Elisabeth Heise, Wiss. Mitarbeiterin (LS Prof. Dr. Christoph Teichmann) SS 2008 Blockkonversatorium im Handels- und Gesellschaftsrecht



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Fälle und Lösungen Handelrecht Fall 1: Kaufleute und Handelsgeschäfte ( 1, 343, 350 HGB) Arnold Fuchs (A) betreibt eine Autoreparaturwerkstatt A. Fuchs Reparaturen. Er beschäftigt 15 Kraftfahrzeugmechaniker. Im vergangenen Jahr verzeichnete er einen Umsatz von 800.000. Buchhaltung, Kostenvoranschläge, Rechnungen, Lohnabrechnungen, Materialbestellung etc. erledigt er zusammen mit seiner Frau (F). Aus Liebe zu seinem Neffen N verspricht er diesem, für ein Darlehen i.h.v. 10.000, das die Bank (B) dem N evtl. gewähren wird, eine Bürgschaft zu übernehmen. In einem Telefongespräch mit der Bank erklärt A die Bürgschaftsübernahme. Als N das fällige Darlehen nicht zurückzahlen kann, wendet sich B an A. Einen Monat später mahnt B die Zahlung nebst Zinsen an. A verweigert jegliche Zahlung. Zu Recht? Abwandlung: A bürgt (ebenfalls durch telefonische Erklärung) für ein Darlehen i.h.v. 5.000, das die B Bank seiner Frau gewährt hat. Ende der Laufzeit soll der 1. Juni 2007 sein. Mit dem Geld soll die Hebebühne der Werkstatt ausgetauscht werden. Als F das Geld am 1. Juli noch nicht zurückgezahlt hat, wendet sich die Bank an A und verlangt 1. Zahlung von 5.000 2. Zahlung von Fälligkeitszinsen seit dem 1. Juni 2007. Zu Recht? Lösung - Grundfall: I. Anspruch der B gegen A auf Zahlung von 10.000 Anspruchsgrundlage: 765 BGB. Ein Anspruch der B gegen A auf Zahlung von 10.000 könnte sich aus 765 BGB ergeben. Voraussetzung dafür ist, dass zwischen A und B ein wirksamer Bürgschaftsvertrag zustande gekommen ist und dass eine entsprechende Verbindlichkeit des N gegenüber B besteht. 1. Zustandekommen des Bürgschaftsvertrages 1

a) Das Zustandekommen des Bürgschaftsvertrages richtete sich grundsätzlich nach den allgemeinen Vorschriften des BGB. Angebot und Annahme ( 145 ff. BGB) sind am Telefon ausgesprochen worden. b) Schriftformerfordernis des 766 BGB Fraglich ist, ob die Bürgschaftserklärung (sei es das Angebot oder die Annahme) des A auch wirksam abgegeben wurde. Grundsätzlich ist zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages gem. 766 BGB die schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Hier erfolgte sie aber nur mündlich. c) Lex specialis: 350 HGB Dies würde ihrer Wirksamkeit allerdings dann nicht entgegenstehen, wenn die Sondervorschrift des 350 HGB eingreift. Danach findet auf eine Bürgschaft, sofern sie auf der Seite des Bürgen ein Handelsgeschäft ist, die Formvorschrift des 766 S. 1 BGB keine Anwendung. aa) Handelsgeschäft, 343 HGB Zu prüfen ist also zunächst, ob die Bürgschaft für den A ein Handelsgeschäft ist. Ein Handelsgeschäft sind gem. 343 HGB alle Geschäft eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören. (1) Kaufmannseigenschaft A müsste also zunächst Kaufmann sein. Kaufmann ist gem. 1 I HGB, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Was ein Handelsgewerbe ist, regelt wiederum 1 II HGB: Danach ist eine Handelsgewerbe jeder Gewerbebetrieb, es sei denn dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht fordert. Der Begriff des Gewerbes wird durch das HGB selbst nicht näher definiert. Nach unbestrittener Ansicht setzt er sich jedenfalls aus folgenden Elementen zusammen: Die Tätigkeit des Kaufmanns muss selbstständig ausgeübt werden; sie muss nach außen erkennbar in Erscheinung treten und planmäßig und auf Dauer angelegt sein. 1 1 Statt aller Brox, 2 I 1, S. 13 ff. 2

