Neue Therapieansätze bei MS. Dr. med. Ju*a Scheiderbauer
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- Waltraud Lichtenberg
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1 Neue Therapieansätze bei MS Dr. med. Ju*a Scheiderbauer
2 Inhalt 1. Daclizumab (Zinbryta ) 2. Ocrelizumab (Ocrevus ) 3. Autologe hämatopoefsche StammzelltransplantaFon 4. Fazit: Haben wir es hier mit echtem FortschriL für Betroffene zu tun? Die hochgestellten Zahlen ( 1,2,3 ) im Text sind Quellenangaben, eine Übersicht der Quellen findet sich am Ende der PräsentaBon. 2
3 Daclizumab (Zinbryta ) 1 EigenschaSen Humanisierter Monoklonaler AnBkörper Bindet an CD25, ein Rezeptor auf T- Zellen Genauer Wirkmechanismus bei MS unklar, entweder direkte oder indirekte RedukBon von so genannten akbvierten T- Zellen Als Nebeneffekt werden aber auch nicht akbvierte, regulatorische T- Zellen um ca. 50% vermindert, die wichbg sind für eine normale Immuntoleranz. Deshalb kann ein Mangel an regulatorischen T- Zellen zur Entwicklung von Autoimmunerkrankungen führen 3
4 Daclizumab (Zinbryta ) 1 Anwendung 1 x monatlich 150 mg subcutan (unter die Haut in Fe_gewebe spritzen) Darf nicht gegeben werden bei schwerer LeberfunkBonsstörung oder Transaminasen (Leberwerte) oberhalb des zweifachen der oberen Norm Erreichen eines gleichmäßigen Wirkspiegels nach der 4. Dosis Halbwertszeit 21 Tage Daclizumab hat in Europa eine breite Zulassung für alle schubförmigen MS- Typen, also schon nach dem ersten Schub und ohne Vorbehandlung sowie bei sekundär progredienter MS mit Schüben 4
5 Studien Daclizumab (Zinbryta ) 1,2,3 Wirksamkeit SELECT Placebo/Daclizumab Teilnehmer RRMS RRMS DECIDE Avonex/Daclizumab Studiendauer 52 Wochen Wochen Status im Jahr davor 1,3 bis 1,6 Schübe, EDSS 2,5 bis 2,8 Schubrate in Studie 0,46 / 0,21 AR * 0,25, RR * 54% Schubfreie PaBenten am Studienende 0,39 / 0,22 AR * 0,17, RR * 44% 64% / 81% 51% / 67% MRT- Besserung Ja Ja Weniger Behinderung Nein Nein *ARR: Absolute Risikoreduktion, RRR: Relative Risikoreduktion 4 5
6 Kappos L et al. N Engl J Med 2015;373:
7 Daclizumab (Zinbryta ) 1 Nebenwirkungen, häufiger als bei Avonex 1% schwere, Arzneimi_el- assoziierte Leberschäden, darunter AutoimmunhepaBBs mit Leberversagen und Todesfolge HautreakBonen bei 37% Immunvermi_elte Erkrankungen an weiteren Organsystemen (Darm, Lymphknoten, Blutgefäße, Lunge, Niere, Blutblä_chen, Sarkoidose) Schwere allergische ReakBonen bei 3,6% Brustkrebserkrankungen und Non- Hodgkin- Lymphome häufiger als erwartet (185 bzw. 58 pro PaBentenjahre gegenüber 43 bzw. 126) InfekBonsrisiko (65% alle InfekBonen, 4% schwerwiegende InfekBonen) Depression, Krampfanfälle 7
8 Daclizumab (Zinbryta ) 1 Bewertung Mehrere Gutachter der amerikanischen Arzneimi_elbehörde FDA haben die Zulassung nicht befürwortet, die amerikanische ProdukBnformaBon trägt die schärfste Form der Warnung In der europäischen ProdukBnformaBon wird die Frage immunvermi_elter Erkrankungen durch Daclizumab (außer Leberschäden) nicht themabsiert Noch keine Aufnahme in MS- Leitlinienempfehlungen erfolgt, PaBentennutzen völlig unklar Kosten jährlich Fazit des arznei- telegramms: Wir raten beim derzei-gen Kenntnisstand von der Anwendung des teuren An-körpers ab. 8
9 Ocrelizumab (Ocrevus ) 5,6 EigenschaSen Humanisierter Monoklonaler AnBkörper, leichte chemische Abwandlung von Rituximab, das schon längere Zeit in der Onkologie und in der Behandlung von immunvermi_elten Erkrankungen eingesetzt wird Bindet an CD20, ein Rezeptor auf B- Zellen, die daraurin selekbv absterben Dadurch kommt es zu einer Reduzierung der Immunogenität der B- Zellen Die B- Zellen können sich wieder regenerieren und ihre Fähigkeit zur InfekBonsabwehr bleibt erhalten 9
