REDEZUGINTERNE BEARBEITUNGSSTRATEGIEN

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1 Wissenschaftliche Arbeit für das Staatsexamen am Deutschen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg REDEZUGINTERNE BEARBEITUNGSSTRATEGIEN FÜR LEXIKALISIERUNGSPROBLEME BEI APHASIE Prüfer: Prof. Dr. P. Auer vorgelegt von Anna Campagna Merzhauserstraße Freiburg WS 2004/05 Die vorliegende Arbeit wurde zunächst als Staatsexamensarbeit, dann als Magisterarbeit eingereicht und anerkannt

2 VORWORT An dieser Stelle möchte ich mich von Herzen bei denjenigen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Mein herzlicher Dank gilt den aphasischen Projektteilnehmern, die mir Einblicke in ihre privaten Kommunikationssituationen gewährt haben und deren Daten ich für meine Arbeit verwenden durfte.... Herrn Prof. Dr. Peter Auer für die engagierte wissenschaftliche Betreuung meiner Arbeit und das mir in sechs Semestern Projektarbeit entgegengebrachte Vertrauen.... Herrn Prof. Dr. Jürgen Dittman für die freundliche Übernahme des Zweitgutachtens.... Geli Bauer für ihre unermüdliche Bereitschaft, mir wissenschaftlich und menschlich zur Seite zu stehen. Von ihrer exzellenten Beratung konnte ich in jeder Hinsicht profitieren.... Florian für seine Betratung in psycholinguistischen Fragen und die schöne Zeit im Projekt.... meiner Mutter und meinem Papà; grazie d aver creduto sempre in me e d avermi sostenuto (non solo) nei miei studi.... Cathrin, Claudio und Dani für die große Hilfe beim Korrekturlesen und die emotionalen Aufmunterungen. È fatto!!!... meinem Schatz Thorsten für die großartige Unterstützung. Danke, dass Du immer für mich da bist und (fast) alle meinen Launen erträgst.... last but not least meinem isländischen Freund Tìgull, der mit mir geduldig durch Wälder und Wiesen trabt und mir jedes Mal so viel Freude und Entspannung schenkt. Vielen Dank! 1

3 INHALT Seite I. EINLEITUNG 4 II. THEORETISCHE GRUNDLAGEN 7 II.1 Aphasien 7 II.1.1 Aphasische Symptome 8 II.1.2 Aphasieforschung und Aphasietherapieforschung 11 II Klinisch-neurologischer Ansatz 12 II Kognitiv-neurolinguistischer Ansatz 15 II Psycho-sozialer Ansatz 16 II Pragmatisch-orientierter Ansatz 18 II.2 Konversationsanalyse 21 II.2.1 Entstehung und Zielsetzung 22 II.2.2 Prinzipien und Vorgehensweisen 23 II.2.3 Interaktionsstrukturen 26 II Sprecherwechsel und Präferenzorganisation 26 II Sequentielle Organisation 29 II Rezipientenspezifischer Zuschnitt 30 II Reparaturen 31 II.3 Aphasische Kommunikation 34 II.3.1 Konversationsanalytische Aphasieforschung 34 II.3.2 Ergebnisse der Konversationsanalyse 36 II Interaktionsstrukturen 36 II Nonverbale Kommunikation 40 II Psychosoziale Relevanz 42 II.3.3 Zusammenfassung 44 II.4 Lexikalisierungsprobleme 46 II.4.1 Lexikalisierungsprobleme im Gespräch 48 II.4.2 Redezuginterne Reparaturen 49 II Prä- und postinitiierte Selbstreparaturen 51 II Forschungsstand 54 III. EMPIRISCHE ANALYSE 61 III.1 Methodisches Vorgehen 61 III.1.1 Datenerhebung 61 III Teilnehmerdaten 62 III Aufnahmedaten 63 2

4 III.1.2 Korpusauswahl 65 III.1.3 Analyseverfahren 67 III.2 Bearbeitungsstrategien 68 III.2.1 Bearbeitungstechniken bei offener Wortsuche 68 III Syntaktische Approximation 74 III Semantische Approximation 77 III Phonologische Approximation 82 III Interne Substitution 85 III Gesten in der Wortsuche 92 III.2.2 Stille Wortsuche 97 III.2.3 Beendigungstechniken bei Wortsuchen 104 III Finale Substitution 105 III Themenwechsel 107 III Partizipationswechsel 109 III.3 Übgehungsstrategien 116 III.3.1 (Gefüllte) Lücke 116 III.3.2 Initiale Substitution 122 III.4 Zusammenfassung der Ergebnisse 134 IV. DISKUSSION UND AUSBLICK 138 V. ABBILDUNGSVERZEICHNIS 141 VI. BIBLIOGRAPHIE 142 VII. ANHANG: Videoausschnitte der Beispielsequenzen 153 3

5 I. EINLEITUNG Die Soziologen und Kommunikationsforscher Emanuel A. Schegloff, Gail Jefferson und Harvey Sacks haben die soziale Funktion der menschlichen Sprache auf folgende Formel gebracht: Language is a vehicle for the living of real lifes with real interests in a real world (Schegloff et al. 1977: 381). Was bedeutet es für ein Individuum und sein soziales Umfeld, wenn gerade dieses Vehikel Sprache geschädigt ist? In Deutschland leiden derzeit etwa Menschen an einer Aphasie, jährlich kommen ca Neubetroffene hinzu. 1 Diese Menschen werden plötzlich und unvorbereitet mit sprachlichen und kommunikativen Beeinträchtigungen konfrontiert. In der Interaktion mit ihren Mitmenschen stoßen sie auf Hindernisse, die gemeinsam überwunden werden müssen, damit ein wirkliches Leben und das Verfolgen wirklicher Interessen in einer realen Welt möglich bleibt. Um mit den veränderten Rahmenbedingungen leben zu können und eine neue Normalität entstehen zu lassen, entwickeln Betroffene und ihre Angehörigen adaptive Strategien, mit denen sie die von der Aphasie verursachten Schwierigkeiten interaktiv managen. Die Erforschung solcher kommunikativer Strategien ist Ziel eines DFG-Projekts an der Universität Freiburg. In dem Projekt Adaptationsstrategien in der familiären Kommunikation zwischen Aphasikern und ihren Ehepartnern unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Auer und Angelika Bauer wurden zehn Familien, in denen je ein Angehöriger von Aphasie betroffen ist, von der Rückkehr des Aphasikers aus der Rehabilitationsklinik an über einen Zeitraum von zwölf Monaten begleitet. Zu fünf festgelegten Zeitpunkten wurden Videoaufnahmen natürlicher Kommunikationssituationen angefertigt, die Grundlage der wissenschaftlichen Untersuchung sind. Die vorliegende Arbeit ist im Rahmen dieses Forschungsprojektes entstanden. Bei der Beobachtung verschiedener Techniken und Praktiken der Adaptation an die Störung hat sich mir die Frage gestellt, wie der Umgang mit Lexikalisierungsproblemen im informellen Gespräch zwischen den Aphasikern und ihren sprachgesunden Partnern organisiert wird. Besonders reizvoll erscheint mir zu analysieren, wie es den Aphasikern trotz ihrer verbalen Defizite gelingt, die zumindest bei Sprachgesunden präferierte Form der redezuginternen Auseinandersetzung mit dem Problem auszuhandeln und durchzuführen. Die globale Fragestellung der Arbeit lautet daher: wie wird die redezuginterne Bearbeitung von Lexikalisierungsproblemen organisiert? 1 Die Angabe ist der Homepage des Landesverbands Aphasie und Schlaganfall Baden-Württemberg e.v. entnommen: 4

6 Diese Fragestellung lässt sich in mehrere untergeordnete Teilfragen untergliedern, die im Rahmen der empirischen Analyse beantwortet werden sollen: 1. Welche rekurrenten, sequentiell organisierten Handlungsmuster liegen vor? 2. Welche Techniken werden innerhalb der Handlungsmuster angewendet? 3. Welche Funktionen und Intentionen sind mit den Handlungsmustern und Techniken verbunden? 4. Wie wird die Interaktion während der Bearbeitung gesteuert? 5. Welche Faktoren bestimmen lokal die Auswahl von Handlungsmustern und Techniken? Die Datengrundlage bilden videographierte Gesprächssauschnitte aus sieben der Projektfamilien, in denen der Aphasiker versucht, Lexikalisierungsprobleme redezugintern zu managen. Als Untersuchungsmethode wurde aufgrund des spezifischen Erkenntnisinteresses die Konversationsanalyse gewählt, mit der die Problembearbeitung in ihrer lokalen, sequentiell-interaktiven und multimedialen Organisation erfasst werden kann. Sie erlaubt es ferner, die einzelne lokale Handlung in ihrem Gesamtzusammenhang, nämlich dem Aphasiemanagement mit seinen psychosozialen Implikationen, zu begreifen. Die Arbeit gliedert sich in vier Teile: neben einer Einleitung (I.) und einer Schlussdiskussion (IV.) besteht sie aus einem theoretischen Grundlagenkapitel (II.) und der empirischen Analyse (III.). Das Grundlagenkapitel gliedert sich in vier Unterkapitel. In II.1 soll ein Einblick in das Forschungsgebiet Aphasie gegeben werden. Dabei werden zunächst das Krankheitsbild definiert (II.1) und die Symptome dargelegt, in denen sich die Störung manifestiert (II.1.1). Anschließend werden vier grundlegende Ansätze der Aphasie- und Aphasietherapieforschung vorgestellt, die in der aktuellen Diskussion eine Rolle spielen (II.1.2). Das zweite Unterkapitel (II.2) bietet Einblicke in Methoden und Ergebnisse der Konversationsanalyse. Das Augenmerk liegt hier vor allem auf den Aspekten des Sprecherwechsels und der Präferenzorganisation (II.2.3.1), der sequentiellen Organisation von Interaktion (II.2.3.2), dem rezipientenspezifischen Zuschnitt (II.2.3.3) sowie den Reparaturmechanismen (II.2.3.4). Das dritte Unterkapitel (II.3) versucht, die vorangegangenen Kapitel zusammenzuführen. Es behandelt die Besonderheiten aphasischer Kommunikation und legt grundlegende Ergebnisse der konversationsanalytischen Aphasieforschung dar. Das vierte Unterkapitel (II.4) beschäftigt sich mit dem Interaktionshindernis, das im Fokus der Arbeit steht: Lexikalisierungsprobleme. Das Interesse gilt der Bedeutung von Lexikalisierungsproblemen im Gespräch (II.4.1). Anschließend wird ein Einblick in die Praxis redezuginterner 5

7 Reparaturen gegeben (II.4.2). Abgeschlossen wird der Grundlagenteil mit der Darstellung des Forschungsstandes bezüglich aphasischer Selbstreparaturen. Der empirische Teil der Arbeit ist in drei Unterkapitel geteilt. Das erste Unterkapitel (III.1) gibt Aufschluss über die methodische Vorgehensweise. Die eigentliche Analyse erfolgt in den beiden folgenden Unterkapiteln. In III.2 werden zwei Handlungsmuster und ihre sequentielle Organisation analysiert, mittels derer Lexikalisierungsprobleme bearbeitet werden: die offene Wortsuche (III.2.1) und die stille Wortsuche (III.2.2). Innerhalb der offenen Wortsuche werden eine Vielzahl an Bearbeitungstechniken untersucht. Im Anschluss daran werden Techniken, die zur Beendigung einer Wortsuche gebraucht werden, analysiert. Das dritte Unterkapitel (III.3) bietet Erkenntnisse über zwei Techniken, die im Rahmen von Strategien des Übergehens verwendet werden: die initiale Substitution (III.3.1) und die (gefüllte) Lücke (III.3.2). Sie bieten neben der Bearbeitung eine weitere Möglichkeit des Problemmanagements. Das letzte Unterkapitel (III.4) sammelt die Ergebnisse der empirischen Analyse und fasst sie graphisch zusammen. Ihre Diskussion erfolgt im Schlusskapitel (IV.). 6

8 II. Theoretische Grundlagen II.1 Aphasien Aphasien sind in Folge von Hirnerkrankungen erworbene zentrale Sprachstörungen, die linguistisch als Beeinträchtigung in den verschiedenen Komponenten des Sprachsystems (Phonologie, Lexikon, Syntax und Semantik) zu beschreiben sind (Huber, Poeck & Weniger 1997: 80). 2 Sie treten nach abgeschlossenem Erstspracherwerb auf. 3 Betroffen sind alle expressiven und rezeptiven Modalitäten, also Sprechen, Schreiben, Verstehen und Lesen. 4 Im Gegensatz zu den sprachlichen Leistungen sind Intelligenz und Gedächtnis weitgehend unbeeinträchtigt. Auch die allgemeinen kommunikativen Fähigkeiten sind nicht gestört, weshalb häufig die Auffassung vertreten wird, dass Aphasiker besser kommunizieren als sie sprechen (Holland 1977: 173; Feyereisen 1991). Medizinische Ursache für Aphasien ist eine plötzlich auftretende, räumlich begrenzte Schädigung von sprachrelevanten Arealen der Großhirnrinde, die bei den meisten Menschen um die Lateralfurche/Sylvische Furche (Sulcus lateralis/sylviii) der linken Hemisphäre angeordnet sind. In den häufigsten Fällen werden sie durch eine akute Durchblutungsstörung (zerebrale Ischämie) ausgelöst. Hier sind typischerweise die Versorgungsgebiete der Arteria celebri media und ihrer Äste betroffen (Tesak 1997: 43). Huber et al. (1997: 84) nennen zerebrale Gefäßinsulte (Schlaganfälle), Hirnverletzungen (Schädel-Hirn-Traumata), Hirngeschwulste (Tumore), Hirnentzündungen (Enzephalitiden) und Hirnabbauprozesse als Krankheitsursachen. Je nach Ausmaß und Lokalisierung der Schädigung innerhalb der Sprachregion treten verschieden ausgeprägte Symptome auf. Aphasien sind gegenüber sprechmotorischen Störungen, also der Dysarthrie und der Sprechapraxie, abzugrenzen. Bei der Dysarthrie ist die neuronale Kontrolle über Artikulation, Sprechatmung und Phonation beeinträchtigt, d.h. die Sprechmuskulatur ist gestört. Bei schweren Dysarthrien liegen häufig auch Kau- und Schluckstörungen vor (Schlenck & Schupp 2001: ). Bei der Sprechapraxie ist nicht die Beweglichkeit der artikulatorischen Motorik selbst gestört, sondern die Auswahl der jeweils benötigten Bewegungsabfolge. Es kommt daher häufig zu Fehlern in der Artikulation und der linearen Abfolge einzelner Laute sowie zu artikulatorischem Suchverhalten (Schlenck & Schupp 2001: 2 Eine allgemeingültige Definition von Aphasie liegt bis heute nicht vor (vgl. die Diskussion bei Tesak 1997: 1-4). In dieser Arbeit wird die für den deutschsprachigen Raum ausschlaggebende Definition von Huber et al. (1997) zugrunde gelegt. 3 Zu Sprachstörungen im Kindesalter, den sogenannten 'kindlichen' Aphasien, vgl. Huber et al. (1997): 83f. 4 Wenngleich aphasische Störungen grundsätzlich supramodaler Natur sind, kann die Intensität der Störungen zwischen expressiven und rezeptiven Modalitäten sowie zwischen gesprochener und geschriebener Sprache stark variieren (vgl. z.b. Schlenck 1997). 7