Umstritten ist, ob der Gewerbebegriff darüber hinaus voraussetzt, dass die ausgeübte Tätigkeit erlaubt ist. Die inzwischen herrschende Ansicht verneint dies mit Hinweis auf 7 HGB. Der Autowerkstattbetrieb des A erfüllt all diese Voraussetzungen, es handelt sich also um ein Gewerbe. Es müsste darüber hinaus auch ein Handelsgewebe i.s.v. 1 II HGB sein; Art und Umfang des Unternehmens müssten also einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern (s.o.). Einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb kennzeichnen eine Buchführung und Bilanzierung, eine Firma, so wie eine Ordnung der Vertretung und Haftung mit dem Ziel, eine ordentliche und übersichtliche Geschäftsführung zu ermöglichen. 2 Die Erforderlichkeit dieser Einrichtungen bzw. deren Entbehrlichkeit ist allerdings nicht schematisch, sondern aufgrund einer Gesamtschau zu ermitteln, in die die genannten Faktoren einfließen. 3 Exkurs: Abgrenzungsschwierigkeiten im jeweiligen Einzelfall werden dadurch abgemildert, dass wegen der Systematik des 1 II HGB ( es sei denn, dass ) das Vorliegen eines Kleingewerbetreibenden der Ausnahmefall ist, der von demjenigen darzulegen und zu beweisen ist, der sich auf diesen beruft. 4 Zunächst müsste also die Art des Unternehmens von A einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Betrieb erfordern: Dafür spricht die vorhandele Firma ( A Reparaturen ) und die Vielfalt der Leistungen und Geschäftsbeziehungen, die der Betrieb des A mit sich bringt (Reparaturen, Materialbestellungen). Sowohl die Anzahl der Beschäftigten (15) als auch der Jahresumsatz (800.000 ) sprechen dafür, dass auch Umfang des Unternehmens (vgl. 1 II HGB: Art und Umfang) eine solche kaufmännische 2 Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 1 Rn. 23. 3 Abgrenzungsschwierigkeiten im jeweiligen Einzelfall werden dadurch abgemildert, dass wegen der Systematik 4 Vgl. Baumbach/Hopt, 1 Rn. 25. 3

Einrichtung erfordern. Das Gesamtbild ergibt also, dass es sich hier um ein Handelsgewerbe i.s.v. 1 II HGB handelt. Als Betreiber eines solchen ist A Kaufmann gem. 1 I HGB. (2) Ferner müsste es sich bei der Bürgschaft um ein Geschäft handeln, dass zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehört. Dazu gehören alle Geschäfte, die dem Interesse des Handelsgewerbes, der Erhaltung seiner Substanz und Erzielung von Gewinn dienen sollen. 5 Ein solches Geschäft stellt die aus Zuneigung zum Neffen übernommene Bürgschaft zu dessen Gunsten eindeutig nicht dar. Allerdings wird gem. 344 I HGB bei einem von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäft die Zugehörigkeit zum Handelsgewerbe zunächst (widerlegbar) vermutet. Es liegt also an A, den Gegenbeweis zu führen, dass dies nicht der Fall war. Nicht entscheidend ist insoweit, dass A die Bürgschaft was naheliegend ist unter seinem bürgerlichen Namen anstatt der Firma eingegangen ist. 6 Ferner setzt die Widerlegung voraus, dass die Nichtzugehörigkeit zum Handelsgewerbe für den Geschäftspartner erkennbar war. 7 Dies ist hier der Fall. Dass die Übernahme einer Bürgschaft für ein von der Bank an einen Privaten gewährtes Darlehen nicht dem Handelsgewerbe dient, war für die Bank zu erkennen. bb) Mangels vorliegen eines Handelsgeschäfts auf Seiten des A greift die Sondervorschrift des 350 HGB nicht ein. Die fehlende Einhaltung der Formvorschrift des 766 S. 1 BGB steht also der Wirksamkeit der Bürgschaftserklärung tatsächlich entgegen. 5 Baumbach/Hopt, 343 Rn. 3. 6 Vgl. RG 59, 213. 7 BGH WM 76, 424. 4

d) Der Bürgschaftsvertrag zwischen A und B ist nicht wirksam zustande gekommen. Ein Anspruch der Bank auf Zahlung von 10. 000 ist also nicht gegeben. II. Auch ein Anspruch gegen A auf Zinszahlung (gem. 767 I 1, 2 i.v.m. entsprechenden Zinsansprüchen der B gegen den N) scheidet somit aus. Abwandlung: I. Anspruch der B gegen A auf Zahlung von 5.000 Ein Anspruch der B gegen A auf Zahlung von 5.000 könnte sich aus 765 BGB ergeben. Voraussetzung ist, dass zwischen den Parteien ein wirksamer Bürgschaftsvertrag zustande gekommen ist und dass ein entsprechender Anspruch der B auf Zahlung von 5.000 gegen F besteht. 1. Bürgschaftsvertrag Übereinstimmende Willenserklärungen ( 145 ff. BGB) wurden telefonisch ausgetauscht. Die fehlende Schriftform ( 766 S. 1 BGB) der Bürgschaftserklärung des A würde der Wirksamkeit des Vertrages dann nicht entgegenstehen, wenn 766 S. 1 BGB gem. 350 HGB keine Anwendung finden würde. Dies wäre der Fall, wenn die Bürgschafserklärung für den A ein Handelsgeschäft i.s.d. 343 HGB darstellt. a) Dazu müsste er Kaufmann sein und die Bürgschaft müsste zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören. A ist Kaufmann (s.o.). b) Fraglich ist, ob die Bürgschaftserklärung zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehört. Dies wäre dann der Fall, wenn sie dem Interesse der Werkstätte, der Erhaltung seiner Substanz oder der Erzielung von Gewinn dienen soll. Die Bürgschaft dient jedenfalls der Finanzierung eines Geschäfts zur Erhaltung des Betriebes und ist somit ein grundsätzlich auch unter 343 HGB fallendes Hilfsgeschäft. 5