10 Ocrelizumab (Ocrevus ) 5,6 Anwendung 600 mg intravenös alle 24 Wochen, nur bei der ersten Gabe zweimal 300 mg verteilt auf zwei Gaben im Abstand von 14 Tagen Prophylaxe von InfusionsreakBonen mit 100 mg Methylprednisolon intravenös vor jeder Ocrelizumab- Infusion Das Medikament ist gegenwärbg im Zulassungsverfahren, Anwendungsgebiet und ggf. Einschränkungen der Zulassung sind noch nicht bekannt 10
11 Ocrelizumab (Ocrevus ) bei RRMS 5 Wirksamkeit Studien OPERA I Rebif/Ocrelizumab Teilnehmer RRMS RRMS OPERA II (idenfsch) Rebif/Ocrelizumab Studiendauer 96 Wochen 96 Wochen Status im Jahr davor 1,3 Schübe, EDSS 2,8 Schubrate in Studie 0,29 / 0,16 AR * 0,13, RR * 45% 0,29 / 0,16 AR * 0,13, RR * 45% Schubfreie PaBenten Keine Angabe Keine Angabe MRT- Besserung Ja Ja Nach 24 Wochen bestäbgte Behinderungsprogression 9,8% / 5,8% AR* 4%, RR* 41% 11,6% / 8,0% AR* 3,6%, RR* 31% *ARR: Absolute Risikoreduktion, RRR: Relative Risikoreduktion 4 11
12 Hauser SL et al. N Engl J Med 2017;376:
13 Studien Teilnehmer Studiendauer ORATORIO Placebo/Ocrelizumab PPMS 120 Wochen PaBentenauswahl Alter J., EDSS 3,0 6,5, Erkrankungsdauer < 10 Jahre Nach 12 Wochen bestäbgte Behinderungsprogression Nach 24 Wochen bestäbgte Behinderungsprogression MRT- Besserung (weniger neue Läsionen, weniger Hirnvolumenverlust) Ocrelizumab (Ocrevus ) bei PPMS 5 Wirksamkeit 39,3% / 32,9% AR* 6,4%, RR* 16,3% 35,7% / 29,6% AR* 6,1%, RR* 17,1% Ja *ARR: Absolute Risikoreduktion, RRR: Relative Risikoreduktion 4 13
14 Montalban X et al. N Engl J Med 2017;376:
15 Montalban X et al. N Engl J Med 2017;376:
16 Ocrelizumab (Ocrevus ) 5,6 Nebenwirkungen OPERA I und OPERA II im Vergleich zu Rebif: Gleich viel unerwünschte Ereignisse ca. 80% Meist InfusionsreakBonen (34,4%) oder InfekBonen Schwerwiegende Nebenwirkungen weniger in Ocrelizumabgruppe Erhöhte Krebshäufigkeit ORATORIO im Vergleich zu Placebo: entsprechend 2,3% Krebserkrankungen (0,8% in Placebogruppe) 16
17 Ocrelizumab (Ocrevus ) 5,6 Bewertung Wegen neuarbgen Wirkprinzip( B- Zellen) möglicherweise BehandlungsopBon für RRMS- PaBenten mit hoher klinischer KrankheitsakBvität (Schübe), die auf andere TherapieopBonen nicht angesprochen haben Für PPMS- PaBenten kleiner, vermutlich nicht relevanter Nutzen, weil die ORATORIO- Studie über die PaBentenauswahl PaBenten mit zusätzlicher SchubakBvität herausgesucht hat, und der Effekt der reduzierten Behinderungsprogression sich nach 3-6 Monaten wieder aufgelöst hat. Ein Nutzen bezüglich NeurodegeneraBon wurde mit diesem Studienkonzept nicht nachgewiesen. Kosten und Zulassungsauflagen bleiben abzuwarten
18 Prozeduren Autologe (eigene) hämatopoefsche (blutbildende) StammzelltransplantaFon 7 Sicherung einer pabenteneigenen Knochenmarksprobe Mobilisierung von eigenen Blutstammzellen mi_els Chemotherapie und Wachstumsfaktor, Sammeln dieser im Blut zirkulierende Stammzellen Anschließend intensive Chemotherapie und AnB- Thymozytenglobulin 48 nach der letzten Dosis Reinfusion der autologen hämatopoebschen Stammzellen Isolierung und intensive Überwachung, bis Blutbildung und Immunsystem wieder funkbonieren 18
19 Autologe hämatopoefsche StammzelltransplantaFon 7 PaFentenauswahl 24 Studieneilnehmer mit RRMS, StammzelltransplantaBon zwischen 2001 und 2009 Zuvor schwere, schlecht rückgebildete und häufige Schübe trotz Immuntherapie, die innerhalb von fünf Jahren nach Diagnose schon zu relabv schwerer Behinderung geführt ha_en Kein MRT- Einschlusskriterium 19
