Erbschaftsteuer- und Bewertungsgesetz Aktuell - Wissen auffrischen Dezember Simon Moorkamp, Dipl.-Wjur. (FH), Steuerberater, Oldenburg

Ähnliche Dokumente
Kurzleitsatz: Behandlung von Schenkungen: Unterscheidung zwischen gebietsansässigen und nicht gebietsansässigen Personen rechtmäßig?

STATISTISCHES LANDESAMT

Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung aus einer Hand

Merkblatt. Erbschaftsteuer. Inhalt

Teil A: Einführung. Arbeitsunterlagen zur Vorlesung Unternehmenssteuerrecht 2015

Beispielsfälle zur Erbschaftssteuer

Übungsaufgaben International Taxation I Prof. Dr. Dietmar Wellisch, StB

Erbschaftsteuer Mandant: 1 - Mustermann Aktenzeichen: Musterstraße 1, Musterstadt

Erben und Schenken im Steuerrecht

Inhalt III. Inhaltsverzeichnis. 1 Vorbemerkung Der Aufbau des Erbschaft-/Schenkungsteuertatbestandes

Steuerberatungsgesellschaft Obermeyer GmbH Steuerberatung Rechtsberatung Wirtschaftsberatung

Merkblatt. Erbschaftsteuer. Inhalt. Dr. Pantförder & Partner. VESTIA-WP GmbH. Dr. Pantförder + Kollegen GmbH

VERMÖGENSNACHFOLGE. Pollkläsener Rechtsberatung/Steuerberatung. Donnerstag, 25. April 13

Erbschaft- und Schenkungsteuer im Bereich der Land- und Forstwirtschaft Aktuelle Rechtsentwicklung

Wichtige Informationen zum Thema Erben und Schenken. Ich berate Sie persönlich: Ulrich Kallfass WP, StB, RB. Tel.: ( )

Mandanten kommen zu Wort

Erbschafts- und Schenkungssteuer 2008

VERMÖGEN SCHENKEN STEUERN SPAREN

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Erbschaft- und Schenkungsteuer

2. Kapitel: Auslandsimmobilien im Erbfall Steuerliche Belastungen

Das neue Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht Empfehlungen für die Gestaltung von Übertragungen und Testamenten

Montagelieferung im Ausland und Umsatzsteuer. Gottfried Jestädt, Steuerberater, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Hannover

Deutsches Erbrecht und die Erbschaftssteuer

Mini One Stop Shop. Gottfried Jestädt, Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht, Hannover

Müssen Sie Erbschaftsteuer * bezahlen?

STEUERN SPAREN BEIM ERBEN UND VERSCHENKEN

Einkommen- und erbschaftsteuerliche Aspekte der Unternehmensnachfolge

Christina Klein. Kindergeld interna. Ihr persönlicher Experte

Antrag auf Behandlung als unbeschränkt einkommensteuer-

Gestaltungsmöglichkeiten bei der Vermögensnachfolge

Erben und Vererben ohne Sorgen

11; Bewertungsgesetz. Anlagen zum Bewertungsgesetz. R B Erbschaftsteuerrichtlinien

T A X W R K beraten gestalten vertreten

Erben und Schenken mit mylife Invest

bei Ihrer Sparkasse Werra-Meißner.

N O V E M B E R Schenkung von Grundstücken unter Auflage: Probleme bei der Wertermittlung und der Grunderwerbsteuer

Transport & Logistik Energie & Rohstoffe Immobilien LV-Zweitmarkt Multi Asset HCI INFORMIERT: ERBSCHAFT- UND SCHENKUNGSTEUER BEI SCHIFFSBETEILIGUNGEN

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Inhaltsübersicht. A. Ûberblick zum Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht.. 1

Merkblätter. Merkblatt. Erbschaftsteuer. Inhalt

Berufungsentscheidung

Der Autor... V Vorwort zur 2. Auflage... VII Abkürzungsverzeichnis... XV

Schiffe Immobilien Energie HCI INFORMIERT: ERBSCHAFT- UND SCHENKUNGSTEUER BEI SCHIFFSBETEILIGUNGEN

Schiffsbeteiligungen Immobilienfonds Private Equity Dachfonds Flugzeugfonds HCI INFORMIERT: ERBSCHAFT- UND SCHENKUNGSTEUER BEI SCHIFFSBETEILIGUNGEN