c) Da die Bürgschaftserklärung für A ein Handelsgeschäft darstellt, war sie gem. 350 HGB nicht zwingend in schriftlicher Form nach 766 S. 1 BGB abzugeben. Der mündlich zustande gekommene Bürgschaftsvertrag ist also wirksam. 2. Ein Anspruch der B gegen A auf Zahlung von 5.000 aus 765 BGB besteht somit. 3. Einrede der Vorausklage, 771 S. 1 BGB Fraglich ist allerdings, ob der Anspruch der B durchsetzbar ist. Der Durchsetzbarkeit könnte 771 S. 1 BG entgegenstehen. Danach kann der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dieser nicht ohne Erfolg eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner versucht hat. Dass A sich selbstschuldnerisch verbürgt hat ( 773 Nr. 1 BGB) geht aus dem Sachverhalt nicht hervor. Auch für die anderen Ausschlussgründe des 773 I (Nr. 2-4) BGB liegen keine Anhaltspunkte vor. Da aber die Bürgschaft für A ein Handelsgeschäft ist (s.o.), steht ihm die Einrede der Vorausklage gem. 349 S. 1 HGB nicht zu. Der Anspruch der Bank aus 765 BG ist also auch durchsetzbar. II. Anspruch der B gegen A auf Zahlung von Fälligkeitszinsen: Die Bank könnte auch einen Anspruch auf Zahlung von Fälligkeitszinsen aus 353 HGB i.v.m. 767 S. 2 BGB haben. 1. Nach dem BGB sind Fälligkeitszinsen grundsätzlich nicht zu zahlen, es sei denn, es ist vereinbart. 2. Nach 353 HGB sind aber Kaufleute untereinander berechtigt, für ihre Forderung aus einem beidseitigen Handelsgeschäft vom Tag der Fälligkeit an Zinsen zu verlangen. Voraussetzung eines entsprechenden Anspruches der B ist also, dass hier ein beiderseitiges Handelsgeschäft vorliegt. Jedenfalls für die B war die Darlehensgewährung ein Handelsgeschäft. Sie ist Kaufmann (bgl. auch 1 KreditwG) und die Gewährung von Darlehen gehört auch zum Betrieb ihres Handelsgewerbes. Fraglich ist dies aber für die F. Zweifel bestehen schon an ihrer Kaufmannseigenschaft. Fraglich ist, ob sie durch ihre Hilfen in der Werkstätte ihres Mannes A dieses Handelsgeschäft (s.o.) mit betreibt. 6

Entscheidend für das Betreiben eines Handelsgeschäftes ist nicht, wer den tatsächlichen Einfluss auf dessen Leitung ausübt, sondern in wessen Namen das Gewerbe geführt wird. Dies ist wie sich auch aus der Firmierung als A. Fuchs Reparaturen ergibt, der A. Mangels Vorliegens eines gegenseitigen Handelsgeschäfts kann die B also keine Fälligkeitszinsen nach 353 HGB verlangen. 3. Ein Anspruch aus 353 HGB, 767 I 1, 2 BGB gegen A besteht nicht. Fall 2: Das Handelsregister ( 5, 15 HGB) Max Raabe (M) ist Inhaber eines Musikalienhandels und ist als solcher ins Handelsregister eingetragen. Das Geschäft läuft zunehmend schlechter, so dass er sich entschließt, den Betrieb einzustellen. Allerdings unterbleibt eine Löschung der Firma im Handelsregister. Kurze Zeit später wendet sich ein alter Freund F, dem M noch einen Gefallen schuldig ist, an ihn: Dessen Bank N.R. ist zu einer Darlehensgewährung (100. 000 ) an ihn (F) nur bereit, wenn zusätzlich zu einer Hypothek am Grundstück des F persönliche Sicherheiten bestellt werden können. M verspricht F, für ihn zu bürgen. Beim nächsten Beratungsgespräch begleitet M den F und erklärt mündlich gegenüber der Bank, eine Bürgschaft zu übernehmen. Als das Darlehen zur Rückzahlung fällig wird, ist F zahlungsunfähig. Die N.R. Bank möchte gegen Max vorgehen. Zu Recht? Lösung: Anspruch Bank N.R. gegen M aus 765 I BGB Voraussetzungen: Wirksamer Darlehensvertrag und Bestehen der zu sichernden Verbindlichkeit. 1.Verbindlichkeit (+) 2.Wirksamer Bürgschaftsvertrag? a) Einigung (+) b) Einhaltung der Schriftform nach 766 S. 1 BGB (-) c) Möglicherweise entbehrlich wegen 350 HGB? Dann, wenn Bürgschaft für M ein Handelsgeschäft i.s.d. 343 HGB 7

