PÜ Vertragliche Schuldverhältnisse, Wintersemester 2011/12 Lösungsskizze Fall 2 1 Lösungsskizze Fall 2 Ausgangsfall Anspruch des K gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. 346 I, 437 Nr. 2, 323 I BGB I. Rücktrittserklärung gem. 349 BGB (+) II. P: Recht zum Rücktritt? Ein gesetzliches Rücktrittsrecht könnte sich aus 437 Nr. 2 i.v.m. 323 Abs. 1 BGB ergeben. 1. Wirksamer KV (+) 2. Sachmangel a) Ausdrückl. Beschaffenheitsvereinbarung isd 434 Abs. 1 S. 1 (-) b) 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 (-) c) 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (-) Zwischenergebnis: Regal an sich mangelfrei d) Aber: 434 Abs. 2, "IKEA-Klausel" aa) 434 Abs. 2 S. 2, 1. HS Regal wird als mangelhaft angesehen, da Anleitung selbst mangelhaft bb) Aber: 434 Abs. 2 S. 2, 2. HS: wegen fehlerfreier Montage gilt Regal als ordnungsgemäß Nach h.m. ist irrelevant, wer ordnungsgemäß montiert und wann dies der Fall ist. Das hat folgende Konsequenz: Hatte der Verkäufer seinerseits die Sache vom Hersteller bereits mit der fehlerhaften Anleitung erworben, stehen dem Verkäufer gegenüber dem Hersteller an sich Rechte aus 437 zu. Diese fallen aber weg, wenn der Endverbraucher oder ein Dritter die Sache ordnungsgemäß zusammengesetzt hat, wobei die Beweislast hierfür beim jeweils in Anspruch genommenen Verkäufer (= ggf. der Hersteller) liegt. Es genügt überdies, dass überhaupt einmal ordnungsgemäß montiert wurde. Ist das der Fall, scheidet ab dann ein Sachmangel in Bezug auf die Sache für immer aus. Unklar ist allerdings, was passiert, wenn die Sache, nachdem der Käufer bereits gemindert und ggf. eine Rückzahlung erhalten hat, noch ordnungsgemäß zusammengebaut wird - hat hier der Käufer den Betrag dann wieder herauszugeben (wohl nicht)?
Lösungsskizze Fall 2 2 Abwandlung 1 1. Vssn. des 434 Abs. 2 (+) 2. Rechtsfolge: Nacherfüllungsanspruch nach Wahl des K gem. 437 Nr. 1, 439 Abs.1 a) Anspr. auf Nachlieferung gem. 439 Abs. 1, 2. Alt. aa) Anspr. beinhaltet Lieferung eines neuen Schrankes mit ordnungsgem. Anleitung, da nach 434 Abs. 2 S. 2 die "Gesamtlieferung" als mangelhaft gilt Nach h.m. genügt es nicht, dass der Verkäufer eine ordnungsgemäße Montageanleitung nachliefert, obwohl das dem Käufer an sich genügen würde (insbesondere falls der Käufer noch nicht versucht hat, die Sache zusammenzubauen). Dieses Ergebnis ist zumindest fragwürdig. bb) gem. 320, 348, 346 Abs. 1, 439 Abs. 4 hat K Zug um Zug gegen Nachlieferung den Schrank herauszugeben. b) Anspr. auf Nachbesserung gem. 439 Abs. 1, 1. Alt. Inhalt = Versetzung der Sache in mangelfreien Zustand. Str., was hierunter zu verstehen ist: Var. 1: Mangelfrei wäre Leistung gewesen, wenn K einen nicht zusammengesetzten Schrank mit verständlicher Anleitung erhalten hätte Var. 2: K hat Anspruch auf ordnungsgemäßen Zusammenbau c) Etwaige Kosten der Rückgabe/Nachbesserung gehen zu Lasten des V, 439 Abs. 2.
