Gutachten. GBO 19, 29; ZPO 319; FGG 12, 15 Nachweis der Bewilligungsberechtigung bei fehlerhafter Firmenbezeichnung im Grundbuch. I.
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- Lorenz Lang
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1 DNotI Deutsches Notarinstitut Fax - Abfrage Gutachten des Deutschen Notarinstituts Dokumentnummer: 1106# letzte Aktualisierung: 14. Juni 2004 Gutachten GBO 19, 29; ZPO 319; FGG 12, 15 Nachweis der Bewilligungsberechtigung bei fehlerhafter Firmenbezeichnung im Grundbuch I. Zum Sachverhalt Unter der Firma Müller, Schnee und Eisbeseitigung, Waterclean Hauswartungen- Servicegesellschaft mbh, vertreten durch ihren Geschäftsführer Max M. Musikus, hatte eine Klägerin gegen A. ein Versäumnisurteil erwirkt, das rechtskräftig geworden ist. Aufgrund dieses Urteils ist am Grundstück des A. eine Zwangssicherungshypothek in das Grundbuch eingetragen worden. Für die Zwangssicherungshypothek liegt eine Löschungsbewilligung vor, unterzeichnet von dem auch im Versäumnisurteil als Geschäftsführer der Klägerin bezeichneten Max M. Musikus, handelnd als Geschäftsführer der im Handelsregister des Amtsgerichts X HRB Nr eingetragenen Waterclean Hauswartungen-Servicegesellschaft mbh mit dem Sitz in X. Es wird die gleiche Anschrift angegeben, unter der auch die Klage erhoben worden war. Eine Firma wie im Versäumnisurteil genannt, läßt sich nicht ermitteln und ist wohl auch nie im Handelsregister eingetragen gewesen. Das Grundbuchamt verweigert die Löschung der Zwangshypothek, weil die Identität zwischen der Klägerin, die das Versäumnisurteil erwirkt hat, und der Gesellschaft, die die Löschungsbewilligung erteilt hat, nicht nachgewiesen sei. II. Fragestellung Was ist zu tun, um die Löschung zu erreichen? III. Zur Rechtslage 1. Die Aufhebung eines Rechts gemäß 875 BGB setzt eine Erklärung des Berechtigten, daß er das Recht aufgebe und die Löschung des Rechts im Grundbuch voraus. Während das materielle
2 Recht vom Grundsatz der Einigung beherrscht wird, gilt im Grundbuchrecht das sog. formelle Konsensprinzip; hiernach genügt für die Eintragung einer Rechtsänderung, Löschung oder Eintragung einer Grundbuchberichtigung der Nachweis der einseitigen Bewilligung des von der Eintragung Betroffenen, 19 GBO. Betroffen ist, wessen Rechtsstellung durch die bewilligte Eintragung rechtlich, nicht nur wirtschaftlich, unmittelbar oder mittelbar, beeinträchtigt wird oder werden kann (vgl. Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 10. Aufl. 1993, Rn. 100). Als Verfahrenserklärung schafft die Bewilligung die Entscheidungsgrundlage für Vornahme der rechtsändernden oder berichtigenden Eintragung. Berechtigt zur Vornahme dieser Verfahrenserklärung für rechtsändernde Eintragung ist der Rechtsinhaber; er kann die rechtsändernde Grundbucheintragung gestatten (vgl. z. B. BayObLG 1988, S. 229/231). Das ist der Eigentümer, Gläubiger oder Berechtigte eines Rechts an dem Grundstück oder eines Rechts an einem Grundstücksrecht, dessen Rechtsstellung mit Eintragung durch rechtsgeschäftliche Verfügung übertragen, inhaltlich verändert, durch Belastung mit dem Recht eines Dritten beschränkt oder mit Löschung aufgehoben werden soll. Verfahrensrechtlich legitimiert wird der Berechtigte mit Voreintragung nach dem Inhalt des Grundbuchs. Von dem durch