aa) Kaufmannseigenschaft des M? Musikalienhandlung ist Gewerbe, das mangels anderer Anhaltspunkte auch als Handelsgewerbe i.s.d. 1 II HGB anzusehen ist. Aber: M hat Betrieb eingestellt und betreibt seit dem kein Handelsgewerbe mehr. M kein Kaufmann nach 1 I HGB Kaufmann nach 5 HGB? Nein, 5 HGB setzt voraus dass tatsächlich ein Gewerbe (nur eben kein Handelsgewerbe) betrieben wird. Möglicherweise kann sich aber M gem. 15 I HGB nicht auf die Betriebseinstellung berufen und muss sich dementsprechend nach wie vor als Kaufmann behandeln lassen. 350 HGB würde dann Anwendung finden. Voraussetzungen des 15 I HGB Einzutragende Tatsache: Bei der Betriebseinstellung müsste es sich um eine eintragungspflichtige Tatsache handeln. Eintragungspflichtige Tatsachen i.s.d. 15 I HGB sind wirklich geschehene Vorgänge, für die das Gesetz im jeweiligen Sachzusammenhang bestimmt, dass sie ins Handelsregister einzutragen sind. Beachte aber: Dass eine Tatsache eintragungspflichtig ist, heißt noch nicht, dass die Eintragung konstitutiv ist, also die entsprechende Wirkung erst mit Eintragung eintritt!!!! Exkurs: Beispiele für eintragungspflichtige Tatsachen: Anmeldung der Firma ( 29 HGB), Änderung und Erlöschen der Firma ( 31 HGB), Erteilung und Erlöschen der Prokura ( 53 I, III HGB), Anmeldung einer Personenhandelsgesellschaft ( 106 II HGB), Auflösung der Gesellschaft und Ausscheiden von Gesellschaftern ( 143 II, III HGB) - Betriebsaufgabe eintragungspflichtige Tatsache? Ja, ergibt sich aus 31 HGB (BayObLG WM 84, 53). Nichteintragung und Nichtbekanntmachung 8

Anmerkung: Nur wenn sowohl Eintragung als auch Bekanntmachung erfolgt ist, wird die Unkenntnis über die entsprechende Tatsache nicht mehr geschützt. Fehlt hingegen eines der Erfordernisse, so bleibt die Unkenntnis geschützt. Hier ist die Betriebseinstellung weder im Handelsregister eingetragen, noch bekannt gemacht. Guter Glaube Die Bank N.R. müsste gutgläubig hinsichtlich der eintragungspflichtigen Betriebsaufgaben gewesen sein. Davon ist hier auszugehen. Die Voraussetzungen des 15 I HGB liegen also vor. Rechtsfolgen: Das (abstrakte!) Vertrauen der Bank N.R. auf das Nichtvorhandensein der eintragungspflichtigen Tatsache der Betriebsaufgabe wird geschützt; das heißt, dass der M ihr die Betriebsaufgabe nicht entgegenhalten kann. Er muss sich gegenüber ihr als Kaufmann behandeln lassen. bb) Aber: Gehört Bürgschaftserklärung zum Betrieb seines Handelsgewerbes (2. Voraussetzung des 343 HGB? (-) cc) Es liegt kein Handelsgeschäft i.s.v. 343 HGB vor, also findet 350 HGB keine Anwendung. Ergebnis: Die N.R. Bank kann von M Zahlung i.h.v. 100.000 aus 765 I BGB verlangen. Fall 3: Negative Publizität des Handelsregisters ( 15 I, 48 ff. HGB) A hat dem P Prokura für seinen Gartenbetrieb erteilt. Eine Eintragung ins Handelsregister erfolgt nicht. Nur wenig später kommt es zwischen beiden zu unüberwindbaren Differenzen, was dazu führt, dass A dem P die Prokura wieder entzieht. Auch dies wird nicht im Handelsregister eingetragen. Der beleidigte P will A eins auswischen und schließt unter Berufung auf seine Prokura mit der Garten-undmehr-OHG (G- OHG) einen Kaufvertrag über 20 Turbo-Rasenmäher. 9

Die G-OHG verlangt nun von A Zahlung des Kaufpreises i.h.v. 60.000. Dieser weigert sich der P habe ihn nicht wirksam vertreten können, seine (des P) Prokura habe er (A) bereits vor Abschluss des Geschäfts widerrufen. Dies will die G-OHG nicht gelten lassen. Ein Widerruf der Prokura gehe aus dem Handelsregister nicht hervor. A behauptet, er habe schon die Erteilung der Prokura selbst nicht eintragen lassen es gäbe also auch nichts zu löschen. Kann die G-OHG von A Zahlung verlangen? Lösung: Die Garten-und-mehr-OHG, die gem. 124 I HGB Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann, könnte einen Anspruch gegen A auf Kaufpreiszahlung i.h.v. 60.000 aus 433 II BGB haben. Voraussetzung dafür ist, dass zwischen der OHG und A wirksam ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Da A selbst mit der OHG gar nicht in Kontakt getreten ist, kommt lediglich eine Vertretung durch P in Betracht. Zu prüfen ist also, ob der P den A wirksam gem. den 164 ff. BGB (!!!) vertreten hat. 1. Abgabe einer eigenen Willenserklärung im fremden Namen, 164 I BGB Davon, dass P seine auf Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung im Namen des A abgegeben hat, ist auszugehen. 2. Mit Vertretungsmacht, 164 I BG P müsste Vertretungsmacht gehabt haben. Dies wäre der Fall, wenn er Prokurist des A gewesen wäre. In diesem Prüfungspunkt sind nun also die Voraussetzungen der Prokura zu prüfen!!! Der Prokurist ist gem. 49 I HGB grundsätzlich zur Vornahme aller Geschäfte ermächtigt, die der Betrieb (irgend)eines (!) Handelsgeschäft mit sich bringt. Der Betrieb irgendeines Handelsgewerbes (und insbesondere der eines Gertenbetriebes) bringt den Ankauf von Rasenmähern mit sich. Die Prokura müsste aber auch wirksam erteilt worden sein und sie dürfte nicht erloschen sein. 10