Anlage Angaben zu Bedarfswerten. zur Erbschaft-/Schenkungsteuererklärung. Anleitung. Anlage Angaben zu Bedarfswerten

Antrag auf Behandlung als unbeschränkt einkommensteuer-

Wintersemester 2011/2012. RiBFH Dr. Matthias Loose Lehrstuhl für Steuerrecht Ruhr-Universität Bochum

DRINGENDER HANDLUNGSBEDARF FÜR UNTERNEHMER BIS

Rechtsanwalt Frank Seliger KANZLEI SELIGER RECHTSANWALT FRANK SELIGER FACHANWALT FÜR STEUERRECHT

Steuerlehre - Lösungsheft

Nachfolgeplanung Landwirtschaftliche Unternehmer Steuerliche Aspekte

Steuerliche Fragen bei der Testamentsgestaltung. Vortrag von WP/StB Matthias Witt

Das System der gesetzlichen Erbfolge

KEPLER-FONDS Kapitalanlagegesellschaft m.b.h. Linz, Österreich. Besteuerungsgrundlagen gem. 5 Abs 1 Nr. 1 InvStG

5. Private Banking Kongress Hamburg Erbschaftsteuer und kein Ende Die Zeit nach der Cash-GmbH und andere Gestaltungsmöglichkeiten

Deutsche Erbschaftsteuer der der in Thailand lebenden Residenten

Richtig erben und vererben Richtig erben und vererben

Info Besteuerung deutsche Renten

Erb. 14 ErbStG bei Übernahme der Schenkungsteuer durch den Schenker. Bstg. 1. Musterfall. 2. Schenkungsteuer wurde vom Schenker übernommen

Savills Fund Management GmbH Frankfurt am Main / Deutschland. Bekanntmachung der Besteuerungsgrundlagen gemäß 5 Abs. 1 Investmentsteuergesetz (InvStG)

Anleitung zur Erbschaftsteuererklärung

Vorsteuerabzug Flächenschlüssel/ Umsatzschlüssel. Gottfried Jestädt, Steuerberater, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Hannover

RECHTSANWÄLTE. Herzlich willkommen zur Vortragsveranstaltung Erben und Vererben. einschließlich steuerrechtlicher Aspekte. Dienstag, 23.

Unternehmensnachfolge und Erbschaftsteuer

Gewerbesteuer in Berlin

Die wesentlichen Eckpunkte der Neuerungen wurden vorbehaltlich des tatsächlichen Gesetzeswortlauts in den nachfolgenden Ausführungen berücksichtigt.

Rechtsanwalt und Notar Friedrich Schmidt, Giessen: Erbrecht und Beratung durch den Notar

Erbschaft- und Schenkungssteuerstatistik 2002

Informationen zur Besteuerung von Entschädigungen nach dem Bayerischen Feuerwehrgesetz. Pauschale Entschädigungen

Die Reform der Erbschaftund Schenkungsteuer

Die steuerlichen Möglichkeiten: Unternehmensnachfolge steuerlich. Die Steuerklasse I. Die Höhe der Erbschaftsteuer. Schenkung/Erbfall = ErbSt/SchSt

Erbrecht für Versicherungsmakler

Anleitung zur Erbschaftsteuererklärung

Erbschaftsteuerliche Aspekte einer zunehmenden Internationalisierung der Lebens- und Vermçgensverhältnisse am Beispiel Deutschland Schweiz

Erbschaftsteuer und Unternehmensnachfolge. JProf. Dr. Katrin Haußmann

Erbschaft- und Schenkungssteuer

A. Daten für Steuererklärungen und sonstige Eingaben bei Finanzämtern. 1. Anteile im Privatvermögen

Steuerrecht: Die spanische Ferienimmobilie

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Testament, Schenken oder Vererben, Schenkung- und Erbschaftsteuer

Grundstücksbewertung im Erbrecht, Familienrecht und Steuerrecht

Saarland. Ministerium der Finanzen KURZINFORMATION ZUR ERBSCHAFT- UND SCHENKUNG- STEUER

Erbe, Erbschaft, Testament Was ist zu beachten? Notar Dr. Jens Fleischhauer

Es besteht Handlungsbedarf

Vererben und Schenken. Gedächtniskirche Bad Homburg 06. März 2013

Berufungsentscheidung

Immobilien. verschenken, vererben oder verkaufen?

