Kurzfassung: Praktikumsbericht Peruanisches Jugendheim

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1 Kurzfassung: Praktikumsbericht Peruanisches Jugendheim Maren Freudenstein Wörteranzahl: 1231 Wörter Matrikelnummer: Datum:

2 1. Einführung und Kurzdarstellung der Institution Der Einsatzort meines 14-wöchigen Praktikums war das peruanisches Jugendheim San Juan Bosco in Pimentel, Chiclayo. Die peruanische Bezeichnung lautet "Centro de Atención Residencial" (CAR). In dieser Einrichtung leben 30 männliche Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren, die aus sozial schwierigen Verhältnissen kommen. Außerdem leben sieben männliche Erwachsene mit mentaler Retardierung in dieser Einrichtung. Dort arbeiten insgesamt 41 Mitarbeiter (Direktor, Sektretär/in, Psychologen, Erzieher, Gesundheitspersonal, Hilfspersonal, Pflegepersonal). Auf dem Gelände befinden sich ein Fußballplatz, ein Administrationsgebäude und fünf kleine Wohnhäuser. In jedem Haus wohnen ungefähr 8 Jungen, die täglich jeweils von einer Betreuerin (mama cuidadora) und einem Tutor umsorgt und beaufsichtigt werden. Ein Centro de Atención Residencial (CAR) ist eine peruanische Institution, in der Kinder und Jugendliche leben, die verwahrlost, gefährdet und/oder verwaist sind. Das Ziel von CARs ist unter professioneller Hilfe die Grundbedürfnisse der Kinder und Jugendlichen zu decken, ihre Lebensumstände zu verbessern, eine Art Lebensziel zu erarbeiten sowie eine familiäre und/oder soziale Integration zu realisieren. Die Zielgruppe sind 0 bis 18 jährige Kinder und Jugendliche, die verschiedene Formen von Misshandlung erlebt haben. Viele der Kinder haben zeitweise auf der Straße gewohnt und kommen aus sehr armen Verhältnissen. Der Alltag der Jugendlichen setzt sich aus verschiedenen Aktivitäten im 45-Minuten-Takt zusammen, die in einem Stundenplan für die Jungen der einzelnen Häuser notiert sind. Zweimal am Tag wird Sport gemacht, meistens Fußball, täglich gibt es Zeit für Unterstützung bei den Schulaufgaben, es wird mit Holz in der Werkstatt gearbeitet und es gibt Freizeit zur freien Verfügung. Es gibt keinen klassischen Schulunterricht auf dem Gelände des CAR San Juan Bosco. 2. Darstellung des Tätigkeits-/Aufgabenfeldes Ziel meines Praktikums war, die Arbeitsweise von Psychologinnen und Psychologen in Peru kennenzulernen. Außerdem wollte ich gern die psychologische Arbeit mit Jugendlichen kennenlernen, die aus armen oder sozial schwierigen Verhältnissen kommen. Meine Tätigkeiten setzten sich zusammen aus der Begleitung der beiden Psychologen bei ihrer Arbeit, eigenen Aufgaben und der emotionalen Unterstützung der Jugendlichen in ihrem Alltag in der Institution. Zu Beginn meines 14-wöchigen Praktikums stand das Kennenlernen der Jugendlichen und der Arbeitsweise in San Juan Bosco im Vordergrund. Ich verbrachte viel Zeit mit den Jungen, lernte 2

3 viel über ihr derzeitiges Leben, über ihre Vergangenheit und ihre Gefühle. Ich hatte zudem die Möglichkeit mich in den Gruppen-Workshops, die der Psychologe und die Psychologin wöchentlich durchführen, einzubringen. Einige Beispiele für spezifische Tätigkeiten im Rahmen meines Praktikums sind das Hospitieren von psychologischen Einzeltherapien. Der Psychologe bittet einen Jungen in sein Büro, macht entspannende Musik an und lässt den Jungen Mandalas malen. Eine weitere spezifische Tätigkeit, bei der ich teilnehmen durfte, waren Techniken zur Selbstkontrolle und Selbstreflexion. Hierfür wurde zunächst eine Entspannungsübung zur Muskelrelaxation angewendet. Anschließend hat der Psychologe versucht die momentan größte Sorge des Jungen festzustellen und mit Hilfe gestalttherapeutischer Methoden behandelt. In diesen Sitzungen wurde ich nach und nach vom Psychologen mit einbezogen. Im weiteren Verlauf des Praktikums wurden mir zunehmend eigene Aufgaben übertragen, die im Folgenden erläutert werden. Als erste Tätigkeit sollte ich die Jungen im Einzelgespräch zu ihrem momentanen Befinden befragen. Ich versuchte bestmöglich auf die Probleme einzugehen und ein Ratgeber zu sein. Ab der fünften Praktikumswoche sollte ich einzelne Jungen auffordern ihren emotionalen Zustand zu malen. Anschließend sollte der Junge erklären was er gemalt hat und inwiefern es seine Gefühle widerspiegelt. Außerdem habe ich mehrmals bei der Durchführung des Intelligenztests WISC-R assistiert und anschließend ausgewertet. Neben dem WISC-R werden zur psychologischen Diagnostik der Bender Visual Motor Gestalt Test (Bender, 1938), Ravens Progressive Matrizen (Raven, 1936) und der Test de la figura humana (Machover, 1992) verwendet. Ich lernte viel über die Auswertung des Bender Visual Motor Gestalt Tests und über die Interpretation des Tests de la figura humana von Machover. Im Rahmen meines Praktikums arbeitete ich außerdem mit den geistig behinderten Männern zusammen. Dies war einige gänzlich neue Erfahrung für mich, die mich sehr bereichert hat. Außerdem führte ich Internetrecherchen durch, um den Psychologen weitere Ideen zu liefern, wie sie mit den geistig behinderten Männern arbeiten können. Hierbei stellte ich fest, dass es keine allgemeingültigen psychologischen Therapieansätze für die Arbeit mit geistig behinderten Menschen gibt. Vielmehr muss immer vom Individualfall ausgegangen werden und an die Fähigkeiten des Menschen angeknüpft werden. Die psychologische Arbeit mit geistig Behinderten ist ein Arbeitsfeld, was mir weder in der Universität noch in der Praxis bisher begegnet ist.