Lösungsskizze Fall 2 3 Abwandlung 2 I. Vssn. der Gewährleistungsansprüche 1. Kaufvertrag isd 433 oder Werkvertrag? KV (+), vgl. 434 Abs. 2 S. 1 und 651 S. 1 2. Mangel isd 434 Abs. 2 S. 1 (+) (+), da Montage vertraglich geschuldet war II. Rechtsfolgen 1. Nachbesserung gem. 437 Nr. 1, 439 Abs. 1, 1. Alt. (+), Herstellung des ordnungsgemäßen Zustandes, d.h. Zusammenbau geschuldet 2. Nachlieferung gem. 437 Nr. 1, 439 Abs. 1, 2. Alt. a) Anspruch grds. (+) b) Aber: Soweit Nachlieferung erheblich teurer als Nachbesserung, kann V auf Nachbesserung bestehen, 439 Abs. 3 (relative Unverhältnismäßigkeit; bei Montagefällen idr der Fall). 3. Andere Rechtsbehelfe nach Fristsetzung (+)
Lösungsskizze Fall 2 4 Abwandlung 3 I. Anspruch auf Nacherfüllung, 437 Nr. 1, 439 1. Wirksamer KV (+) 2. Sachmangel: Hier Abweichen von der gewöhnlichen Beschaffenheit gem. 434 I 2 Nr. 2 BGB (+) 3. bei Gefahrübergang (+) 4. Zwischenergebnis: Nacherfüllungsanspruch an sich gegeben, 437 Nr. 1, 439 (s.o.) 5. Rechtsfolge: Umfang des Nacherfüllungsanspruchs a) Reparatur = Nachbesserung gem. 439 Abs. 1 Var. 1 BGB geschuldet (+) b) P: Ist V auch zur Abholung verpflichtet? o Abhängig vom Leistungsort der Nacherfüllung o E.A.: aktueller/bestimmungsgemäßer Belegenheitsort der Sache o A.A.: Ursprünglicher Erfüllungsort, denn Verkäufer hat die Transportkosten zur Erfüllung der Verpflichtung nach 439 II zu tragen ( 439 II als eigene AGL für den Käufer, wenn dieser die Kosten trägt!) o nun BGH (Urt. v. 13.4.2011) mit Anm. Faust, JuS 2011, 748. Nach 269 BGB die von den Parteien getroffene Vereinbarung entscheidend wenn (-) nach 269 I auf die jeweiligen Umstände, insb. Natur des SV abzustellen (primär): prägende Umstände des betroffenen Schuldverhältnisses, darunter insb. Ortsgebundenheit/Art der vorzunehmenden Leistung (NE?), Verkehrssitte, örtliche Gepflogenheiten, Handelsbräuche arg.: Zwar gehe NE-Anspruch grds. nicht weiter als ursprünglicher Erfüllungsanspruch, aber gewisse Modifikationen kennt das Kaufrecht, z.b. andere Verjährung Beispiele: Geschäfte des täglichen Lebens, etwa Kauf im Ladengeschäft: Nach Verkehrsauffassung am Sitz des V; Fahrzeugkauf eher am Betriebsort des Händlers (Diagnose, Geräte etc.) wenn (-), Ort des Verkäuferwohnsitzes, bzw. seiner gewerblichen Niederlassung Vorgaben der VGKL ( keine erhebliche Unannehmlichkeit) ließen sich innerhalb der Auslegung des 269 BGB berücksichtigen:
Lösungsskizze Fall 2 5 Dass Käufer Zeit und Mühen für den Transport aufwenden muss, sei keine erhebliche Unannehmlichkeit, wenn zumindest der Verkäufer die Kosten trägt. Ein weiterer Streitpunkt, der im vorliegenden Kontext bei entsprechender Fallgestaltung eine Rolle spielen kann, ist die Frage ob auch der Ein- und Ausbau einer gekauften Sache vom Nacherfüllungsanspruch umfasst ist, und ob dies der Verkäufer selbst durchführen oder nur (teilweise) die Kosten tragen muss. Hierzu hat jüngst der EuGH judiziert (s.o. Fall 1). Er hat festgestellt, dass der Verkäufer sowohl die Ein- als auch die Ausbaukosten zu tragen hat. Ferner sei die absolute Unverhältnismäßigkeit i.r.d. 439 Abs. 3 BGB nach der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ein unzulässiges Kriterium, den Nacherfüllungsanspruch zu beschränken (in der Begründung zweifelhaft!). Höchstens eine Beschränkung der Kostentragungspflicht komme in Betracht. c) Aufgrund Einbaus der Kaufsache: Leistungsort am Belegenheitsort Daher schuldet V auch Ausbau und Abholung d) Anspruch (+) II.Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache, 346 I, 323, 437 Nr. 2 1. Gegenseitiger Vertrag (+) 2. Schlechterfüllung (+), s.o. Sachmangel 3. Erfolglose Frist zur Nacherfüllung P: Ist Aufforderung zur Abholung ausreichend, um eine Fristsetzung zur Nacherfüllung in Gang zu setzen? (+), da V im Rahmen der Nacherfüllung auch Abholung schuldet (s.o.) Problematisch an der Auffassung des BGH ist freilich, dass für jeden Einzelfall, in dem die Parteien den Ort der Nacherfüllung nicht explizit vertraglich festlegen, unter Rückgriff auf 269 entschieden werden muss, wo sich dieser befindet. Das bürdet dem Käufer ein erhebliches Risiko auf: Fordert er zur Nacherfüllung am Belegenheitsort auf, obwohl er den Kaufgegenstand eigentlich zum Verkäufer transportieren müsste, wird dadurch keine Nachfrist in Gang gesetzt. Der Käufer kann dann nicht zurücktreten, mindern oder Schadenersatz statt der Leistung verlangen. Transportiert der Käufer hingegen freiwillig den Kaufgegenstand zum Verkäufer, obwohl der Ort der Nacherfüllung bei ihm lag, macht er dem Verkäufer die Nacherfüllung teilweise unmöglich (Selbstvornahme!). Hierzu Faust, JuS 2011, 748 (750). Anspruch (+)