Erbschaft- und Schenkungsteuer

1. Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts

Grundstruktur der Einkommensteuer

Erben und Vererben ohne Sorgen

Erbschafts- und Schenkungssteuer 2002

Die Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick

Aktuelle Probleme von Freistellungs und Anrechnungsmethode. Prof. Dr. Roland Ismer Vortrag vom 20. Juni 2013

Internationale Aspekte

Ergänzungs-/Ersatztatbestände ( 7 ErbStG)

Die Erbschaftssteuerreform Überblick und Handlungsempfehlungen -

Erbe, Erbschaft, Testament. Notar Dr. Jens Fleischhauer

Statistische Berichte Erbschaft- und Schenkungsteuer in Nordrhein-Westfalen. Berichtigte Ausgabe.

Transkript:

Dezember 2016 Simon Moorkamp, Dipl.-Wjur. (FH), Steuerberater, Oldenburg

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der finden Sie unter www.haas-sv.de. Die Seminare inkl. Arbeitsunterlagen werden von qualifizierten Referenten sorgfältig vorbereitet und durchgeführt. Sowohl die Referenten als auch die übernehmen jedoch keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit in Bezug auf die Tagungsunterlagen oder die Durchführung des Seminars. Sollten die Inhalte dieses Seminars bzw. der Seminarunterlage für steuerliche und/oder rechtliche Planungen, Gestaltungen o.ä. verwendet werden, übernehmen wir keine Haftung für sich daraus eventuell ergebende Schäden gleich welcher Art. Diese Unterrichts- und sonstigen Materialien unterliegen dem Urheberrecht, sodass jede Art der Weitergabe ohne ausdrückliche Genehmigung des Herausgebers untersagt ist.

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis A. ALLGEMEINES... 5 1. Rechtsgrundlagen des Erbschaftsteuerrechts und Bewertungsrechts... 5 2. Persönliche und Sachliche Steuerpflicht... 5 3. Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs... 10 4. Abzug von Nachlassverbindlichkeiten... 11 5. Erbschaftsteuerliche Besonderheiten der Zugewinngemeinschaft... 16 6. Steuerklassen, 15 ErbStG... 22 7. Freibeträge, 16, 17 ErbStG... 23 B. GRUNDVERMÖGEN IM ERBSCHAFTSTEUERRECHT... 25 1. Bewertung des Grundvermögens... 25 2. Steuerbefreiung für das Familienheim... 53 3. Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke... 55 C. BETRIEBSVERMÖGEN IM ERBSCHAFTSTEUERRECHT... 56 1. Bewertung von Betriebsvermögen... 56 2. Besonderheiten bei der Bewertung von Kapital- und Personengesellschaften... 71 3. Steuerentlastungen für Unternehmensvermögen... 73 D. ÜBRIGES VERMÖGEN IM ERBSCHAFTSTEUERRECHT... 92 1. Allgemeine Bewertungsgrundsätze... 92 2. Bewertung von Kapitalforderungen und Schulden... 93 3. Bewertung von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen... 98 4. Ausgewählt sachliche Steuerbefreiungen... 102 (AU 55027/162 ErbSt und BewG) 3