4 Insgesamt ist die Sprachbarriere, als kritisch zu sehen, die das Praktikum nicht immer einfach gemacht hat. Besonders zu Beginn gab es viele Situationen, in denen ich nicht alles verstanden habe, was meine Arbeit durchaus eingeschränkt hat. Durch diese Erfahrung ist mir noch stärker bewusst geworden, dass das wichtigste Instrument der Arbeit eines Psychologen die Sprache ist. Zusammenfassend würde ich behaupten, dass sowohl die Psychologen und die Jungen im CAR San Juan Bosco als auch ich reziprok voneinander gelernt haben. Ein Aspekt, den ich bezüglich der Arbeit der Psychologen als kritisch einstufen würde, ist die Verwendung des Intelligenztests WISC-R bei Personen, die häufig negative Erfahrung mit der Institution Schule gemacht haben und wenig Schulwissen haben. Einige Untertests basieren auf Schulwissen, beispielsweise Mathematik, die dazu führen, dass das Testergebnis geringer ausfällt. Außerdem erinnert die Testsituation an Schule, welche wiederum das Ergebnis beeinflussen könnte. Die Psychologen argumentierten bei diesem Einwand meinerseits, dass sie aus diesem Grund den Bender Visual Motor Gestalt Test (Bender, 1938) und den Test de la figura humana (Machover, 1992) einsetzten. Hinzu kommt, dass der WISC-R eine sehr Version von 1983 ist. Es wäre empfehlenswert eine neuere Version zu verwenden, um adäquatere Testergebnisse zu erzielen. Ein weiterer Punkt, den ebenfalls die Psychologen im CAR San Juan Bosco als kritisch sehen, ist die Situation der Entlassung mit 18 Jahren. Die Jugendlichen leben in einer sehr umsorgten Umfeld in der Einrichtung und lernen wenig Selbstständigkeit. Der peruanische Staat sieht jedoch keinerlei Nachsorge vor, wenn die Jungen 18 Jahre alt werden. Viele Jungen kehren dann zu ihren Familie zurück und sind wieder mit denselben Problemen konfrontiert. Eine Übergangslösung für die beschriebene Situation wäre sehr wünschenswert. Zusammenfassend habe ich sehr viel über die psychologische Arbeit mit Jugendlichen gelernt. Themen wie Armut und soziale Probleme haben eine ganz andere Bedeutung für mich bekommen und mich sehr bereichert. Die Jugendlichen sowie die Mitarbeiter waren stets interessiert an mir und meiner Herkunft und haben auf diese Weise einen kleinen Eindruck meiner Kultur bekommen, so wie ich von der peruanischen. 3. Zusammenfassende Einschätzung des Praktikums und der Praxiseinrichtung Insgesamt habe ich das Praktikum als sehr positiv und lehrreich erlebt. Besonders die therapeutischen Sitzungen und der Umgang mit den Jungen haben mich beeindruckt und meinen Wissensstand erweitert. Da ich die erste ausländische Praktikantin der Psychologen war, wurde ich in

5 einigen Situationen leider etwas vergessen. Doch auch an dieser Stelle ist fraglich, ob diese Wahrnehmung abermals durch kulturelle Unterschiede bedingt ist und dieses Verhalten für einen Peruaner völlig angemessen gewesen wäre. Wichtig ist, dass man als Praktikant viel eigenständig nachfragt und beispielsweise die Teilnahme an psychologischen Tätigkeiten einfordert. Besonders positiv habe ich die offene Art der Jungen empfunden mit der sie mich empfangen haben. Sie waren stets neugierig und interessiert an mir und meinem Land, waren geduldig wenn ich sie nicht verstanden habe oder nach Wörtern suchte und haben mich mit Respekt behandelt. Doch auch die Mitarbeiter waren stets freundlich zu mir und gaben mir das Gefühl, dass ich willkommen bin und meine Arbeit wertgeschätzt wird.