grenzwerte von Funktionen, Stetigkeit, Differenzierbarkeit. Der bisher intuitiv verwendete Grenzwertbegriff soll im folgenden präzisiert werden.

Brückenkurs Rechentechniken

Differentialrechnung

Funktionsgrenzwerte, Stetigkeit

Wirtschaftsmathematik für International Management (BA) und Betriebswirtschaft (BA)

Stetige Funktionen. Definition. Seien (X, d) und (Y, ϱ) metrische Räume und f : X Y eine Abbildung. D(f) X sei der Definitionsbereich von f.

Mathematik für Naturwissenschaftler I WS 2009/2010

GRUNDLAGEN MATHEMATIK

Mathematik M 1/Di WS 2001/02 1. Sei f : D R eine Funktion mit nichtleerem Definitionsbereich D. Sei a D. f heißt stetig in a, falls gilt

Analysis I - Stetige Funktionen

Thema 4 Limiten und Stetigkeit von Funktionen

Kurze Einführung in Differenzieren und Differentialgleichungen

Wirtschaftsmathematik Plus für International Management (BA) und Betriebswirtschaft (BA)

Ableitung einer Betragsfunktion Differenzierbarkeit

18 Höhere Ableitungen und Taylorformel

Differenzierbarkeit von Funktionen

Linearisierung einer Funktion Tangente, Normale

2 Stetigkeit und Differenzierbarkeit

3.2 Implizite Funktionen

Differenzenquotient. f(x) Differenzialrechnung. Gegeben sei eine Funktion f(x). 197 Wegener Math/5_Differenzial Mittwoch

Übungen zur Vorlesung Differential und Integralrechnung I Lösungsvorschlag

Mathematik für Bauingenieure

Abschlussaufgabe Nichttechnik - Analysis II

Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. Universität Trier Wintersemester 2013 / 2014

NEXTLEVEL im WiSe 2011/12

Differential- und Integralrechnung

Biostatistik, Winter 2011/12

6.2 Die Regeln von de l Hospital. Ausgangsfrage: Wie berechnet man den Grenzwert. Beispiel: Sei f(x) = x 2 und g(x) = x. Dann gilt. lim.

Thema aus dem Bereich Analysis Differentialrechnung I. Inhaltsverzeichnis

2004, x 0 (e 2x + x) x 1, x > 0. Untersuchen Sie die Funktion auf Stetigkeit an der Stelle x 0 = 0!

Differenzialrechnung

Kapitel 8 Einführung der Integralrechnung über Flächenmaße

IV. Stetige Funktionen. Grenzwerte von Funktionen

Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. gehalten von Claus Diem

Aufgaben zur Analysis I aus dem Wiederholungskurs

15 Differentialrechnung in R n

LMU MÜNCHEN. Mathematik für Studierende der Biologie Wintersemester 2016/17. GRUNDLAGENTUTORIUM 5 - Lösungen. Anmerkung

V.1 Konvergenz, Grenzwert und Häufungspunkte

Q11-Mathematik-Wissen kompakt (mit CAS-Befehlen)

Vorlesung: Analysis II für Ingenieure. Wintersemester 07/08. Michael Karow. Themen: Niveaumengen und Gradient

Die Lösungen der Gleichung b x = log b (x)

Lösungen der Übungsaufgaben von Kapitel 3

13. Funktionen in einer Variablen

Zusammenfassung Mathematik 2012 Claudia Fabricius

Höhere Mathematik I für die Fachrichtung Informatik. Lösungsvorschläge zum 10. Übungsblatt. < 0 für alle t > 1. tan(x) tan(0) x 0

5 Stetigkeit und Differenzierbarkeit

SS 2016 Höhere Mathematik für s Studium der Physik 21. Juli Probeklausur. Die Antworten zu den jeweiligen Fragen sind in blauer Farbe notiert.

4. DIE ABLEITUNG (DERIVATIVE)

Aufgaben für Analysis in der Oberstufe. Robert Rothhardt

Mathematik für Wirtschaftsinformatiker

Die Exponentialfunktion. exp(x)

Klausurenkurs zum Staatsexamen (SS 2015): Differential und Integralrechnung 6

2. Teilklausur. Analysis 1

Vorlesung Mathematik für Ingenieure (WS 11/12, SS 12, WS 12/13)