9 167). Liegen bei einem Patienten gleichzeitig Aphasie, Dysarthrie und/oder Sprechapraxie vor, so ist eine klare Abgrenzung der einzelnen Symptome oft nur schwer möglich. II.1.1 Aphasische Symptome Die aphasische Störung der Sprachverarbeitung führt zu Symptomen auf allen sprachlichen Ebenen. In der Regel weisen Aphasiker verschieden geschnürte Symptombündel auf (Tesak 1997: 6). In diesem Kapitel soll die Aufmerksamkeit auf charakteristische Störungen in der aphasischen Spontansprache gerichtet werden, also auf Phänomene, die im Gespräch produziert werden. Rezeptive sowie schriftsprachliche Beeinträchtigungen werden ausgeklammert. Die Zuordnung der Symptome zu den einzelnen linguistischen Ebenen ist nicht immer so eindeutig, wie hier suggeriert wird. 5 Da eine Unterteilung in Hinblick auf die Verankerung der Störungen innerhalb kognitiver Strukturen aufschlussreich sein kann, soll sie hier trotzdem vorgenommen werden. Phonologie Phonologische Störungen umfassen Abweichungen in der Laut- und Silbenstruktur sowie der Prosodie. Bei schweren Aphasien kann überdies das Phoneminventar eingeschränkt und verändert sein. Umstellungen, Ersetzungen, Hinzufügungen oder Auslassungen von Phonemen werden als phonematische Paraphasien bezeichnet (vgl. z.b. Dittmann 1991). Der Einfluss des phonologischen Kontextes konnte für Antizipationen und Perseverationen einzelner Phoneme nachgewiesen werden (vgl. z.b. Blanken 1998). Handelt es sich bei der geäußerten Paraphasie um ein existierendes Wort, so wird die Bezeichnung formale Paraphasie verwendet. Ist das angesteuerte Zielwort nicht zu identifizieren, so spricht man von phonematischen Neologismen. Die flüssige Aneinanderreihung von phonematischen Paraphasien und phonematischen Neologismen wird phonematischer Jargon genannt. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Silbenzahl und Silbenstruktur bei phonematischen Paraphasien häufig erhalten und phonotaktische Regeln gewahrt bleiben (Tesak 1997: 10). Auf suprasegmentaler Ebene können Abweichungen in allen Bereichen der Prosodie, wie z.b. Intonation, Rhythmus und Akzentuierung, beobachtet werden (Huber et al. 1997: 105). 5 Manche Störungen betreffen gleichzeitig mehrere Sprachebenen. Beispielsweise könnte man sogenannte gemischte Paraphasien sowohl der phonologischen als auch der semantischen Ebene zuordnen. Ähnliches gilt für bestimmte Symptome auf den Ebenen Morphologie und Syntax, die gemeinsam die Störungsbilder des Agrammatismus und des Paragrammatismus konstituieren. Andere Symptome können keiner der Ebenen speziell zugeordnet werden. Sie werden unter der Überschrift weitere Symptome subsummiert. 8

10 Morphologie Im Bereich der Morphologie treten Störungen in Flexion, Derivation und Komposition auf. Wie im Bereich der Phonologie handelt es sich hier überwiegend um Wortformfehler. Abweichungen von morphologischen Regeln, wie z.b. das Auslassen gebundener Morpheme oder die Produktion unkorrekt flektierter oder derivierter Wortformen, werden als morphologische Paraphasien bezeichnet. Grammatisch mögliche, aber semantisch unsinnige Wortzusammensetzungen nennt man morphologische Neologismen. Daneben sind phraseninterne Kongruenzfehler zu beobachten. Die bei einigen Aphasikern nachgewiesenen wortartspezifischen Dissoziationen könnten ebenfalls auf morphologische Störungen zurückzuführen sein (Muckel 1998: 118f). Morphologische Fehlleistungen sind häufig nicht von syntaktischen zu trennen, so dass vielfach von morpho-syntaktischen Abweichungen gesprochen werden muss. Syntax Auf der syntaktischen Ebene sind das Fehlen oder die Ersetzungen obligatorischer grammatischer Elemente, Abweichungen in der Satzstruktur durch Satzstellungsfehler, Satzverschränkungen oder Satzteilverdopplungen sowie Satzabbrüche zu nennen. Ersetzt eine ganze Wortfolge ein Zielwort, so spricht man von einer syntagmatischen Paraphasie. Als syntaktische Hauptsymptome werden meist Agrammatismus und Paragrammatismus bezeichnet, die als Oberbegriffe für spezifische, gemeinsam auftretende syntaktische und morphologische Symptome verwendet werden (Tesak 1997: 15). Agrammatische Äußerungen zeichnen sich durch eine oft stark vereinfachte Syntax (z.b. in Form des sogenannten Telegrammstils) aus, in denen Inhaltswörter dominieren, während Funktionswörter ausgelassen werden. Grammatische Elemente sind unterrepräsentiert und häufig morphologisch nicht wohlgeformt (vgl. zum Agrammatismus z.b. Tesak 1990, 1991). Beim Paragrammatismus werden komplexere syntaktische Strukturen realisiert als beim Agrammatismus. Sie sind typischerweise durch strukturelle Abweichungen charakterisiert, wie Satzteilverdoppelungen oder Satzverschränkungen. Innerhalb einer Äußerung sind Funktionswörter überrepräsentiert. Wie beim Agrammatismus gehören zum Symptombündel des Paragrammatismus neben syntaktischen auch morphologische Fehlleistungen (vgl. zum Paragrammatismus z.b. Schlenck 1991). 9

11 Semantik Störungen auf der Ebene der Semantik äußern sich in Lexikalisierungsproblemen, wobei sowohl die Wortwahl als auch der Wortzugriff beeinträchtig sein können. 6 Bei manchen Patienten sind lediglich bestimmte semantische Kategorien betroffen oder selektiv erhalten (Blanken 1991: 17f). Zugriffsschwierigkeiten zeigen sich häufig in Satzabbrüchen, kommunikativen Ausweichstrategien oder in Wortsuchen, beispielsweise mittels stufenweiser phonematischer, morphologischer oder semantischer Approximation (conduite d approche). Dieses Annäherungsverhalten kann erfolgreich sein, aber auch vom Zielwort wegführen (conduite d ecart) und dann beispielsweise eine Paraphasie zur Folge haben (Joanette, Keller & Lecours 1980; Huber et al. 1997: 121). Man spricht von semantischen Paraphasien, wenn eine semantische Nähe zum Zielwort besteht. Sind gleichzeitig phonologische Bezüge erkennbar, so wird von einer formalen Paraphasie gesprochen (vgl. zu semantischen und formalen Paraphasien z.b. Blanken 1991). Unübliche, aber semantisch interpretierbare Wortformen werden semantische Neologismen genannt, die flüssig artikulierte Aneinanderreihung von Wörtern und Redefloskeln ohne erkennbaren Sinn semantischer Jargon (Tesak 1997: 18). Weitere Symptome Wie weiter oben angemerkt wurde, können nicht alle Symptome einer linguistischen Ebene zugeordnet werden. Dies gilt besonders für repetitive Phänomene wie Echolalie, Stereotype und Automatismen sowie die Erscheinung der Logorrhoe. Echolalie bezeichnet das unabsichtliche aber zwanghafte Wiederholen von Äußerungen des Gesprächspartners mit oder ohne geringen Umformungen (Huber et al. 1997: 105). Unter Stereotypen versteht man inhaltsarme Redewendungen und Floskeln, die von Aphasikern häufig wiederkehrend und situationsadäquat eingesetzt werden. Sie unterscheiden sich von Automatismen (recurring utterances), bei denen kein Kontextbezug mehr erkennbar ist. Letztere bestehen aus formstarren Aneinanderreihungen existierender Wörtern oder Phrasen (lexikalische Automatismen) oder Nicht-Wörtern und Silben (nicht-lexikalische Automatismen), die unter Umständen einen großen Teil der verfügbaren Äußerungen eines Aphasikers bilden (Tesak 1997: 23). Logorrhoe meint die inhaltsarme, aber ungehemmt 6 Vgl. für detailliertere Ausführungen weiter unten, Kapitel II.4. 10

12 überschießende Sprachproduktion, die häufig bei Jargonsprechern anzutreffend ist (Huber et al. 1997: 121). 7 Neuropsychologische Begleitsymptome Mit den genannten sprachlichen Symptomen treten häufig neuropsychologische Begleitsymptome auf. Neben den weiter oben beschriebenen Sprechstörungen (Dysarthrie und Sprechapraxie) können sensorische Wahrnehmungsstörungen (Agnosien) hinzukommen, bei denen vertraute Objekte nicht erfasst werden können. Agnosien sind modalitätsspezifisch und überwiegend optischer Natur (visuelle Agnosie) (Orgass 1989: 207). Eine über die gesprochensprachlichen Symptome herausragende Beeinträchtigung der Schriftsprache kann des Weiteren auf eine spezielle Lesestörung (Alexie) oder Schreibstörung (Agraphie) hinweisen, auffällige Defizite im Rechnen auf eine Rechenstörung (Akalkulie). In einigen Fällen ist das Bewusstsein für die eigene Sprachstörung beeinträchtigt (Anosognosie). Häufig treten im Zusammenhang mit Aphasien partielle Lähmungen auf, bei Schädigung der linken Hemisphäre ist meist die rechte Körperhälfte betroffen. II.1.2 Aphasieforschung und Aphasietherapieforschung Aphasien können aus verschiedenen Perspektiven untersucht und klassifiziert werden, je nachdem, ob die zugrundeliegende Störung, das sprachliche Erscheinungsbild oder die Wirkung auf einen Kommunikationspartner in den Blick genommen wird (Peuser 1978: 271). 8 Eine entsprechende Vorstellung liegt auch dem Beschreibungssystem (ICF, International Classification of Function, Disability and Health) zugrunde, das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO, World Health Organisation) zur Klassifizierung und Evaluation chronischer Erkrankungen und Beeinträchtigungen vorgeschlagen wird. Die WHO unterscheidet dabei drei Ebenen: die Ebene der psychischen, physischen oder anatomischen Schädigungen (impairment), die Ebene der Funktionsausfälle und Beeinträchtigungen (activity, ehemals disability) sowie die Ebene der psycho-sozialen Folgen (participation, ehemals handicap) derselben (WHO 1980, 2001). Auch die Umgebungsfaktoren der 7 Umstritten ist, ob die Logorrhoe tatsächlich zu den primären Aphasiesymptomen zählt oder nicht vielmehr auf einer sekundären Symptomebene anzusiedeln ist. Auf die Wiedergabe der diesbezüglichen Diskussion kann im Rahmen dieser Arbeit allerdings verzichtet werden. 8 Peusers Ansatz soll zugestimmt werden, auch wenn viele seiner weiteren Ausführungen aus heutiger Sichtweise als überholt anzusehen sind. 11

13 Betroffenen werden miteinbezogen. 9 Dieses Beschreibungssystem bietet die Möglichkeit, die sehr unterschiedlichen Fragestellungen und Methoden, mit denen Aphasien in den letzten 150 Jahren untersucht wurden sowie die Ergebnisse dieser interdisziplinären Forschung in einem übergeordneten Konzept von Gesundheit, Krankheit und Behinderung aufeinander zu beziehen, besonders im Hinblick auf Aphasietherapie und Rehabilitation. Dort können die einzelnen Herangehensweisen ineinander greifen und eine ganzheitliche Sichtweise auf Aphasien und die von ihr Betroffenen ermöglichen. Sie sind daher alle im Sinne sich ergänzender Mosaiksteine zu würdigen (Lesser & Milroy 1993: 3). Vier grundlegende Herangehensweisen in der aktuellen Aphasieforschung sollen an dieser Stelle skizziert werden. Die ersten beiden Ansätze, der klinisch-neurologische und der kognitivneurolinguisitsch Ansatz, sind der aphasiologischen Grundlagenforschung zuzuordnen. Ihr Schwerpunkt liegt nach der Begrifflichkeit der WHO auf der Schädigungsebene (impairment), da die Ursachen von Aphasien im Fokus des Interesses stehen. Der psycho-soziale und der pragmatisch-orientierte Ansatz hingegen gehören in ihrer Entstehung, Motivation und Ausrichtung zur Aphasietherapieforschung. Die zugrundeliegenden Fragestellungen beschäftigen sich mit den Ebenen der Beeinträchtigungen und der psycho-sozialen Folgen der Patienten (activity und participation). Sie sind auf die Entwicklung effektiverer Therapieformen hin ausgerichtet. II Klinisch-neurologischer Ansatz Der klinisch-neurologische Ansatz ist der älteste und damit klassische Forschungsansatz. Er wurde maßgeblich von Paul Broca, Carl Wernicke und Ludwig Lichtheim geprägt. Den größten Einfluss auf die heutige Aphasiologie übt der Klassifikationsversuch aus, den Carl Wernicke 1874 in seiner richtungsweisende Veröffentlichung Der aphasische Symptomcomplex. Eine psychologische Studie auf anatomischer Basis vorgestellt hat. Wernickes medizinisch-neurologischer Blickwinkel unterstellt einen Zusammenhang zwischen (sprachlichen) Hirnfunktionen und ihrer anatomischen Lokalisierung. 10 Bei Aphasien sind nach Wernicke entweder einzelne Sprachzentren oder ihre Verbindungen geschädigt. Umschriebenen Läsionsorten weist er wesentliche Syndrome (motorische, 9 Die WHO weist darauf hin, dass der Beeinträchtigungsgrad einer Behinderung an sich schwer messbar ist, da er nicht statisch ist sondern von den Umgebungsfaktoren definiert wird, in denen sich der Betroffene bewegt (WHO 2001). 10 Obwohl diese wesentliche Annahme schon lange vor Wernicke formuliert wurde, so ist es die Arbeit Wernickes, die eine gewaltige Wirkung auf die weitere Diskussion der Aphasie ausübt (Tesak 2001: 96). 12

14 sensorische und Leitungsaphasie) zu, die aus zusammengefassten Symptombündeln bestehen (Tesak 2001: 89-96). Die darauf zurückgehende klassische Lehrmeinung wird heute in weiterentwickelter Form international von der Bostoner und im deutschsprachigen Raum von der Aachener Schule um Klaus Poeck und Walter Huber vertreten. Verschiedene typische Störungsmuster werden hier zu vier Standardsyndromen (globale, Wernicke-, Broca- und amnestische Aphasie) sowie zu zwei Nicht-Standardsyndromen (Leitungsaphasie und transkortikale Aphasie) zusammengefasst. Den einzelnen Syndromen werden anatomische Läsionsorte zugeordnet, allerdings nicht im engeren Sinne der alten Zentrenlehre (Huber et al. 1997: 107). Die Einteilung erfolgt mit Hilfe einschlägiger Testverfahren, im deutschsprachigen Raum ist hier besonders der Aachener Aphasie-Test (AAT) (Huber, Poeck, Weniger & Willmes 1983) zu nennen. 11 Die sprachlichen Leitsymptome der einzelnen Syndrome sind nach Huber et al. (1997) die Folgenden: Globale Aphasie Die Globale Aphasie ist die schwerste Form der Aphasie. Alle Ebenen des Sprachsystems sind betroffen. Die Sprachproduktion der Betroffenen ist durch erhebliche Sprechanstrengungen geprägt und oftmals auf Stereotypen und Automatismen reduziert. Auch das Sprachverständnis ist stark eingeschränkt. Wernicke-Aphasie Leitsymptom der Wernicke-Aphasie ist der Paragrammatismus. Die Sprachproduktion ist von zahlreichen phonematischen und/oder semantischen Paraphasien und Neologismen, bis hin zum Jargon, gekennzeichnet. Gleichzeitig neigen Wernicke-Aphasiker zu Logorrhoe. Typischerweise kann das Sprachverständnis stark beeinträchtigt sein. Broca-Aphasie Die Broca-Aphasie zeichnet sich durch agrammatischen Satzbau aus. Der Sprechfluss ist verlangsamt und durch reichliche phonematische Paraphasien gekennzeichnet. Häufig sind Broca-Aphasiker zusätzlich von Dysarthrie und/oder Sprechapraxie betroffen. Das Sprachverständnis ist hier nur mäßig gestört. 11 Für einen Überblick über andere Testverfahren vgl. Huber et al. (1997): 90. Der AAT bestimmt den Schweregrad der Aphasie durch Erhebung der Spontansprache und Durchführung des Token-Test (de Renzi & Vignolo 1962) und testet die Basisfähigkeiten in den Bereichen Nachsprechen, Schriftsprache, Benennen und Sprachverstehen (Huber et al. 1997: 90-92). 13

15 Amnestische Aphasie Die leichteste aphasische Störung ist die amnestische Aphasie. Ihr Leitsymptom sind starke Wortfindungsstörungen. Daneben sind leichte, zumeist semantische Paraphasien bei intaktem Satzbau zu nennen. Das Sprachverständnis der Betroffenen ist nur geringfügig eingeschränkt. Leitungsaphasie Patienten mit diagnostizierter Leitungsaphasie sprechen meist flüssig, aber mit vielen phonematischen Paraphasien. Im Verhältnis zu ihren übrigen sprachlichen Leistungen ist bei ihnen die Fähigkeit zum Nachsprechen besonders stark beeinträchtig. Störungsbewusstsein und Sprachverständnis sind kaum betroffen. Transkortikale Aphasie Transkortikale Aphasien werden üblicherweise in drei Unterkategorien eingeteilt (transkortikal-motorische, transkortikal-sensorische und gemischt transkortikale Aphasie). Ihr gemeinsames Merkmal ist die im Verhältnis zu den anderen sprachlichen Symptomen herausragend gut erhaltene Fähigkeit zum Nachsprechen. Die Beeinträchtigung des Sprachverständnisses variiert je nach Unterkategorie zwischen leicht und schwer. Besonders in der angloamerikanischen Aphasieforschung ist die Unterteilung in flüssige (fluent) und nichtflüssige (non-fluent) Aphasien verbreitet. Flüssige Aphasie wird dabei als übergeordnete Bezeichnung für die Syndrome verwendet, in deren Zusammenhang keine oder nur geringe artikulatorische Schwierigkeiten auftreten und die eine relativ normale Sprechgeschwindigkeitsrate aufweisen (Laakso 1997: 23f). Der Diagnostikprozess des klinisch-neurologischen Ansatzes fokussiert die Lokalisation und Klassifikation der Aphasien sowie ihrer syndromspezifischen Therapie (vgl. Huber et al. 1997). Die Einteilung in die selten rein auftretenden Syndrome und ihre differenzierte Lokalisation ist allerdings nicht unumstritten, besonders seit bildgebende Verfahren zeigen konnten, dass die gefundenen Läsionsorte keineswegs immer zu den beobachteten Syndromen passen (Tesak 2001: 203). Dennoch wird sie innerhalb dieses Ansatzes als Grundlage der Therapieplanung betrachtet (Syndrom- bzw. symptomspezifische Therapie, vgl. Huber et al. 1997). Angesichts der individuell stark variierenden Störungsbilder wurde im Laufe der letzten zehn Jahre auch der therapeutische Nutzen einer klassifikatorischen Diagnostik mehr und mehr in Frage gestellt (vgl. die Diskussion z.b. bei Tesak 1997: 37f; Tranel & Anderson 1999: ). 14

