Hilberts zweites Problem: Die Widerspruchsfreiheit der arithmetischen Axiome
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- Gisela Küchler
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1 Hilberts zweites Problem: Die Widerspruchsfreiheit der arithmetischen Axiome Marcel Karcher Hilbertseminar, TUM
2 Teil I: Die Problemstellung und das Hilbertprogramm mit seinen Zielen
3 Problem: Sind die arithmetischen Axiome widerspruchsfrei?
4 Problem: Sind die arithmetischen Axiome widerspruchsfrei? Vor allem aber möchte ich unter den zahlreichen Fragen, welche hinsichtlich der Axiome gestellt werden können, dies als das wichtigste Problem bezeichnen, zu beweisen, daß dieselben untereinander widerspruchslos sind, d. h., daß, man auf Grund derselben mittels einer endlichen Anzahl von logischen Schlüssen niemals zu Resultaten gelangen kann, die miteinander in Widerspruch stehen. David Hilbert am 8. August 1900 in Paris
5 Antwort: Nein (Gödelscher Unvollständigkeitssatz)
6 Antwort: Nein (Gödelscher Unvollständigkeitssatz) Die Widerspruchsfreiheit eines hinreichend mächtigen Systems kann nicht innerhalb dieses Systems bewiesen werden.
7 Antwort: Nein (Gödelscher Unvollständigkeitssatz) Die Widerspruchsfreiheit eines hinreichend mächtigen Systems kann nicht innerhalb dieses Systems bewiesen werden. Beweisidee: Formale Herleitung eines Satzes, der besagt, dass er selber nicht beweisbar ist
8 Antwort: Nein (Gödelscher Unvollständigkeitssatz) Die Widerspruchsfreiheit eines hinreichend mächtigen Systems kann nicht innerhalb dieses Systems bewiesen werden. Beweisidee: Formale Herleitung eines Satzes, der besagt, dass er selber nicht beweisbar ist Analogie zur Russellsche Antinomie (1903): R := {x : x / x} = R R R / R also ein Widerspruch
9 Antwort: Nein (Gödelscher Unvollständigkeitssatz) Die Widerspruchsfreiheit eines hinreichend mächtigen Systems kann nicht innerhalb dieses Systems bewiesen werden. Beweisidee: Formale Herleitung eines Satzes, der besagt, dass er selber nicht beweisbar ist Analogie zur Russellsche Antinomie (1903): R := {x : x / x} = R R R / R also ein Widerspruch = Grundlagenkrise der Mathematik (Anfang des 20. Jahrhunderts)
10 Hilbert rief das Hilbertprogramm aus
11 Hilbert rief das Hilbertprogramm aus Ziel: Beweis der Widersruchsfreiheit der Axiomensysteme mit Hilfe von Metamathematik und Formalen Systemen.
12 Hilbert rief das Hilbertprogramm aus Ziel: Beweis der Widersruchsfreiheit der Axiomensysteme mit Hilfe von Metamathematik und Formalen Systemen. Dieser Beweis sollte nun innerhalb der intuitiv gegebenen, endlichen Mathematik der natürlichen Zahlen geführt werden, an deren Widerspruchsfreiheit nicht zu zweifeln ist; aber eben nicht innerhalb einer formal-axiomatischen Theorie, da der Beweis sonst am Ende zirkulär würde.
13 Hilbert rief das Hilbertprogramm aus Ziel: Beweis der Widersruchsfreiheit der Axiomensysteme mit Hilfe von Metamathematik und Formalen Systemen. Dieser Beweis sollte nun innerhalb der intuitiv gegebenen, endlichen Mathematik der natürlichen Zahlen geführt werden, an deren Widerspruchsfreiheit nicht zu zweifeln ist; aber eben nicht innerhalb einer formal-axiomatischen Theorie, da der Beweis sonst am Ende zirkulär würde. Aus dem Paradies, das Cantor uns geschaffen, soll uns niemand vertreiben können. David Hilbert: Über das Unendliche, Mathematische Annalen 95 (1926), S. 170
