Vergleich von optischer und akustischer Biometrie anhand von Längenmessungen an einem Testkörper
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- Rolf Albert
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1 133 Vergleich von optischer und akustischer Biometrie anhand von Längenmessungen an einem Testkörper W. Haigis Zusammenfassung Die genauesten Ergebnisse lieferte die optische Biometrie gefolgt von Immersionsultraschall. Die Abweichungen von der wahren Länge waren bei Kontaktultraschall mehr als doppelt so groß wie in Immersion. Die kleinsten Standardabweichungen ergab die optische Messung; die akustischen Methoden unterschieden sich hier nicht. PMMA-Zylinder erwiesen sich zum Vergleich der Längenmessgenauigkeit akustischer und optischer Biometrieverfahren als gut geeignet. Summary The best results were obtained with optical biometry followed by immersion ultrasound. The deviations from the true dimensions were more than double with contact ultrasound than in immersion. The smallest standard deviations were found with optical measurements while the acoustical methods showed no differences. PMMA cylinders turned out to be well suited to compare the accuracy of distance measurements based on acoustical as well as optical biometry methods. Einleitung Zur klinischen Achslängenmessung stehen mit der optischen und der Ultraschallbiometrie zwei unterschiedliche Messprinzipien zur Verfügung. Bei letzterer unterscheidet man zwischen dem anerkanntermaßen genaueren Verfahren der Immersionsankopplung und der nichtsdestotrotz noch häufig eingesetzten Kontaktmethode. Bislang gibt es hierzu keine Standards weder hinsichtlich des einzusetzenden Messverfahrens bei der Achslängenmessung noch bezüglich der verwendeten Biometriegeräte. Lediglich in den Sonographierichtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung [1] sind einige Mindestanforderungen an Ultraschallgeräte zur Messung der Achslänge und ihrer Teilabschnitte sowie der Hornhautdicke zusammengestellt. Als Folge davon werden in der Praxis bei ein und demselben Patienten mit verschiedenen Verfahren und Geräten unterschiedliche Achslängen gemessen, woraus sich dann unterschiedliche Stärken für intraokular zu implantierende Linsen (IOL) ergeben. Die Beantwortung der Frage nach der richtigen Achslänge ist schwierig, weil kein Gerät tatsächlich eine geometrische Distanz misst: bei der optischen Biometrie ist die optische Weglänge, bei der akustischen die Schalllaufzeit die primäre Messgröße, die erst mithilfe von Brechungsindices bzw. Schallgeschwindigkeiten in eine geometrische Achslänge umgerechnet wird. Zur Annäherung an die Frage der richtigen Achslänge wurde in der vorliegenden Studie die Genauigkeit der verschiedenen Biometrieverfahren anhand von Längenmessungen an PMMA-Testkörpern verglichen.
2 134 Biometrie Material und Methoden Als Testkörper wurden drei präzise gefertigte PMMA-Zylinder (S, M, L) verschiedener Größe verwendet, deren axiale Längen jeweils dem Durchmesser ihrer kreisförmigen Stirnflächen entsprachen. PMMA-Testkörper werden häufig bei kommerziellen Ultraschallgeräten zur Kalibrierungskontrolle eingesetzt. Die verwendeten Zylinder wurden freundlicherweise von AMO Groningen gefertigt und zur Verfügung gestellt. Ihre wahren geometrischen Dimensionen wurden per Schublehre durch jeweils fünf Einzelmessungen ermittelt. Mit vier Individuen (P1... P4) des Zeiss IOLMaster (PCI) mit verschiedenen Betriebssystemversionen aus unterschiedlichen Produktionsserien und sieben verschiedenen Ultraschallgeräten Ophthascan S (Biophysic Medical), Mini-A (Alcon), I3 System ABD (Innovative Imaging Inc.), AL-2000 (Tomey), Ocuscan (Alcon), AL-1000 (Tomey), GBS (Grieshaber) wurden die axialen und radialen Dimensionen der PMMA-Testkörper bestimmt. Die Ultraschall-(US-)Messungen wurden sowohl in Immersion (IUS) mit aqua dest. als Vorlaufstrecke als auch in Kontakt (KUS) durchgeführt. Dabei wurden jeweils fünf bis 20 Einzelmessungen erhoben, bis fünf akzeptable Echo- bzw. Interferogramme vorlagen. Die Ultraschallmessungen wurden in der Regel im Messmodus aphak, d. h. mit einer Geschwindigkeitseinstellung von m/s, durchgeführt. In Einzelfällen wurde auch mit m/s gemessen, wobei die Ergebnisse dann auf eine Geschwindigkeitseinstellung von m/s umgerechnet wurden gemäß s 1532 = s (s 1532 bzw. s 1550 : Distanz bei 1532 bzw m/s). Die Messungen erfolgten bei sommerlichen Temperaturen deutlich über der normalen Zimmertemperatur von 20 C. Es wurde daher bei jeder Längenmessung zusätzlich mit einem elektronischen Thermometer (Genauigkeit ± 1 C) die Umgebungstemperatur bestimmt. Zur Umrechnung der Messergebnisse an den PMMA- Zylindern wurden temperaturkorrigierte Literaturwerte für Brechungsindex und Schallgeschwindigkeit verwendet. Hierzu wurde wie folgt vorgegangen: Korrektur der PCI-Messungen Im ersten Schritt wurden die vom IOLMaster angezeigten Nominalwerte d nom auf optische Weglängen d opt zurückgerechnet [2]: d opt = ( d anz ) (2). Die geometrische Weglänge d PPMA in PMMA ergibt sich dann mit dem Gruppenbrechungsindex n PMMA gemäß (1) d PMMA = d opt n PMMA (3).
