Aktuelle Herausforderungen und Reformen im Bereich der Pflege und Betreuung zu Hause Deutschland

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Transkript:

Aktuelle Herausforderungen und Reformen im Bereich der Pflege und Betreuung zu Hause Deutschland Prof. Hildegard Theobald, Universität Vechta Workshop Reformen in der Langzeitpflege Deutschland und O sterreich im Vergleich 10. Mai 2017 Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung

Aufbau Einführung Hintergrund der Reformen zu Pflege und Betreuung zuhause (Pflegestärkungsgesetze) Weiterentwicklung ambulanter/ häuslicher Bereich Zentrale Ansätze und Regelungen: Leistungsempfänger_innen Ausblick Beschäftigung in der Pflege Resümee

Einführung (1,2) Dienste im häuslichen Kontext orientiert an grundpflegerischen Tätigkeiten Körperpflege, Hilfe bei der Mobilität etc.: Ambulante Dienste: Weniger bedeutsam soziale Betreuung oder auch haushaltsorientierte Dienstleistungen Tagespflege: Geringer Ausbau oder Inanspruchnahme im internationalen Vergleich Betreuung Aufgabenfeld der Familienangehörigen: - Überforderung Hoher Betreuungsbedarf Demenz - Veränderung Familienstrukturen

Einführung (2,2) Seit der Einführung der Pflegeversicherung: Bundesländer und Pflegekassen auf regionaler Ebene: stärkere Verantwortung für Finanzierung, Kontrolle und Entwicklung des Dienstleistungsangebots und Beratung Reduktion der Verantwortung auf kommunaler Ebene Koordinations- und Entwicklungsprobleme auf der kommunalen Ebene

Pflegestärkungsgesetze Stärkung des Betreuungsaspekts im ambulanten/ häuslichen Bereich Stärkung der Rolle oder Koordination auf der kommunalen Ebene

Stärkung des Betreuungsaspekts

Stärkung des Betreuungsaspekts Finanzierung/ Ausbau der Tagespflege - Erhöhung der Sozialleistung Separater Betrag wird vollständig zusätzlich zur ambulanten Versorgung (Pflegegeld, Sachleistungen) gewährt 689-1995 pro Monat abhängig vom Pflegegrad (ab Pflegegrad 2) Durchschnittliche Pflegekosten pro Tag in der Tagespflege: 2015: 37,77 52,44 Verpflegung: 12,84

Entwicklung von Betreuungs- und Entlastungsangeboten

Ansatzpunkt Ansatzpunkt einer Veränderung 2003: Pflegeleistungsergänzungsgesetz Etablierung niedrig-schwelliger Dienstleistungen Betreuungsleistungen (Betreuungsgruppen, Einzelbetreuung, Helferkreise zur Entlastung pflegender Angehöriger), soziale Aktivitäten soziale Integration (Familienentlastende Dienste) verknüpft mit einer eigenen, getrennten Sozialleistung (Dienstleistung) für Personen mit einer eingeschränkten Alltagskompetenz (Demenz)

Gesetzliche Regelung Niedrigschwellige Betreuungsangebote Definition SGB XI 45a: Als niedrig-schwellige Betreuungsangebote sind anerkennungsfähig, Angebote in denen Helferinnen und Helfer unter pflegefachlicher Anleitung Betreuungsleistungen erbringen - Schulung - Freiwillige Helfer_innen: Aufwandsentschädigung - Weitere Helfer_innen mit unterschiedlichen Anstellungsbedingungen

Weiterentwicklung Ausweitung der Angebote und des Empfängerkreises

Ausweitung der Angebote Niedrig-schwellige Betreuungsangebote Entlastung und beratende Unterstützung von Pflegenden Niedrig-schwellige Entlastungsangebote: Unterstützung der pflegebedingten Anforderungen im Alltag bzw. im Haushalt insbesondere der Haushaltsführung grundsätzlich förderungswichtig Agenturen für haushaltsnahe Dienst- und Serviceleistungen, Alltags- oder Pflegebegleiter Anerkennung nach Landesrecht