16 Für eine Analyse der Beeinträchtigungen im Bereich des Lexikons, wie sie in dieser Arbeit angestrebt wird, ist der klinisch-neurologische Ansatz nicht geeignet. Da Lexikalisierungsprobleme bei allen aphasischen Patienten auftreten, sind sie Bestandteil jedes der Syndrome. Infolgedessen kann ihnen kein lokalisatorisches Konzept zugeordnet werden. II Kognitiv-neurolinguistischer Ansatz In den 1970er Jahren konnte sich aus der neurologischen Aphasielehre unter anwachsender Hinzuziehung psychologischer und linguistischer Kenntnisse (Blanken 1991: 1) ein neues, interdisziplinäres Forschungsgebiet entwickeln: der kognitiv-neuropsychologische bzw. kognitiv-neurolinguistische Ansatz. Vertreter dieses Ansatzes stellen den Wert der klassischen Unterteilung in die oben genannten Aphasiesyndrome in Frage (Blanken 1988: 134). Ausgangspunkt für die Aphasieforschung ist hier vielmehr eine psycholinguistische Ausrichtung, die neurogene Symptomatik in Beziehung zu den Sprachverarbeitungsprozessen Gesunder setzt. Man geht davon aus, dass die Erforschung der spezifischen Störungen der Sprachverarbeitung bei Aphasikern Rückschlüsse auf die Funktionsweise und Organisation kognitiver Strukturen der normalen Sprachverarbeitung zulässt. Dabei sollen hypothetische Konzepte und Modelle aus der Psycholinguistik anhand der neurolinguistischen Daten kontinuierlich geprüft und verändert werden. Zu den einflussreichsten Sprachverarbeitungsmodellen zählen hier Mortons Logogen-Modell (1979) sowie die Modelle von Garrett (1984) und Levelt (1989) (vgl. z.b. Blanken 1991, 2002; Schriefers & Jescheniak 2003). Aufgrund bisheriger Forschungsergebnisse geht die Kognitive Neurolinguistik davon aus, dass den kognitiven Prozessen der Sprachverarbeitung verschiedene funktionale Module mit spezifischen phonologischen, lexikalischen, morphologischen und syntaktischen Eigenschaften zugrunde liegen. Aphasische Symptome werden als Ausdruck von Störungen innerhalb der jeweils betroffenen Module des mentalen linguistischen Systems interpretiert. Sie werden somit im Gegensatz zum klinisch-neurologischen Ansatz nicht anatomisch, sondern nach kognitiv-funktionalen Eigenschaften strukturiert (Blanken 1988: 128). Erkenntnisse darüber, wo die Ursache eines Symptoms innerhalb des komplexen kognitiven Prozesses der Sprachproduktion anzusiedeln ist, d.h. ob eine Fehlleistung beispielsweise im Stadium vorsprachlicher Konzeption, auf der Repräsentations- oder der Verarbeitungsebene oder im Rahmen kontrollierender Prozesse zu suchen ist, könnten von immensem therapeutischem Nutzen sein. Die Kognitive Neurolinguistik legt daher modellorientiertes 15

17 Vorgehen in der Sprachtherapie nahe. Diese kann umso ursachenspezifischer gestaltet werden, je mehr das Wissen über die funktionalen Ursachen bestimmter Symptome und die Verfahren der Diagnose dieser Ursachen wächst (Blanken 1991: 34). Die modellorientierte Therapie zielt dabei auf Restitution oder Reorganisation des mentalen Lexikons ab. Innerhalb des kognitiv-neurolinguistischen Ansatzes lassen sich auch differenzierte Symptome wie Lexikalisierungsprobleme einleuchtend erklären. Die verschiedenen Sprachverarbeitungsmodelle unterscheiden zwischen spezifischen Teilleistungen des mentalen Lexikalisierungsprozesses, wie Wortwahl und Wortzugriff (vgl. z.b. Levelt, Roelofs & Meyer 1999; Levelt & Meyer 2000; Dittmann 2002). Allerdings liefert der Ansatz keine Erkenntnisse für die Analyse von Lexikalisierungsproblemen im realen Sprachgebrauch, wie für die Fragestellung der Arbeit erforderlich. II Psycho-sozialer Ansatz Seit den 1980er Jahren beschäftigt sich die Aphasietherapieforschung vermehrt mit den psychosozialen Folgen von Aphasie. 12 Eine Aphasie wirkt sich auf nahezu alle Bereiche des Lebens aus und kann je nach Schweregrad sowohl für den Betroffenen als auch für sein Umfeld zu einer großen Belastung werden. Mit den geänderten Herangehensweisen und Fragestellungen wandelt sich in den aus der Therapieforschung heraus motivierten Ansätzen auch die Methodik. Der psycho-sozial orientierte Ansatz versucht z.b. mittels vorstrukturierter qualitativer Interviews (vgl. z.b. Le Dorze & Brassard 1995) oder direkter Beobachtung (vgl. z.b. Hallama 2003) Einblicke in die Belastungssituation zu erlangen sowie soziale Anpassungsstrategien (coping strategies) zu beschreiben und zu analysieren. Des Weiteren werden Prozesse der Krankheitsverarbeitung (vgl. z.b Tanner & Gerstenberger 1988) und psychoreaktive emotional-affektive Veränderungen (vgl. z.b. Herrmann 1987, 1991a, 1997) untersucht. Die Angehörigen der Patienten stehen dabei stets mit im Blickpunkt. Die psycho-sozialen Belastungen umfassen berufliche, soziale, familiäre und psychische Veränderungen. Beispielsweise ist häufig die Erwerbsfähigkeit der Patienten eingeschränkt. Damit kann eine Veränderung der finanziellen Situation und eine Umverteilung der Rollen und Aufgaben innerhalb der Familie des Aphasikers einhergehen. Dies bedeutet für die Betroffenen häufig eine Einschränkung in Status und Autonomie, während die Angehörigen über Überlastung und Aggressionen klagen. In Folge können Konflikte und Störungen der 12 Für einen Überblick über die Anfänge der Entwicklung eines psycho-sozialen Aphasieansatzes in den 60er und 70er Jahren vgl. z.b. Le Dorze & Brassard (1995). Einen Einblick in das Spektrum psycho-sozial orientierter Untersuchungen bietet das thematische Sonderheft der Aphasiology (1997), Band 11, Nr

18 Familienkommunikation auftreten (vgl. für weitere Beispiele Herrmann 1987, 1997; Le Dorze & Brassard 1995; Bowe, Lampe, Witulski & Hielscher 1997). Im Verlauf der Krankheit entwickeln die Aphasiker und ihr enges Umfeld adaptive Strategien, um auf Probleme dieser Art zu reagieren und eine neue Normalität entstehen zu lassen. Beispielsweise werden Aufgaben (z.b. im Haushalt) entsprechend der jeweiligen Fähigkeiten neu verteilt, Freiräume abgesprochen, Handlungen gemeinsam ausgeführt und bewältigt. Eine umfangreiche Sammlung solcher Strategien liefern Le Dorze & Brassard (1995) (vgl. auch Borsdorf 2002, Hallama 2003). Psychologische Untersuchungen zur Krankheitsverarbeitung bei Aphasikern haben gezeigt, dass diese sich in mehreren Phasen vollzieht. Tanner und Gerstenberg (1988) unterscheiden vier Phasen: In der ersten Phase dominieren psychodynamische Schutzmechanismen, wie Gefühle des Nicht-Wahrhaben-Wollens und die Hoffnung auf baldige Remission. Die zweite Phase ist durch Frustration und depressive Verstimmungen gekennzeichnet. Dem Patienten wird das Ausmaß seiner Beeinträchtigung und seine geringe Einflussmöglichkeit auf deren Entwicklung bewusst. In der dritten Phase, wenn auch die psycho-sozialen Folgen der Krankheit sichtbar werden, kommt es häufig zu Antriebslosigkeit und Depressionen. Viele Aphasiker fühlen sich durch ihre Beeinträchtigung stigmatisiert, scheuen den Kontakt zu anderen Menschen und geraten in einen Zustand der Isolation. 13 Die vierte Phase ist schließlich erreicht, wenn von einer Akzeptanz der Situation gesprochen werden kann und die Betroffenen beginnen, eine neue Normalität und ein neues Selbstverständnis aufzubauen. Erkenntnisse dieser Art können genutzt werden, um in kritischen Phasen der Krankheitsverarbeitung therapeutisch einzugreifen. Allerdings zeigen Fallstudien, dass sich die einzelnen Phasen nur bei wenigen Aphasikern und ihren Familien so klar erkennen und abgrenzenden lassen wie Tanner & Gerstenberg (1988) suggerieren (Herrmann 1997: 721). Aus dem psycho-sozialen Ansatz ergeben sich Anforderungen an die Aphasietherapie, die über die reine Sprachtherapie als Teilleistungstraining sprachlicher Funktionen hinaus gehen: Apart from the efforts made in speech and language therapy, the psychological reintegration and the psychotherapeutic care of patients and their families are becoming increasingly important (Herrmann 1997: 717). Damit rückt die soziale Reintegration der Betroffenen als ein wichtiges Therapieziel neben das der sprachlichen Rehabilitation ins Zentrum. Der Aphasiker und seine Angehörigen sollen 13 Zum kommunikativen Umgang mit stigmatisierenden Fehlleistungen im Gespräch vgl. z.b. Auer (1981), Rönfeldt (2001) und Rönfeldt & Auer (2002). In den beiden letztgenannten Untersuchungen wird die Methode der Konversationsanalyse mit dem Goffmanschen face-konzept kombiniert. 17

19 auf ein Leben mit der Aphasie vorbereitet werden. Gleichzeitig ist die psycho-soziale Betreuung als Voraussetzung für eine erfolgreiche Sprachtherapie anzusehen, da depressive Erscheinungen Lernprozesse beeinträchtigen. Für den Umgang mit Lexikalisierungsproblemen spielen psychosoziale Implikationen eine große Rolle (vgl. weiter unten Kapitel II.3.2.2). II Pragmatisch-orientierter Ansatz Mit der pragmatischen Wende in der Linguistik ist seit Anfang der siebziger Jahre ein weiterer Ansatz in die Aphasietherapieforschung gelangt. Ausgangspunkt ist hier die Überzeugung, dass bei der Beschreibung und Lokalisierung der strukturellen (medizinischen oder kognitiven) Ursachen von Sprachstörungsmustern ein wichtiger Aspekt der Krankheit ausklammert bleibt, dem auch der psycho-soziale Ansatz nicht ausreichend gerecht wird: die Kommunikationsfähigkeit bzw. das Kommunikationsmanagement der Betroffenen. Unter pragmatischem Blickwinkel ist Sprache mehr als eine Verbindung verschiedener struktureller Elemente, sie ist Mittel zur Kommunikation. Die pragmatisch orientierte Aphasieforschung rückt daher die Kommunikationsfähigkeit von Aphasikern und ihren adaptiven Umgang mit der Störung in den Blickpunkt. Es wird davon ausgegangen, dass bei Aphasie die Fähigkeit, kommunikative Ziele und Motive zu verfolgen, d.h. die kommunikative Kompetenz 14, erhalten bleibt: Aphasiker kommunizieren besser als sie sprechen (Holland 1977: 173; Feyereisen 1991). 15 Es stellt sich daher die Frage, wie erfolgreich und mit welchen Mittel die sprachlichen Defizite kompensiert werden können. 16 In den pragmatischen Beschreibungen aphasischer Kommunikation sind unterschiedliche Trends auszumachen. Den verschiedenen Herangehensweisen ist gemeinsam, dass die Aufmerksamkeit nicht nur auf die sprachlichen Komponenten von Kommunikation gerichtet wird, sondern auch auf nonverbale Ausdrucksmittel (vgl. z.b. Goodwin & Goodwin 1986; Goodwin 2000a). Zudem konnten sie neue Dimensionen für die Aphasietherapie eröffnen: pragmatisch orientierte Therapiekonzepte sind auf die kommunikativen Ziele bzw. deren Erreichung und weniger auf grammatische Korrektheit von Äußerungen (Tesak 1997: 224) angelegt. 14 Zum Kompetenzbegriff vgl. z.b. Ferguson Pragmatisch-kommunikativ inadäquates Verhalten tritt zwar in manchen Fällen auf, lässt sich aber meist durch vorhergegangene Sprachverständnisdefizite erklären (Blanken 2002: 362). 16 Zu den Besonderheiten aphasischer Kommunikation vgl. weiter unten, Kapitel II.3. 18

20 Die Mehrzahl der frühen pragmatischen Arbeiten fokussiert die kommunikativen Aktivitäten der Aphasiker selbst, ohne das Verhalten der Interaktionspartner mit einzubeziehen. Dabei steht die Beschreibung der kommunikativen Effizienz und eingesetzter kompensatorischer Strategien im Vordergrund. Als Datengrundlage dienen in diesen Arbeiten häufig Beobachtungsprotokolle und die Ergebnisse pragmatisch orientierter Testverfahren, mittels derer valide intraindividuelle Aussagen ermöglicht werden sollen (vgl. z.b. Holland 1982). 17 Für den effizienten Einsatz von Kompensationsstrategien und letztlich auch für die erfolgreiche Kommunikation werden hier der Aphasiker und die Qualität seiner Äußerungen verantwortlich gemacht (vgl. z.b. Flowers & Peizer 1984). Parallel dazu entstehen Ansätze, welche die Ergebnisse der Konversationsanalyse nutzen (vgl. z.b. Lubinski et al. 1980; Auer 1981). Darin wird ein grundsätzlich anderes Konzept von Kommunikation zugrunde gelegt, in dem der Aphasiker und sein Gesprächspartner gleichermaßen und gemeinsam die Verantwortung für ihr Gelingen tragen: Kommunikation als kollaborative, interaktive Handlung. In den konversationsanalytischen Arbeiten erstreckt sich der Fokus daher über den Aphasiker hinaus auf seinen Kommunikationspartner und dessen Aktivitäten. Die aphasischen Störungen und ihre interaktiven Folgen können so in ihrem Kontext natürlicher Interaktion analysiert werden. Erkenntnisse über die interaktive Organisation kollaborativer Problemlösungsverfahren (wie Reparaturhandlungen und Verständigungssicherungen) und über Adaptionsstrategien stehen dabei meist im Vordergrund des Interesses. Seit den 1990er Jahren nimmt die konversationsanalytische Aphasietherapieforschung kontinuierlich zu und gewinnt zunehmend an Einfluss (für einen Überblick vgl. weiter unten, Kapitel II.3). Die vorliegende Arbeit möchte sich in diesen Zusammenhang einreihen. Aus dem Anwendungsbereich des pragmatisch orientierten Ansatzes wurde daher die Konversationsanalyse als Methode ausgewählt und der empirischen Analyse zugrunde gelegt. Nur die Konversationsanalyse ermöglicht die systematische Untersuchung des interaktiven Umgangs mit spezifischen aphasischen Symptomen - wie den hier fokussierten Lexikalisierungsproblemen - im natürlichen, interaktiven Gesprächszusammenhang. Die meisten konversationsanalytischen Arbeiten richten ihr Interesse nun speziell auf kollaborative Verfahren, mit denen aphasische und sprachgesunde Gesprächspartner - quasi 17 Zu diesen Testverfahren zählen z.b. der FCP (Functional Communication Profile), der PICA (Porch Index of Communicative Ability), der CADL (Comminicative Abilities in Daily Living) oder der CETI (Communicative Effectiveness Index). Für einen Überblick sowie Hintergründe über die Testverfahren, bis Anfang der 90er Jahre entwickelt wurden, vgl. Pita (1994). Als Beispiel für einen relativ jungen, konversationsanalytisch orientierten Testleitfaden ist der CAPPA (Conversation Analysis Profile for People with Aphasia) zu nennen (vgl. Whitwort, Perkins & Lesser 1997). 19

