(Der Westfälische Hof). Im Ortszentrum der Gemeinde G will der Investor I das Einkaufszentrum Westfälischer Hof errichten.

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Transkript:

(Der Westfälische Hof). Im Ortszentrum der Gemeinde G will der Investor I das Einkaufszentrum Westfälischer Hof errichten. Neben einem Einzelhandelsbetrieb von 1.500 qm Verkaufsfläche sind ebenerdig Shops, eine Büroetage im Obergeschoss sowie im Dachgeschoss Wohnungen vorgesehen. Der dazu aufgestellte Bebauungsplan weist ein Kerngebiet und im benachbarten Bereich Mischgebiet aus. Bäcker Heini B, der im unmittelbar benachbarten Gebäude eine Bäckerei betreibt und wohnt, dessen Grundstück allerdings außerhalb des Plangebietes liegt und in einem Nachbarbebauungsplan als Mischgebiet ausgewiesen ist, stellt gegen den Bebauungsplan einen Normenkontrollantrag und trägt vor: Er sei durch das Einkaufszentrum in seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb unzulässig betroffen. Das Verfahren sei fehlerhaft, weil es an einem Aufstellungsbeschluss fehle und eine vorgezogene Bürgerbeteiligung nicht stattgefunden habe. Er sei in seinen Rechten verletzt, weil die auch seine Interessen vertretende Handwerkskammer nicht beteiligt worden sei. Auch werde durch den erheblich zunehmenden Straßenverkehr die Wohnruhe gestört. Der Bebauungsplan sei nicht richtig bekanntgemacht. Der Plan sei im Übrigen schon deshalb nichtig, weil er keine naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen enthalte, obwohl das in einem vom Investor in Auftrag gegebenen, der Gemeinde bekannten Gutachten für erforderlich gehalten werde. Es sei im Vorhabenbereich Frosch Otto heimisch, der das Gemeindewappen ziere. Der Gebäudekomplex sei daher umzuplanen. Der beigeladene Investor verweist darauf, dass die Richtwerte der 16. BImSchV eingehalten werden. Die Gemeinde macht zudem geltend, dass die Verkehrsbelastung für B auch bauplanerisch zumutbar sei. Die Gemeinde räumt zwar ein, dass man sich hinsichtlich des Naturschutzes im Planaufstellungsverfahren noch keinerlei Gedanken gemacht habe. Otto könne aber vielleicht in den Swimmingpool des Investors umziehen und dort eine auskömmliche neue Heimat finden. Frage 1: Hat der von B gestellte Normenkontrollantrag Aussicht auf Erfolg? Abwandlung: B klagt auch gegen die auf der Grundlage des Bebauungsplans erteilte Baugenehmigung. Der Bebauungsplan so B - sei aus den im Normenkontrollverfahren dargelegten Gründen nichtig. Die Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil sich das Vorhaben nicht einfüge. Die Umgebung sei zwar unterschiedlich strukturiert, derartige Einzelhandels-Großvorhaben seien aber nicht vorhanden. I wendet ein, dass im Genehmigungsverfahren auf eine Beflaggung des Marktes verzichtet worden sei, sodass hinsichtlich der Lärmimmissionen die Mischgebietswerte eingehalten werden könnten. In welchem Umfang naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen erforderlich gewesen seien, könne offen bleiben. Denn dies gehe B nichts an. Frage 2: Hat die von B erhobene verwaltungsgerichtliche Klage gegen die Baugenehmigung Aussicht auf Erfolg? Bearbeitungsvermerk: Es ist davon auszugehen, dass der jeweilige Tatsachenvortrag der Beteiligten zutrifft.