a) Wirksame Erteilung, 48 I HGB A ist Kaufmann nach 1 I HGB. Er kann demnach Prokura erteilen. Von einer ausdrücklich erfolgten Erklärung ist auszugehen. Die Tatsache, dass die Prokura entgegen 53 I HGB nicht ins Handelsregister eingetragen wurde, steht ihrer wirksamen Entstehung nicht entgegen: Die Eintragung ist nicht konstitutiv! b) Wirksamer Widerruf, 52 I HGB? A könnte die Prokura aber wirksam widerrufen haben. Gem. 52 I HGB ist die Prokura ohne Rücksicht auf das zu Grunde liegende Rechtsgeschäft jederzeit widerruflich. Einen solchen Widerruf hat A ausgesprochen. Auch hier steht die fehlende Eintragung ins Handelsregister ( 53 III HGB) dem tatsächlichen Erlöschen der Prokura nicht entgegen. c) Wirkung des 15 I HGB Die fehlende Eintragung des Widerrufes könnte aber dazu führen, dass sich der A gegenüber der OHG gem. 15 I HGB nicht darauf berufen kann. Dazu müssten alle Voraussetzungen des 15 I HGB vorliegen. aa) Einzutragende Tatsache Grundsätzlich ist das Erlöschen der Vollmacht gem. 53 III HGB einragungspflichtige Tatsache. Fraglich ist, ob vorliegend die Eintragung ausnahmsweise deshalb als nicht eintragungspflichtig anzusehen war, weil schon die Erteilung der Prokura selbst nicht eingetragen war. Es stellt sich die Frage, ob auch in diesen Fällen der sog. sekundären Unrichtigkeit des Handelsregisters eine Löschungs- bzw. Eintragungspflicht besteht. Nur dann wäre 15 I HGB anwendbar. Die Frage ist umstritten: (1) Eine Ansicht verneint die Eintragungspflicht der Zweittatsache (hier also den Widerruf der Prokura, da er mangels Eintragung der Ersttatsache (Erteilung der Prokura) an einem Rechtsschein fehle, der folglich auch nicht wieder zerstört werden müsste. 15 I HGB sei in diesen Fällen, in denen das Handelsregister äußerlich jedenfalls im Ergebnis mit der wirklichen Rechtslage übereinstimmt, nicht anwendbar. 11

(2) Die herrschende Meinung dagegen verlangt auch für die Fälle, in denen eine Ersteintragung nicht stattgefunden hat, die Eintragung der Zweittatsache. Grund dafür ist, dass der Geschäftsverkehr auch in anderer Weise als durch das Handelsregister (zu dessen konkreter Einsicht sowieso niemand verpflichtet ist, um sich auf die entsprechenden Eintragungen berufen zu können) von den Tatsachen, also hier der Prokuraerteilung, Kenntnis erlangt haben. 15 I HGB müsse deshalb auch für die Fälle der fehlenden entsprechenden Voreintragung anwendbar sein. Eine Ausnahme soll nur für die Fälle gelten, in denen die voreintragungspflichtige Tatsache intern geblieben ist und die Zweittatsache in ganz kurzem Abstand erfolgt ist. (3) Der zweiten Ansicht ist zuzustimmen. Die nach 53 III HGB bestehende Pflicht zur Eintragung des Erlöschens der Prokura entfällt also nicht deshalb, weil die Eintragung der Erteilung der Prokura (sog. voreintragungspflichtige Tatsache ) unterblieben ist. bb) Weder Eintragung noch Bekanntmachung haben stattgefunden. cc) Die OHG bzw. der sie vertretende Gesellschafter hatte auch keine positive Kenntnis vom Erlöschen der Prokura. dd) Alle Voraussetzungen des 15 I HGB liegen vor. Es tritt also die dort normierte Rechtsfolge ein: Die OHG braucht sich das Erlöschen der Prokura nicht entgegenhalten zu lassen. Ihr gegenüber gilt der P folglich noch immer als Prokurist und handelte damit mit Vertretungsmacht. Die Voraussetzungen der 164 ff. BGB liegen also vor. Merke: 15 I HGB enthält den Grundsatz der negativen Publizität: Geschützt wird also nur das Vertrauen auf die Abwesenheit nicht eingetragener Tatsachen! Den guten Glauben an die Richtigkeit eingetragener Tatsachen schützt 15 III HGB. Ergebnis: Die Garten-und-mehr-OHG kann von A Kaufpreiszahlung i.h.v. 60000 verlangen. 12

