Dynamische Modelle: Stabilität und Interpretation
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- Lorenz Gerhardt
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1 1 / 25 Dynamische Modelle: Stabilität und Interpretation Kapitel 17 Angewandte Ökonometrie / Ökonometrie III Michael Hauser
2 2 / 25 Inhalt Kurz- und langfristige Effekte Einmalige Änderung in X Permanente Änderung in X Langfristiges Gleichgewicht Wahl der Lagstruktur Adaptive Erwartungen Anpassungsmodell
3 3 / 25 ADL(1,1) rekursiv und explizit Das ADL(1,1) hat die rekursive Darstellung Y t = α + α 1 Y t 1 + β 0 X t + β 1 X t 1 + u t Im Vergleich dazu läßt sich ein AR(1), Y t = α + α 1 Y t 1 + v t, darstellen als Y t α 1 Y t 1 = α + v t bzw. (1 α 1 L)Y t = α + v t und durch Division mit (1 α 1 L), α 1 < 1 und da α/(1 α 1 L) = α/(1 α 1 ) Y t = (α + v t )/(1 α 1 L) = (α + v t )(1 + α 1 L + α 2 1 L2 +...) Y t = α/(1 α 1 ) + (1 + α 1 L + α 2 1 L2 +...)v t Angewendet auf das ADL mit v t = β 0 X t + β 1 X t 1 + u t
4 4 / 25 Dynamic response: einmalige Änderung in X Y t = α/(1 α 1 ) + (1 + α 1 L + α 2 1 L2 +...)(β 0 X t + β 1 X t 1 + u t ) Wir betrachten den Einfluss einer einmaligen Änderung (impulse) in X t (c.p.) um eine Einheit auf Y t+i. Das ist die partielle Ableitung von Y t+i nach X t bzw. Y t nach X t i. Der kontemporäre Effekt, i = 0: Y t / X t = β 0
5 5 / 25 Dynamic response: einmalige Änderung in X Der kurz- bzw. mittelfristige Effekt, i > 0: Y t+1 / X t = Y t / X t 1 = β 1 + α 1 β 0 Y t+2 / X t = Y t / X t 2 = α 1 β 1 + α 2 1 β 0... Y t+i / X t = Y t / X t i = α i 1 1 (β 1 + α 1 β 0 ) Eine einmalige Änderung in X heute bewirkt eine Änderung von α i 1 1 (β 1 + α 1 β 0 ) in Y i Perioden in der Zukunft. Eine einmalige Änderung in X vor i Perioden hat auf das heutige Y die gleiche Auswirkung.
6 6 / 25 Dynamic response: einmalige Änderung in X Der langfristige Effekt, i : Langfristig geht der Einfluß gegen null, da α 1 < 1. Wir nennen impusle response function, IRF. Y t / X t i
7 Dynamic response: permanente Änderung in X Ang wir erhöhen X in t um eins und behalten das neue Niveau bei (step). Die Auswirkungen in t sind t + 1 sind Y t / X t Y t / X t + Y t+1 / X t = Y t / X t + Y t / X t 1... t + i sind Wir nennen i i Y t+j / X t = Y t / X t j j=0 j=0 i Y t / X t j j=0 die cumulative impulse response function. 7 / 25
8 8 / 25 Dynamic response: permanente Änderung in X Langfristig, i, wirkt Y t+j / X t = j=0 Y t / X t j j=0 Für den ADL(1,1) gilt Y t / X t j = β 0 + α j 1 1 (β 1 + α 1 β 0 ) = (β 0 + β 1 ) (1 α 1 ) j=0 j=1 Die Summe existiert wiederum, solange α 1 < 1 ist.