21 unter Zuhilfenahme mehrerer mentaler Lexika - in der Reparatur von Lexikalisierungsproblemen zusammenarbeiten. In den kollaborativen Verfahren zeigt sich besonders deutlich der interaktive Charakter von Kommunikation. Gleiches gilt auch für die in dieser Arbeit untersuchten Verfahren der redezuginternen Reparatur von Lexikalisierungsproblemen. Selbständige Reparaturen müssen ebenfalls interaktiv organisiert werden, wirken auf die Gesprächspartner und sind auf das Ziel gemeinsamer Sinnherstellung im Gespräch ausgerichtet. Es erscheint daher sinnvoll, sie in die konversationsanalytische Forschung mit einzubeziehen. Das folgende Kapitel soll einen Einblick in Entstehung, Zielsetzung und Vorgehensweise der Konversationsanalyse geben. Des Weiteren werden in Hinblick auf die Fragestellung zentrale Grunderkenntnisse vorgestellt, die eine Basis für die empirischen Analyse der Arbeit bilden sollen. 20

22 II.2 Konversationsanalyse Die Konversationsanalyse (KA) beschäftigt sich mit natürlicher, kommunikativer Interaktion als Form sozialen Handelns. Ihr Interesse ist dabei nicht, wie der Name suggeriert, auf den formal eingegrenzten Gesprächstyp Konversation beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle Formen sprachlicher Interaktion, auf jeden talk-in-interaction (Schegloff 1987a). Als Grundform der natürlichen Interaktion wird das informelle, nicht vorstrukturierte Gespräch angesehen, welches im Fokus der konversationsanalytischen Forschung steht. Es ist die erste Gesprächsform, mit der Kinder beim Erlernen ihrer Muttersprache konfrontiert werden und bildet das Hauptmedium sozialer Interaktion. Weiter zeichnet es sich besonders durch das Fehlen vorprägender Festlegungen hinsichtlich der Interaktionsbedingungen 18 aus (Kallmeyer 1988: 1095). Daneben rückt aber immer mehr auch das formelle, an institutionelle oder funktionale Kontexte gebundene Gespräch ins Blickfeld der KA. Dieses kann dadurch gekennzeichnet sein, dass einzelne ihrer konstituierenden Prinzipien 19 reglementiert sind oder besonderen Routinen unterliegen. 20 Leitfrage der Auseinandersetzung mit solchen Gesprächsformen ist, durch welche spezifischen Eigenheiten die Interaktionsorganisation hierbei gekennzeichnet wird. 21 Bei der KA handelt es sich um ein empirisches Verfahren der qualitativen Forschung, das den Forschungsgegenstand induktiv aus der Sicht der handelnden Menschen beschreiben möchte und stark an alltäglichen Handlungsabläufen interessiert ist (Flick, Kardorff & Steinke 2000). Mit diesem Anspruch konnte sich die KA als wichtige Analyserichtung etablieren. Die KA überschneidet sich nur bedingt mit anderen, verwandten Untersuchungsansätzen der pragmatischen Linguistik, wie der (handlungsorientierten) Gesprächsanalyse, der Diskursanalyse oder der Dialoganalyse. Sie versucht nicht, interaktive Phänomene vorgegebenen Kategorien 22 zuzuordnen, sondern vielmehr deren formale Dynamik zu beschreiben und funktional einzuordnen. Dabei hebt sie sich besonders durch ihre streng empirische Vorgehensweise von den oben genannten Untersuchungsansätzen ab. Die in der 18 Wie beispielsweise die Verteilung des Rederechts, die Reihenfolge der Sprecher oder die Länge ihrer Redebeiträge. 19 Beispielsweise die Verteilung des Rederechts in der Lehrer-Schüler-Interaktion oder vor Gericht. 20 Vgl. z.b. Atkinson & Drew (1979) zur Interaktion bei Gerichtsverhandlungen. 21 Im Gegensatz zu den Vertretern der KA vertritt Ervin Goffmann (vgl. auch Kapitel II.3.2.2) die Auffassung, dass das informelle Alltagsgespräch weder in ontogenetischer noch in phylogenetischer Hinsicht als Grundform von Interaktion anzusehen ist. Diesen Status nehmen für ihn vielmehr solche Sprachhandlungen ein, in denen sich Sprachliches um Nicht-Sprachliches rankt (Auer 1999: 157). Das erweiterte Spektrum konversationsanalytischer Forschung kann Gegenmeinungen dieser Art Rechnung tragen, ohne die eigene Grundauffassung aufgeben zu müssen. 22 Wie beispielsweise Gattungen oder Textsorten. 21

23 deutschsprachigen Literatur häufig anzutreffende Gleichsetzung der Begriffe ist daher irreführend (Kallmeyer 1988: 1095; Bergmann 1994: 3f). Um Unklarheiten vorzubeugen, wird von manchen Vertretern der KA auch die Bezeichnung ethnomethodologische KA verwendet (z.b. Bergmann 1994), die auf die soziologischen Ursprünge der KA Bezug nimmt. II.2.1 Entstehung und Zielsetzung Die KA wurde in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre im Umfeld des Soziologen Harvey Sacks ( ) entwickelt. Grundgedanken seines Ansatzes finden sich in den posthum edierten Manuskripten der Vorlesungen (Lectures), die Sacks zwischen 1964 und 1972 an verschiedenen kalifonischen Universitäten hielt (vgl. Sacks 1992). In Zusammenarbeit mit Emanuel A. Schegloff und Gail Jefferson wurde die KA in den 1970er Jahren weiterentwickelt (vgl. Schegloff 1992a, 1992b). Das Interesse an der KA steigerte sich rasch, nicht nur in der Soziologie, sondern gerade auch in der sprachwissenschaftlichen Forschung. Hier erstreckte sich deren Rezeption zunehmend über die Landesgrenzen der USA hinaus. Den maßgeblichen Ausgangspunkt für die Entwicklung der KA bildete die von Harold Garfinkel (geb. 1917) begründete Ethnomethodologie, eine konstruktivistisch angelegte soziologische Forschungsrichtung. Daneben wirkten Erving Goffmans interaktionalistische Ansätze auf Konzeption und Programm der KA ein. Weitere Einflüsse sind Aspekte der kognitiven Anthropologie, der Ethnographie des Sprechens sowie der Philosophie des späten Wittgensteins (Bergmann 1994: 4). Zentrale Aspekte der Ethnomethodologie lassen sich mit den Begriffen Indexikalität und Reflexivität beschreiben (Auer 1999: ). Die Grundprämisse Garfinkels ist, dass jeder alltäglichen und unreflektierten sozialen Handlung allgemeine Verfahren ( Methodologie ) zugrunde liegen, auf die der Handelnde ( Ethno ) zurückgreift und die das soziale Handeln als solches konstituieren. Jede Handlung und jede gesellschaftliche Wirklichkeit wird erst lokal, d.h. im Vorgang der Interaktion, von den Interagierenden hergestellt, intersubjektiv mit Sinn erfüllt und ratifiziert. Diese Herstellung von Wirklichkeit (accomplishment bzw. achievement, Garfinkel 1967: 11) findet jeweils in spezifischen Interaktionskontexten statt und kann nur innerhalb dieser Kontexte interpretiert werden, so dass jede interaktiv erzeugte soziale Handlung indexikalen Charakter aufweist (Bergmann 1994: 7). Vor diesem Hintergrund wird auch Kommunikation als eine sich ständig neu, lokal 22

24 konstituierende interaktive Handlung verstanden. Notwendigerweise unterliegt dabei die einzelne sprachliche Äußerung ihrer Indexikalität und muss im Rahmen der Interaktion vor ihrem Kontext (dem Handlungszusammenhang, den Partizipanten, der bisherigen Interaktion usw.) interpretiert werden. Der reflexive Charakter der Äußerung besteht darin, dass sie zum einen im kontextuellen Bezug zu den ihr vorangegangenen Handlungen steht, zum andern gleichzeitig einen neuen Kontext für die ihr nachfolgenden Handlungen schafft. Die einzelnen Äußerungen des Interaktionsgeschehens werden so durch ihre retro- und prospektivische Kontextualisierung verkettet (Kallmeyer 1988: 1100). Der Kontext selbst ist dynamisch und wird in der Interaktion beständig neu spezifiziert und ausgehandelt. In der wechselseitigen Produktion von Äußerungen offenbaren die Gesprächsteilnehmer, wie sie vorangegangene Äußerungen ihrer Gesprächspartner interpretieren, da jede Folgeäußerung die Interpretation der vorangegangenen inkorporiert, d.h. im weiteren Gespräch werden die angewendeten Interpretationen aufgezeigt, ggf. redefiniert und somit konsensfähig gemacht, und sie werden als Gegenstand und Grundlage der weiteren Interaktion akzeptiert (Kallmeyer 1988: 1997f). Ziel der Ethnomethodologie ist es nun, eine Methode bereit zu stellen, mit der die Verfahren sichtbar gemacht und analysiert werden können, mittels derer soziales Handeln vollzogen wird (Auer 1999: 128). Hier setzt die KA an, die eine Brücke zwischen soziologischen und sprachwissenschaftlichen Erkenntnisinteressen schlägt. Ihr Hauptinteresse besteht darin, die generativen Prinzipien und Strukturen zu bestimmen, durch die interaktive Kommunikation organisiert wird, und die soziolinguistischen Kompetenzen der Interaktanten aufzudecken, die diesen Mechanismen zugrunde liegen (Bergmann 1994: 5; Drew 1994: 749). Im Blickpunkt steht sowohl die Frage wie Gesprächsteilnehmer ihr eigenes Handeln organisieren, als auch wie sie mit dem Handeln ihres Gegenübers umgehen, d.h. wie die Interaktion zwischen den Interaktanten aktiv ausgehandelt wird (Heritage & Atkins 1984: 1). Sacks selbst beschreibt den Ansatz in einer seiner Vorlesungen wie folgt: So the work I am doing is about talk. It is about the details of talk. In some sense it is about how conversation works. The special aim is, in the first instance, to see whether actual single events are studiable and how they might be studiable, and then what an explanation of them would look like (aus: Lecture fall 1967, zitiert nach Sacks 1984: 26). II.2.2 Prinzipien und Vorgehensweisen Die KA wurde nicht theoretisch konzipiert. Ihre Methodik geht nicht auf Hypothesen und Modelle zurück, sondern hat sich aus der empirischen Arbeit heraus entwickelt. Es existiert 23

25 daher keine allgemeine, normativ festgelegte konversationsanalytische Methodik. Trotzdem lassen sich analytische Grundprinzipien beschreiben, wie die Prinzipien der sprecherzentrierten und datengelenkten Analyse, der Geordnetheit der Interaktion und der Bedeutung des sequenziellen Kontextes (Wilkinson 1999a: 253). Diese Prinzipien wiederum implizieren methodische Forderungen. Sprecherzentrierte und datengelenkte Analyse Die KA operiert nicht ohne theoretische Voraussetzungen, aber sie vermeidet weitergehende theoretische Konstruktionen, aus denen dann Hypothesen über den Gegenstand abgeleitet werden, die am Material nur noch belegt oder überprüft werden (Kallmeyer 1988: 1101). Die KA lässt sich vielmehr von den zu untersuchenden Primärdaten selbst leiten. Sie versucht im Material interessante Handlungsmuster und Strukturen aufzudecken, die auf interaktive Verfahrensweisen hindeuten. Dabei liegt das Erkenntnisinteresse nicht auf der Interpretation der ermittelten Verhaltensweise durch den Analytiker, sondern vielmehr auf der Sinnzuschreibung, die sich in der entstehenden Intersubjektivität der Gesprächsteilnehmer widerspiegelt (Wilkinson 1999a: 253). Methodisch ergibt sich aus diesem datengelenkten und sprecherzentrierten Ansatz die Forderung nach unverzerrten, authentischen Primärdaten. Die KA arbeitet daher mit Audio- und Videoaufnahmen 23 real stattfindender, natürlicher Interaktion sowie deren detaillierter Wiedergabe in Form von Transkripten. Andere Formen der Datenerfassung (wie z.b. das Protokollieren) lehnt die KA als reduktiv und interpretierend ab (Kallmeyer 1988: 1102). Erst die registrierenden Methoden ermöglichen es, den lokalen Charakter von Kommunikation festzuhalten (Bergmann 1994: 9). Durch sie können feinste Detailinformationen 24 in den Transkripten wiedergegeben und bei der Analyse berücksichtigt werden. Viele der bisher entstandenen konversationsanalytischen Arbeiten konnten zeigen, dass nichts, was in der Interaktion auftritt, a priori als unbedeutend und irrelevant eingestuft werden kann (Heritage & Atkinson 1984: 4; vgl. z.b. Schegloff 1982) Videoaufnahmen haben im Gegensatz zu Audioaufnahmen den erheblichen Vorteil, dass sie zusätzlich den Einsatz nonverbaler Interaktionsressourcen abbilden und so beschreib- und analysierbar machen. 24 Wie beispielsweise Atmungsbewegungen, Pausen, Wiederholungen oder Wortabbrüche. 25 Erstmals entwickelte Jefferson Anfang der 1970er Jahre vereinheitlichte Notationsrichtlinien (für eine Übersicht vgl. Heritage & Atkinson 1984: ix-xvi). Im deutschsprachigen Raum wurde vor einigen Jahren mit dem Gesprächsanalytischen Transkriptionssystem (GAT) eine eigene Transkriptionskonvention bereitgestellt (Selting et al. 1998). Für eine Übersicht über weitere in der deutschen Linguistik verwendete Transkriptionssysteme vgl. Edwards & Lampert (1994). 24

26 Geordnetheit der Interaktion Kommunikation ist stets eine interaktive Tätigkeit, eine minimal two party activity (Schegloff 1968: 1093). In der KA wird davon ausgegangen, dass die Gesprächsteilnehmer beim kollaborativen Aushandeln von Intersubjektivität systematisch auf verschiedene alternative Handlungsmuster zurückgreifen. Die so produzierte Interaktion entsteht nicht unsystematisch und unstrukturiert, weil die ihr zugrundeliegenden Mechanismen strukturellen Regeln im Interaktionssystem unterliegen (Kallmeyer 1988: 1098). Kommunikative Interaktion ist in sich geordnet (Schegloff & Sacks 1973: 290), sie weist order in all points (Sacks 1984: 22) auf. Damit richtet sich der konversationsanalytische Ansatz radikal gegen die beispielsweise von Chomsky vertretene Auffassung, dass gesprochene Sprache ungeordneten Charakter aufweise (Chomsky 1965: 4, zitiert nach Wilkinson 1999a: 254). Die allgemeinen Ordnungsstrukturen von Interaktion, wie die Mechanismen des Sprecherwechsels oder der Reparaturen, sind kontextunabhängig. Sie bilden die strukturellen Instrumentarien 26 (structural provision), aus denen die Gesprächsteilnehmer ihre sprachlichen und kommunikativen Mittel kontextrelevant wählen und einsetzen können (participant s work) (Jefferson 1972 : 315). Diese Vorgänge laufen aus Sicht der Gesprächsteilnehmer weitgehend unbewusst ab, können aber wissenschaftlich beschrieben und analysiert werden. Sie werden von der KA als Aufgabenbearbeitungsprozesse im Sinne von Garfinkels achievement verstanden (Sacks, Schegloff & Jefferson 1974). Die zentrale Frage bei der Analyse einzelner Phänomene lautet why that now? (Schegloff & Sacks 1973). Sie soll dreierlei Dinge klären, nämlich (a) welches Verfahren (b) aus welchem Grund auf diese Art und an dieser Stelle und (c) zur Bewältigung von welcher interaktiven Aufgabe der Gesprächskonstruktion zum Einsatz kommt. Bedeutung des sequenziellen Kontextes Kommunikative Interaktion wird lokal und online produziert. Somit ist sie durch eine temporale Komponente geprägt: das Gespräch entwickelt sich Redezug (turn) um Redezug (Drew 1994: 750). Die entscheidende Frage für das Verständnis jedes interaktiv auftretenden Phänomens ist, an welcher Stelle es sich innerhalb dieser Abfolge von Redezügen vollzieht. Die meisten Redezüge sind keine isolierten Äußerungen, sondern stehen in kontextuellem Zusammenhang mit ihrem sequentiellen Umfeld und werden vom Rezipienten in diesem Kontext interpretiert. Aufgrund der Reflexivität jeder Äußerung ist ihre sequentielle Position für die Analyse relevant. Bestimmte Arten von Redebeiträgen haben sowohl ein spezifisches 26 Diese Instrumentarien beinhalten jeweils verschiedene formale Verfahren, mit denen interaktive Aufgaben bewältigt werden können (vgl. z.b. Schegloff & Sacks 1973). 25