Fall 4: Wechsel des Unternehmensträgers ( 25 HGB) Rüdiger (R) verkauft dem Schund (S), der sein Unternehmen unter der Firma Schund Sanitär- und Heizungsanlagen führt, 15 Badewannen im Wert von 8.000. Die Badewannen werden geliefert, eine Zahlung erfolgt allerdings noch nicht. Drei Monate später veräußert S sein gesamtes Handelsgeschäft an Dieter (D), der das Geschäft unter der Bezeichnung Schund Sanitär- und Heizungsanlagen, Inh. Dieter weiter führt. R ist empört. Er verlangt nun von beiden Zahlung der 8.000. Zu Recht? Lösung: I. Anspruch des R gegen S auf Kaufpreiszahlung i.h.v. 8.000 gem. 433 II BGB 1. Wirksamer Kaufvertrag (+) Anspruch entstanden. 2. Änderung der Rechtslage durch die Übernahme des Geschäfts durch D? Nein. Aus 25, 26 HGB ergibt sich, dass der Übernehmer der Schuld des früheren Inhabers (gesetzlich) beitritt. Also keine befreiende Schuldübernahme durch D. 3. Da die Ausschlussfristen des 26 I HGB nicht abgelaufen sind, haftet S (weiter). Der Anspruch des R ist gegeben II. Anspruch des R gegen D auf Kaufpreiszahlung i.h.v. 8.000 gem. 433 II BGB i.v.m. 25 I HGB Zunächst bietet sich folgender Obersatz (!) an: R kann von D Zahlung des Kaufpreises i.h.v. 8.000 gem. 433 II BGB, 25 I HGB verlangen, wenn es sich bei dem Anspruch um eine alte Geschäftsverbindlichkeit des S handelt, für die der D nach Maßgabe des 25 I 1 HGB als Gesamtschuldner ( 421 BGB) neben S haftet. 1. Anspruchsbegründung a) Anspruchsbegründung R gegen S (+), s.o. b) Voraussetzungen der Haftungserweiterungsnorm des 25 I 1 HGB aa) Handelsgeschäft (+) bb) Erwerb unter Lebenden (+) cc) Fortführung des Geschäfts (+) dd) Fortführung der Firma (mit Zusatz) (+) 13

2. Verteidigungsmöglichkeiten des Übernehmers (D): a) Eigene Gegenrechte, insb. Eintragung einer Haftungsbeschränkung nach 25 II HGB: Hier (-) b) evtl.: Gegenrechte aus der Person des bisherigen Inhabers analog 417 BGB. Da diese Vorschrift der analogen Anwendung zugänglich ist, könnte sie für den Fall des gesetzlichen Schuldbeitritts nach 25 I 1 HGB diskutiert werden. c) 770, 1137 BGB??? 3. Ergebnis: R hat auch gegen D einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus 433 II BG i.v.m. 25 I 1 HGB. Fall 5: Die Haftung der Erben ( 27 HGB) Erina (E) ist Alleinerbin des A, der Inhaber eines großen Antiquitätenhandels war. Da sie weder Ahnung von alten Möbeln, noch Interesse daran hat, beauftragt sie zunächst ihren Freund (F) mit der Führung der Geschäfte. Die Firma wird dabei fortgeführt. Nach zweieinhalb Monaten rät F der E, das Geschäft gewinnbringend inklusive Firma an D zu veräußern. Die E beschließt, dem Rat ihres Freundes Folge zu leisen. Kurz nach Abwicklung des Verkaufs an D tritt der X an die E. Dieser hatte kurz vor dem Tod des A diesem einen wertvollen Barockschrank verkauft und auch bereits geliefert. Nun verlangt der X, dem der A den Kaufpreis i.h.v. 20.000 noch nicht gezahlt hatte, Kaufpreiszahlung von E. Zu Recht? Lösung: X könnte einen Anspruch gegen E auf Zahlung von 20.000 aus 433 II BGB i.v.m. 27 I HGB haben. Voraussetzung für eine handelsrechtliche Haftung der E ist, dass die Voraussetzungen des 27 I HGB vorliegen. 1. Handelsgeschäft (Handelsgewerbe i.s.v. 1 II HGB) (+) 2. Vererbung desselben (+); E ist Alleinerbin des A und erbt somit gem. 1922 BGB dessen gesamtes Vermögen. 14

3. Fortführung des Handelsgeschäftes: Zunächst (+). Dass nicht die E selber, sondern wegen Beauftragung ihr Freund F gehandelt hat, ist unerheblich. Allerdings wurde das Geschäft zweieinhalb Monate nach dem Erbfall veräußert. Darin könnte eine Einstellung des Geschäfts i.s.v. 27 II HGB zu sehen sein, mit der Folge, dass die E nicht unbeschränkt für die Altverbindlichkeiten des A haften müsste. Ob eine Veräußerung mit einer Einstellung gleichzusetzen ist, ist umstritten und hängt im Wesentlichen davon ab, welchen Normzweck man der Vorschrift des 27 HGB zuschreibt: Die herrschende Meinung sieht in 27 HGB den gleichen Normzweck wie in 25 HGB, nämlich Haftungskontinuität aufgrund der Fortführung von Geschäft und Firma zu gewährleisten. Dementsprechend hält sie die Veräußerung nicht für eine Einstellung, jedenfalls dann nicht, wenn der Erbe das Unternehmen zunächst unter der alten Firma fortgeführt hat und es dann später entweder veräußert oder unter geänderter Firma fortführt. Als Argument wird angeführt, dass die Einstellung als rechtsscheinzerstörende Handlung einen deutlichen Akt nach außen voraussetze, der jedenfalls bei einer Veräußerung nicht erfolge. Denn dann bestehe das Geschäft unter der gleichen Firma weiter. Diejenigen, die 27 HGB nicht als Haftungskontinuität sichernde Vorschrift ansehen, sondern (lediglich) als eine Regelung über die Haftung des Unternehmer-Erben mit dessen Privatvermögen, lassen auch eine Veräußerung als Einstellung i.s.d. 27 II HGB genügen. Die besseren Argumente sprechen wegen der systematischen Stellung des 27 HGB im Abschnitt über die Firma dafür, die Regelung als eine an die Firmenfortführung anknüpfende Regelungen anzusehen und damit die Veräußerung bei gleich bleibender Firma nicht Einstellung zu verstehen. Der Erbe kann einer Haftung schließlich dadurch (leicht) entgehen, indem der er das Geschäft unter einer anderen Firma verkauft. 4. Ergebnis: E hat die Fortführung des geerbten Handelsgeschäfts durch dessen Veräußerung an D nicht eingestellt. X kann von E daher Zahlung i.h.v. 20.000 verlangen gem. 433 II BG i.v.m. 27 I BGB. 15