9 9 / 25 Dynamic response: permanente Änderung in X Der langfristige Effekt einer permanenten Veränderung von X um eine Einheit ist die Summe aller kurz- bzw. mittelfristigen Effekte aus einmaligen Änderungen. Den langfristigen Effekt einer permanenten Änderung Beziehung in X erhält man auch aus der langfristigen Beziehung zwischen Y und X. Wir setzen Y t = Ȳ = const, X t = X = const, t und erhalten im ADL(1,1) (vgl. das ECM in K16) Ȳ = α/(1 α 1 ) + (β 0 + β 1 )/(1 α 1 ) X Das ist die statische Gleichgewichtsbeziehung. Der Koeffizient vor X ist der langfristige Multiplikator.
10 10 / 25 Bsp für einmalige und permanente Änderungen Einige Beispiele für temporäre Änderungen sind: Verschrottungsprämie für PKW in DE 2009 Autofreier Tag nach Ölpreisschock 1974 Einmalzahlungen bei der Pension einmalige vorzeitige Abschreibungen Einige Beispiele für permanente Änderungen sind: Zinssatzsteuerung durch die Zentralbank Steuererhöhungen Ölpreis schocks (sind i.a. permanent)
11 11 / 25 DL(s) Im DL(s) Modell Y t = α + β 0 X t β s X t s + u t ist das statische GGW Ȳ = α + (β β s ) X Die kurzfristigen Multiplikatoren sind Y t+j / X t = Y t / X t j = { β j j = 0,..., s 0 j > s
12 12 / 25 DL(s), durchschnittliche Verzögerung Die durchschnittliche Verzögerung der Reaktion von Y auf eine permanente Veränderung in X ist die gewichtetet Summe der Lags. Für das DL(s) sind die Gewichte sofern alle β i 0. Die Partialsumme i w i w i 0 i=0 w i = β i /(β β s ) und w i = 0 i > s k i=0 ist die kumulierte Anpassung bis zum Lag k. w i
13 13 / 25 Koyck-Lag, 0 < λ < 1, dynamic responses Der Koyck-Lag hat folgende explizite bzw. rekursive Darstellung Y t = α + β(1 λ) λ i X t i + u t Y t = α(1 λ) + λy t 1 + β(1 λ)x t + v t Die dynamic responses einer einmaligen Veränderung in X, i 0 Y t+i / X t = Y t / X t i = β(1 λ)λ i Sie klingen geometrisch ab. i=0
14 14 / 25 Koyck-Lag, 0 < λ < 1, durchschnittl. Lag Da 0 λi = 1/(1 λ), sind die Gewichte der Lags w i = (1 λ)λ i. Der durchschnittliche Lag einer einmaligen Veränderung in X ist in Beobachtungsperioden gemessen: i w i = λ/(1 λ) 0 Tabelle: λ Werte und die durchschnittliche Anpassungsdauer λ λ/(1 λ) Kleine λ bedeuten eine schnelle Anpassung, große eine langsame.
15 15 / 25 Koyck: Beispiel Die Schätzung einer Konsumfunktion für österreichische Jahresdaten ( ) ergibt Ĉ t = C t Y d t Ein Vergleich mit der rekursiven Darstellung des Koyck-Modells: α(1 λ) = 3.477, λ = und β(1 λ) = Daher ist α = , λ = 0.766, β = 1.111(!) Der durchschnittliche Lag, λ/(1 λ), beträgt daher 3.27 Jahre. Eine (einmalige) Veränderung im disponiblen Einkommen wirkt mit einer durchschnittlichen Verzögerung von 3 Jahren und 1 Quartal auf den privaten Konsum.
16 Wahl der Lagstruktur 16 / 25
17 17 / 25 Wahl von Lagstruktur: DL(s) Wählt man in kleinen Stichproben s zu groß, werden die Freiheitsgrade für die Tests sehr klein. Damit werden die Tests anfälliger gegenüber Abweichungen von der Annahme der Normalverteilung für die Residuen. Die Standardfehler werden größer und damit die Macht der Tests geringer. Wenn die x-variablen Trend-behaftet oder hoch autokorreliert sind, tritt möglicherweise das Problem der Multikollinerität auf. s ist i.a. nicht bekannt. Üblicherweise geht man so vor, dass die Ordnung s mit Hilfe eines Informationskriteriums gewählt wird. D.h. man schätzt alle Modelle mit s-werten kleiner einem maximalen s, und wählt dann das Modell mit dem kleinsten AIC oder SBC.