Mathematik II für Inf und WInf

Klausurenkurs zum Staatsexamen (WS 2014/15): Differential und Integralrechnung 6

Stetigkeit. Definitionen. Beispiele

Extrema von Funktionen mit zwei Variablen

Da der Nenner immer positiv ist, folgt. g (x) > 0 2x(2 x) > 0 0 < x < 2 g (x) < 0 2x(2 x) < 0 x < 0 oder x > 2

a n := ( 1) n 3n n 2. a n := 5n4 + 2n 2 2n n + 1. a n := n 5n 2 n 2 + 7n + 8 b n := ( 1) n

Vorlesung. Funktionen/Abbildungen 1

Definition 3.1. Sei A X. Unter einer offenen Überdeckung von A versteht man eine Familie (U i ) i I offener Mengen U i X mit U i

Numerisches Lösen von Gleichungen

Didaktik der Mathematik der Sekundarstufe II

Potenzreihen. Potenzreihen sind Funktionenreihen mit einer besonderen Gestalt.

Selbsteinschätzungstest Auswertung und Lösung

2. VEKTORANALYSIS 2.1 Kurven Definition: Ein Weg ist eine stetige Abbildung aus einem Intervall I = [a; b] R in den R n : f : I R n

Technische Universität München Zentrum Mathematik. Übungsblatt 4

Approximation durch Taylorpolynome

ERGÄNZUNGEN ZUR ANALYSIS II MITTELWERTSATZ UND ANWENDUNGEN

Taylorentwicklung von Funktionen einer Veränderlichen

Formelsammlung zum Starterstudium Mathematik

11 Spezielle Funktionen und ihre Eigenschaften

Stetigkeit von Funktionen

Funktionen mehrerer Variabler

Tutorübung 5. Analysis 2 für Lehramt TU Dortmund, Sommersemester 2014

2 3 x3 17. x k dx = x k x k+1 k +1. Mit jeder weiteren partiellen Integration reduziert sich der Grad des Faktors x n, induktiv erhalten wir also

5. DIFFERENZIEREN UND INTEGRIEREN

20.4 Gleichmäßige Konvergenz von Folgen und Reihen von Funktionen

11 Logarithmus und allgemeine Potenzen

Mathematik Abitur 2014 Lösungen

Elemente der Analysis II

1 Grundlagen 8 Funktionen 8 Differenzenquotient und Änderungsrate 9 Ableitung 11

Musterlösung zu Blatt 11, Aufgabe 1

Bayern Musterlösung zu Klausur Analysis, Aufgabengruppe I

SBP Mathe Aufbaukurs 3. Imaginäre und komplexe Zahlen. Komplexe Zahlen in der Gaußschen Zahlenebene. Darstellungen komplexer Zahlen.

K. Eppler, Inst. f. Num. Mathematik Übungsaufgaben. 3. Übung: Woche vom bis

3 Nichtlineare Gleichungssysteme

Transkript:

16. Differentialquotient, Mittelwertsatz Gegeben sei eine stetige Funktion f : R R. Wir suchen die Gleichung der Tangente t an die Kurve y = f(x) im Punkt (x, f(x ), x R. Das Problem dabei ist, dass vorderhand noch unklar ist, was unter der Tangente zu verstehen ist. Wir betrachten daher zuerst die Steigung einer beliebigen Sekante s durch den Punkt (x, f(x ). Dies ist eine Gerade durch (x, f(x ) und einen weiteren beliebigen Kurvenpunkt (x, f(x)). Die Steigung k s der Sekante ist k s = y y = y x = f(x) f(x ). wird als Differenzenquo- Bemerkung. Der Quotient tient bezeichnet. y x = f(x) f(x ) Wandert nun der Kurvenpunkt (x, f(x)) beliebig nahe zum Punkt (x, f(x ), so nimmt s eine Grenzlage ein. Diese wird als Tangente im Punkt (x, f(x ) bezeichnet. 1

Somit ergibt sich als Steigung k t der Tangente im Punkt (x, f(x ) : y k t = lim x x x = lim f(x) f(x x x Dies führt nun zum Begriff der Differenzierbarkeit. Definition. Eine Funktion f : R R heißt in x differenzierbar, falls der Grenzwert f(x) f(x lim x x existiert. Dieser wird als Differentialquotient oder Ableitung von in x (bzw. an der Stelle x bezeichnet. Schreibweisen. Sei y = f(x) = y(x). f (x y (x df dx (x ) dy dx (x f(x) f(x ) = lim x x f (x stellt somit die Steigung der Tangente im Punkt (x, f(x ) dar. f Bemerkung. Setzen wir x x = h x = x + h, dann gilt f(x) f(x lim x x f(x = lim +h) f(x h h Bemerkung. f +(x = lim x x + Existieren die einseitigen Grenzwerte f(x) f(x und f (x = lim x x f(x) f(x und sind diese gleich, so ist f in x differenzierbar. Satz. f in x differenzierbar f stetig in x (Die Umkehrung gilt i.a. nicht, wie die Betragsfunktion zeigt.) Definition. Eine auf dem Intervall (a, b) definierte Funktion f heißt auf dem Intervall (a, b) differenzierbar, wenn f für alle x (a, b) differenzierbar ist. 2

