Aktuelle Therapiekonzepte bei HNO Malignomen Univ.-Prof. Dr. Peter FRANZ HNO-Abteilung, KA Rudolfstiftung Seite 1
Organerhalt/ Funktionserhalt Erste Laryngektomie Verschiedene Formen der Larynxteilresektion Drei Studien zum Organerhalt 1873 ~1920 ~1950 ~1970 1996 2009 Einsatz der Strahlentherapie Erste Chemotherapeutika am Markt Kombinierte Therapieschemata Seite 2
Therapieoptionen Lokale/reginonäre Kontrolle Organerhalt / Funktionserhalt Heilung Lebensqualität Seite 3
Plattenepithelkarzinom des Kopf-Hals-Bereiches operabel Inoperabel/Patient lehnt OP ab Neue Therapeutika (z.b. anti-egf-r AK) Fernmetastasen Frühstadien, kleine Tumore prim. RT Chirurgie Ausgedehnte Tumore Chirurgie (soweit möglich organsparende Konzepte) RT+/-CT RCT (Induktionstherapien, konkomitante Konzepte) RCT (Induktion oder konkomitant) RT+/-CT Adjuvante RT od. RCT bei Therapieversagen: salvage surgery Seite 4
Plattenepithelkarzinom des Kopf-Hals-Bereiches operabel Inoperabel/Patient lehnt OP ab Neue Therapeutika (z.b. anti-egf-r AK) Fernmetastasen Frühstadien, kleine Tumore prim. RT Chirurgie Ausgedehnte Tumore Chirurgie (soweit möglich organsparende Konzepte) RT+/-CT RCT (Induktionstherapien, konkomitante Konzepte) RCT (Induktion oder konkomitant) RT+/-CT Adjuvante RT od. RCT bei Therapieversagen: salvage surgery Seite 5
Tumoren der Schleimhaut und des oberen Respirationstraktes (über 90% Plattenepithelcarcinome) T1 und T2 Tumore des Larynx und des Hypopharynx Frühstadien (Domäne der CO2-Laserchirurgie) Larynxteilresektion oder Pharynxteilresektion Neck Dissektion (Verzicht auf N.D. bei T1 N. laryngis und N0-Hals) Seite 6
Prinzip der Laserresektion: Querschnitt Seite 7
CO2-Laserresektion Vorteile: Nachteile: Funktionserhaltung Tumor muß einstellbar Geringe intraop. Blutung sein Kein unnötiges Opfern funkt. Ev. intensivstationäre wichtiger Strukturen Betreuung postop. Schnellere Rehabilitation geringere Kosten Ev. zweizeitiges Vorgehen Seite 8
Kurative Laserchirurgie des Larynx und des Hypopharynx a b c a und b = geeignete Tumore c = ungeeignete Tumore Seite 9
Position von Operateur und Patient Seite 10
Laserresektion Seite 11
Plattenepithelkarzinom des Kopf-Hals-Bereiches operabel Inoperabel/Patient lehnt OP ab Neue Therapeutika (z.b. anti-egf-r AK) Fernmetastasen Frühstadien, kleine Tumore prim. RT Chirurgie Ausgedehnte Tumore Chirurgie (soweit möglich organsparende Konzepte) RT+/-CT RCT (Induktionstherapien, konkomitante Konzepte) RCT (Induktion oder konkomitant) RT+/-CT Adjuvante RT od. RCT bei Therapieversagen: salvage surgery Seite 12
Tumoren der Schleimhaut und des oberen Respirationstraktes (über 90% Plattenepithelcarcinome) T3 und T4 Tumore des Larynx und des Hypopharynx Ausgedehnte Tumore Klassische Teilresektion oder Laryngektomie Bei ausgedehnten Tumoren totale Laryngopharyngektomie eventuell nötig (Gewebsersatz) Neck Dissection Seite 13
Tumoren der Schleimhaut und des oberen Respirationstraktes (über 90% Plattenepithelcarcinome) T3 und T4 Tumore des Larynx und des Hypopharynx Ausgedehnte Tumore Klassische Teilresektion oder Laryngektomie Bei ausgedehnten Tumoren totale Laryngopharyngektomie (Gewebsersatz) Neck Dissection Seite 14
Tumoren der Schleimhaut und des oberen Respirationstraktes (über 90% Plattenepithelcarcinome) T3 und T4 Tumore des Larynx und des Hypopharynx Ausgedehnte Tumore Klassische Teilresektion oder Laryngektomie Bei ausgedehnten Tumoren totale Laryngopharyngektomie (Gewebsersatz) Neck Dissection Seite 15