18 Einfache Erwartungsbildung 18 / 25
19 19 / 25 Adaptive Erwartungen Ein einfaches Modell für die Erwartungsbildung basierend auf univariater historischer Information sind adaptive Erwartungen, 0 < λ < 1. bzw. Xt+1 e = λx t e + (1 λ)x t (X e t+1 X e t ) = (1 λ)(x t X e t ) Die Erwartungen werden proportional zum Fehler aus der Vorperiode angepasst. Die explizite Darstellung ist vergleichbar einem AR( ). X e t+1 = (1 λ)[x t + λx t 1 + λ 2 X t ]
20 20 / 25 Adaptive Erwartungen Die Erwartung X e wird nicht beobachtet. Sie kann für eine gewähltes λ konstruiert werden, oder es wird die explizite Darstellung in ein Regressionsmodell Y t = a + bx e t+1 + u t eingesetzt und die rekursive Darstellung Y t = a + b(1 λ)[x t + λx t 1 + λ 2 X t ] + u t Y t = a(1 λ) + λy t 1 + b(1 λ)x t + v t ermittelt. (v t ist kein White Noise.) Damit kann das λ aus vorliegenden Daten geschätzt werden.
21 21 / 25 Naive Erwartungen Ist λ = 0, so heißen die Erwartungen naiv. X e t+1 = X t Die Prognose für morgen ist der heutige Wert. Gehorcht X einem Random Walk (ohne Drift), ist diese Erwartungsbildung optimal. u t weißes Rauschen. X t = X t 1 + u t
22 Partielle Anpassung, Anpassungsmodell 22 / 25
23 23 / 25 Partielle Anpassung Das Anpassungsmodell hat seine Motivation in geplanten Entscheidungen, die sich nicht sofort zur Gänze realisieren lassen, z.b. gewünschter Lagerbestand, gew. Kapitalstock. Angenommen der gewünschte Lagerbestand, K, hängt vom laufenden Umsatz, S t, ab. = α + βs t K t Da der Lagerauf-/abbau eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, kann nur ein Teil, δ%, davon realisiert werden. (u ist WN.) K t K t 1 = δ(k t δ heißt Anpassungsparameter, 0 < δ < 1. K t 1 ) + u t
24 24 / 25 Partielle Anpassung K selbst ist nicht beobachtbar. Wir setzen das obige Verhaltensmodell dafür ein. ergibt mit a = δα und b = δβ. K t K t 1 = δ([α + βs t ] K t 1 ) + u t, K t = a + bs t δk t 1 + u t Aus der Schätzung der Gleichung können wir alle Strukturparameter, α, β und δ bestimmen.
25 25 / 25 Übungsbeispiele B17.1: Wie Hackl 17.A.1: 1.a,b,d aber mit Datensatz ifo_g_klima.wf1 und r5 wird durch ein DL(s)-Modell von r4 bestimmt. Dabei verwenden sie nur Halbjahres-Lags: 6, 12, 18, 24, 30, 36, und das SBC. Hackl 17.A.2: 1.,4. B17.2: Zeigen sie, dass das adaptive Erwartungsmodell die beste Prognose für einen ARIMA(0,1,1) Prozess gibt. X t = c + u t + βu t 1 Hinweis: E t 1 X t = Xt e, wenn X t = Xt e + u t mit u t weißes Rauschen. B17.3: Schreiben sie das partielle Anpassungsmodell in Niveaus, K t, an. Angenommen sie haben die reduzierte Form geschätzt. Wie lauten die Strukturparameter?
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