In diesem Fall ist die Ableitung wieder eine Funktion f : (a, b) R, x y = f (x) = df df(x) dx (x) = dx Ist dann f (x) eine stetige Funktion, dann heißt f eine glatte Funktion, und der Graph eine glatte Kurve. Bemerkung. Sei f differenzierbar in x. Wie schon erwähnt, ist dann die Ableitung f (x die Steigung der Tangente im Punkt (x, f(x ), und die Gleichung der Tangente t kann angegeben werden in der Form y y = f (x (x x ( ) 1 Da der Richtungsvektor der Tangente t = f ist, ergibt sich als (x ( ) f Richtungsvektor für die Normale n = (x und folglich erhalten 1 wir als Gleichung für die Normalgerade auf die Tangente y y = 1 f (x (x x ) Beispiel. f f(x) f(x (x = lim x x Sei f(x) = c die konstante Funktion. Dann ist = lim x x c c =. Als Ableitung erhalten wir also f (x) =. Beispiel. Die Bewegungsgleichung für den freien Fall lautet s(t) = gt2 2. Um die Geschwindigkeit zum Zeitpunkt t zu ermitteln, muss s (t berechnet werden. 3

v(t = s s(t) s(t (t = lim t t t t = g 2 lim (t t (t+t t t t t = lim t t g 2 t2 g 2 t2 t t = g 2 lim t t (t + t = g 2 2t = gt = g 2 lim t t t 2 t 2 t t = Als Geschwindigkeitsfunktion erhalten wir somit v(t) = ds(t) dt = gt. Beispiel. Für die Potenzfunktion f(x) = x n, n N ergibt sich f (x) = nx n 1. Im speziellen sind damit (x 2 ) = 2x und (x 3 ) = 3x 2. Satz. (Differentiationsregeln) Seien f und g differenzierbare Funktionen mit Ableitungen f bzw. g gegeben. Dann gilt 1. (f ± g) = f ± g Summenregel 2. (c f) = c f, c R Konstantenregel 3. (f g) = f g + f g Produktregel 4. ( f g ) = f g f g g 2 Quotientenregel Satz. (Satz von Rolle) Sei f stetig im Intervall [a, b] und differenzierbar in (a, b). Ferner gelte f(a) = f(b). Dann existiert mindestens eine Stelle c (a, b) mit der Eigenschaft f (c) =. 4

Satz. (Mittelwertsatz (MWS)) Sei f stetig im Intervall [a, b] und differenzierbar in (a, b). Dann existiert ein c (a, b) mit f (c) = f(b) f(a) b a Folgerung. Es gelte f (x) = für alle x (a, b). Zu beliebigen x, y (a, b) gibt es dann ein c (a, b) mit = f (c ) = f(y ) f(x ) y x f(x ) = f(y ) Somit muss f eine konstante Funktion sein, i.e. f(x) = d in (a, b). Ist f (x) = g (x) in (a, b), dann gilt für h(x) = f(x) g(x) dass h (x) =. Folglich ist h eine konstante Funktion, i.e. h(x) = d und es gilt f(x) = g(x) + d. D.h. die beiden Funktionen unterscheiden sich nur in einer Konstanten. Satz. (Verallgemeinerter Mittelwertsatz) Seien die Funktionen f, g stetig im Intervall [a, b] und differenzierbar in (a, b). Ferner sei g (x) im ganzen Intervall [a, b]. Dann existiert eine Stelle c (a, b) mit f (c) g (c) = f(b) f(a) g(b) g(a) Satz. (Monotonieverhalten) (siehe auch später) 5

Sei f differenzierbar im Intervall (a, b) und gelte f (x) > für alle x (a, b) (bzw. f (x) < für alle x (a, b)). Dann ist f streng monoton wachsend (bzw. streng monoton fallend) im Intervall (a, b). Beweis. (für den Fall f (x) > ) Seien a < x 1 < x 2 < b. Nach dem MWS gibt es ein ξ (a, b) mit f (ξ) = f(x 2) f(x 1 ) x 2 x 1 > f(x 2 ) > f(x 1 ). Also ist f streng monoton steigend. 6