Neck Dissektion Zervikale Lymphknotengruppen Zervikale Lymphknotenebenen nach Regionen Radikale Neck dissection Funktionell radikale Neck dissection Seite 16
Neck Dissektion Neben operativen Maßnahmen am Primärtumor sind bei fortgeschrittenen Karzinomen in der Regel auch die klinisch manifest oder nur potentiell befallenen Hals-Lymphknoten in die Operationsplanung einzubeziehen. Als Indikationen zur Neck dissection gelten: Glottische Karzinome T3/T4. Alle infiltrierenden supraglottischen, subglottischen und Hypopharynxkarzinome. Eine zeitversetzte Neck dissection als Zweiteingriff nach endolaryngealen Tumorresektionen hat sich bewährt. Bei offenen Operationen am Primärtumor erfolgt eine simultane einoder beidseitige Neck dissection. Seite 17
Plattenepithelkarzinom des Kopf-Hals-Bereiches operabel Inoperabel/Patient lehnt OP ab Neue Therapeutika (z.b. anti-egf-r AK) Fernmetastasen Frühstadien, kleine Tumore prim. RT Chirurgie Ausgedehnte Tumore Chirurgie (soweit möglich organsparende Konzepte) RT+/-CT RCT (Induktionstherapien, konkomitante Konzepte) RCT (Induktion oder konkomitant) RT+/-CT Adjuvante RT od. RCT bei Therapieversagen: salvage surgery Seite 18
Adjuvante Radiotherapie bei HNO Malignomen Eine postoperative Bestrahlung ist indiziert bei histologisch nachgewiesenen Lymphknotenmetastasen, bei Lymphangiosis oder Hämangiosis carcinomatosa. Bestrahlungsbehandlungen sind nicht geeignet, unvollständige chirurgische Resektionen onkologisch zu retten. Bei R1- oder R2-Resektion sollte eine Nachresektion mit dem Ziel der vollständigen chirurgischen Tumorentfernung angestrebt werden, bevor ggf. eine postoperative Radiatio erfolgt. Seite 19
Adjuvante Radiochemotherapie bei HNO Malignomen Gemeinsame Analyse der RTOG und EORTC Studie signifikanter Benefit: Kapselruptur positive Resektionsränder möglicher Benefit (nicht signifikant): Stadium III und IV perineurale Invasion vaskuläre Tumoremboli und/oder klinisch vergrößerte LKN im Level IV-V kein Benefit bei > 2 positiven LKN) Seite 20
Plattenepithelkarzinom des Kopf-Hals-Bereiches operabel Inoperabel/Patient lehnt OP ab Neue Therapeutika (z.b. anti-egf-r AK) Fernmetastasen Frühstadien, kleine Tumore prim. RT Chirurgie Ausgedehnte Tumore Chirurgie (soweit möglich organsparende Konzepte) RT+/-CT RCT (Induktionstherapien, konkomitante Konzepte) RCT (Induktion oder konkomitant) RT+/-CT Adjuvante RT od. RCT bei Therapieversagen: salvage surgery Seite 21
Primäre Radiotherapie bei HNO Malignomen Bei der Behandlung von Frühstadien des Kehlkopfkarzinoms sind operative Behandlung und alleinige definitive Radiotherapie als onkologisch sinnvolle Therapieoptionen anzusehen. Die Mehrzahl der Patienten und auch der Therapeuten optieren heute für die Durchführung operativer Verfahren, weil die Behandlungszeit kürzer und die Therapieoptionen im Rezidivfall (etwa 10% aller Patienten) günstiger sind. Eine Strahlentherapie ist in der Regel eine bei jedem individuellen Patienten nur einmal verfügbare Option zur Behandlung von Kopf- Hals-Karzinomen. Wird sie zur Primärtherapie kleiner Larynxkarzinome eingesetzt, ist sie im Rezidivfall nicht neuerlich verfügbar. Seite 22
Plattenepithelkarzinom des Kopf-Hals-Bereiches operabel Inoperabel/Patient lehnt OP ab Neue Therapeutika (z.b. anti-egf-r AK) Fernmetastasen Frühstadien, kleine Tumore prim. RT Chirurgie Ausgedehnte Tumore Chirurgie (soweit möglich organsparende Konzepte) RT+/-CT RCT (Induktionstherapien, konkomitante Konzepte) RCT (Induktion oder konkomitant) RT+/-CT Adjuvante RT od. RCT bei Therapieversagen: salvage surgery Seite 23