Der Westfälische Hof 2 Lösungsskizze: Frage 1: I. Zulässigkeit des Normenkontrollantrags B will mit seinem Normenkontrollantrag die Nichtigkeit des Bebauungsplans erreichen. Der Antrag müsste zulässig sein. 1. Rechtsweg Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist gegeben ( 40 VwGO). Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. 2. Antragsart Zur Bestimmung der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen ist die Antragsart zu bestimmen. B hat einen Normenkontrollantrag nach 47 VwGO gestellt. 3. Antragsbefugnis Der Antragsteller ist antragsbefugt, wenn er geltend macht, durch den Bebauungsplan in seinen Rechten verletzt zu sein. Es stellt sich die Frage, ob eine derartige Rechtsverletzung durch B geltend gemacht wird. Durch die 6. VwGO-Novelle ist 47 II VwGO dahingehend geändert worden, dass nicht mehr ein Nachteil ausreicht, sondern die Verletzung in eigenen Rechten geltend gemacht werden muss. Zu den eigenen Rechten gehören solche Belange, die durch entsprechende Schutznormen rechtlich geschützt sind. Es stellt sich die Frage, ob dazu auch ein Recht auf Abwägung der eigenen Belange gehört. Bisher war das Recht auf Abwägung der eigenen Belange im Fachplanungsrecht anerkannt. 1 In der Bauleitplanung war dies umstritten. Nach einer Entscheidung des BVerwG vom 24.9.1998 ist bei der Aufstellung eines Bebauungsplans auch ein subjektives Recht auf fehlerfreie Abwägung anzuerkennen, dessen Verletzung die Antragsbefugnis für eine Normenkontrolle auch nach der Neufassung des 47 II VwGO begründen kann. 2 Es dürften dazu alle Belange gehören, die zum Abwägungsmaterial 1 2 BVerwGE 48, 56; Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, 2. Aufl. 1998, Rdn. 2156. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 4 CN 2.98 Pferdekoppel. gehören, sodass sich eine entsprechende Weite der Antragsbefugnis wie bei dem Nachteilsbegriff des 47 II VwGO a.f. ergeben dürfte 3. Zum Abwägungsmaterial gehören alle betroffenen Belange, die mehr als geringfügig, schutzwürdig und erkennbar sind. 4 B hat in diesem Zusammenhang auf die sich entwickelnde Konkurrenz, eine fehlende vorgezogene Bürgerbeteiligung, die Nichtbeteiligung der Handwerkskammer und eine Beeinträchtigung der Wohnruhe verwiesen. a) Konkurrenz Soweit sich B auf die neu entstehende Konkurrenz beruft, sind diese Belange nicht schutzwürdig und begründen daher auch keine Antragsbefugnis. 5 b) Fehlende vorgezogene Bürgerbeteiligung Auch aus der fehlenden vorgezogenen Bürgerbeteiligung kann eine die Antragsbefugnis begründende Rechtsverletzung nicht abgeleitet werden. Denn die Regelungen über die frühzeitige Bürgerbeteiligung sollen nicht zugleich individuelle Beteiligungsrechte begründen. Auch für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist die Durchführung einer vorgezogenen Bürgerbeteiligung nicht Voraussetzung (214 I BauGB). c) Nichtbeteiligung der Handwerkskammer Dasselbe gilt für die Nichtbeteiligung der Handwerkskammer. Es handelt sich hier um Beteiligungen anderer, auf deren Wahrung B keinen Anspruch hat. d) Beeinträchtigung der Wohnruhe Allerdings kann aus der deutlichen Verkehrszunahme und einer Beeinträchtigung der Wohnruhe eine Antragsbefugnis abgeleitet werden. Denn dabei handelt es sich um Vor- 3 4 5 Vgl. dazu BVerwGE 59, 87; Stüer, Bauund Rdn. 2349. BVerwGE 59, 87. BauR 1997, 435.