Fall 6: Erlaubte Forderungsabtretung ( 343, 354 a HGB) Die A-OHG verkauft der B-KG Backsteine für einen Hausbau im Wert von 7.000. Die A-OHG hatte sich auf Pochen der B-KG damit einverstanden erklärt, die gegen sie begründete Forderung nicht abzutreten. Entgegen dieser Vereinbarung tritt die A-OHG die Kaufpreisforderung eine Woche später im Rahmen eines Factoring-Vertrages an die F-Bank ab. Diese verlangt nun Zahlung von der B-KG. Zu Recht? Lösung: Die F-Bank könnte gegen die B-KG, die gem. 161 II, 124 I HGB Trägerin von Rechen und Pflichten sein kann, einen Anspruch aus 433 II, 398 BGB haben. Voraussetzung dafür ist, dass der Kaufpreisanspruch gegen die B zunächst wirksam begründet und dann wirksam an die F-Bank abgetreten wurde. 1. Der Kaufpreisanspruch gegen die B ist durch den Abschluss des Kaufvertrages zwischen A und B zunächst wirksam entstanden ( 433 II BGB). 2. Fraglich ist, ob die Abtretung dieser Forderung an die F-Bank wirksam war. a) Grundsätzlich werden Forderungen durch (Verfügungs!-)vertrag gem. 398 BGB abgetreten; eine Einwilligung oder Zustimmung des Schuldners ist nicht erforderlich (da dieser durch die Regelungen der 406 ff. BGB hinreichend geschützt ist). b) Vorliegend könnte aber die zuvor geschlossene Vereinbarung zwischen A und B über die Nichtabtretbarkeit der Forderung der Wirksamkeit der Abtretung an F entgegenstehen. Eine solche Abrede ist gem. 399 2. Alt BGB möglich. Diese Vorschrift stellt dogmatisch betrachtet eine Ausnahme zu der Regelung des 137 S. 1 BGB dar, wonach rechtsgeschäftlich vereinbarte Verfügungsbeschränkungen (und bei der Abtretung einer Forderung handelt es sich um eine schuldrechtliche Verfügung, s.o.) nicht möglich sind, das heißt im Falle ihrer (dennoch) vorgenommenen Vereinbarung jedenfalls der Wirksamkeit entsprechender Verfügungen nicht entgegenstehen. c) Hier könnte jedoch 354 a HGB eingreifen, der eine handelsrechtliche Ausnahme zum Abtretungsverbot nach 399 BGB normiert. Nach dieser 16

Vorschrift ist die Abtretung einer Geldforderung, wenn das Geschäft, das die Forderung begründet hat, für beide Teile ein Handelsgeschäft ist, auch dann wirksam, wenn ein Abtretungsverbot nach 399 BGB vereinbart wurde. aa) Das Rechtsgeschäft, durch das die Forderung begründet wurde, also der Kaufvertrag zwischen A und B, müsste für beide Teile ein Handelsgeschäft ( 343 HGB) sein. Dies ist der Fall, da sowohl die A- OHG als auch die B-KG gem. 6 I HGB (Form)Kaufleute sind und das Geschäft auch zum jeweiligen Betrieb des Handelsgeschäftes gehört. bb) Damit findet die Ausnahmeregelung des 354 a HGB Anwendung. d) Die Forderungsabtretung von A an die F-Bank war gem. 354 a HGB trotz des zwischen A und B gem. 399 BGB vereinbarten Forderungsabtretungsverbots wirksam. 2. Ergebnis: Die F-Bank kann von der B-KG Zahlung i.h.v. 7.000 gem. 398, 433 II BGB verlangen. 17