diese Verfahrensgrundlage legitimierten Bewilligungsbefugten ist daher nicht weiter nachzuweisen, daß er als Betroffener zur Erklärung der für rechtsändernde Eintragung erforderlichen Bewilligung befugt ist. Problematisch ist im vorliegenden Fall jedoch, daß als Berechtigter eine juristische Person unter einer nicht existenten Firma im Grundbuch eingetragen ist. Das Grundbuch ist daher insoweit unrichtig. Um die Löschung der im Grundbuch eingetragenen Zwangssicherungshypothek zu erreichen, muß daher zunächst dem Grundbuchamt der richtige Firmenname des Berechtigten nachgewiesen werden. Für die Fälle der Unrichtigkeit des Grundbuchs läßt 22 GBO als Ausnahme zu 19 GBO zur Erleichterung des Grundbuchverkehrs den Nachweis der Unrichtigkeit genügen, da ein starres Festhalten am Bewilligungsgrundsatz die Grundbuchberichtigung verhindern oder verzögern könnte (Ertl, in: Kuntze/Ertl/Hermann/Eickmann, Grundbuchrecht, 4. Aufl. 1991, 22 Rn. 5). 22 GBO muß jedoch auf das materielle Recht zurückgreifen und setzt daher eine Unrichtigkeit im Sinn des 894 BGB voraus, die sich mit dem in 892 BGB verwendeten Begriff der Unrichtigkeit deckt (Ertl, in: Kuntze/Ertl/Hermann/Eickmann, a. a. O., 22 Rn. 7). Diese liegt jedoch nur vor, wenn die durch den Grundbuchinhalt dargestellte Rechtslage nach Rechtsbestand, Rechtsinhalt und Rechtsinhaber nicht mit der wirklichen Rechtslage übereinstimmt (Palandt/Bassenge, BGB, 55. Aufl. 1996, 894 Rn. 2). Die Berichtigung rein tatsächlicher Angaben fällt dagegen nicht unter 22 GBO (vgl. Demharter, Grundbuchordnung, 21. Aufl. 1995, 22 Rn. 22). Hierzu zählt auch die Richtigstellung der Bezeichnung des Berechtigten, die seine Identität unverändert läßt (vgl. Ertl, in: Kuntze/Ertl/Hermann/Eickmann, a. a. O., 22 Rn. 13). Darunter sind reine Namensberichtigungen zu verstehen (z.b. wegen Heirat o.ä.), aber auch Firmenänderungen und Umwandlungen der Rechtsform von
3 Gesellschaften, soweit dadurch nicht die Identität der Gesellschaft verändert wird, sowie die Anpassung einer nicht mehr zutreffenden Firmenbezeichnung an die Wirklichkeit (vgl. die Nachweise bei Ertl, in: Kuntze/Ertl/Hermann/Eickmann, a. a. O., 22 Rn. 13). Die Richtigstellung erfolgt von Amts wegen, wobei ein Nachweis in der Form des 29 GBO nicht erforderlich ist; vielmehr kann das Grundbuchamt auf jede ihm genügend erscheinende Art (= Strengbeweis) seine Überzeugung von der Veränderung gewinnen (Böttcher, in: Meikel, Grundbuchrecht, Bd. 2, 7. Aufl. 1988, 22 Rn. 77). Dies muß u. E. auch dann gelten, wenn ein Berechtigter mit unrichtiger Firmierung im Grundbuch fälschlich eingetragen worden ist. Es kann keinen Unterschied machen, ob die Firmenbezeichnung durch zeitlich nach der Grundbucheintragung liegende Umstände unrichtig wird oder aufgrund bestimmter Umstände von Anfang an unrichtig in das Grundbuch eingetragen wird. 2. Eine Möglichkeit, dem Grundbuchamt gegenüber die falsche Firmierung nachzuweisen, liegt in der Berichtigung des rechtskräftigen Versäumnisurteils. Gemäß 319 Abs. 1 ZPO sind Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen. Unrichtig im Sinn von 319 Abs. 1 ZPO ist eine Erklärung, wenn das Gewollte in ihr nicht zutreffend zum Ausdruck gebracht wird; der Fehler muß also bei der Verlautbarung des Willens unterlaufen sein (vgl. BGH NJW 1985, S. 742). Eine