27 Vorfeld, als auch spezifische Folgen, d.h. sie implizieren bzw. fordern eine bestimmte Art von Folgeredebeitrag 27 (Schegloff & Sacks 1973: 296) und bilden so sequentielle Ordnungsprinzipien. Einige Aktivitäten und Ereignisse innerhalb eines Gespräches werden durch Vorbereitungsschritte eingeleitet oder deuten sich an, bevor sie in den Vordergrund der Interaktion rücken (vgl. z.b. Schegloff & Sacks 1973; Drew 1984). 28 Um ein Kommunikationsereignis in seinem Ablauf vollständig erfassen zu können, müssen daher seine Ränder und sein gesamter Konstitutionszusammenhang berücksichtigt werden (Kallmeyer 1988: 1102). Ohne die Berücksichtigung des sequentiellen Kontextes ist keine adäquate Analyse im Sinne der KA möglich. Ausgehend von den vorgestellten Prinzipien und Methoden wurden in der konversationsanalystischen Forschung verschiedene Interaktionsmechanismen untersucht. Zentrale Elemente waren dabei bisher u.a. die Mechanismen des Sprecherwechsels (vgl. z.b. Sacks et al. 1974; Jefferson 1984; Schegloff 1987b), Regeln für die Eröffnung und Beendigung von Gesprächssequenzen (vgl. z.b. Schegloff 1968; Schegloff & Sacks 1973), Reparaturmechanismen (vgl. z.b. Schegloff, Jefferson & Sacks 1977; Jefferson 1987; Schegloff 1992c, 1997, 2000; Drew 1997), Referenzbildung (vgl. z.b. Schegloff 1972; Sacks & Schegloff 1979; Auer 1984), sequenzielle Erzählstrukturen von Witzen und Geschichten (vgl. z.b. Sacks 1974; Jefferson 1978; Schegloff 1980, 1982; Goodwin 1984) sowie mimischgestische Bestandteile von Interaktion (vgl. z.b. Goodwin 1981; Schegloff 1984). Im Folgenden sollen einige ausgewählte Grunderkenntnisse vorgestellt werden, die für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit relevant sind. II.2.3 Interaktionsstrukturen II Sprecherwechsel und Präferenzorganisation Im informellen Gespräch ist nicht festgelegt, in welcher Reihenfolge die Gesprächspartner zum Zug kommen und welche Länge ihre jeweiligen Redebeiträge aufweisen, sondern es wird lokal ausgehandelt. Meistens wechseln sich die Partizipanten ab und sprechen einzeln, jeweils one party talks at a time (Sacks et al. 1974: 9). Der Übergang von einem Sprecher zum anderen vollzieht sich sehr schnell und flüssig, während Simultansprechphasen meist von kurzer Dauer sind (Sacks et al. 1974: 11). Diese Tatsachen implizieren, dass sich 27 Siehe Kapitel II Siehe Kapitel II

28 Sprecherwechsel im Gespräch nach festgelegten kommunikativen Regeln vollziehen, die von den verschiedenen Sprechern unbewusst angewendet werden. Die von Sacks et al. (1974) aufgezeigten simplest systematics for turn-taking, die lokal operieren und kontextunabhängig den Ablauf von Interaktion regeln, sollen im Folgenden knapp dargestellt werden. Ein zwischen zwei Sprecherwechseln geäußerter Redebeitrag ist aus einem oder mehreren kleineren Einheiten zusammengesetzt, den sogenannten Beitragskonstruktionseinheiten (TCU, turn-constructional unit). Die TCU ist in ihrer Gestalt und Größe nicht festgelegt, sie kann aus einem lexikalischen Element, einer Phrase, einem Satz oder einem ganzen Satzgefüge bestehen. Auch nonverbale Äußerungen (z.b. Gesten) können isoliert oder in Kombination mit einem verbalen Element als vollständige TCU auftreten (Lind 2002: 63). Selting (2000) definiert die TCU als the smallest interactionally relevant complete linguistic unit, in a given context, that is structured with syntactic and prosodic resources within their semantic, pragmatic, activity-type-specific, and sequential conversational context (Selting 2000: 744). Sie bildet eine potentiell abgeschlossene Interaktionseinheit und endet insofern in einem möglichen Turnübergabepunkt (TRP, transition relevant place) (Drew 1994: 751). 29 TCUs projizieren durch das Zusammenspiel ihrer syntaktischen, pragmatischen und prosodischen Gestalt ihr eigenes mögliches Ende (possible completion point), so dass es vom Hörer noch vor dem tatsächlichen Ende vorhersehbar wird. Dieser erhält die Möglichkeit, seinen Redebeitrag nahtlos anzuschließen oder sich schon vor ihrem Ende (an einem pre-possible completion point, vgl. Schegloff 1996: 83-92) an der TCU des Gesprächpartners zu beteiligen (joint construction). Von mehreren Sprechern gemeinsam gebildete TCUs und Redebeiträge sind meist durch kurze Überlappungen (overlaps) vor dem TRP gekennzeichnet (vgl. z.b. Jefferson 1984). Sie verdeutlichen anschaulich den kollaborativen Charakter von interaktiver Kommunikation (Lind 2002: 63). Die potentielle Gelegenheit zum Sprecherwechsel, die jede abgeschlossene TCU mit sich bringt, wirkt sich darauf aus, wie Sprecher ihre Redebeiträge aufbauen. Eine TCU kann so gebildet werden, dass weitere TCUs angeschlossen werden können 30 und ein multi-unit turn (Schegloff 1982) entsteht. Andererseits kann ihre Gestalt den Redebeitrag als abgeschlossen 29 Vgl. Seltings Argumentation, dass nicht jede TCU in einem TRP enden muss (Selting 2000). 30 Beispielsweise durch Erhöhen des Sprechtempos kurz vor dem möglichen TRP (Schegloff 1982: 76). Für weitere (syntaktische, semantische, pragmatische und prosodische) Techniken zur Organisation eines multi-unit turns vgl. Selting (2000: ). 27

29 markieren 31 (vgl. Schegloff 1982, 1988, 1996; Selting 2000). Prinzipiell muss das weitere Rederecht aber an jeder TRP interaktiv ausgehandelt werden. Diese Aushandlung vollzieht sich nach folgendem hierarchisch geordnetem Schema: der Gesprächspartner, der am Zug ist, kann (z.b. durch eine Frage) einen Sprecherwechsel initiieren und das Rederecht (z.b. durch direkte Adressierung) an einen anderen Sprecher delegieren (Fremdwahl). Dieser erwirbt das Recht, den nächsten Redezug zu äußern. Sofern der gegenwärtige Sprecher keinen Nachfolgesprecher auswählt, hat jeder Gesprächsteilnehmer die Möglichkeit, das Recht auf den nächsten Beitrag zu erhalten, indem er am TRP mit seiner Äußerung einsetzt (Selbstwahl). Derjenige, der als erster einen Redebeitrag anschließt (first starter) erhält das Rederecht. Ergreift kein Gesprächsteilnehmer das Rederecht, so kann der ursprüngliche Sprecher eine weitere TCU anschließen (Auer 1999: 146). Große Bedeutung kommt hier dem Einsatz nonverbaler Mittel zu, wie Blickbewegungen und Gesten, mittels derer die Partizipation von Gesprächpartnern ebenfalls initiiert oder abgewehrt werden kann (vgl. z.b. Goodwin & Goodwin 1986). Einige TCUs projizieren durch die in ihnen ausgeführte Handlung (z.b. eine Bitte) eine relevante Folgehandlung (z.b. Zustimmung oder Ablehnung der Bitte), die ihr Gesprächspartner in seinem nächsten Redebeitrag ausüben muss, da sie sequentiell impliziert ist (sequential implicativeness, Sacks et al. 1974). Es handelt sich hier um zwei Handlungen, die so hochgradig reglementiert sind wie Gruß/Gegengruß, Informationsfrage/Antwort oder auch Einladung/Annahme oder Ablehnung (Auer 1999: 141). Solche konditionell verbundenen Handlungsabfolgen werden in der KA Paarsequenzen (adjacency pairs) genannt. Äußert ein Sprecher ein erstes Paarteil, so ist die konversationelle Verpflichtung seines Gesprächspartners ein relevantes zweites Paarteil zu liefern so hoch, dass jede Folgeäußerung (oder Nicht-Äußerung) als solches verstanden und interpretiert wird. 32 Manche ersten Paarteile können durch mehrere mögliche zweite Paarteile eingelöst werden (z.b. die Bitte durch eine Annahme oder eine Ablehnung), deren Status hinsichtlich ihrer Präferenz 33 nicht äquivalent ist. Die Präferenzorganisation (preference organization) manifestiert sich in der Unmarkiertheit präferierter bzw. der Markiertheit dispräferierter zweiter Paarteile. Präferierte Äußerungen wie die Annahme einer Bitte (vs. ihre Ablehnung) 31 Beispielsweise durch Verlangsamung des Sprechtempos und Dehnung der letzten Silbe der TCU (Schelgoff 1988: 140). 32 Die Einlösung kann allerdings verzögert werden, indem zunächst eine weitere Paarsequenz eingeschoben wird, beispielsweise, wenn eine Frage zunächst eine Gegenfrage hervorruft und so eine zweite, eingebettete Paarsequenz entsteht. Die Antwort auf die erste Frage muss also nicht direkt an sie anschließen, kann jedoch im weiteren Gesprächsverlauf eingefordert werden. Vgl. auch Kapitel II Präferenz meint keine individuell-psychologische Einstufung von Sprecher- oder Hörerwünschen, sondern bezeichnet einen sozial geregelten, auf Konfliktvermeidung ausgelegten Status, der sich linguistisch in markierten Strukturerscheinungen wiederspiegelt. Zum Präferenzbegriff vgl. Levinson (1983). 28

30 erfolgen meist unmittelbar und sind direkter, kürzer sowie strukturell einfacher als dispräferierte Äußerungen, die häufig verzögert anschließen und indirekter, länger und strukturell komplexer aufgebauter sind (vgl. Schegloff et al. 1977; Pomerantz 1984; Sacks 1987; für einen Überblick: Levinson 1983). Die Präferenzorganisation kann kulturellen Besonderheiten unterworfen sein. Sie operiert kontextsensitiv (Lind 2002: 68). II Sequentielle Organisation Interaktive Gespräche sind typischerweise nicht allein durch Paarsequenzen strukturiert, sondern weisen noch weitere, komplexere Strukturen auf. Es gibt eine ganze Reihe von Gesprächsarten mit erkennbarer Gesamtorganisation (z.b. Telefongespräche), die häufig dreiteilig in Eröffnungs-, Durchführungs- und Beendigungsphase (z.b. Begrüßung, Thema des Anrufs, Verabschiedung) gegliedert sind (vgl. z.b. Schegloff 1979a). Innerhalb dieser Gesamtgliederung lassen sich wiederum einzelne Sequenzmuster isolieren, die von der jeweiligen Aufgabe abhängen, die im Gespräch bewältigt werden soll. Ihre Grenzen können explizit formuliert oder durch Diskursmarker kenntlich gemacht sein. Eine Äußerungshandlung kann beispielsweise eine Vorlauffunktion erfüllen und die Vorbedingungen für die später folgende, eigentliche Handlung abklären. Diese sogenannten Präsequenzen (presequences) können als Strategie zur Vermeidung dispräferierter Folgehandlungen eingesetzt werden (vgl. z.b. Levinson 1983: ). Die eigentliche, präfigurierte Handlung muss nicht zwangsläufig realisiert, sie kann zurückgehalten werden, wenn z.b. beim Vorfühlen vor einer Einladung die als solche erkannte Prä-Einladung schon mit einer Reaktion beantwortet ist, die eine Annahme der eigentlichen Einladung als unwahrscheinlich erscheinen lässt (Kallmeyer 1988: 1099). Neben den Präsequenzen, die einer Handlung vorausgehen, gibt es die Postsequenzen (postsequences). Postsequenzen sind Ablaufformen, die eine bereits abgeschlossene Handlung ausklingen lassen, indem sie z.b. eine Begründung für die ausgeübte Aktivität nachliefern, sie bestätigen oder würdigen. Man spricht von einer Einschubsequenz (insertion sequences), wenn an Stelle eines zweiten Paarteiles eine eigene, neue Sequenz begonnen wird (z.b. wenn eine Frage mit einer Gegenfrage beantwortet wird) (vgl. Schegloff 1968). Die eingeschobene Sequenz ist häufig selbst eine Paarsequenz. Wenn mehrere Sequenzen eingeschoben werden, entsteht eine verschachtelte Struktur, die ihrer konditionellen Relevanz folgend von innen nach außen 29

31 aufgelöst werden muss (Goodwin 1981). 34 Nebensequenzen (side sequences) unterscheiden sich von Einschubsequenzen durch die Tatsache, dass sie nicht anstelle eines relevanten zweiten Paarteils auftreten sondern die vorhergehende Aktivität unterbrechen (vgl. Jefferson 1972). Sie sind insofern nicht Teil der Kernaktivität (z.b. dem Erzählen einer Geschichte), sondern stehen nur in Relation zu ihr. Häufig werden Nebensequenzen zur Klärung von Unklarheiten eingesetzt (z.b. um eine Referenz innerhalb der Geschichte zu spezifizieren) (Lesser & Milroy 1993: 199). Konditionelle Relevanzen werden aufgeschoben, aber nicht aufgegeben. Die sequentielle Ordnung wird im Gespräch schrittweise interaktiv ausgehandelt. Ihr Ziel ist die Herstellung lokaler Kohärenz im Gespräch: the organization of sequences is an organization of action, action accomplished through talk-ininteraction, which can provide to a spate of conduct coherence and order (Schegloff 1990: 53). Besonders bei Aktivitäten, für deren Bewältigung ein Gesprächspartner typischerweise ausgedehnte Redebeiträge benötigt (z.b. beim Erzählen einer Geschichte), wird der kollaborative Charakter deutlich, den die Herstellung sequentieller Ordnung bedeutet. Der Rezipient eines ausgedehnten Redebeitrags zeigt z.b. durch Gewähren des Rederechts und die eigene Beschränkung auf Rezipientensignale, dass er erkennt, welche Handlung der Sprecher ausübt und trägt die sequentielle Organisation mit (Auer 1999: 141). II Rezipientenspezifischer Zuschnitt Die interaktive Kollaboration zweier oder mehrerer Gesprächspartner hängt stark mit ihrer Kontextorientierung zusammen. Konversationsanalytische Arbeiten konnten zeigen, dass Gesprächsteilnehmer ihre Äußerungen auf ihren jeweiligen Adressaten zuschneiden, der ja Teil des Interaktionskontextes ist (vgl z.b. Goodwin 1981: ). Die KA hat hier das Prinzip des rezipientenspezifischen Zuschnitts (recipient design) formuliert (Bergmann 1994: 14). Besonders in deskriptiven Äußerungszusammenhängen wird der rezipientenspezifische Zuschnitt beschreibbar. So stehen einem Sprecher verschiedene Möglichkeiten offen, um innerhalb eines semantischen Feldes z.b. auf bestimmte Orte (vgl. z.b. Schegloff 1972) oder bestimmte Personen (vgl. z.b. Sacks & Schegloff 1979) zu referieren. Die zu verwendende Referenzierungstechnik wählt der Sprecher lokal mit Blick auf das spezifische Vorwissen seines jeweiligen Gesprächspartners aus: 34 Beispielsweise wie im Folgenden schematisch dargestellt: Frage 1 Frage 2 Frage 3 Antwort 3 Antwort 2 Antwort 1. 30