3 Der Westfälische Hof gänge, die bei der Abwägung zu berücksichtigen sind. Die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags würde dann nicht daran scheitern, dass eine Verkehrszunahme möglicherweise durch Abwägung überwindbar wäre. Diese Fragen stellen sich gegebenenfalls erst in der Begründetheit des Normenkontrollantrags. 4. Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen Auch im Übrigen sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Normenkontrollantrag gegeben. Insbesondere scheitert die Zulässigkeit ach nicht an einem fehlenden Rechtsschutzinteresse. Der Antrag ist innerhalb von zwei Jahren seit Inkrafttreten des Bebauungsplans zu erheben. II. Begründetheit Der Normenkontrollantrag ist begründet, wenn der Bebauungsplan nichtig ist. Auf eine (zusätzliche) Verletzung in eigenen Rechten des Antragstellers kommt es dabei im Gegensatz zur Nachbarklage nicht an. 1. Formelle Rechtmäßigkeit Der fehlende Aufstellungsbeschluss 6, die fehlende vorgezogene Bürgerbeteiligung und die fehlende Beteiligung der Handwerkskammer sind nach 214 I Nr. 1 BauGB unbeachtlich. Der Bebauungsplan ist allerdings nicht richtig bekannt gemacht und deshalb nicht ordnungsgemäß in Kraft getreten. Der Plan ist aus diesen Gründen nichtig. Der Fehler ist auch nach 214 I Nr. 3 BauGB beachtlich und zwar unabhängig davon, ob er gegenüber der Gemeinde gerügt worden ist ( 215 I Nr. 1 BauGB). 2. Materielle Rechtmäßigkeit Der Bebauungsplan ist als gemeindliche Satzung auf 1, 10 BauGB gestützt. Insoweit stellt sich vor allem die Frage, ob das Abwägungsgebot eingehalten worden ist ( 1 VI BauGB). a) Beeinträchtigung der Wohnruhe Soweit sich B auf die Beeinträchtigung der Wohnruhe bezieht, greifen die geltend ge- machten Bedenken nicht durch. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Gemeinde die Belange der Wohnruhe nicht richtig gesehen, in die Abwägung eingestellt und dort bei der Ausgleichsentscheidung fehlerhaft bewertet hätte. Beeinträchtigungen unterhalb der Zumutbarkeitsgrenze sind im Rahmen einer im Übrigen fehlerfreien Abwägung hinzunehmen. Hinsichtlich der Bewältigung des Straßenverkehrslärms ergeben sich daher keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans, zumal das Grundstück von B in einem Mischgebiet liegt und daher grundsätzlich eine höhere Lärmbeeinträchtigung als in einem Wohngebiet hinzunehmen ist. b) Fehlende Befassung mit naturschutzrechtlichen Belangen Der Bebauungsplan verstößt aber gegen 1a BauGB, weil die erforderliche Bewältigung mit naturschutzrechtlichen Belangen nicht geleistet wird. Die Bauleitplanung hat nach 1a II Nr. 2 BauGB in der Abwägung auch die Vermeidung und den Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft zu berücksichtigen. Die hierdurch in bezug genommene Eingriffsregelung nach dem BNatSchG muss in der Bauleitplanung abgearbeitet werden. 7 Dies ist nach den Erklärungen der Gemeinde nicht geschehen. Vielmehr habe man sich so die Gemeinde im Planaufstellungsverfahren - dazu noch keine Gedanken gemacht. Der Verweis in das Genehmigungsverfahren ist nicht zulässig, da zumindest die wesentlichen Grundentscheidungen im Bebauungsplan selbst getroffen werden müssen. 8 Ein Konflikttransfer in das Nachfolgeverfahren ist nur insoweit zulässig, als die wesentliche Konfliktsteuerung bereits in dem Bauleitplanverfahren erfolgt und die Nachfolgeverfahren insoweit eine Richtlinie für die Bewältigung der Probleme erhalten. Ganz in das Baugenehmigungsverfahren kann jedenfalls die Bewältigung der Eingriffs-Ausgleichsregelung nicht verschoben werden. Ein besonderer naturschutzrechtlicher Handlungsbedarf ist vor allem auch wegen des Frosches Otto gegeben. 6 Vgl. dazu BVerwGE 79, 200; Stüer, Bauund Rdn. 498. 7 8 BVerwGE 104, 68; vgl. auch Stüer, Bauund Rdn. 726. BVerwGE 69, 30.

