Josep M. Benet i Jornet. Dreizehn Uhr nachts. (Katalanischer Originaltitel: L habitació del nen [Les tretze de la nit])
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1 Josep M. Benet i Jornet Dreizehn Uhr nachts (Katalanischer Originaltitel: L habitació del nen [Les tretze de la nit]) Aus dem Spanischen von Klaus Laabs 1
2 Josep M. Benet i Jornets Stück L habitació del nen wurde am 16. Januar 2003 im Teatre Lliure, Barcelona, uraufgeführt (Regie: Sergi Belbel). Der Autor widmete das Stück seiner Tochter Carlota Benet i Cros. Die Übersetzung von Klaus Laabs entstand nach der katalanischen Originalfassung und der spanischen Übersetzung des Stückes durch Sergi Belbel Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Alle Rechte am Text, auch einzelner Abschnitte, vorbehalten, insbesondere die der Aufführung durch Berufs- und Laienbühnen, des öffentlichen Vortrags, der Buchpublikation und Übersetzung, der Übertragung, Verfilmung oder Aufzeichnung durch Rundfunk, Fernsehen oder andere audiovisuelle Medien. Das Vervielfältigen, Ausschreiben der Rollen sowie die Weitergabe der Bücher ist untersagt. Eine Verletzung dieser Verpflichtungen verstößt gegen das Urheberrecht und zieht zivil- und strafrechtliche Folgen nach sich. Die Werknutzungsrechte können vertraglich erworben werden von: henschel SCHAUSPIEL Marienburger Straße Berlin Wird das Stück nicht zur Aufführung oder Sendung angenommen, so ist dieses Ansichtsexemplar unverzüglich an den Verlag zurückzusenden. F2 2
3 PERSONEN 3
4 Stimme Der Plumpsack geht um, wer sich umdreht oder lacht, dem wird der Buckel blaugemacht. 4
5 ERSTER TEIL Ein Kinderzimmer. Das Zimmer hat einen Balkon und zwei verschieden große Türen. Der Balkon geht auf die Straße. Die größere Tür führt vielleicht in einen Vorraum oder eine Eßdiele. Die kleinere Tür gibt den Blick auf ein Badezimmer frei, an dessen Ende wir eine dritte, ebenfalls kleine Tür erkennen können, sie führt zu einem Korridor. Im Zimmer stehen ein Kinderbett, ein Nachttisch, ein Kleiderschrank und ein Kindertisch mit zwei kleinen Stühlen, Spielzeug liegt herum, Kinderbücher, allerlei Schulsachen. An den Wänden Filmplakate, Bilder von Science-fiction-Figuren, Raumschiffen, Raumanzügen. Früher Morgen. Das Zimmer liegt im Dunkeln. Nur vom Balkon fällt ein dünner Lichtstrahl ins Zimmer und läßt ahnen, daß hier jemand wohnt. Stille. Lautlos geht die große Tür auf, und die erscheint. Mit ihr dringt gedämpftes Licht ins Zimmer. Die Frau ist jung und attraktiv, sie wirkt, als komme sie gerade aus dem Bad. Hält in der Hand eine große, flache Einkaufstüte sowie einen Cutter, ein Teppichmesser. Mechanisch, um die Funktionstüchtigkeit zu kontrollieren, schiebt sie die Messerklinge vor und wieder zurück. Legt Tüte und Teppichmesser auf dem Boden oder einem Möbelstück ab und tritt auf Zehenspitzen ans Bett. Im Bett liegt ein ruhig atmendes Kind. Die beugt sich über das Kind, gibt ihm Küsse und streichelt es gefühlvoll. Ihre Hände gleiten sanft neckend und schließlich kitzelnd über den kleinen Körper. Das Kind rührt sich und lacht. (Singt.) Zwei und zwei sind vier, vier und zwei sind sechse, sechs und zwei sind acht, hab acht, sonst holt dich die Hexe Als die Uhr schlug Mitternacht hab ich mich ans Zählen gemacht, kam ich ins Erzählen, tat mich furchtbar quälen (Das Kind im Bett, es ist ein, schreckt auf und fällt genau bei Ende des Liedes der um den Hals.) und (Wie aus einem Mund.) Also jetzt! (Noch einmal.) Also jetzt! (Gibt der einen Kuß.) (Fröhlich.) Halt, genug, Kußmäulchen, das kitzelt! (Läßt ab von ihr.) Wie spät ist es? Schau auf deine Uhr. Sie ist nicht da. (Die geht zum Balkon, öffnet einen Spaltweit die Flügeltür und läßt etwas Licht herein; aber nicht alles, um dem n Zeit zu geben, sich daran zu gewöhnen.) 5