32 in the recipient design of her descriptions, speaker orient to relevant features of the context of the conversation, and in particular what coparticipants know about one another and their circumstances (Drew 1994: 751). Er berücksichtigt die (angenommenen) individuellen Kenntnisse und Bedürfnisse seines Gegenübers und nutzt Bezüge auf die materielle Umgebung sowie auf gemeinsames Wissen und Weltwissen als kommunikative Ressourcen. Der rezipientenspezifische Zuschnitt erleichtert den Gesprächsteilnehmern das Verständnis und ermöglicht die rasche Herstellung von Intersubjektivität. Gleichzeitig beugt er potenziellen Verständigungsproblemen vor (Bergmann 1994: 14). Die Aufgabe, Intersubjektivität herzustellen, liegt sowohl beim Sprecher als auch beim Rezipienten. Der Rezipient interpretiert, wie weiter oben beschrieben, die (indexikale) Äußerung des Gesprächpartners im Rahmen ihrer konditionellen Relevanz. Der Sprecher seinerseits gestaltet seine Äußerung kontextsensibel und damit rezipientenspezifisch, so dass ihr Sinn für seinen Gesprächspartner sichtbar, hörbar, erfahrbar etc. ( accountable ) wird (Auer 1999: 138). Der rezipientenspezifische Zuschnitt erstreckt sich dabei auf alle sprachlichen Ebenen der Gesprächsinteraktion, von der Wortwahl bis zur Wahl des verwendeten Registers. Wo er nicht gelingt und es in der Interaktion zu Verständigungsproblemen kommt, könne Reparaturhandlungen angesetzt werden. II Reparaturen Reparaturen (repairs) sind interaktive Verfahren, die bei Störungen im Gespräch eingesetzt werden, um dessen reibungslosen Ablauf zu sichern oder wiederherzustellen. Sie bearbeiten Probleme des Sprechens, Hörens oder Verstehens 35 (Schegloff et al. 1977: 361) und sind nach geordneten konversationellen Prinzipien organisiert. Gesprächsteilnehmer nutzen Reparaturhandlungen aktiv als kommunikative Ressource zur Wahrung der gefährdeten Intersubjektivität (vgl. z.b. Jefferson 1974; Schegloff 1992c). Durch die Einleitung einer Reparatur wird notwendigerweise die vorherige Gesprächsaktivität unterbrochen und die Reparatur wird zur zentralen Gesprächshandlung. Nach Beendigung der Reparatur kann die ursprüngliche Aktivität fortgesetzt werden (Schegloff, Koshik, Jacoby & Olsher 2002: 7) Freilich sind hier nicht Fälle gemeint, in denen der Rezipient einen Redebeitrag aus inhaltlichen Gründen, z.b. aufgrund von fehlendem Wissen, nicht versteht. 36 Jefferson (1987) klammert eine Art von nicht exponierten, indirekten Korrekturen (embedded corrections) aus dieser Definition aus. In den dort analysierten Sequenzen wird das Reparandum im nächsten relevanten Redebeitrag des Gesprächspartners durch eine korrigierte Version ersetzt und so für das weitere Gespräch bereitgestellt. Für die begrenzte Tauglichkeit dieser Reparaturtechnik vgl. Uhmann 1997: 209, Anm

33 Der syntaktische und interaktionale Effekt auf die reparierte Ausgangsäußerung muss dabei berücksichtigt werden (vgl. z.b. Schegloff 1979b). 37 Reparaturhandlungen sind einerseits ein Teil des Gesprächablaufs, beziehen sich aber andererseits metakommunikativ auf dessen Elemente (Auer 1999: 143). Diese als problematisch empfundenen Elemente werden als Reparanda (repairables oder troublesources) bezeichnet. Dabei spezifiziert die KA nicht, welche Kriterien ein Element erfüllen muss, um zum Reparandum zu werden. Prinzipiell kann jeder Aspekt der Sprachproduktion oder rezeption betroffen sein: Any of the systems and contingencies implicated in the production and reception of talk articulatory, memory, sequential, syntactical, auditory, ambient noise, etc. can fail. Aspects of the production and analysis of talk that are rule-governed can fail to integrate. In short, the exchanges of talk is indigenously and exogenously vulnerable to trouble that can arise at any time (Schegloff 1979b: 269). Entscheidend ist, was die Interaktanten selbst als unklar und reparaturbedürftig wahrnehmen und als solches an die Gesprächsoberfläche transportieren. 38 Die Begriffe Reparatur und Reparandum dienen hier als Oberbegriffe für Phänomene, die im Einzelnen näher beschrieben und kategorisiert werden können. 39 Die von Schegloff et al. (1977) ermittelten Reparaturmechanismen vollziehen sich in verschiedenen sequenziellen Reparaturformaten. Sie werden innerhalb der konversationsanalytischen Forschung anhand dessen unterteilt, durch welchen Gesprächsteilnehmer sie initiiert und durchgeführt werden, sowie in welcher Stellung sie sich im Verhältnis zu dem Redezug befinden, der das Reparandum enthält. Leitet der Sprecher die Reparatur ein, in dessen Redezug das Reparandum situiert ist, so spricht man von selbstinitiierter Reparatur (self-initiation). Geht die Initiierung auf seinen Gesprächspartner zurück, so handelt es sich um fremdinitiierte Reparatur (other-initiation). Repariert der Verursacher selbst, so liegt Selbstreparatur (self-repair) vor, im anderen Fall Fremdreparatur (otherrepair). Schegloff et al. kamen zu dem Ergebnis, dass Selbstinitiierungen und Selbstreparaturen konversationell präferiert sind (Schegloff et al 1977). Eine Selbstreparatur kann im Gegensatz zu einer Fremdreparatur an verschiedenen sequentiellen Positionen ausgeführt werden. Erfolgt sie im selben Redezug wie das Reparandum, so handelt es sich um eine selbstinitiierte redezuginterne Selbstreparatur (same 37 Uhmann (1997) zeigt allerdings (für das Deutsche), dass bei der Realisierung von Reparaturen keine, wie Schegloff 1979 postuliert hatte, eigene Reparatursyntax an Stelle der Satzsyntax tritt (Uhmann 1997: 95f). 38 Es gilt der Grundsatz, dass jede Reparatur von einem Reparandum ausgelöst wird, aber nicht jedes Reparandum zwangsläufig zu einer Reparatur führt. 39 Vgl. für eine Unterscheidung zwischen Reparatur und Korrektur Schegloff et. al (1979), für unterschiedliche Arten von Reparanda Schegloff (1987a). 32

34 turn repair). Sie kann alternativ dazu direkt nach einem TRP an den Redezug anschließen (transition space repair). Ihre dritte mögliche Stellung befindet sich innerhalb des zweiten Redezugs, der auf das Reparandum folgt (third position repair). Diese Struktur kann entweder durch eine im vorangehenden Redezug erfolgte Fremdinitiierung ausgelöst oder vom Sprecher selbst initiiert worden sein. Häufig handelt es sich bei dieser Art von Reparatur um selbstinitiierte Selbstreparaturen: der Sprecher erkennt durch die in der Folgeäußerung inkorporierte Interpretation seiner Äußerung, dass sie von seinem Gegenüber missverstanden wurde und führt eine retrospektive Reparatur durch (Schegloff 1992c). Selbstinitiierte Selbstreparaturen kündigen sich häufig durch glottale Stops (cut-offs), Dehnungen, Planungspausen und Interjektionen (wie z.b. äh, ähm) an (Schegloff et al. 1977: 365). Auch ist häufig eine Erhöhung der Sprechgeschwindigkeit zu beobachten, mittels derer die für die Durchführung der Reparatur benötigte Zeit verringert wird (Uhmann 1997: 221). Signale dieser Art, die auf ein potentiell reparaturbedürftiges Problem schließen lassen, werden auch trouble-indicating behaviour (TIB) genannt (Ferguson 1992: 301). Fremdinitiierungen lassen sich anhand dessen unterscheiden, wie weit sie das Reparandum spezifizieren. Einige Ausdrücke signalisieren nur die Existenz eines Problems (wie z.b. hä?, hm?, bitte?, was?), während andere Initiationstechniken (wie z.b. die Wiederholung des problematischen Elements oder W-Fragen) helfen, es (leichter) zu lokalisieren (Schegloff et al. 1977: ). Im Gegensatz zu Selbstreparaturen können Fremdreparaturen von den Gesprächsteilnehmern nur an einer Position durchgeführt werden, und zwar innerhalb des Redezugs, der direkt an den problematischen Redezug anschließt (NTR, next turn repair). Führt eine Reparatur nicht zum gewünschten Erfolg oder enthält der Reparaturversuch selbst ein Reparandum, so können Mehrfachreparaturen beobachtet werden, die der sequentiellen Implikation folgen (Schegloff 1979b: ). Grundsätzlich lässt sich jedoch festhalten, dass Reparaturen als die zentralen Mechanismen der Verständnissicherung in normalen Gesprächen meist sehr schnell und erfolgreich abgewickelt werden. 33

35 II.3 Aphasische Kommunikation Von Aphasie betroffene Menschen sind in der Interaktion mit Mitmenschen tagtäglich dazu gezwungen, mit ihrer Krankheit umzugehen. Kommunikation kann hier nie reiner Informationsaustausch sein, sondern umfasst immer auch die interaktive Bewältigung aphasischer Probleme. Die experimentell messbaren sprachlichen Beeinträchtigungen eines Aphasikers spiegelt sich dabei im Kontext natürlicher Kommunikation nicht eins zu eins wider. Untersuchungen haben gezeigt, dass unterschiedliche Gesprächsaktivitäten, wie sie in Benenntests, Nacherzählungen oder informellen Gesprächen gegeben sind, Auswirkungen auf Auftreten und Umgang mit aphasischen Störungen haben (vgl. z.b. Ahlsén 1985; Ferguson 1992). Die sprachlichen Beeinträchtigungen haben daher im Alltagsgespräch eine andere Qualität als in experimentellen Kontexten. Es gilt der Merksatz: Aphasiker kommunizieren besser als sie sprechen (Holland 1977: 173; Feyereisen 1991). Mit dieser besseren Kommunikations- als Sprechfähigkeit korreliert das in interaktivem Kontext weniger gestörte Sprachverständnis aphasischer Menschen (vgl. z.b. Pierce 1991). Ausgehend von diesen Beobachtungen erhält die Auseinandersetzung mit aphasischer Kommunikation eine große Bedeutung. Speziell eine konversationsanalytische Fragestellung rückt Aphasie im alltäglichen Gespräch als Forschungsgegenstand in den Vordergrund. Von zentralem Interesse ist, wie Aphasiker im Gespräch interagieren und weswegen sie hier offenbar weniger beeinträchtigt sind, als experimentelle Untersuchungen ihrer sprachlichen Fähigkeiten nahe legen. Welche Ressourcen, Verfahren und Techniken im Umgang mit Aphasie im Gespräch genutzt werden und warum diese eventuell scheitern, zeigt sich an der sprachlichen Oberfläche aphasischer Kommunikation und kann mit den Methoden der KA aufgezeigt werden. Im Folgenden sollen die besondere Eignung der KA für die Aphasieforschung begründet und ausgewählte konversationsanalytische Ergebnisse aufgezeigt werden. II.3.1 Konversationsanalytische Aphasieforschung Die Anwendung der KA auf aphasische Kommunikation erscheint aus mehreren Gründen besonders fruchtbar. Im natürlichen Gespräch lassen sich die interaktiven Konsequenzen einzelner sprachlicher Beeinträchtigungen im Alltag beschreiben und analysieren. Die Folgen der von der kognitiven Neurolinguistik identifizierten Fehlleistungen können an unterschiedlichen Stellen innerhalb des sequentiellen Ablaufs des Gesprächs untersucht 34

36 werden. Möglicherweise können außerdem aphasiebedingte Schwierigkeiten aufgedeckt werden, die durch Testverfahren, die nicht auf Kommunikation fokussieren, nicht erfasst werden (Wilkinson 1999a: 327). Daneben ist die KA die einzige Herangehensweise, die bei der Auswertung der Interaktion explizit jegliches auftretende Detail und alle relevanten Medien berücksichtig, wie die Lautstärke, prosodische Markierungen, Pausen, Interjektionen, Wiederholungen, Überlappungen, Reparaturen, Blick, Gesten und anderes. Gerade diese Phänomene haben in der aphasischen Kommunikation einen besonderen Stellenwert und bieten wichtige Anhaltspunkte für die Qualität und Organisation von Verständigungs- und Verstehensprozessen im Gespräch. So setzen beispielsweise Menschen, die unter schweren Formen von Aphasie leiden, häufig Variationen kleinster verbaler und/oder nonverbaler Elemente systematisch zur interaktionalen Gesprächssteuerung ein (vgl. z.b. Goodwin 1995a, 2003; siehe auch weiter unten, Kapitel II.3.2.3). Die KA geht nicht von einer vorgeprägten Vorstellung von Aphasie aus, sondern untersucht streng empirisch, was im natürlichen Gespräch an der sprachlichen Oberfläche geschieht. So lässt sich ohne Fixierung auf die pathologische Komponente zeigen, wie der Ablauf innerhalb der veränderten Rahmenbedingungen in Gesprächen mit Aphasikern organisiert wird (Milroy & Perkins 1992: 28). Wie Sprachgesunde nutzen auch Aphasiker hierbei den sequentiellen und kollaborativen Charakter von Interaktion (Perkins 2003: 148). Da das Gespräch als solches ein collaborative achievement (Schegloff 1982) darstellt, obliegt die Verantwortung für sein Gelingen allen beteiligten Gesprächsteilnehmern. Die Analyse isolierter Äußerungen eines Gesprächteilnehmers wird daher der Komplexität von kommunikativer Interaktion nicht gerecht. Die KA stellt die geeignete Methode zur Verfügung, um die Äußerungen der Gesprächspartner als Bestandteile des kollaborativ organisierten Gesprächs in ihrem natürlichen sequenziellen Kontext zu erfassen. Gerade durch die sprachlichen Beeinträchtigungen der Aphasiker kommt dem kollaborativen Aspekt in der Kommunikation zwischen Aphasikern und Sprachgesunden eine besondere Bedeutung zu. Ergebnisse konversationsanalytischer Forschung können des Weiteren für eine kommunikationsorientierte Aphasietherapie genutzt werden, da sie Grundlagen für eine Therapieplanung bereit stellen, die auf Wiederherstellung der Kommunikationsfähigkeit abzielt. 35

37 II.3.2 Ergebnisse der Konversationsanalyse Die Forschung über aphasische Kommunikation beschäftigt sich mit unterschiedlichen Aspekten der zwischen Sprachgesunden und Aphasikern stattfindenden Gesprächen, wobei eine Mehrzahl der Arbeiten auf Reparaturverfahren und dem Management aphasiebedingter, interaktiver Probleme fokussiert. Es lassen sich drei zentrale Fragen formulieren, die unterschwellig in all diesen Untersuchungen formuliert werden: 1) Welches sind die Kennzeichen aphasischer Kommunikation? 2) Welche interaktiven Folgen haben die sprachlichen Defizite der Aphasiker für den Kommunikationsvorgang? 3) Müssen die Beteiligen besondere Kompetenzen entwickeln? Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse aus der konversationsanalytischen Aphasieforschung wiedergegeben. Da für die vorliegende Arbeit Erkenntnisse über Reparaturhandlungen im Gespräch mit Aphasikern von besonderer Bedeutung sind, liegt hier der Schwerpunkt. Neben sprachlichen Aspekten der Interaktion sind außerdem nonverbale Kommunikationsmittel und psychosoziale Aspekte relevant. II Interaktionsstrukturen Aphasiker produzieren per Definition in ihren Äußerungen sprachliche Fehler. Je gehäufter sie auftreten, desto eher führen sie zu mehr oder weniger massiven Verständigungsproblemen (Bauer & Kaiser 1982: 29). Aufgrund der Aphasie wird in Gesprächen mit Betroffenen die Herstellung von Intersubjektivität deutlich erschwert: der entscheidende Unterschied zu einem normalen Gespräch besteht nicht etwa darin, dass dieses frei von Vagheit wäre ein unexplizierbarer Rest an theoretischer Vagheit muss in jeder Konversation aufgrund der Tatsache ihrer hoffnungslosen Indexikalität bleiben sondern darin, dass das Maß an zu bewältigender praktischer Unklarheit so groß wird (Auer 1981: 487). Diesem hohen Maß an Unklarheit wird von unterschiedlichen Gesprächspartnern unterschiedlich begegnet. Die Aphasie wird im Gespräch für die Beteiligten zu einem praktischen Problem, mit dem umgegangen werden muss. Dementsprechend ist zu erwarten, dass die Interaktionsstrukturen der aphasischen Kommunikation diesen Umgang mit Aphasie widerspiegeln. Das zentrale Phänomen sind in diesem Zusammenhang Reparaturen, die zur Bearbeitung aphasischer Fehlleistungen und zur Wiederherstellung der gefährdeten Intersubjektivität eingesetzt werden. 36