4 Inhaltsverzeichnis

A. ALLGEMEINES 1. Rechtsgrundlagen des Erbschaftsteuerrechts und Bewertungsrechts Grundlage ist das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) i.d.f. der Bekanntmachung vom 27.02.1997, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Nach Art. 105 Abs. 2 i.v.m. Art. 72 Abs. 2 GG hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebung über die Erbschaftsteuer. Das Aufkommen der Erbschaftsteuer steht nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG den Ländern zu. Die Erbschaftsteuer ist dementsprechend eine Landessteuer. Die Landesgesetzgebung kann nach Art. 106 Abs. 7 Satz 2 GG darüber bestimmen, ob und inwieweit das Aufkommen den Gemeinden zufließt. Gem. Art. 108 Abs. 2 GG wird die Erbschaftsteuer durch die Landesfinanzbehörden, also durch die Finanzämter, 17 Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 4 FVG, verwaltet. Rechtsgrundlagen des Bewertungsrechts sind: Das BewG (= Beck sche Steuergesetze 200), die DV zu 81 BewG (= Beck sche Steuergesetze 201), die DV zu 90 BewG (= Beck sche Steuergesetze 202), die DV zu 55 Abs. 3 und 4 BewG (= Beck sche Steuergesetze 203), die DV zu 55 Abs. 8 BewG (= Beck sche Steuergesetze 204), ErbStR 2011 sowie ErbStH 2011. 2. Persönliche und Sachliche Steuerpflicht 2.1 Persönliche Steuerpflicht 2.1.1 Unbeschränkte Steuerpflicht Die persönliche Steuerpflicht ist in 2 ErbStG geregelt. Es besteht eine unbeschränkte Steuerpflicht, wenn der Erblasser bzw. Schenker oder der Erwerber Inländer ist. Inländer ist insbesondere, wer im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder deutscher Staatsangehöriger ist, der sich nicht länger als 5 Jahre dauernd im Ausland aufgehalten hat (sog. erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht) sowie deutsche Auslandsbedienstete inländischer juristischer Personen des öffentlichen Rechts. Die unbeschränkte persönliche Steuerpflicht hat zur Folge, dass der gesamte Vermögensanfall im In- und Ausland der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt. Durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 07.12.2011 1 wurde die optionale unbeschränkte Steuerpflicht gem. 2 Abs. 3 ErbStG für EU-/EWR-Bürger eingeführt. 1 BGBl 2011 I S. 2592 5

2.1.2 Beschränkte Steuerpflicht Das Erbschaftsteuergesetz kennt jedoch auch eine beschränkte Steuerpflicht, welche vorliegt, wenn weder Erwerber noch Erblasser/Schenker Inländer sind, jedoch Inlandsvermögen i.s.d. 121 BewG übertragen wurde. Dabei handelt es sich um Vermögen, das eine besonders enge Bindung an das Inland hat, etwa weil es im Inland belegen ist, zu einer inländischen Betriebsstätte gehört oder die Eintragung in ein öffentliches Register erfolgt (vgl. im Einzelnen R E 2.2 ErbStR 2011). Schulden und Lasten sind im Fall der beschränkten Steuerpflicht nach 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG nur insoweit abzugsfähig, als sie im Zusammenhang mit steuerpflichtigem Inlandsvermögen stehen. Der persönliche Freibetrag im Fall der beschränkten Steuerpflicht beträgt nach 16 Abs. 2 ErbStG - unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis von Schenker bzw. Erblasser und Erwerber - 2.000 EUR. Die Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer nach 21 ErbStG kommt nicht in Betracht, weil die Anrechnung nach 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG nur bei unbeschränkter Steuerpflicht, Verweis auf 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, erfolgt. 2.1.3 Erweiterte beschränkte Steuerpflicht Voraussetzung für das Eingreifen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach 4 i.v.m. 2 AStG ist, dass der Erblasser oder Schenker in den letzten 10 Jahren vor seinem Wegzug als Deutscher mindestens 5 Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war, in einem Niedrigsteuerland i.s.d. 2 Abs. 2 AStG oder in keinem ausländischen Gebiet ansässig ist und wesentliche wirtschaftliche Interessen i.s.d. 2 Abs. 3 AStG im Inland hat. Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht tritt nach 4 Abs. 2 AStG nicht ein, wenn für den Erwerb im Ausland eine der deutschen Erbschaftsteuer entsprechende Steuer zu entrichten ist, die mindestens 30 % der deutschen Erbschaftsteuer entspricht oder ein DBA nach 2 AO dem AStG vorgeht. Zu beachten ist, dass für die ersten 5 Jahre des 10-Jahreszeitraumes 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe b ErbStG (erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht) vorrangig anwendbar ist, sodass 4 AStG nur zwischen dem 6. und dem 10. Jahr des Wegzuges aus Deutschland eingreift. Im Rahmen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht werden über das Inlandsvermögen i.s.d. 121 BewG hinaus alle Vermögensgegenstände erfasst, deren Erträge bei unbeschränkter Steuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.s.d. 34c EStG wären. 6