3 Haigis: Vergleich von optischer und akustischer Biometrie anhand von Längenmessungen an einem Testkörper 135 Für die im IOLMaster verwendete Laserwellenlänge von 780 nm war in einer früheren Arbeit ein Gruppenbrechungsindex n PMMA von [3] bei Zimmertemperatur (20 C) hergeleitet worden. Dieser Wert wurde entsprechend der von Holladay et al. [4] angegebenen Abhängigkeit des Brechungsindex n(t) von der Temperatur T n(t) = n(t 0 ) (T - T 0 ) (4) (T 0 : Referenztemperatur) für die bei den Messungen herrschende Temperatur korrigiert. Korrektur der US-Messungen Die Berücksichtigung der Schallgeschwindigkeit von PMMA erfolgte analog zu Gl.(1) nach s PMMA = s 1532 c PMMA 1532 (5), wobei c PMMA die temperaturabhängige Schallgeschwindigkeit im Testkörper darstellt. Hierfür wurde von einem Wert von 2 760,5 m/s bei 20 C und einer Abhängigkeit c(t) der Schallgeschwindigkeit von der Temperatur T ausgegangen gemäß [5] c (T) = (T - 25 C) (T - 25 C) 2 (6). Umrechnung der Messergebnisse auf Achslängendifferenzen Gemessene Abweichungen s PMMA bei den PMMA-Zylindern wurden in Achslängendifferenzen s Auge umgerechnet gemäß s Auge = n Auge s PMMA n PMMA bzw. s Auge = c Auge s PMMA c PMMA (7), wobei n Auge = [2] und c Auge = 1550 m/s [6] für den mittleren Brechungsindex und die mittlere Schallgeschwindigkeit des Auges stehen, und n PMMA und c PMMA die entsprechenden temperaturkorrigierten Werte für PMMA darstellen. Ergebnisse Die geometrischen Dimensionen der verwendeten PMMA-Testkörper sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Bei den ersten Messungen mit dem IOLMaster zeigte sich, dass der Messpeak für den kleinsten Zylinder S am unteren Rand des Messbereichs erschien und nicht sicher von Nebenpeaks unterschieden werden konnte. Auf den weiteren Einsatz dieses Zylinders wurde daher verzichtet, sodass die folgenden Messungen nur mit den Testkörpern M und L durchgeführt wurden. Abbildung 1 und Abbildung 2 zeigen typische Messergebnisse für die Bestimmung radialer und axialer Testkörperdimensionen mit dem I3-Gerät und dem IOLMaster. In Abbildung 3 sind die mit den vier IOLMaster-Geräten erhaltenen Nominalwerte
4 136 Biometrie der axialen und radialen Messgrößen dargestellt. Man erkennt, dass sich die Anzeigen aller Geräte bei allen Messstrecken um nicht mehr als 35 µm unterscheiden. Die PCI- und US-Messergebnisse wurden wie im Vorangegangenen beschrieben mit den temperaturkorrigierten Werten von Brechungsindex und Schallgeschwindigkeit von PMMA umgerechnet. Sodann wurden die Differenzen zu den wahren Dimensionen (aus den Messungen mittels Schublehre) bestimmt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 sowie Abbildung 4 dargestellt. Die mittleren Abweichungen zwischen wahren und gemessenen Zylinderdimensionen betrugen 35 ± 11 µm (PCI), 430 ± 218 µm (KUS) und 151 ± 203 µm (IUS). Die mittleren Standardabweichungen der Zylinderdimensionen pro Messserie waren 5 ± 1 µm (PCI), 40 ± 40 µm (KUS) und 68 ± 56 µm (IUS). Schließlich wurde nach Gl.(7) berechnet, welchen Achslängendifferenzen die gemessenen Abweichungen zwischen wahren und gemessenen PMMA-Zylinderdimensionen entsprechen würden. Man erhielt die ebenfalls in Tabelle 2 aufgeführten Resultate 32 ± 10 µm (PCI), 206 ± 142 µm (KUS) und 85 ± 114 µm (IUS). Die erhaltenen Ergebnisse sind nicht überraschend, was das überlegene Abschneiden der optischen Biometrie angeht. Das Gleiche gilt für die geringeren Abweichungen der Immersionsbiometrie im Vergleich zur Kontaktmessung. Auf den ersten Blick auffallend hingegen ist, dass die Standardabweichungen bei Ultraschall- PMMA-Testkörper S M L Durchmesser radial [mm] 11,996 ± 0,005 20,992 ± 0,004 30,004 ± 0,009 Länge axial [mm] 12,010 ± 0,000 21,004 ± 0,009 30,014 ± 0,005 Tab. 1: Geometrische Dimensionen der PMMA-Testkörper als Mittelwerte über 5 Einzelmessungen mit Digitalschublehre. Die Zylinder S und M wurden aus PMMA der Marke ICI Perspex CQ gedreht. Die Herkunft des PMMA- Materials für Zylinder L ist nicht genau gesichert; vermutlich handelt es sich aber um dasselbe Material wie bei S und M. [µm] PCI IUS KUS Mittlere Standardabweichung der Zylinderdimensionen pro Messreihe Mittlere Abweichung von wahren Zylinderdimensionen Abweichung umgerechnet in Achslängendifferenzen 5 ± 1 68 ± ± ± ± ± ± ± ± 142 Tab. 2: Mittlere Standardabweichungen der Zylinderdimensionen pro Messreihe (Messungen an den Testkörpern L und M), mittlere Abweichungen von den wahren Zylinderdimensionen und letztere umgerechnet in Achslängendifferenzen für PCI-, IUS- und KUS-Messungen. Alle Angaben in [µm].