38 Laut Ferguson (1998) lassen sich die von Sacks et al. (1974) erarbeiteten Mechanismen des Sprecherwechsels auf aphasische Interaktion übertragen. Allerdings bereitet Aphasikern die kurze Zeitspanne, die zur Übernahme eines Redezugs normalerweise zu Verfügung steht, besondere Schwierigkeiten (Lesser & Perkins 1999: 96f). Sie sind häufig nicht in der Lage, in dieser kurzen Zeit einen Redebeitrag zu planen oder begehen aus dem Zeitdruck heraus Fehler, welche die Fertigstellung des Beitrags verzögern. Glindemann (1987) zeigt außerdem, dass Aphasiker immer wieder Probleme haben, ihr Rederecht zu behalten. Dies gilt besonders, wenn der Beitrag durch lange Planungspausen in die Länge gezogen wird. Lesser & Milroy (1993) sehen ebenfalls in den Abweichungen von normalen Zeitmustern die Ursache vieler aphasischer Kommunikationsprobleme. Besonders die Initiierung eines neuen Themas kann für einen Aphasiker zur Herausforderung werden. Gerade zu Beginn eines neuen Themas können Gesprächspartner häufig die Bedeutung des Gesagten nicht sofort erschließen. Daher wird ihnen der Themenwechsel nicht immer klar erkennbar (vgl. z.b. Schegloff 1979b; Wilkinson 1995; Drew 1997; Laakso & Klippi 1999). Gleichzeitig fehlt den Gesprächspartnern der Interpretationsrahmen, auf den sie die Äußerungen des Aphasikers beziehen können. Im Falle von Verständnisschwierigkeiten ist es für die Sprachgesunden dann aus Mangel an Kontext- und Hintergrundwissen oft schwierig, sich an einer kollaborativen Reparatur zu beteiligen (Wilkinson 1995; Lesser & Perkins 1999: 111f). Einzelfallstudien konnten zeigen, dass Aphasiker sich daher unter Umständen scheuen, überhaupt eigene, neue Themen in ein Gespräch einzubringen (vgl. z.b. Booth & Perkins 1999). Die sequentielle Organisation im Gespräch mit Aphasikern kann insofern von normaler Konversation abweichen, als viele kommunikative Aktivitäten (wie die Beantwortung einer Frage, die Reparatur eines sprachlichen Defizits, die Initiierung eines neuen Themas u.a.) häufig mehr Zeit in Anspruch nehmen. Dies schlägt sich in wesentlich ausgedehnteren Sequenzen nieder. Beansprucht beispielsweise die Durchführung einer Reparatur bei Sprachgesunden nur wenige Sekunden und wenige Redebeiträge (Schegloff et al. 1977), so kann sie in aphasischen Gesprächen über Minuten andauern und eine Vielzahl an Redebeiträgen erfordern (vgl. z.b. Lubinski et al. 1980; Milroy & Perkins 1992; Laakso & Klippi 1999; Laakso 1997, 2003). Besonders in der Kommunikation mit von schwerer Aphasie betroffenen Sprechern entstehen so lange Such- und Interpretationssequenzen (vgl. z.b. Goodwin 1995a, 2003; Lind 2002; Borsdorf 2002). Außerdem fällt es sprachgesunden Gesprächsteilnehmern oft schwer, die thematische Kohärenz einer strukturell geforderten Äußerung (wie die Antwort auf eine Frage) als solche zu erkennen, wenn diese vom 37

39 Aphasiker aufgrund seiner sprachlichen Beeinträchtigung formal nicht als solche markiert werden konnte (Auer 1981: ). Trotzdem orientiert sich die sequentielle Organisation im aphasischen Gespräch grundsätzlich an den selben strukturellen Regeln, die auch dem normalen Interaktionssystem zugrunde liegen. Die prospektive Kraft von Äußerungen innerhalb dieser Ordnung wird dabei bewusst als Ressource genutzt, beispielsweise um retrospektiv auf einen bereits eingeführten Gegenstand zu referieren, der aufgrund sprachlicher Probleme nicht direkt benannt werden kann (Wilkinson 1999b: 328). Für die interaktive Gesprächsorganisation scheinen soziale Zusammenhänge wie der Bekanntheitsgrad der Gesprächsteilnehmer und die Gesprächsaktivität eine große Rolle zu spielen (vgl. auch Kapitel II.3.2.2). Auer (1981) verweist auf die sozialpsychologische Dimension von unter Umständen stigmatisierend wirkenden Verbesserungshandlungen (vgl. auch Wilkinson 1995; Rönfeld & Auer 2001). Diese kann einen unerfahrenen Sprecher dazu veranlassen, das Prinzip den Konversationsfluss aufrecht zu erhalten dem Prinzip der Verständigungssicherung überzuordnen. Die Orientierung des Gesprächspartners kann hier in verschiedene Richtungen tendieren. Je nachdem, ob er auf Verständigungssicherung, Gesichtswahrung oder Formkorrektheit ausgerichtet ist, setzt er im Gespräch unterschiedliche Strategien ein (vgl. Bauer 2003). Lindsay & Wilkinson (1999) vermuten, dass Reparaturhandlungen zwischen Ehegatten weniger gesichtbedrohend sind als in anderen Konstellationen. Ferguson (1992, 1994) stellt dagegen in ihren Daten fest, dass gerade mit dem Aphasiker weniger vertraute Gesprächsteilnehmer häufiger Fremdkorrekturen vornehmen und an kollaborativen Reparaturen beteiligt sind als vertraute Gesprächsteilnehmer. In Gesprächen zwischen Aphasikern und Sprachtherapeuten konnte gezeigt werden, dass die Therapeuten aphasische Fehler weniger häufig an der Gesprächsoberfläche exponieren und weniger in Reparaturen eingreifen als andere Sprecher (vgl. z.b. Lubinski et al. 1980; Lesser & Milroy 1993; Wilkinson 1995; Lindsay & Wilkinson 1999). Die Toleranz Sprachgesunder Gesprächspartner für lange (z.t. gefüllte) Pausen in Redebeiträgen oder ausgedehnte Such- und Reparatursequenzen variiert stark, selbst wenn ein Beitrag beispielsweise durch Körperhaltung und Gestik als noch nicht beendet markiert wird. Parallel dazu verändert sich das kommunikative Verhalten der Aphasiker mit ihrem jeweiligen Gesprächspartner, da die einzelnen Redebeiträge rezipientenspezifisch zugeschnitten werden und dem Gesprächspartner einen bestimmten Status zuweisen können (vgl. z.b. Goodwin 1987; Laakso 1997; Simmons-Mackie & Damico 1997; Wilkinson 1999b). Viele Aphasiker halten sich mit Redebeiträgen zurück oder konstruieren bewusst kurze, kaum gesichtsbedrohende Beiträge. So können sie sich zwar interaktiv am Gespräch 38

40 beteiligen, legen es aber großteils in die Hände ihres Gesprächspartners (Lesser & Milroy 1993: 221). Andere bevorzugen die gegenteilige Strategie und produzieren ausgedehnte Redezüge voller Pausen, Abbrüchen und Reformulierungen, die das Erreichen eines TRP verzögern. Diese Techniken können als Strategien der Lückenverdeckung und Zeitgewinnung verstanden werden (vgl. z.b. Rönfeld & Auer 2001: 100). Madden, Oelschlaeger & Damico (2002) zeigen, dass auch Gelächter in aphasischer Kommunikation ähnliche Organisationsstrukturen aufweist wie in sprachgesunder Kommunikation. Mögliche Verschiebungen können in der Funktion desselben ausgemacht werden, da es in ihren Daten häufig in anderen Kontexten aufzutreten und verstärkt der Camouflage von Problemen zu dienen scheint. Uneinigkeit herrscht in der Forschung darüber, ob Reparaturhandlungen in aphasischer Kommunikation mit den Begriffen der KA adäquat zu beschreiben sind und ob die selbe Präferenzhierarchie gilt wie in sprachgesunder Kommunikation. Milroy & Perkins (1992) und Mitarbeiter (vgl. z.b. Perkins et al. 1999; Lesser & Perkins 1999; Perkins 2003) vertreten die Meinung, dass sich aphasische Reparaturen strukturell grundsätzlich von sprachgesunden Reparaturen unterscheiden. Sie plädieren mit Bezugnahme auf Clark & Schäfers principle of least collaborative effort (Clark & Schäfers 1987, 1989) für eine spezifische Sichtweise auf aphasische Reparaturen, die den kollaborativen Aspekt derselben gegenüber einer Unterteilung in Selbst- und Fremdreparaturen in den Vordergrund rückt. Des Weiteren nehmen sie in diesem Zusammenhang eine Verschiebung der Präferenzstrukturen an, wobei der selbstinitiierten Fremdreparatur als dem effektivsten Reparaturformat der Vorzug gegeben wird. Dieser Auffassung widersprechen Autoren, welche die Ansicht vertreten, dass Aphasiker zumindest bei der Initiierung einer Reparatur den selben Techniken und sequentiellen Präferenzen folgen, wie sprachgesunde Sprecher (vgl. z.b. Laakso 1997, 2003; Laakso & Klippi 1999; Oelschlaeger 1999). Die Durchführung der Reparaturen erstrecken sich laut diesen Autoren vor allem deswegen über mehr Redebeiträge als Reparaturen in normaler Kommunikation, weil die Aphasiker hier aufgrund ihrer Beeinträchtigungen häufig weitere Probleme produzieren, die wiederum neue Reparaturen erforderlich machen. Rönfeld & Auer (2001), die den Umgang mit Wortfindungsstörungen bei Normalsprechern, Bilingualen und Aphasikern vergleichen, weisen auf deren starke strukturelle Ähnlichkeiten bei der Bearbeitung hin und plädieren für einen Erklärungsansatz, der aphasisches Sprechen nicht losgelöst von nicht-aphasischen, gleichwohl vergleichbaren Kommunikationssituationen analysiert (Auer & Rönfeld 2001: 106). In diese Forderung stimmt Lind (2002) ein, die nach umfangreichen Analysen aphasischer Kommunikation abschließend feststellt: aphasic 39

41 interaction is not a qualitatively different phenomenon from non-aphasic interaction (Lind 2002: 270). Gleichzeitig betont sie aber, dass sich beide Interaktionsformen nicht völlig gleichen und verweist auf die asymmetrische Kommunikationssituation zwischen den Sprechern: In conversation between aphasic and non-aphasic participants, a more or less pronounced linguistic asymmetry a asymmetry regarding the mastering of the linguistic code in the specific context of faceto-face conversation will inevitably be a pre-given contextual factor influencing the interaction. This asymmetry will generally lead to a higher degree of responsibility on the part of the non-aphasic participant to see to it that the management of the interaction is taken care of (Lind 2002: 270f). Aufgrund der divergierenden sprachlichen Voraussetzungen kommt den sprachgesunden Sprechern eine größere Verantwortung für die Herstellung und Wahrung der Intersubjektivität zu. Möglicherweise bestehen hier Ähnlichkeiten zur Interaktion zwischen Muttersprachlern und nichtmuttersprachlichen Sprechern (Laakso 2003: 182). II Nonverbale Kommunikation Ein Aspekt, der bisher ausgeklammert geblieben ist, soll an dieser Stelle gesondert behandelt werden: der Einsatz nicht-sprachlicher Medien im Gespräch. Nonverbale Kommunikation ist zwangsläufig ein Teil jeder face-to-face-interaktion, da jeder Mensch simultan zu seiner Sprache weitere semiotische Ressourcen wie Körpersprache, Blickbewegungen, Mimik und Gestik gebraucht (vgl. z.b. Goodwin 2000a). Durch ihre Platzierung im Kontext bekommen nonverbale Handlungen interaktive Rekurrenz. Sie dienen zum einen der Interaktionsorganisation, indem sie zur Herstellung gemeinsamer Partizipationsrahmen sowie zur Aushandlung der Sprecherwechsel genutzt werden. Zum anderen können sie sowohl referentiell als auch als Träger semantischer Informationen bedeutungstragend oder modifizierend eingesetzt werden. Wenngleich verschiedene Hypothesen besagen, dass bei aphasischen Menschen auch der nonverbale Bereich geschädigt ist (für einen Überblick vgl. Herrmann 1991b), so steht doch fest, dass Aphasiker mehr noch als Sprachgesunde auf nonverbale Kommunikationsressourcen zurückgreifen (vgl. z.b. Feyereisen & Seron 1982). Dies gilt besonders für schwere Aphasiker, deren Gesten oftmals stark zur Kontextualisierung beitragen und/oder sprachliche Äußerungen ersetzten (vgl. z.b. Simmons-Mackie 1997; Lind 2002; Borsdorf 2002; Goodwin 2003). Lind beispielsweise beschreibt einen Globalaphasiker, der seine sprachlichen Äußerungen in kleinen Dramatisierungen verankert (Lind 2002: 253). Viele seiner Beiträge können erst durch den simultanen Einsatz der ihm zur Verfügung 40

42 stehenden multimedialen Ausdrucksmittel der gemeinsamen Sinnherstellung im Gespräch dienen. Die Fähigkeit, nonverbale Kommunikationsressourcen zu nutzen, scheint in diesem Fall trotz der schweren Beeinträchtigung des Mediums Sprache nicht oder kaum gestört zu sein. Grundsätzlich werden mehr nonverbale Mittel von denjenigen Gesprächsteilnehmern eingesetzt, die einen Redezug ausführen (Schegloff 1988: 143). Beispielsweise nutzen sprachgesunde oder aphasische Sprecher Gesten, um eine sprachliche Äußerung zu verdeutlichen oder zu verstärken, um einen referentiellen Bezug herzustellen oder um in einem Gespräch mit mehreren Teilnehmern die Aufmerksamkeit eines bestimmten Gesprächsteilnehmers zu gewinnen (vgl. z.b. Schegloff 1984, 1988). Die Aufnahme von Blickkontakt bietet eine weitere Möglichkeit, eine Äußerung an einen Gesprächsteilnehmer zu adressieren. Sowohl Sprachgesunde als auch Aphasiker nutzen Blickbewegungen, um sich die Aufmerksamkeit eines Gesprächsteilnehmer zu sichern und zu verfolgen, ob er dem Gesagten folgt. Häufig sucht ein Sprecher zu Beginn und am Ende seines Redebeitrags aktiv den Blickkontakt, wechselt dazwischen aber in eine neutrale Position (vgl. Heath 1984: 257; Lind 2002: 243). Goodwin (1981, 1987) sowie Goodwin & Goodwin (1986) konnten zeigen, dass Blickbewegungen gerade bei Wortlücken eine große Rolle zukommt. Als systematische Komponente von Wortsuchen wird der Blick hier typischerweise vom Gesprächspartner abgewendet: while producing the pause, speaker turns away and makes a face that is recognized as demonstrating that he is searching for the next word in his utterance (Goodwin 1981: 143). Der Sprecher kann durch die Blickabwendung anzeigen, dass er seinen Redebeitrag noch nicht beendet hat. Um Hilfe in seiner Wortsuche zu initiieren, genügt meist die Blickaufnahme mit einem Gesprächsteilnehmer (Goodwin & Goodwin 1986: 62). Wird diese zusätzlich von einer (als Frage intonierten) W-Frage begleitet, so ändert sich der gesamte Partizipationsrahmen: a wh-question with gaze towards the recipient allows the speaker to propose to the recipient a very different type of coparticipation in the search than what has so far been examined. Instead of pursuing the search alone, the speaker is addressing the recipient actively and thus asking the recipient to help him find the word being sought (Goodwin & Goodwin 1986: 63). Die Blickbewegung des jeweiligen Rezipienten bleibt während solcher Sequenzen typischerweise auf den Sprecher gerichtet. Er zeigt dadurch, dass seine Orientierung weiterhin auf den lokalen Redebeitrag des Sprechers ausgerichtet ist und er dessen Abschluss erwartet. Darüber hinaus erkennt er die Suchaktivität des Sprechers als Teil der Gesprächshandlung an und signalisiert seine Partizipation (Goodwin & Goodwin 1986: 54f). Eine ähnliche Funktion 41

43 erfüllen Rezipientensignale (continuer), wie im nonverbalen Bereich beispielsweise Nickbewegungen. Diese signalisieren dem Sprecher dass sein Gesprächspartner verstanden hat, dass er in diesem Moment einen ausgedehnten Gesprächsbeitrag produziert, den er noch weiterführen wird (Schegloff 1988: 143). Fallstudien konnten zeigen, dass Aphasiker die selben nonverbalen Techniken zur Interaktionssteuerung und zur Initiierung von aktiver Kollaboration nutzen, die bei Sprachgesunden gefunden wurden (vgl. vor allem zu Blickbewegungen z.b. Goodwin 1981, 1987; Goodwin & Goodwin 1986 für Interaktion zwischen Sprachgesunden, sowie z.b. Goodwin 1995a; Oelschlaeger 1999; Lind 2002 für Interaktion mit Aphasikern). Der Einsatz nonverbaler Kommunikationsressourcen im aphasischen Gespräch erschöpft sich also nicht in sprachersetzenden Kompensationshandlungen. Gerade bei der konversationsanalytischen Untersuchung der interaktiven Gesprächsorganisation muss die Bedeutung nonverbaler Aktivitäten und ihr Zusammenspiel mit verbalen Äußerungen berücksichtigt werden. II Psychosoziale Relevanz Innerhalb der Aphasiologie werden psychosoziale Folgen von Aphasie mit ganz verschiedenen Phänomenen in Verbindung gebraucht, wie z.b. mit Depressionen, der Verminderung des Selbstwertgefühls, Identitätsfragen, Beziehungsschwierigkeiten, Rollenwechsel, Veränderungen der Lebensumstände, Behinderung und Stigmatisierung (vgl. z.b. Perr 2001: 266; vgl. auch Kapitel II.1.2.3). Für das kommunikative Verhalten aphasischer Sprecher spielen psychosoziale Faktoren eine große Rolle, denn die Bewältigung aphasiebedingter Probleme im Gespräch ist keine sozial neutrale Handlung. Die soziale Ebene tritt neben die linguistische, da jede Störung des Gesprächszusammenhangs die sprachlichen Kompetenzdefizite des Sprechers exponiert: if the trouble source can be traced back to some personal insufficiency, it becomes a socially sensitive event (Perkins 2003: 159). Der Umgang mit diesen aphasiebedingten Störungen ist daher nicht nur von sprachlichen und interaktionalen Anforderungen geprägt, sondern ebenso von den psychosozialen Aspekten des face 40 - und Stigmamanagements (vgl. Goffmann 1955). Im Gespräch zeigt sich die gesichtsbedrohende Wirkung der Beeinträchtigungen besonders, wenn Sprecher große Mühen aufwenden, um diese entweder zu kaschieren oder interaktiv in einer Weise bearbeiten, die den Schaden an ihrer Reputation möglichst klein hält (Rönfeldt 40 Zu Goffmans face-begriff vgl. Auer (1999):

