Multimorbidität als Herausforderung des Gesundheitswesens. Prof. Edouard Battegay Klinik und Poliklinik für Innere Medizin Universitätsspital Zürich
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- Dagmar Zimmermann
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1 Multimorbidität als Herausforderung des Gesundheitswesens Prof. Edouard Battegay Klinik und Poliklinik für Innere Medizin Universitätsspital Zürich 1
2 Drei Tatsachen Die meisten Leute, die Dienstleistungen im Gesundheitssystem in Anspruch nehmen, sind multimorbid. Dies ist eine Herausforderung für jeden Aspekt des Gesundheitssystems, das darauf nur teilweise eingestellt ist. Dies ist wichtig für Patienten, Gesundheitssystem und Gesellschaft 2
3 Bundesamt für Statistik BFS 3
4 Multimorbidität ist die häufigste Krankheitskonstellation N = Barnett et al, Lancet published online May 10 4
5 Comorbidity of 10 common conditions among UK primary care patients Guthrie et al., BMJ 2012;345:e6341 doi: /bmj.e6341 5
6 Medicare Ausgaben für Chronic Conditions (US) Number of Conditions Beneficiaries (%) Expenditures (%) % 95%
7 Mehrere Probleme pro Konsultation 27% Ein Problem 73% Probleme in verschiedenen Krankheitsgebieten 34% Zwei Probleme 16% Drei Probleme etc. Salisbury et al, Bri. J. Gen Practice in press 7
8 Chronische Krankheiten Ca. 60% aller Todesfälle Hausarztpraxis: ca. 80% aller Beratungen bei über 80 jährigen Notfallstation Innere Medizin: ca. 70% wegen chronischer Erkrankung oder deren Verschlechterung Prävalenz chronischer Krankheiten und von Multimorbidität steigen in Praxis und Spital 8
9 Prevalence [%] Stationäre Notfalleintritte Innere Medizin, USZ: Die meisten Patienten/innen sind multimorbid according t o " act ive diagnoses" according t o " ICD-Chapt ers" according t o " Charlson Index" 0 monomorbid multimorbid Kaplan et al., Swiss Med Wkly 2012;142:w
10 Multimorbidität bei stationären Patienten Patienten der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin des Universitätsspitals Zürich Kaplan et al., Swiss Med Wkly 2012;142:w
11 Comorbidity - Multimorbidity Index disease condition condition condition Comorbid disease Comorbid disease condition Disease-Disease interaction Disease-Medication Interaction Medication-Medication Interaction Doctors Dilemma! 11
12 Multimorbidität und Interaktionen Hypertonie, Dyslipidämie, Diabetes: Keine wesentlichen Interaktionen ausser viele Medikamente und bei Lebensstil Synergien Diabetes und Arteritis temporalis: Wesentliche Interaktion bei Gabe von Steroiden 12
13 Disease-Disease- und Disease-Medication Interactions spiegeln die Anzahl Diagnosen relative contraindication (grey) absolute contraindication (black) Markun et al., Manuscript in preparation 13
14 Killer Kombinationen Magenblutung und Zwang zur Blutverdünnung Zwang zur Blutverdünnung und dringliche Operationsindikation Stürze und schwere Osteoporose Kombination psychiatrischer und somatischer Conditions Demenz und Bipolare Störung und Herzinsuffizienz Schwerste Depression und regelmässige Tabletteneinnahme 14
15 Grenznutzen und Grenzschaden 45-jährige Patientin mit leicht erhöhtem Blutdruck unter ausdosierter Viererkombination (ACE-Hemmer, Kalziumantagonist, Diuretikum, Betablocker), kein Diabetes. Sie finden zusätzlich eine leichteste Mikroalbuminurie, stabil seit Jahren. Patientin gestresst, in Scheidung. Leicht depressiv. Leichte Makrozytäre Anämie Therapieeskalation Hypertonie? 15
16 Hypertonie: Clinical Action Modell 16
17 Beispiel einer Externalität bei einem Patienten mit Diabetes Aufgaben Arzt gemäss EBM: Impfung Pneumokokken und Influenza, BD Kontrollen in Praxis und zu Hause, BZ- Selbstkontrolle evaluieren, Fusskontrolle bei allen Konsultationen, Labortests für Mikroalbuminurie, Kreatinin, Cholesterin, Leber, HbA1C, Patientenerziehung in Fusspflege, Arthrose, COPD und Diabetes. Zuweisung an Physiotherapie, Lungenrehabilitation, Osteodensitometrie, Ophthalmologen zum Ausschluss einer diabetischen Retinopathie 17
18 1 200 ICD 10 Diagnosen Kombinatorik Annahme: Durchschnittlich 3 Diagnosen x x potentielle Kombinationen Verschiedene Schweregrade Verschiedene Ausprägungen In Wirklichkeit setzen von Prioritäten für eine optimale und nicht flächendeckend maximale Medizin In Wirklichkeit weniger Kombinationen: Häufung bestimmter akuter und chronischer Erkrankungen, Cluster und gegenseitige Interaktionen 18
19 Prozesse bei Diagnose & Therapie: Interaktionen (ähnlich Pharmaka) Wunsch, EBM, DRG Prozessorientierung Realität 19
20 Häufigsten Kombinationen von Multimorbidität (Triaden) 1. Hypertonie + Dyslipidämie + Chronischer Rückenschmerz 2. Hypertonie + Chronischer Rückenschmerz + Arthrose 3. Hypertonie + Dyslipidämie + Koronare Herzkrankheit 4. Hypertonie + Dyslipidämie + Diabetes mellitus 5. Hypertonie + Dyslipidämie + Arthrose 6. Dyslipidämie + Chronischer Rückenschmerz + Arthrose 7. Hypertonie + Dyslipidämie + Gicht 8. Hypertonie + Chronischer Rückenschmerz + Koronare Herzkrankheit 9. Hypertonie + Chronischer Rückenschmerz + Diabetes mellitus 10. Hypertonie + Diabetes mellitus + Koronare Herzkrankheit Van den Bussche et al. BMC PH 2011, 11:101 20
21 Multimorbidität tritt in Clustern auf Marengoni et al. J AmGeriatr Soc 2009;57:
22 Medizin ist Teamwork Hausärztin, Generalistin Anaesthesist Kardiologe Neurologe Chirurge 23
23 Zusammenfassung Multimorbidität ist die häufigste Krankheitskonstellation auch bei unter 65 jährigen Diagnosen clustern plusminus mit identifizierbaren Mustern. Disease-Disease (-Medication) Interactions sind ausserordentlich häufig. Entscheidungen müssen Externalities, Grenznutzen- und Grenzschaden, eigene Haltung, Patientenwünsche, Ethik berücksichtigen: Angemessene Medizin Entscheidungssysteme im Rahmen von Multimorbidität und Komplexität sind zu erforschen. Die realen und multimorbiden Patienten erfordern angepasste Ansätze und Systeme im Gesundheitswesen. Der Generalist im ambulanten und stationären Bereich sollte eine Renaissance erfahren. 25
24 Danke!
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