Gesellschaftsrecht Fall 1: GbR: Rechtsfähigkeit, Haftung der Gesellschafter Günni Netzer (N), Gerd Delling (D) und Waldi Hartmann (H) sind nicht nur die größten Fußballkenner sondern auch begeisterte Inlineskater und betreiben gemeinsam ein kleines Geschäft, in dem sie neben allen Artikeln rund um den Fußball auch Inlineskates und andere rollende Fußgängererschreckungsgeräte reparieren und verkaufen. N, D und H hatten Einzelgeschäftsführung vereinbart. Die Gesellschaft ist nicht im Handelsregister eingetragen. Tante Käthe (K) hatte mit H über den Kauf neuer Skates verhandelt und ließ sich bei einem Weizen von dem Modell Juristenschreck mit blinkenden Rollen überzeugen. Als Liefertermin war der 31.08.03 vereinbart worden. K wartet bisher vergebens auf die Lieferung der Ware. Sie fragt, von wem sie die Lieferung der Skates verlangen kann. Lösung I. Anspruch gegen die Gesellschaft aus 433 I 1 BGB 1. BGB- Gesellschaft ( 705ff. BGB)? a) Gesellschaftsvertrag, gemeinsamer Zweck, Beitragspflicht (+) b) ein Handelsgewerbe i.s.d. 1 II HGB (-) c) Keine freiwillige Eintragung gem. 105 II, 2 HGB d) N, D und H haben somit wirksam eine GbR gegründet. 2. kann die GbR Schuldner sein? a) Eine 124 I HGB vergleichbare Regelung fehlt. b) Individualistische Theorie: Nicht die Gesellschaft, sondern die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit sind Träger von Rechten und Pflichten, d.h. diese haften als Gesamtschuldner mit ihrem Privatvermögen und ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen (Argumente: 714 BGB: die anderen Gesellschafter, 718 BGB: gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter, 736 ZPO: gegen alle Gesellschafter ). c) h.m. (bestätigt durch BGH, NJW 2001, 1056 ff.) kollektivistische Theorie / Lehre von der Teilrechtsfähigkeit: Die Gesellschaft selbst ist Träger von 18

Rechten und Pflichten (Argumente: 718: gemeinschaftliches Vermögen, 719 I 1. Alt BGB: Verfügung über Anteile am Gesellschaftsvermögen verboten, andere Normen gehen von Teilrechtsfähigkeit aus: 14 II BGB, 191 II Nr. 1 UmwG, 11 II Nr.1 InsO). d) GbR kann Trägerin von Rechten und Pflichten sein Exkurs: Die Rechtslage im Zivilprozess: Früher: Die Gesellschafter der GbR waren im Aktivprozess materiell notwendige Streitgenossen i.s.d. 62 II Alt. 2 ZPO. Im Passivprozess konnte jeder Gesellschafter einzeln als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden. Jetzt: Mit der Entscheidung BGH, NJW 2001, 1056 ist die GbR im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig. Die GbR ist damit selbst Partei des Rechtsstreites. Gründe: Parteifähigkeit notwendige Konsequenz der Annerkennung der Teilrechtsfähigkeit. bei Annahme der notwendiger Streitgenossenschaft steht jedem Streitgenossen die Prozessführungsbefugnis mit Wirkung für und gegen alle Streitgenossen zu. Dies kann aber von der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Vertretungsmacht abweichen. bei notwendiger Streitgenossenschaft müssen alle gegenwärtigen Gesellschafter verklagt werden, Problem bei häufigem Mitgliederwechsel und streitigem Mitgliederstatus. über 50 I, 52 I, 51 I ZPO lässt sich Gleichlauf von Vertretungs- und Prozessführungsbefugnis erreichen. Auswirkung im Vollstreckungsverfahren ( 736 ZPO): Nach Wortlaut Titel gegen alle Gesellschafter nötig. BGH: 736 ZPO als Absatz 3 des 719 BGB zu lesen. Norm will nur verhindern, dass Privatgläubiger einzelner Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken. Anders als bei der OHG, KG ( 124 II HGB) kann in das Gesellschaftsvermögen der GbR auch mit einem Titel gegen alle Gesellschafter vollstreckt werden. 3. GbR wirksam vertreten ( 164 I 1 BGB)? a) Eigene WE, im Namen des Vertretenen (+) 19

b) Vertretungsmacht? aa) 714 BGB: Bei GbR wird von der Geschäftsführungsbefugnis (Innenverhältnis) in der Regel auf die Vertretungsmacht geschlossen. bb) 709 BGB: Grds. Gesamtgeschäftsführung Gesamtvertretung: H allein hätte die GbR nicht vertreten können. cc) 710 BGB: abweichende Geschäftsführungsvereinbarung möglich. Hier Einzelgeschäftsführung vereinbart Einzelvertretung: H konnte die GbR allein vertreten. 4. Ergebnis: Es besteht ein wirksamer Kaufvertrag zwischen K und der GbR, so dass K von dieser die Lieferung der Skates verlangen kann. II. Ansprüche gegen den Gesellschafter H 1. Haften für Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch die Gesellschafter; wird der Gesellschafter persönlich mitverpflichtet? a) früher h.m.: Doppelverpflichtungslehre: Der vertretungsbefugte Gesellschafter verpflichtet - die Gesellschaft - sich selbst und - die übrigen Gesellschafter als Vertreter Problematisch bei gesetzlich begründeten Verpflichtungen. b) jetzt h.m. (BHG, NJW 1999, 3483; BGH, NJW 2001, 1056): Akzessorietätstheorie, 128 HGB analog. Damit führt eine Verpflichtung der Gesellschaft automatisch zu einer Privatschuld des einzelnen Gesellschafters, wobei der jeweilige Bestand der Gesellschaftsschuld für die persönliche Haftung maßgeblich ist. c) P: Wie haftet H nach 128 HGB analog? persönlich, primär, unmittelbar, unbeschränkt, unbeschränkbar und gesamtschuldnerisch. - e.a: Haftungstheorie (Einstehen für Gesellschaftsschuld) h.m.: Erfüllungstheorie (Gesellschafter schulden grds. wie die Gesellschaft): unproblematisch bei Geldschulden, bei Schulden anderer Art besteht Anspruch in natura, wenn es auf die erfüllende Person nicht ankommt und die geforderte 20