14 Teil II: Formalismus
15 Logische Grundzeichen:,,,,,,,,v 1, v 2, v 3...
16 Logische Grundzeichen:,,,,,,,,v 1, v 2, v 3... Funktions- und Relationszeichen, mit einer festen Stelligkeit
17 Logische Grundzeichen:,,,,,,,,v 1, v 2, v 3... Funktions- und Relationszeichen, mit einer festen Stelligkeit Kalkül: präzise Schlussregeln
18 Logische Grundzeichen:,,,,,,,,v 1, v 2, v 3... Funktions- und Relationszeichen, mit einer festen Stelligkeit Kalkül: präzise Schlussregeln Eine Regel wäre der Modus Ponens: A Man sagt dann A, A B B A B B
19 Logische Grundzeichen:,,,,,,,,v 1, v 2, v 3... Funktions- und Relationszeichen, mit einer festen Stelligkeit Kalkül: präzise Schlussregeln Eine Regel wäre der Modus Ponens: A Man sagt dann A, A B B A B B Formaler Beweis: Sequenz von angewendeten Schlussregeln
20 Teil III: Gödelisierung
21 Beschränkung auf wenige Grundzeichen: 0 (Null) S (Nachfolger) (nicht) (oder) (für alle) (, ) (Klammern) v 0, v 1, v 2... (Variablen)
22 Beschränkung auf wenige Grundzeichen: 0 (Null) S (Nachfolger) (nicht) (oder) (für alle) (, ) (Klammern) v 0, v 1, v 2... (Variablen) 0 1, S 3, 5, = 7, 9 ( 11, ) 13 v 0 15 v 1 17, v 2 19 usw.
23 Beschränkung auf wenige Grundzeichen: 0 (Null) S (Nachfolger) (nicht) (oder) (für alle) (, ) (Klammern) v 0, v 1, v 2... (Variablen) 0 1, S 3, 5, = 7, 9 ( 11, ) 13 v 0 15 v 1 17, v 2 19 usw. a 1 a 2 a 3...a k := k p a i k i=1
24 Beschränkung auf wenige Grundzeichen: 0 (Null) S (Nachfolger) (nicht) (oder) (für alle) (, ) (Klammern) v 0, v 1, v 2... (Variablen) 0 1, S 3, 5, = 7, 9 ( 11, ) 13 v 0 15 v 1 17, v 2 19 usw. a 1 a 2 a 3...a k := k p a i k i=1 Fromale Ausdrücke natürlichen Zahlen
25 Analog mit Operationen auf Ausdrücken: Sprachebene Gödelzahlebene U U
26 Analog mit Operationen auf Ausdrücken: Sprachebene Gödelzahlebene U U va v Gen A
27 Analog mit Operationen auf Ausdrücken: Sprachebene Gödelzahlebene U U va v Gen A A Neg A
28 Analog mit Operationen auf Ausdrücken: Sprachebene Gödelzahlebene U U va v Gen A A Neg A Substitution A v t Sb( A v t )
29 Analog mit Operationen auf Ausdrücken: Sprachebene Gödelzahlebene U U va v Gen A A Neg A Substitution A v t Sb( A v t ) C ist Beweis für A C Bew A
30 Primitiv Rekursive Funktionen S (Nachfoger), Ii n (Projektion auf i-te Komponente), Ck n (Konstante Funktion k) Endliche Rekursion, Komposition
31 Primitiv Rekursive Funktionen S (Nachfoger), Ii n (Projektion auf i-te Komponente), Ck n (Konstante Funktion k) Endliche Rekursion, Komposition Operationen sind primitv rekursiv
32 Primitiv Rekursive Funktionen S (Nachfoger), Ii n (Projektion auf i-te Komponente), Ck n (Konstante Funktion k) Endliche Rekursion, Komposition Operationen sind primitv rekursiv = Repräsentierbar im Axiomensystem
33 Teil IV: Der Gödelsche Unvollständigkeitssatz
34 für n N ist n := S(S(S(...S(0)...)) (n-mal) also die Formale Konstante für n
35 für n N ist n := S(S(S(...S(0)...)) (n-mal) also die Formale Konstante für n ω konsistent: A(n) ist beweisbar n N = xa(x) ist nicht beweisbar
36 für n N ist n := S(S(S(...S(0)...)) (n-mal) also die Formale Konstante für n ω konsistent: A(n) ist beweisbar n N = xa(x) ist nicht beweisbar ω konsistent = konsistent
37 U U va v Gen A A Neg A Substitution A v t Sb( A v t ) C ist Beweis für A C Bew A n-ter Nachfolger der 0 n R primitiv rekusiv R repräsentierbar durch Formel
38 Der Beweis: Q(x, y) := xbew[sb(y 19 y )]= x ist kein Beweis für y( y )
39 Der Beweis: Q(x, y) := xbew[sb(y 19 y )]= x ist kein Beweis für y( y ) Bew, Sb, sind primitiv rekursiv = Q kann in unserem System durch eine Formel q representiert werden
40 Der Beweis: Q(x, y) := xbew[sb(y 19 y )]= x ist kein Beweis für y( y ) Bew, Sb, sind primitiv rekursiv = Q kann in unserem System durch eine Formel q representiert werden p := 17 Gen q x: x ist kein Beweis von y( y ) = y( y ) ist nicht beweisbar
41 Der Beweis: Q(x, y) := xbew[sb(y 19 y )]= x ist kein Beweis für y( y ) Bew, Sb, sind primitiv rekursiv = Q kann in unserem System durch eine Formel q representiert werden p := 17 Gen q x: x ist kein Beweis von y( y ) = y( y ) ist nicht beweisbar = p(p)= p(p) ist nicht beweisbar