2.1.4 Übersicht zur persönlichen Steuerpflicht Art Rechtsgrundlage Anwendungsbereich Umfang unbeschränkte Steuerpflicht 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG Erwerber oder Erblasser/ Schenker ist Inländer gesamter Vermögensanfall im In- und Ausland optionale unbeschränkte Steuerpflicht 2 Abs. 3 ErbStG Erwerb von Inlandsvermögen, Erblasser/ Schenker bzw. Erwerber in EU/EWR ansässig gesamter Vermögensanfall im In- und Ausland beschränkte Steuerpflicht 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG alle nicht unter Nr. 1 und Nr. 2 fallende Tatbestände mit Übertragung von Inlandsvermögen Inlandsvermögen i.s.d. 121 BewG erweiterte beschränkte Steuerpflicht 4 i.v.m. 2 AStG Wegzug eines Inländers mit wesentlichen wirtschaftlichen Interessen im Inland in ein Niedrigsteuerland Rechtsbehelfsempfehlung Inlandsvermögen i.s.d. 121 BewG sowie Vermögensgegenstände, deren Erträge bei unbeschränkter Steuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.s.d. 34c EStG wären Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte bereits in der Vergangenheit entschieden, dass die gesetzlich vorgesehene Ungleichbehandlung von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen nicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit zu vereinbaren ist. Daraufhin hat der Gesetzgeber ein Recht geschaffen, die Behandlung des Erwerbs als unbeschränkt steuerpflichtig zu beantragen. Das FG Düsseldorf legte sodann dem EuGH die Frage vor, ob der Verstoß gegen das Unionsrecht durch diese Optionsregelung beseitigt worden ist. Das hat der EuGH verneint (Urteil vom 08.06.2016, Rs. C-479/14). 7

2.2 Sachliche Steuerpflicht Die sachliche Steuerpflicht ist in 1 Abs. 1 ErbStG geregelt und erfasst folgende 4 Tatbestände: a) Erwerb von Todes wegen 1 Abs. 1 Nr. 1 i.v.m. 3 ErbStG, insbesondere: Erbanfall, Vermächtnis, geltend gemachter Pflichtteil, Ansprüche aus Lebensversicherungen, Abfindungen für Verzicht auf Pflichtteil. b) Schenkungen unter Lebenden, 1 Abs. 1 Nr. 2 i.v.m. 7 ErbStG, c) Zweckzuwendungen, 1 Abs. 1 Nr. 3 i.v.m. 8 ErbStG, d) das Vermögen einer Familienstiftung, 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Beispiel 1: Unbeschränkte Steuerpflicht und Zuständigkeit Erblasser Flavio war italienischer Staatsbürger und lebte bis zu seinem Tod in Rom. Er vermachte seinen gesamten Besitz testamentarisch seinem Freund Peter aus Emden. Zu seinem Nachlass gehört auch eine in München gelegene Luxusvilla mit einem Grundbesitzwert von 5.000.000 EUR. Unterliegt der Vorgang der deutschen Erbschaftsteuer? Welche Finanzämter sind ggf. örtlich zuständig? Lösung Beispiel 1: Da Peter (= Erwerber) einen Wohnsitz i.s.d. 8 AO in Emden hat, ist er Inländer gem. 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG. Die persönliche Steuerpflicht ist somit gegeben. Es handelt sich um einen Erwerb von Todes wegen (Erbanfall gem. 1922 BGB), 1 Abs. 1 Nr. 1 i.v.m. 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die sachliche Steuerpflicht ist daher ebenfalls gegeben. Flavio war kein Inländer i.s.d. 2 ErbStG. Somit ist nicht das Wohnsitz-Finanzamt des Erblassers, sondern das Wohnsitz-Finanzamt des Erwerbers (hier: Finanzamt Emden) für die Festsetzung der Erbschaftsteuer örtlich zuständig, 35 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG. Für die Feststellung des Grundbesitzwerts gem. 151 Abs. 1 Nr. 1 AO ist örtlich das Lagefinanzamt (hier: Finanzamt München) zuständig, 152 Nr. 2 BewG. Beispiel 2: Beschränkte Steuerpflicht und Zuständigkeit Wie Beispiel 1, nur erbt das Vermögen des Flavio sein Freund Pietro aus Neapel. Unterliegt der Vorgang der deutschen Erbschaftsteuer? Welche Finanzämter sind ggf. örtlich zuständig? Lösung Beispiel 2: Weder Flavio noch Pietro sind Inländer gem. 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG somit liegt kein Fall der unbeschränkten persönlichen Steuerpflicht vor. Da es sich bei dem Grundstück in München jedoch um Inlandsvermögen i.s.d. 121 BewG handelt, ist die beschränkte persönliche Steuerpflicht nach 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG gegeben. Es handelt sich um einen Erwerb von Todes wegen (Erbanfall gem. 1922 BGB), 1 Abs. 1 Nr. 1 i.v.m. 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die sachliche Steuerpflicht ist daher ebenfalls gegeben. Für die Erbschaftsteuerfestsetzung ist nach 35 Abs. 4 ErbStG i.v.m. 19 Abs. 2 AO das Finanzamt München zuständig, da sich in dessen Bezirk befindet. Für die Feststellung des Grundbesitzwerts gem. 151 Abs. 1 Nr. 1 AO ist örtlich das Lagefinanzamt (hier: Finanzamt München) zuständig, 152 Nr. 2 BewG. 8