Induktionschemotherapie bei Larynx und Hypopharynxkarzinomen Das Konzept der Induktionschemotherapie mit Cisplatin und kontinuierlichen 5-FU (2 4 Zyklen) gefolgt von einer konventionell fraktionierten Radiotherapie wurde erstmals im Jahr 1987 von Jacobs und Mitarbeitern beschrieben. Aus derselben Arbeitsgruppe stammt die Hypothese, dass Patienten, die auf eine Induktionschemotherapie nicht ansprechen auch radiotherapieresistent sind. Die Induktionschemotherapie gefolgt von einer konkomitanten Radiochemotherapie etablierte sich mittlerweile als Goldstandard für Patienten mit einem Larynx- oder Hypopharynxkarzinom, welche eine Laryngektomie nicht grundsätzlich ablehnen. Seite 24
Induktionschemotherapie bei Larynx und Hypopharynxkarzinomen Die Rationale für eine Induktionschemotherapie gefolgt von konkomitanter Radiochemotherapie basiert auf: 1) den hohen Ansprechraten von 50 80%, 2) Selektion von Non-Respondern, welche noch vor der Radiotherapie operiert werden sollten und 3) Reduktion von Fernmetastasen. Larynxerhalt bei 2/3 der Patienten Gesamtüberleben wird durch das rein konservative Vorgehen nicht negativ beeinflusst, wenn Patienten nach Induktionschemotherapie zumindest eine 50%ige Tumorverkleinerung aufwiesen. Seite 25
Plattenepithelkarzinom des Kopf-Hals-Bereiches operabel Inoperabel/Patient lehnt OP ab Neue Therapeutika (z.b. anti-egf-r AK) Fernmetastasen Frühstadien, kleine Tumore prim. RT Chirurgie Ausgedehnte Tumore Chirurgie (soweit möglich organsparende Konzepte) RT+/-CT RCT (Induktionstherapien, konkomitante Konzepte) RCT (Induktion oder konkomitant) RT+/-CT Adjuvante RT od. RCT bei Therapieversagen: salvage surgery Seite 26
Konkomitante Radiochemotherapie bei Larynxkarzinom Alternativ zur Induktionschemotherapie gefolgt von einer Radiotherapie (ICRT) kann mit Patienten, die eine Laryngektomie prinzipiell ablehnen, auch eine primäre konkomitante Radiochemotherapie (RCT) diskutiert werden. Diese Empfehlung basiert auf den Ergebnissen einer 3-armigen randomisierten Studie von Forastiere et al. (2003), in welcher eine Induktionschemotherapie gefolgt von einer Radiotherapie(2 PF gefolgt konventionelle RT, 70 Gy) mit einer konkomitanten Radiochemotherapie (Cisplatin und konv. RT, 70 Gy) und einer alleinigen Radiotherapie (konventionell, 70 Gy) verglichen wurde. Seite 27
Konkomitante Radiochemotherapie bei Larynxkarzinom Nachdem dies die bislang einzige publizierte randomisierte Studie ist, die den Stellenwert einer Induktionschemotherapie im Vergleich zu einer konkomitanten Radiochemotherapie untersucht hat, gilt die konkomitante Radiochemotherapie weiterhin als Goldstandard für lokal fortgeschrittene HNO-Tumoren. Seite 28
Plattenepithelkarzinom des Kopf-Hals-Bereiches operabel Inoperabel/Patient lehnt OP ab Neue Therapeutika (z.b. anti-egf-r AK) Fernmetastasen Frühstadien, kleine Tumore prim. RT Chirurgie Ausgedehnte Tumore Chirurgie (soweit möglich organsparende Konzepte) RT+/-CT RCT (Induktionstherapien, konkomitante Konzepte) RCT (Induktion oder konkomitant) RT+/-CT Adjuvante RT od. RCT bei Therapieversagen: salvage surgery Seite 29