Sozialleistungen Entlastungsbetrag: 125 monatlich Für alle Leistungsempfänger_innen Bis zu 40% der Sachleistungen der ambulanten Versorgung können verwandt werden (Pflegegrad 2: 689 Pflegegrad 5: 1995 )

Ambulante Pflegedienste Körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung als Teil der Sachleistung

Pflegerische Betreuungsmaßnahmen der Pflegedienste Bei der Bewältigung des Alltags: 1. bei der Bewältigung psychosozialer Problemlagen oder von Gefährdungen, 2. bei der Orientierung, bei der Tagesstrukturierung, bei der Kommunikation, bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und bei bedürfnisgerechten Beschäftigungen im Alltag sowie 3. durch Maßnahmen zur kognitiven Aktivierung Basis: Sachleistung sowie Entlastungsbetrag Angebote verpflichtend für ambulante Dienste

Sachleistung: Ambulante Dienste Transfer von Pflegestufen in Pflegegrade Deutliche Erhöhung der Leistungen für Pflegebedürftige mit eingeschränkter Alltagskompetenz: Pflegestufe 2: 1298 Pflegegrad 4: 1612 Weniger deutliche Erhöhung für Pflegebedürftige ohne eingeschränkte Alltagskompetenz: Pflegestufe 2: 1144 Pflegegrad 3: 1298

Förderung kommunale Entwicklung

Förderung kommunale Entwicklung (1,2) Förderung der Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen und des Ehrenamts unterstützt mit bis zu 25 Millionen jährlich anteilige Finanzierung - Auf- und Ausbau von Angeboten zur Unterstützung im Alltag - Auf- und Ausbau ehrenamtlicher Strukturen - Modellvorhaben: Erprobung neuer Versorgungskonzepte und Versorgungsstrukturen Demenz erkrankte Pflegebedürftige sowie andere Gruppen neue Entwicklungen notwendig sind

Förderung kommunale Entwicklung (2,2) Förderung der Beratung: Initiativrecht der Kommunen zur Einrichtung von Pflegestützpunkten für 5 Jahre bei angemessener Beteiligung an den Kosten Modellprojekte: Kommunale Beratungsstellen

Ausgangspunkt: Konzept: Sorgende Gemeinschaften Anstieg der Anzahl von älteren Personen mit Versorgungsbedarf Rückgang des Umfangs familiärer Versorgung Mangel an professionellen Pflegekräften Annahmen zu begrenzten Möglichkeiten einer öffentlichen Finanzierung lassen Lösungsansatz: Förderung und systematische Einbindung von freiwilliger Arbeit bzw. informeller Unterstützung (Nachbarschaftshilfe) in den Versorgungszusammenhang auf kommunaler Ebene

Weiterentwicklung der Beschäftigung Forschung zu niedrig-schwelligen Betreuungsangeboten: Freiwillige Tätigkeit mit Aufwandsentschädigung Anstellung: Geringfügige Beschäftigung Minijobs Begrenzte Schulung Betreuung als niedrig-qualifizierte und prekäre Tätigkeit? Strukturierung der Pflegetätigkeit in zwei Bereiche: Grundpflege qualifizierte Ausbildung und reguläre Anstellungsbedingungen Betreuungstätigkeiten: niedrig-qualifiziert, prekäre Tätigkeit

Resümee Finanzielle Förderung und Aufbau von Betreuungs- und Entlastungsangeboten Als Teil der Sachleistung (begrenzte) Erhöhung der Leistungen Entlastungsbetrag für alle Umfassende finanzielle Förderung der Inanspruchnahme der Tagespflege Förderung der kommunalen Ebene: Sinnvoller Ansatz ausreichende Finanzierung? Sorgende Gemeinschaften: Interessantes Konzept, Implementation: Überforderung freiwilliger, informeller Unterstützung (lokale Unterschiede)? Betreuungstätigkeit: Niedrig-qualifiziert, prekär