Der Westfälische Hof 4 Die Gemeinde hätte sich in der Abwägung Gedanken über seinen Verbleib machen müssen. Der Bebauungsplan ist daher auch aus diesem Grunde unwirksam. 3. Heilungsmöglichkeit Die mangelnde Bekanntmachung kann allerdings nach 215 a I BauGB durch eine erneute Bekanntmachung und damit durch ein ergänzendes Verfahren geheilt werden. Auch hinsichtlich der naturschutzrechtlichen Regelungen kommt eine Heilungsmöglichkeit durch ein ergänzendes Verfahren in Betracht. Das Oberverwaltungsgericht trägt dem nach 47 V VwGO dadurch Rechnung, dass es den Bebauungsplan nicht für nichtig, sondern bis zur Behebung des Mangels für nicht wirksam erklärt. 9 4. Ergebnis Der Normenkontrollantrag des B ist zulässig und im Hinblick auf die fehlerhafte Bekanntmachung des Bebauungsplans sowie hinsichtlich der Bewältigung der naturschutzrechtlichen Belange in der Abwägung begründet. Abwandlung Frage2: B will durch eine Klage gegen die erteilte Baugenehmigung deren Aufhebung erreichen. I. Zulässigkeit der Nachbarklage 1. Rechtsweg Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist gegeben ( 40 VwGO). 2. Klageart Die Nachbarklage des B ist als Anfechtungsklage zu erheben, da sie sich gegen die dem I erteilte Baugenehmigung richtet, die einen für B belastenden Verwaltungsakt darstellen. Die Baugenehmigung ist ein Verwaltungsakt mit Doppelwirkung. Er hat begünstigende Wirkungen für den Bauherrn, dessen Bauvorhaben für vereinbar mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erklärt wird (Feststellungswir- 9 Vgl. zu vergleichbaren Fragestellungen im Fachplanungsrecht BVerwGE 100, 370; BVerwGE 100, 388; Stüer, Bau- und Rdn. 652. kung) und der mit dem Bau beginnen darf (Baufreigabewirkung). Belastende Wirkung hat die Baugenehmigung für den Nachbarn, demgegenüber die Rechtmäßigkeit des Vorhabens festgestellt wird und der nunmehr mit der Verwirklichung des Vorhabens rechnen muss. Gegenüber der Baugenehmigung ist daher aus der Sicht des Nachbarn eine Anfechtungsklage statthaft. 3. Klagebefugnis B ist klagebefugt, wenn er geltend macht, durch die Baugenehmigung in seinen Rechten verletzt zu sein ( 42 II VwGO). Als verletztes Recht käme ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften in Betracht. Erweist sich der Bebauungsplan als nichtig, wie bereits dargelegt worden ist, könnte eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften aus 34 BauGB abgeleitet werden. Denn bei Wegfall des Bebauungsplans würde sich die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben in dem ansonsten nicht beplanten Innenbereich nach 34 BauGB beurteilen. Nach 34 I BauGB setzt die planungsrechtliche Zulässigkeit u.a. voraus, dass sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Aus diesem Merkmal des Einfügens kann das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme abgeleitet werden, aus dem sich dann wiederum die eigene Rechtsverletzung des Nachbarn ergeben kann. 10 B ist danach nur klagebefugt, wenn er geltend macht, durch die dem Investor erteilte Baugenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Dies wird in seinem Vortrag nicht dargelegt. Die Lärmbelastung erscheint zumutbar, weil die Mischgebietswerte eingehalten werden können. Es erscheint daher bereits fraglich, ob er hinsichtlich der Lärmbelastung eine Verletzung eigener Rechte geltend macht. Die naturschutzrechtlichen Belange sind zwar auch in das Genehmigungsverfahren nicht eingegangen. Nach 21 II BNatSchG findet die Eingriffsregelung für Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich keine Anwendung, sodass ein naturschutzrechtlicher Ausgleich für das gegenüber dem Bebauungsplan kleinere Vorhaben nicht erforderlich war. Im Übrigen sind die auf die Berücksichtigung nachbar- 10 BVerwGE 55, 369; zum Rücksichtnahmegebot Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, 2. Aufl. 1998, Rdn. 835.

5 Der Westfälische Hof schützender Belange gerichteten Vorschriften jedenfalls grundsätzlich nicht nachbarschützend. Durch den Ausfall dieser naturschutzrechtlichen Belange wird B nicht in seinen Rechten verletzt. Die Nachbarklage ist daher schon wegen mangelnder Klagebefugnis unzulässig. Hilfsgutachten: II. Begründetheit der Nachbarklage Die Nachbarklage dürfte aber auch unbegründet sein, weil in die Rechte des B durch die Erteilung der Baugenehmigung nicht eingegriffen wird. Die Abstände sind offenbar gewahrt. Die Immissionen sind zumutbar. Naturschutzrechtliche Ausgleichserfordernisse fielen im nicht beplanten Innenbereich nach 21 II BNatSchG nicht an und sind im übrigen grundsätzlich nicht nachbarschützend. Die Nachbarklage ist daher als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet abzuweisen.