42 Wir haben also allgemein in unserem System einen Satz hergeleitet der besagt, er wäre nicht beweisbar.
43 Wir haben also allgemein in unserem System einen Satz hergeleitet der besagt, er wäre nicht beweisbar. In einem widerspruchsfreien System kann p(p) weder beweisbar noch widerlegbar sein:
44 Wir haben also allgemein in unserem System einen Satz hergeleitet der besagt, er wäre nicht beweisbar. In einem widerspruchsfreien System kann p(p) weder beweisbar noch widerlegbar sein: Denn angenommen p(p) ist beweisbar dann hat man bewiesen, dass p(p) nicht beweisbar ist Widerspruch
45 Wir haben also allgemein in unserem System einen Satz hergeleitet der besagt, er wäre nicht beweisbar. In einem widerspruchsfreien System kann p(p) weder beweisbar noch widerlegbar sein: Denn angenommen p(p) ist beweisbar dann hat man bewiesen, dass p(p) nicht beweisbar ist Widerspruch Und angenommen p(p) ist widerlegbar, dann hat man bewiesen, dass p(p) beweisbar ist Widerspruch
46 Wir haben also allgemein in unserem System einen Satz hergeleitet der besagt, er wäre nicht beweisbar. In einem widerspruchsfreien System kann p(p) weder beweisbar noch widerlegbar sein: Denn angenommen p(p) ist beweisbar dann hat man bewiesen, dass p(p) nicht beweisbar ist Widerspruch Und angenommen p(p) ist widerlegbar, dann hat man bewiesen, dass p(p) beweisbar ist Widerspruch Wenn ein Satz weder beweisbar noch widerlegbar ist, dann heißt das System unvollständig!
47 Wir haben also allgemein in unserem System einen Satz hergeleitet der besagt, er wäre nicht beweisbar. In einem widerspruchsfreien System kann p(p) weder beweisbar noch widerlegbar sein: Denn angenommen p(p) ist beweisbar dann hat man bewiesen, dass p(p) nicht beweisbar ist Widerspruch Und angenommen p(p) ist widerlegbar, dann hat man bewiesen, dass p(p) beweisbar ist Widerspruch Wenn ein Satz weder beweisbar noch widerlegbar ist, dann heißt das System unvollständig! Ein hinreichend mächtiges Sytem kann also entweder nur vollständig oder nur widerspruchsfrei sein (1. Gödelscher Unvollständigkeitssatz).
48 Wenn man sich nochmal überlegt was man gerade gezeigt hat dann kommt man auch auf folgende Interpretation: Angenommen man kann die Widerspruchsfreiheit des Systems innerhalb des Systems beweisen;
49 Wenn man sich nochmal überlegt was man gerade gezeigt hat dann kommt man auch auf folgende Interpretation: Angenommen man kann die Widerspruchsfreiheit des Systems innerhalb des Systems beweisen; dann aber auch dass p(p) gilt, da wir ja damit zeigen können, dass p(p) nicht beweisbar ist.
50 Wenn man sich nochmal überlegt was man gerade gezeigt hat dann kommt man auch auf folgende Interpretation: Angenommen man kann die Widerspruchsfreiheit des Systems innerhalb des Systems beweisen; dann aber auch dass p(p) gilt, da wir ja damit zeigen können, dass p(p) nicht beweisbar ist. Das führt aber wieder zu einem Widerspruch, da der Satz p(p) ja besagt er wäre nicht beweisbar.
51 Wenn man sich nochmal überlegt was man gerade gezeigt hat dann kommt man auch auf folgende Interpretation: Angenommen man kann die Widerspruchsfreiheit des Systems innerhalb des Systems beweisen; dann aber auch dass p(p) gilt, da wir ja damit zeigen können, dass p(p) nicht beweisbar ist. Das führt aber wieder zu einem Widerspruch, da der Satz p(p) ja besagt er wäre nicht beweisbar. Also haben wir im Prinzip auch gezeigt, dass man die Widerspruchsfreiheit innerhalb des Systems nicht beweisen kann. (2. Gödelscher Unvollständigkeitssatz)
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