5 Haigis: Vergleich von optischer und akustischer Biometrie anhand von Längenmessungen an einem Testkörper 137 Abb. 1: Ultraschallmessung des radialen Durchmessers des PMMA-Testzylinders L mit dem I3 System ABD in Kontaktankopplung Abb. 2: Optische Messung der axialen Länge des PMMA-Testzylinders M mit dem IOLMaster P1 messungen in Immersion größer sind als in Kontakt. Dies erklärt sich jedoch aus der spezifischen Messsituation: bei der Kontaktmessung wurde der Schallkopf unter leichtem Druck auf den (harten) Testkörper gesetzt, wodurch die Justierung über den gesamten Messverlauf praktisch unverändert blieb. Bei der Immersionsmessung
6 138 Biometrie Nominalanzeige [mm] 33,370 33,360 33,350 33,340 33,330 33,320 33,310 33,300 33,290 33,280 33,270 axial radial P1 P2 P3 P4 Abb. 3: Nominalanzeigen der 4 Zeiss IOLMaster P1... P4 bei der Messung der axialen und radialen Dimensionen des Testkörpers L 1,100 0,900 L axial L radial M axial M radial 0,700 0,500 0,300 [mm] 0,100-0,100-0,300-0,500-0,700 P1 P2 P3 P4 K1 K2 K3 K4 K5 K6 I1 I2 I3 I4 I5 I7 Abb. 4: Abweichungen zwischen wahren und gemessenen Distanzen. P1... P4: PCI-Messungen. K1... K6: Kontakt-Ultraschall-Messungen. I1... I7: Ultraschall-Messungen in Immersion indes wurde der Schallkopf handgehallten in eine mit aqua dest. gefüllte Küvette getaucht und auf den darin befindlichen Testkörper ausgerichtet. Ein generelles Problem für die Interpretation der Ergebnisse liegt darin, dass wie schon erwähnt PCI und US nicht direkt geometrische Distanzen messen, sondern
7 Haigis: Vergleich von optischer und akustischer Biometrie anhand von Längenmessungen an einem Testkörper 139 auf Brechungsindices und Schallgeschwindigkeiten als Umrechnungsfaktoren angewiesen sind. In der vorliegenden Studie wurden hierzu Literaturwerte eingesetzt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das verwendete PMMA abweichende Materialeigenschaften besaß. Hierzu sind weitere Untersuchungen notwendig. Literatur 1. KV-Richtlinien: Auszug aus den Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: Qualifikationsvoraussetzungen gemäß 135 Abs. 2 SGB V zur Durchführung von Untersuchungen in der Ultraschalldiagnostik (Ultraschallvereinbarung) vom 10. Februar Dtsch Arztbl 1993; 90, Heft 8, Haigis W, Lege B, Miller N, Schneider B: Comparison of immersion ultrasound biometry and partial coherence interferometry for intraocular lens calculation according to Haigis. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 2000;238: Haigis W: Pseudophakic correction factors for optical biometry. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 2001;239: Holladay JT, van Gent S, Ting AC et al.: Silicone intraocular lens power vs temperature. Am J Ophthalmol 107, 1989; No.4: Asay JR, Lamberson DL, Guenther AH: Pressure and temperature dependence of the acoustic velocities in Polymethylmethacrylate. J Appl Phys 1969;40(4): Haigis W: Ultraschallbiometrie. In: Kroll P, Küchle M, Küchle HJ (Hrsg.): Augenärztliche Untersuchungsmethoden. 3. vollst. überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag 2008,
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