Cetuximab in Kombination mit einer primären Radiotherapie Die konkomitante Verabreichung von Cetuximab (gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor EGF gerichteter Antikörper; Bonner et al. 2006) zur primären Radiotherapie ist einer alleinigen Radiotherapie signifikant überlegen: Überlebensbenefit von 20 Monaten führt zu keiner Steigerung der Strahlentherapie-assoziierten Nebenwirkungen Dieses viel versprechende Therapiekonzept kann derzeit jedoch noch nicht als Standardvorgehen bei Organerhalt für resektable HNO-Tumoren empfohlen werden, da: bislang nur Patienten mit nicht-resektablen Tumoren untersucht wurden. Seite 30
HPV Nicht alle Oropharynxkarzinome sind ursächlich auf Nikotin und Alkohol zurückzuführen. Ein Drittel aller Oropharynxkarzinome enthalten onkogene humane Papillomviren (HR-HPV). Epidemiologische und molekulare Untersuchungen belegen, dass HR-HPV bei diesen Tumoren ursächlich sind. HPV-assoziierte Oropharynxkarzinome unterscheiden sich von den Oropharynxkarzinomen, die durch diese klassischen Noxen bedingt sind. Bei ihnen spielen sexuelle Risikofaktoren eine Rolle für die Entstehung und ihre Prognose scheint günstiger zu sein. Seite 31
Tumorcharakteristika in Abhängigkeit vom HPV-Status Lokalisation HPV positiv Zungengrund Tonsille Nasennebenhöhlen Larynx HPV negativ alle Histologie basaloid keratinisierend T-Stadium niedrig (1/2) höher (3/4) N-Stadium höher (>2a) alle Alter jünger älter Geschlecht 3:1 3:1 Sozialstatus hoch niedrig Risikofaktoren Sexualverhalten Alkohol, Tabak Ko-Faktoren Marihuana Hygiene, Ernährung Prognose gut Schlecht Inzidenz steigend Rückläufig Seite 32
Estimated annual number of HPV-associated cancers in the US by gender Seite 33
HPV-Status Vu HL. Sikora AG. Fu S. Kao J. HPV-induced oropharyngeal cancer, immune response and response to therapy. Cancer Letters. 288(2):149-55, 2010 Feb 28. HPV-positive Tumoren haben bei konservativer, aber auch bei chirurgischer Therapie eine bessere Prognose. Fazit: Bei chirurgischen Eingriffen, die mit einem höheren perioperativen Risiko (z.b. freie Lappentransplantate) oder einer starken postoperativen Funktionseinbuße verbunden sind (T3/4-Tumoren) stellt die Radiochemotherapie eine gute Alternative dar. Seite 34
Aktuelle Therapiekonzepte bei HNO Malignomen Insgesamt ist es zusammenfassend aber doch zu einem Paradigmenwechsel in der Behandlung von Larynx- und Hypopharynx-Karzinomen gekommen. Während früher in vielen Ländern die Radiotherapie als bevorzugte Therapieoption von Frühstadien galt, werden diese heute zunehmend mittels organ- und funktionserhaltender, oft minimal invasiver Operationsverfahren erfolgreich behandelt. Seite 35
Aktuelle Therapiekonzepte bei HNO Malignomen Bei den fortgeschrittenen Tumoren werden demgegenüber operative Maßnahmen (Laryngektomie) zunehmend durch nichtchirurgische Modalitäten (Radio-Chemotherapie) verdrängt. Ob sich die hiermit verbundenen Hoffnungen, dem Patienten eine vergleichsweise bessere Lebensqualität zu erhalten, bewahrheiten können, ist derzeit noch offen. Die Heilungsaussichten fortgeschrittener Tumoren scheinen allerdings durch diesen Paradigmenwechsel nicht verbessert zu werden. Seite 36
Aktuelle Therapiekonzepte bei HNO Malignomen Aufgrund rezenter Daten, die an einer sehr großen und repräsentativen Patientenpopulation erhoben wurden, sollte für die meisten Patienten mit fortgeschrittenem Kehlkopf- oder Hypopharynxkarzinom auch weiterhin die Operation (mit zuverlässiger R0-Resektion) und nachfolgender Radiatio (oder Radio-Chemotherapie) als Goldstandard in der Behandlung angesehen werden. Seite 37