20 Studien Teilnehmer Nachbeobachtung 3 bis 13 Jahre StammzelltransplantaFon, kein Kontrollarm 24 Teilnehmer, 12 x RRMS, 12 x SPMS* PaBentenauswahl Alter J., EDSS 3,0 6,0, Erkrankungsdauer 1,3 11,2 Jahre Sicherheit Schübe Autologe hämatopoefsche StammzelltransplantaFon 7 Bei allen Teilnehmern ist das Transplantat angewachsen 1 Teilnehmer verstarb an schweren KomplikaBonen Schwerwiegende Nebenwirkungen häufig (InfusionsreakBonen, InfekBonen) Bei keinem überlebenden PaBenten traten weitere Schübe auf Behinderung Chronische Progression bei 6/23 PaBenten (26%), unabhängig von MS- Verlauf vor StammzelltransplantaBon Verbesserung bei 40% *SPMS=sekundär progredienter MS-Verlauf 20
21 Vor Transplantation è Nach Transplantation è Figure 3. Progression of disabilities before and after autologous haemopoietic stem-cell transplantation(a) Time from diagnosis to a sustained EDSS of 3 0 and EDSS of 6 0. Patients reached EDSS 3 0 after a median of 2 2 years, and EDSS 6 0 after a median of 6... Atkins et al. Immunoablation and autologous haemopoietic stem-cell transplantation for aggressive multiple sclerosis: a multicentre single-group phase 2 trial. The Lancet; Volume 388, No , p , 6 August 2016,
22 Autologe hämatopoefsche StammzelltransplantaFon 7 Bewertung Sehr wirksam, sehr risikoreich Wegen schwerer Risiken Anwendungsbeschränkung auf Betroffene, die schnell eine starke Behinderung entwickelt haben, aber sonst in sehr gutem Allgemeinzustand sind Nach dieser Studie geeignet für Betroffene mit RRMS und SPMS Die genauer Durchführung der StammzelltransplantaBon ist jedoch von Zentrum zu Zentrum verschieden, systemabsche strukturierte Therapieforschung gibt es bisher noch nicht Kosten immens, mit dieser begrenzten Datenlage lehnen Kostenträger die Maßnahme in der RouBneversorgung ab
23 Autologe hämatopoefsche StammzelltransplantaFon 7 Bringen die neuen Medikamente echten FortschriL? Daclizumab: Nein! Ocrelizumab für RRMS: Möglicherweise Ocrelizumab für PPMS: Wirksamkeit überhaupt nur für kleine Untergruppe und sehr kurzen Zeitraum nachgewiesen, für die meisten PPMS- Betroffenen ist das irrelevant StammzelltransplantaBon: Ja, für sehr schwer Betroffene Größtes Problem: Es fehlt klinische Forschung zur Auswahl geeigneter PaBenten für die verfügbaren TherapieopBonen, denn in Anbetracht der möglichen schweren KomplikaBonen und Späwolgen darf man die Medikamente nicht einfach zur breiten Anwendung empfehlen 23
24 Quellenangaben: 1. arznei- telegramm 2016; Jg. 47, Nr Gold et al., Daclizumab high- yield process in relapsing- remizng mulbple sclerosis (SELECT): a randomised, double- blind, placebo- controlled trial. Published online April 4, 2013 h_p://dx.doi.org/ /s (12) Kappos et al., Daclizumab HYP versus Interferon Beta- 1a in Relapsing MulBple Sclerosis. N Engl J Med 2015;373: DOI: /NEJMoa Scheiderbauer, Unsicherheit medizinischer InformaBonen bis MS. h_p://tag- trier.de/?p=65 5. Hauser et al., Ocrelizumab versus Interferon Beta- 1a in Relapsing MulBple Sclerosis. NEJM.org DOI: /NEJMoa Montalban et al., Ocrelizumab versus Placebo in Primary Progressive MulBple Sclerosis. NEJM.org DOI: /NEJMoa Atkins et al., ImmunoablaBon and autologous haemopoiebc stem- cell transplantabon for aggressive mulbple sclerosis: a mulbcentre single- group phase 2 trial. The Lancet; Volume 388, No , p , 6 August
25 Danke für Ihre Aufmerksamkeit 25
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