6 Hast du heute nacht nichts geträumt? Doch, und du? Hmm Ich auch. Wie war dein Traum? Wie spät ist es? (Ruhig und gewohnheitsmäßig.) Schau auf deine Uhr. Der kurze Zeiger sind die Stunden; der lange die Minu Sie ist nicht da. Wo ist die Uhr? (Blickt zum Nachttisch.) Wo soll sie schon? (Der Nachttisch ist leer.) Na, wo ist sie? (Der beugt sich über die Bettkante und schaut unters Bett.) Ist sie runtergefallen? Da ist sie auch nicht. Sie ist weg. (Im Spaß.) Ja, auf und davon. (Bückt sich und schaut ebenfalls nach.) Was hast du geträumt? Hopp, steh auf. War nicht schön. Was hast du denn geträumt? Hast du die Uhr vielleicht verschluckt, als du geschlafen hast? (Richtet sich wieder auf.) Gut, genug jetzt, steh auf, wir finden sie schon noch. Ich habe geträumt ich habe die Uhr verschluckt. War kein schöner Traum. (Denkt sich schnell etwas aus.) Ich hab geträumt, daß die Hexe gekommen ist und dich gefressen hat, weil du nicht aufstehen wolltest. Stehst du nun auf, oder nicht? (Mit einem Satz ist der aus dem Bett. Er ist im Pyjama.) Du schwindelst, es gibt gar keine Hexen! Stimmt. Los, schnell pullern und ab in die Wanne, duschen. Kommst du mit? Du bist doch schon groß, du kannst das allein, oder? Komm mit. 6
7 Geh schon vor, ich bin gleich da. (Geht zum Kleiderschrank.) Wer bringt mich zur Schule? Ich oder der Papa. Der Papa oder ich. (Der verschwindet im Badezimmer. Die macht die Balkontür ein Stück weiter auf, geht dann zum Bett, schüttelt das Kopfkissen auf und schlägt die Decke zurück.) Stimme des n Stimme des n Stimme des n Stimme des n Stimme des n Stimme des n Stimme des n Das Wasser ist kalt! Es wird gleich warm, das weißt du doch. Aber wenn ich das kalte Wasser aufdrehe, kommt auch nicht erst warmes. Nein. Hast du schon gepullert? Warum kommt das warme Wasser erst kalt raus, und das kalte kommt nicht erst warm? Weil weil Hast du nun gepullert, oder nicht? (Öffnet den Schrank und sucht Wäsche für den n heraus.) Mach ich doch grad. Nun sag schon, warum. Weil was weiß ich, weil das Leben kompliziert ist. Fertig mit dem Pullern? Fertig. Hast du den Piepmatz schön ausgeschüttelt? In der Schule sagen sie Schniepel. Meinetwegen, und, hast du ihn ausgeschüttelt? Nein. Ich dusche ja gleich. Jetzt ist das Wasser warm! Laß sehen (Tritt ins Bad, nur noch die Stimme ist zu hören.) Das Duschgel Nicht so viel. (Fröhlich.) Spritz mich nicht naß, Dummerchen! (Durch die große Tür tritt der ins Zimmer, ein junger, attraktiver Mann. Auch er wirkt, als komme er gerade aus dem Bad. Versucht mit einer Hand, 7
8 sich das Hemd zuzuknöpfen, in der anderen trägt er eine Tüte von einem Süßwarenladen. Stellt die Tüte auf dem Nachttisch ab. Holt aus der Hosentasche ein in Geschenkpapier eingewickeltes Päckchen, wirft einen fröhlichen, etwas ungeduldigen Blick darauf.) Stimme der Stimme des n Stimme der Stimme des n Stimme der Stimme des n Stimme der Stimme des n Stimme der Holla, wie du planschst! Muß ich mich beeilen? Nein. Du kannst planschen, soviel du willst. Du hast doch gesagt, schnell pullern, ab in die Wanne und dann in die Schule Ich hab gesagt, schnell pullern, und ab in die Wanne. Du mußt zwar zur Schule, aber heute, mein kleiner Mann, ist kein Tag wie jeder andere. Heute ist meine Uhr verschwunden. Wenn wir heute ein bißchen bummeln, ist halb so schlimm. Warum? Mal sehen, ob du selbst drauf kommst, eigentlich müßtest du es wissen. (Die geht ins Zimmer zurück. und lächeln sich an. Er wirft einen Blick zur Tüte auf dem Tisch.) (Laut.) Die Bonbons. (Leise.) Psst, er kann dich hören. Hat er nicht daran gedacht? Bis jetzt noch nicht. (Kurze Pause.) Er hat nicht daran gedacht, und du Es gibt etwas, das du noch nicht weißt. Was meinst du? Ob die Bonbons reichen für alle? Ja klar doch. Ich spreche nicht von den Bonbons. (Deutet auf das Geschenkpäckchen.) Guck mal. Das auch nicht. 8
9 Dein Geschenk. Nein, mein Geschenk auch nicht. Ich spreche von was anderem. (Amüsiert.) Ha, Madame macht mit mir Rätselraten. Dann laß mich mal raten (Schalkhaft.) Die zweimal letzte Nacht. (Mit einem Lächeln.) Das weißt du ja schon, und was du willst, ist ja nur, daß ich daran erinnere, ist es nicht so, Supermann? Also, was dann? Machen wir nicht Rätselraten? Rate. Hilf mal weiter. Kind. (Zerstreut.) Was ist schon wieder mit dem n? Ich habe Kind gesagt, nicht das Kind. (Der zum Balkon, reißt die Tür weit auf. Hält draußen nach etwas Ausschau..) He Bist du noch da? Ich guck nur mal. Ah, ja. (Der holt die Schachtel mit dem Geschenk, trägt sie auf den Balkon und setzt sie ab.) So, hier. Wo willst du denn hin damit? Ich will, daß er es hier findet. Bei der Kälte. Ich wollte den Balkon eigentlich zumachen, wenn er aus dem Bad kommt. Es ist bestimmt schöner, wenn er es hier findet. Dann mach jetzt zu, und wenn es soweit ist, machst du wieder auf. 9
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