nach 319 ZPO zu berichtigende Unrichtigkeit muß offenbar sein. Dieser Anforderung wird jedenfalls dann entsprochen, wenn sich bereits unmittelbar aus dem Urteil selbst die Unrichtigkeit feststellen läßt. Darüber hinaus ist jedoch auch ausreichend, daß das Versehen durch die Vorgänge bei Erlaß und Verkündung des Urteils evident gemacht wird. Wenn auch nicht zu verlangen ist, daß jeder beliebige Dritte in der Lage sein muß, den Fehler festzustellen, so muß doch zumindest für die Parteien aufgrund der ihnen ohne weiteres zugänglichen Informationsquellen nachvollziehbar sein, daß das Urteil eine Unrichtigkeit aufweist. Maßstab für die Offenkundigkeit des Fehlers sind also nicht die Erkenntnismöglichkeiten irgendeines Betrachters, sondern eines am Verfahren Beteiligten, wobei insbesondere bei Vorgängen, die nur Rechtskundigen begreiflich sind, ein entsprechender sachkundiger Rat vorausgesetzt werden darf (vgl. zum Ganzen Musielak, in: MünchKommZPO, 1992, 319 Rn. 7). Nach 319 ZPO können grundsätzlich Fehler im Rubrum wie die unrichtige Bezeichnung der Richter, der Prozeßbevollmächtigten oder der Parteien berichtigt werden; Voraussetzung für die Berichtigung der Angaben über die Partei ist jedoch, daß die Identität gewahrt bleibt (vgl. MünchKomm-Musielak, ZPO, a. a. O., 319 Rn. 8; Leipold, in: Stein-Jonas, ZPO, 20. Aufl. 1989, 319 Rn. 9; jeweils m. w. N.). So wurde von der Rechtsprechung insbesondere eine Berichtigung nach 319 ZPO für zulässig gehalten bei Berichtigung einer vom Kläger verursachten unrichtigen Firmenbezeichnung der Beklagten (OLG Köln NJW 1964, S. 2424), Berichtigung einer bisher im Rubrum genannten und im Handelsregister nicht eingetragenen
4 Firma durch Hinzufügen des Namens ihres Inhabers (KG JR 1950, S. 602) oder der Berichtigung der Firma eines Einzelkaufmanns durch dessen Namen (OLG Hamburg OLGZ 23, S. 172) oder Berichtigung der Firmenbezeichnung, wenn eine Handelsgesellschaft vor Klageerhebung ihre Rechtsform änderte und unter der früheren Firma den Prozeß führte (OLG Düsseldorf Versicherungsrecht 1977, S. 260). Die Berichtigung nach 319 ZPO ist von dem Gericht vorzunehmen, das das zu korrigierende Urteil erlassen hat (MünchKomm-Musielak, ZPO, a. a. O., 319 Rn. 11). Die Berichtigung kann sowohl auf Antrag als auch von Amts wegen erfolgen, und zwar jederzeit, also auch nach Einlegung eines Rechtsmittels oder nach der Rechtskraft des Urteils (vgl. Stein-Jonas/Leipold, a. a. O., 319 Rn. 10). Der Antrag ist frist- und formfrei. Er kann auch durch schriftliches Gesuch erfolgen, das vor den Kollegialgerichten dem Anwaltszwang unterliegt, 78 ZPO. Das von der Partei selbst eingereichte Gesuch kann jedoch Anlaß zu einer Berichtigung von Amts wegen geben (vgl. Stein-Jonas/Leipold, a. a. O., 319 Rn. 11). Die Entscheidung ergeht als Beschluß, der nach 329 ZPO zu verkünden bzw. den Parteien von Amts wegen mitzuteilen ist, und zwar im Falle der Berichtigung durch förmliche Zustellung. Der Beschluß, der die Berichtigung ausspricht, ist auf der Urschrift und auf den Ausfertigungen des Urteils zu vermerken, 319 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Hierzu sind die den Parteien ausgehändigten Ausfertigungen von Amts wegen durch die Geschäftsstelle einzufordern (vgl. Stein-Jonas/Leipold, a. a. O., 319 Rn. 12). Durch Vorlage einer entsprechend berichtigten Ausfertigung kann dem Grundbuchamt gegenüber die richtige Firmierung nachgewiesen und damit die Grundlage für eine Richtigstellung des Grundbuch geschaffen werden; auf dieser Grundlage kann das Grundbuchamt die Löschung der Zwangssicherungshypothek aufgrund der vorliegenden Bewilligung vornehmen. 