Beispiel 2a: Optionale unbeschränkte Steuerpflicht Pierre wird Alleinerbe nach seinem Vater Jacques. Beide sind französische Staatsbürger und haben ihren Wohnsitz in Frankreich. Der Nachlass besteht ausschließlich aus einer Immobilie in Deutschland mit einem Verkehrswert von 500.000 EUR sowie einem Sparguthaben in Frankreich von 20.000 EUR. Darüber hinaus schuldet Jacques seiner Lebensgefährtin Sophie noch 50.000 EUR aus einem Privatdarlehen für eine Weltreise. Lösung Beispiel 2a: Beschränkte Steuerpflichtige Unbeschränkte Steuerpflichtige Vermögensanfall 500.000EUR 520.000 EUR Nachlassverbindlichkeiten - EUR./. 50.000 EUR Bereicherung 500.000 EUR 470.000 EUR persönlicher Freibetrag./. 2.000 EUR./. 400.000 EUR steuerpflichtiger Erwerb 498.000 EUR 70.000 EUR Steuersatz 15 % 7 % Steuer 74.700 EUR 4.900 EUR Ein Antrag auf optionale unbeschränkte Steuerpflicht nach 2 Abs. 3 ErbStG würde die Steuerlast somit erheblich mindern! 9

3. Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs Der steuerpflichtige Erwerb ist grundsätzlich wie folgt zu ermitteln, vgl. R 10.1 ErbStR 2011- Entwurf: 1. Steuerwert des Wirtschaftsteils des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens./. Befreiung nach 13 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG + Steuerwert des Betriebsvermögens./. Befreiung nach 13 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG + Steuerwert der Anteile an Kapitalgesellschaften = Zwischensumme./. Steuerbefreiung nach 13a ErbStG + Steuerwert des Wohnteils und der Betriebswohnungen des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens./. Befreiung nach 13 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4a bis 4c ErbStG./. Befreiung nach 13c ErbStG + Steuerwert des Grundvermögens./. Befreiung nach 13 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4a bis 4c ErbStG./. Befreiung nach 13c ErbStG + Steuerwert des übrigen Vermögens./. Befreiung nach 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG = Vermögensanfall nach Steuerwerten ================================================== 2. Steuerwert der Nachlassverbindlichkeiten, soweit nicht vom Abzug ausgeschlossen, mindestens Pauschbetrag für Erbfallkosten (einmal je Erbfall) = abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten 3. Vermögensanfall nach Steuerwerten (1.)./. abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten (2.)./. weitere Befreiungen nach 13 ErbStG = Bereicherung des Erwerbes ================================================== 4. Bereicherung des Erwerbers (3.)./. ggf. steuerfreier Zugewinnausgleich, 5 Abs. 1 ErbStG + ggf. hinzuzurechnende Vorerwerbe, 14 ErbStG./. persönlicher Freibetrag, 16 ErbStG./. besonderer Versorgungsfreibetrag, 17 ErbStG = steuerpflichtiger Erwerb ================================================== 10