Die letzte Eintragung ins Gaußsche Tagebuch (9. Juli 84) Eine Bemerkung von einigen Zeilen mit einer fast 00-jährigen Nachfolgegeschichte: Beschreibung des Problems: Es handelt sich bei diesem Problem um die Anzahl der Lösungen der Gleichung x + y + x y nach Primzahlkongruenzen im Bereich (Ring) der Gaußschen Zahlen Z[i], der aus allen Zahlen a+bi besteht, wobei a und b ganze Zahlen sind, d.h. 0,, -,, -, 3, -3 usw.. 859 Bernhard Riemann Riemann (der Nachfolger Dirichlets auf dem Gaußschen Lehrstuhl in der Mathematik) studiert in seiner berühmten Arbeit Über die Anzahl der Primzahlen unter einer gegebenen Größe (859) die heute nach ihm benannte Zetafunktion: ζ ( s) = s + s + 3 s +... als Funktion einer komplexen Variablen s. Zum Beispiel s= ζ ) = + + 3 + 4 5 ( +...
Er definiert sie durch analytische Fortsetzung für alle komplexen Zahlen s (wobei die obige Reihe nur für reelle Zahlen größer als sinnvoll ist). Er beweist die Funktionalgleichung. Er stellt die heute sogenannte Riemannsche Vermutung auf, die wohl berühmteste unbewiesene Vermutung der Zahlentheorie: Alle sog. nichtoffensichtlichen Nullstellen der Zetafunktion liegen auf der Gerade σ = + it der komplexen Zahlenebene. Heutzutage hat man dies für Millionen Nullstellen dieser Funktion mit Hilfe des Computers nachgewiesen, der allgemeine Beweis steht aber noch aus!! Henri Poincaré (854-9) Henri Poincaré ist der wohl berühmteste Mathematiker des ausgehenden 9.ten Jahrhunderts, Vetter des mehrfachen französischen Staatspräsidenten R. Poincaré. Er war vor allem in der Analysis und in der theoretischen Physik tätig. Er schreibt in seinem damals weit verbreiteten wissenschaftsphilosophischen Werk Wissenschaft und Methode über die Zahlentheorie (=Arithmetik) und über voraussichtliche Weiterentwicklungen: Auszug aus Poincaré s Werk über die Arithmetik (deutsche Ausgabe Seite 9/30,. Buch,. Kapitel):
Dies ist wie die folgende Entwicklung zeigt, durchaus prophetisch und in jedem Falle eine Weiterschreibung der Fragestellung von Gauß. Emil Artin (898-96) E. Artin war neben H. Hasse und E. Noether einer der Begründer der sogenannten modernen Algebra in den 0er Jahren des letzten Jahrhunderts. Das Ziel dieser Neubegründung, das später von der französischen Bourbaki - Gruppe fortgesetzt wurde, war ein Neuaufbau der Algebra (bzw. der gesamten Mathematik) aus wenigen grundlegenden Prinzipien. In seiner Dissertation 9, die erst 94 veröffentlicht wurde, überträgt Artin die Definition der Riemannschen Zetafunktion auf so genannte Kongruenzfunktionenkörper, wie sie etwa bei der letzten Gaußschen Eintragung ins Tagebuch eine Rolle spielen. Er formuliert das Analogon der Riemannschen Vermutung für diese neuen Zetafunktionenen. Erich Hecke (887-947) E. Hecke war Schüler von David Hilbert in Göttingen. Er war ein bedeutender Zahlen- und Funktionentheoretiker des vorigen Jahrhunderts, der die Riemannsche Zetafunktion in verschiedener Hinsicht verallgemeinerte. Insbesondere bewies er eine Funktionalgleichung für sog. L-Reihen mit Größencharakteren, genau um diese geht es bei Eintrag von Carl Friedrich Gauß in sein Tagebuch. Helmut Hasse (898-979) Er beweist 934 in Göttingen das von E. Artin ausgesprochene Analogon der Riemannschen Vermutung im Falle so genannter elliptischer Funktionenkörper. Hasse formuliert weitere Varianten von Zetafunktionen. Das Studium dieser Zetafunktionen und ihrer Funktionalgleichungen führt A. Wiles 995 zum Beweis der Fermatschen Vermutung.
Andre Weil (906-998) A. Weil verallgemeinert das Resultat von Hasse und beweist das Analogon der Riemannschen Vermutung im Sinne E. Artins für alle eindimensionalen Kongruenzfunktionenkörper. Dabei muss er die Fundamente der sog. Algebraischen Geometrie, d.h. die Theorie derjenigen geometrischen Gebilde, die durch algebraische Gleichungen (Polynome) gegeben werden, auf die Situation endlicher Körper (=Rechenbereiche) übertragen. Die Durchführung des von H. Poincaré oben angeregten Programms ist ein weiterer Teil seiner Arbeit. Im Weiteren formulierte A. Weil eine Verallgemeinerung der von E. Artin ausgesprochenen Vermutung auf Kongruenzfunktionenkörper höheren Grades. Pierre Deligne (*944) P. Deligne beweist 973 die Riemannsche Vermutung in der von E. Artin bzw. A.Weil formulierten Version. Dies kann als eine Erfüllung des Poincaréschen Programms angesehen werden. M ax Deuring (907-984) Max Deuring gehörte zum Kreis um Emmy Noether in Göttingen um 930. Er beschäftigte sich insbesondere mit elliptischen Funktionenkörpern. In den 50er Jahren studierte er Situationen, die ganz genau den Gaußschen Aufzeichnungen im Tagebuch entsprechen. Er betrachtet die von Hasse eingeführten Zetafunktionen im Falle elliptischer Funktionenkörper mit komplexer Multiplikation und beweist, dass sie nichts anderes sind als L-Reihen mit Größencharakteren im Sinne von Erich Hecke. Damit ist er in der Lage, die Funktionalgleichung dieser Zetafunktionen zu gewinnen. Der wesentliche Schritt beim Beweis sind entsprechende Aussagen wie die von Gauß in der letzten Eintragung im Tagebuch.
Eine Ausarbeitung der Gauß-Gruppe im Rahmen des Gauß-Jahres 005 im Wintersemester 004/ 005: Leitung: Prof. Dr. Ulrich Stuhler Mitarbeit: Brigitta Arend Matthias Block Stefanie Dix Sven Jahnscheck Anke Kusterer Eveline Pluta Mark Sakschewski Bettina Suerland Sarah Wieczorek Stefan Wiedmann Henning Winalke Jan Lennard Wolf Maurice Ziola