3. Eine weitere Möglichkeit, dem Grundbuchamt Überzeugung von der Unrichtigkeit zu vermitteln, könnte in der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung seitens des handelnden Geschäftsführers liegen, in der dieser versichert, daß es eine Gesellschaft mit der im Grundbuch eingetragenen oder einer ähnlichen Firmierung nicht gibt und die Klage von der Gesellschaft mit der im Handelsregister eingetragenen Firmierung erhoben wurde; dies könnte ggf. flankiert werden durch eine entsprechende Bestätigung des Registergerichts. Zwar verlangen die Prinzipien des Strengbeweises und der Beweismittelbeschränkung im Grundbuchverfahren, daß alle Eintragungsunterlagen durch öffentliche Urkunden nachzuweisen sind. Alle sonstigen nach 12 FGG in der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugelassenen Beweismittel der ZPO sind im Grundbuchverfahren ausgeschlossen (vgl. Meikel/Brambring, a. a. O., 29 Rn. 300). Gleichwohl ist anerkannt, daß Ausnahmen von dem Grundsatz zuzulassen sind, daß
5 alle Eintragungsvoraussetzungen dem Grundbuchamt in der strengen und sicheren Form des Urkundenbeweises nachgewiesen sein müssen. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen sich der Antragsteller in einer Beweisnot befindet, also Tatsachen nachweisen muß, die durch öffentliche Urkunden in der Form des 29 Abs. 1 Satz 2 GBO nicht nachgewiesen werden können. Befindet sich der Antragsteller in einer objektiven Beweisnot, kann er also die nachzuweisende Tatsache nicht durch eine öffentliche Urkunde belegen, so hat das Grundbuchamt dem Umstand dadurch Rechnung zu tragen, daß es entweder auch nichturkundliche Beweise zuläßt oder aber Erfahrungssätze heranzieht und in freier Würdigung aller ihm bekannten Tatsachen die vorliegenden Eintragungsvoraussetzungen prüft und feststellt (vgl. Meikel/Brambring, a. a. O., 29 Rn. 301). Auch nach Auffassung Eickmanns (Grundbuchverfahrensrecht, 3. Aufl. 1994, 2 IV 2) gilt in Amtsverfahren - wie hier (vgl. Meikel/Böttcher, a. a. O., 22 Rn. 77) - 12 FGG, so daß das Grundbuchamt hier alle Beweismittel ausschöpfen kann. In formlosen Beweisverfahren kann das Gericht als Beweismittel auch eidesstattliche Versicherungen von Zeugen und sogar von Beteiligten entgegennehmen (vgl. Amelung, in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Teil A, Kommentar zum FGG, 13. Aufl. 1992, 12 Rn. 177). Der Beweiswert einer eidesstattlichen Versicherung ist vom Gericht frei zu würdigen. Diese Möglichkeit, welche das u. U. langwierige Rubrumsberichtigungsverfahren vermeidet, sollte aber mit dem Grundbuchamt abgesprochen werden, da das Grundbuchamt bei der Entscheidung darüber, ob es die eidesstattliche Versicherung (und ggf. die Bestätigung des Handelsregisters, daß eine Firma wie in dem Versäumnisurteil bezeichnet, nicht existiert) als ausreichenden Nachweis anerkennt, einen Beurteilungsspielraum hat. Dieses Gutachten ist nicht zur Weitergabe an Dritte bestimmt.
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