44 & Auer 2001: 106). Die Organisation von Reparaturen im Gespräch kann also durch gesichtswahrende Strategien (mit-)begründet sein (vgl. auch Kapitel II.3.2.2). Goffman unterscheidet zwei grundlegende Arten von (sprachlichen und nichtsprachlichen) Handlungen, durch die ein Mensch versucht, sein Gesicht (face) zu wahren. Dies sind zum einen Vermeidungsprozesse (avoidance process), wozu jede Handlung zählt, die einer Gesichtbedrohung auszuweichen versucht. Zum anderen sind es korrektive Prozesse (corrective process), die eingesetzt werden, sobald sich etwas ereignet, das einen Gesichtsverlust impliziert (Goffman 1955: 217f). Reparaturen zählen zu den korrektiven Prozessen. Sie sind umso gesichtwahrender, desto weniger das akute aphasische Problem und damit die Krankheit exponiert wird (vgl. z.b. Rönfeldt 2001; Auer & Rönfeld 2001; Oelschlaeger & Damico 2003). Erfolgreiches face-management ist abhängig davon, wie eine Reparatur interaktiv organisiert wird, da die Handlungen unterschiedliche soziale Implikationen beinhalten. Eine vom Aphasiker selbstinitiierte Fremdreparatur ist beispielsweise weniger gesichtsbedrohend als eine fremdinitiierte Fremdreparatur, weil sie auf Einladung erfolgt und somit sozial unbedenklicher ist. Die Selbstinitiierung einer Reparatur durch den Eigner einer Äußerung ist im Vergleich zu fremdinitiiertem Eingreifen immer konversationell präferiert (Schegloff et al. 1977). Wird der Reparaturvorschlag zudem als Frage intoniert, so bleibt dem aphasischen Sprecher die Möglichkeit, ihn zu ratifizieren oder zu verwerfen. Der sprachgesunde Gesprächsteilnehmer überlässt ihm so die Verantwortung für seine Äußerung und behandelt ihn als kompetenten Gesprächspartner. Denn indem der Aphasiker den Vorschlag ratifiziert, zeigt er, dass er sowohl die konditionelle Relevanz der Frage als auch den Reparaturvorschlag erkannt hat. Die häufig zu beobachtende Technik der Wiederholung dieses Reparaturvorschlags kann als gesichtswahrende Strategie interpretiert werden, impliziert sie doch, dass er das Wort grundsätzlich durchaus äußern kann (Oelschlaeger & Damico 2003: 218f). Gelingt dem Aphasiker eine zügige, redezuginterne Reparatur, so ist sie sicherlich die am wenigsten gesichtsbedrohende Reparaturhandlung. Sie impliziert noch deutlicher, dass es sich bei der zu reparierenden Äußerung nicht um das Produkt einer prinzipiell fehlenden Kompetenz, sondern um eine momentane Fehlleistung gehandelt hat, die überdies als solche erkannt wurde (vgl. Rönfeld & Auer 2001). Außerdem muss der Aphasiker seinen Redebeitrag nicht aufgeben und kann nach Abschluss der Reparatur, wenn beabsichtigt, als Sprecher im Gespräch fortfahren. Gelingt die redezuginterne Reparatur nicht oder zieht sie sich extrem in die Länge, so wirkt sie dagegen erst recht gesichtsbedrohend, weil sie sowohl das aphasische Problem als auch die großen 43

45 Schwierigkeiten bei der Reparatur exponiert und aus dem momentanen Lapsus ein Kompetenzdefizit macht. Da kommunikative Interaktion eine Form sozialen Handelns darstellt, kann die psychosoziale Relevanz ihrer Organisation nicht in Frage gestellt werden. Bauer vermutet, dass die Beteiligten sich im Aphasiemanagement zu einer Gratwanderung zwischen gesprächstechnischen Anforderungen und den jeweils unterschiedlichen sozialen Implikationen der Verfahren gezwungen sehen, bei der sie unterschiedliche Orientierungsschwerpunkte setzen können (Bauer 2003: 40). Diese unterschiedlichen Orientierungsschwerpunkte evozieren verschiedene Formen des Umgangs mit Hindernissen im Gespräch. Liegt der Orientierungsschwerpunkt der Gesprächspartner auf der Verständigungssicherung, so müssen beispielsweise nur sprachliche Fehler bearbeitet werden, welche die Verständigung gefährden. Wird hingegen Formkorrektheit angestrebt, so wird eine fehlerhafte Äußerung auch dann repariert, wenn das Verständnis bereits gesichert ist (beispielsweise in Form von Lehrübungssequenzen, vgl. Bauer & Kulke 2004). Bei einer Orientierung auf den Schwerpunkt der Gesichtswahrung kann es beispielsweise sein, dass Fehler übergangen werden, obgleich sie die Verständigung beeinträchtigen. Liegen die Orientierungsschwerpunkte der Gesprächspartner zu weit auseinander, so kommt es zu Spannungen, die als kommunikativer Stress an die sprachliche Oberfläche dringen. Die psychosozialen Implikationen der Formen des Problemmanagements lassen laut Rönfeld & Auer (2001: 105) unter Umständen sogar den Schluss zu, dass sich Aphasiker für die gesichtswahrende Alternative [wie die Vermeidung offener Reparaturaktivitäten, A.C.] entscheiden, wenn Verständnissicherung und face-work einander ausschließen. II.4 Zusammenfassung Fasst man die vorgestellten Ergebnisse der konversationsanalytischen Aphasieforschung zusammen, so kann man davon ausgehen, dass sich die Beteiligten aphasischer Kommunikation grundsätzlich der selben Ressourcen bedienen, die sprachgesunder Interaktion zugrunde liegen. Aphasiker nutzen die selben Wissensressourcen und interaktiven Techniken wie Sprachgesunde und setzten diese für ihre spezifischen Zwecke ein, d.h. für die Bewältigung der Aphasie im Gespräch. Unter geeigneten Rahmenbedingungen kann die interaktive und pragmatische Kompetenz der Gesprächsteilnehmer sprachliche Defizite weitreichend ausgleichen (vgl. z.b. Goodwin 1995a; Lind 2002). Hier kommen nonverbalen Mitteln als wichtige Ressourcen große Bedeutung zu. Im Rahmen der multiplen Kontexte im 44

46 Gespräch können aber auch aphasische Symptome wie phonematische und/oder semantische Approximationen und Paraphasien (die in Testsituationen als Fehler gewertet würden) von ihren Gesprächspartnern lokal interpretiert werden. Der kollaborative Charakter von Kommunikation ermöglicht dabei den Rekurs auf Erfahrungen und Hintergrundwissen der Gesprächspartner (Laakso 1997: 42; vgl. auch Feyereisen 1991). Aphasiker kommunizieren also besser als sie sprechen, weil kommunikativer Erfolg im Gespräch das Ergebnis eines interaktiven Prozesses ist. Die Besonderheiten aphasischer Kommunikation bestehen darin, dass die Beteiligten in aphasischen Gesprächen immer auch und in der Regel vordringlich die Aphasie bearbeiten müssen, um die Intersubjektivität und den Fortgang der Interaktion zu sichern. Dabei sind bei den Beteiligten nicht die selben sprachlichen Voraussetzungen gegeben, so dass eine latente Asymmetrie zwischen Aphasikern und Sprachgesunden herrscht. Dieses Kompetenzgefälle birgt für alle Gesprächsteilnehmer Gefahren, da es psychosozial relevant und besonders auf der Ebene des face wirksam ist. Der aphasische Sprecher ist in besonderem Maße auf die Zusammenarbeit mit dem Gesprächspartner angewiesen. Unterschiedliche Zielorientierungen der Sprecher im Aphasiemanagement können daher leicht zu Konflikten und kommunikativem Stress führen. Andererseits bietet die Einbindung des sprachgesunden Gesprächspartners dem Aphasiker Möglichkeiten, die eigenen Schwierigkeiten zu kompensieren. Gemeinsam können aphasiebedingte Probleme bearbeitet und die kommunikative Last geteilt werden (vgl. Perkins & Milroy 1997). Außerdem kann der Sprachgesunde dem Aphasiker in Gesprächen mit mehreren Teilnehmern moderierend (vgl. Bronsdorf 2002) und übersetzend (vgl. Goodwin, Goodwin & Olsher 2002) zur Seite stehen. Ob eine selbstständig durchgeführte oder eine kollaborative Reparatur gesichtswahrend abläuft, hängt von mehreren Faktoren ab. Das sprachlich-interaktive Handeln muss daher im Einzelfall lokal abgewogen und sukzessive ausgehandelt bzw. verändert werden. Missglückt beispielsweise eine Selbstreparatur, so kann der Partizipationsrahmen geändert und eine kollaborative Bearbeitung initiiert werden. Grundsätzlich scheint die Präferenz für selbstinitiierte Reparaturen auch in aphasischer Kommunikation wirksam zu sein. Sofern der Schweregrad der Aphasie eine redezuginterne Reparatur zulässt, wird sie als die normalste und gesichtswahrendste Form bevorzugt (vgl. z.b. Laakso 1997, 2003; Laakso & Klippi 1999; Oelschlaeger 1999). Wie die Bearbeitung eines aphasiebedingten Gesprächshindernisses abläuft, hängt jeweils von den gegebenen sprachlichen, interaktionalen und psychosozialen Bedingungen vor Ort ab (Oelschlaeger & Damico 2003). Sie ist auf allen diesen Ebenen kontextbedingt und kontextschaffend. 45

47 II.4. Lexikalisierungsprobleme Zu den auffälligsten sprachlichen Hindernissen in aphasischer Kommunikation, die es interaktiv zu bewältigten gilt, zählen Lexikalisierungsprobleme. Dabei sind Lexikalisierungsprobleme kein rein pathologisches Symptom. Jeder ist mehr oder weniger häufig davon betroffen, ein bestimmtes Wort nicht abrufen zu können, ein vom intendierten abweichendes Wort zu produziert oder es phonologisch zu entstellen. Diese Phänomene werden bei Sprachgesunden als Wortfindungsstörungen, in speziellen Fällen als TOT- Zustände (tip-of-the-tongue-states, etwas auf der Zunge liegen haben, vgl. Brown & McNeill 1966; Vigliocco, Antonini & Garrett 1997) und als Versprecher bezeichnet (vgl. z.b. Dittmann 2002). Sie ähneln in großem Maße dem, was im aphasischen Kontext unter Wortfindungsstörungen und Paraphasien verstanden wird (vgl. z.b. Blanken 2002). Im Unterschied zu Sprachgesunden leiden Aphasiker allerdings in viel größerem Maße unter Lexikalisierungsproblemen. Es handelt sich hier um ein syndromübergreifendes Symptom, von dem jeder Aphasiker betroffen ist (vgl. Kapitel II.1.1). In den verschiedenen Modalitäten kann es sich auf unterschiedliche Weise darstellen und den Aphasiker in seiner Ausdrucksund Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigen. Tesak beschreibt Lexikalisierungsprobleme in seiner Einführung in die Aphasiologie wie folgt: bestimmte Wörter, die für die normale Ausführung einer Äußerung notwendig wären, können nicht, nur sehr verzögert oder nur partiell abgerufen werden. Besonders deutlich wird dies bei der Aufgabe des Benennens (weshalb diese auch einen hohen diagnostischen Stellenwert hat). Neben Nullreaktionen kann es dann zu phonologischen Paraphasien oder Neologismen kommen, andererseits auch zu verbalen Paraphasien, bei denen statt des Zielwortes ein anderes, nicht intendiertes Wort produziert wird (Tesak 1997: 11). Tesak folgt mit seiner Beschreibung einer psycholinguistisch orientierten Herangehensweise. Psycholinguistisch betrachtet stellen Lexikalisierungsprobleme Fehlleistungen im Gebrauch lexikalischen Wissens dar. Um ein intendiertes Wort äußern zu können, muss der Sprecher auf die Gedächtnisrepräsentation des jeweiligen Wortes zurückgreifen, die in seinem mentalen Lexikon gespeichert ist. Die aktuellen Sprachverarbeitungsmodelle gehen davon aus, dass die verschiedenen linguistischen Eigenschaften von Wörtern auf verschiedenen funktionalen Ebenen repräsentiert werden (Schriefers & Jescheniak 2003: 252). Allerdings besteht zwischen unterschiedlichen Modellen bisher keine Einigkeit darüber, welchen Gesetzen Repräsentation, Informationsübertragung und Verabreitungsfluss unterliegen und ob Rückkopplungseffekte (feedback) zwischen einzelnen Ebenen anzunehmen sind (vgl. z.b. Blanken 1991, 2002). Übereinstimmung besteht in der Auffassung, dass im mentalen Lexikon die Wortformen offensichtlich in mehreren Dimensionen geordnet (Dittmann 2002: 290) sind. Ebenso wird bei der Wortverarbeitung zwischen einer (konzeptuell-) semantischen, 46

48 einer syntaktischen und einer phonologischen Ebene unterschieden (vgl. z.b. Schriefers & Jescheniak 2003). Eine Diskussion der unterschiedlichen Sprachverarbeitungsmodelle kann im Rahmen dieser Arbeit nicht erfolgen. Als veranschaulichendes Beispiel für einen möglichen Verarbeitungsablauf soll das Sprachverarbeitungsmodell von Levelt dienen. Levelt nimmt in seinem aktuellen Konzept folgende Schritte in der Einzelwortverarbeitung an: 1. Aktivierung des lexikalischen Konzepts (conceptual preparation) 2. Auswahl der lexikalisch-syntaktischen Repräsentation (Lemma) (lexical selection) 3. Enkodierung der morpho-phonologischen Eigenschaften (morpho-phonological encoding) 4. Phonetische Enkodierung und Artikulation (phonetic encoding and articulation) (vgl. Levelt 1989; Levelt et al.1999; Levelt & Meyer 2000: ). Fehlleistungen in der Lexikalisierung gehen demnach auf Fehler zurück, die sich zwischen der Aktivierung des lexikalischen Konzepts und der tatsächlichen Artikulation ereignen. Der Begriff Lexikalisierungsprobleme subsummiert diese unterschiedlichen Sprachverarbeitungsstörungen in Wortzugriff, Wortwahl oder Enkodierung und grenzt sie gegenüber prälexikalischen (konzeptionellen) und postlexikalischen (z.b. artikulatorischen) Störungen ab. Nicht alle Sprachverarbeitungsstörungen gelangen zwingend an die sprachliche Oberfläche, da die Sprachverarbeitung ständigen, online wirksamen Selbstüberwachungsprozessen (monitoring) unterliegt. Wenngleich sich aus experimentell erhobenen Daten Evidenzen für bestimmt Modellvorstellungen ableiten lassen, ist noch kein Modell in der Lage, die komplexen inneren Vorgänge der Sprachverarbeitung vollständig abzubilden. Auf welcher Ebene ein spezifisches Lexikalisierungsproblem angesiedelt und erklärt wird, hängt daher immer von der jeweils zugrundegelegten Modellvorstellung ab. Durch die interaktiv orientierte Fragestellung der vorliegenden Arbeit rücken die spezifischen kognitiven Ursachen in den Hintergrund, die einem bestimmten Lexikalisierungsproblem im Gespräch zugrunde liegen. Ihr konversationsanalytischer Ansatz beschäftigt sich nicht mit der Kategorisierung des auftretenden Lexikalisierungsproblems, sondern mit der Analyse der Strategien, mit deren Hilfe es den Interaktionspartnern gelingt, mit dieser Störung umzugehen. Da meines Wissens keine Studien vorliegen, in denen Lexikalisierungsproblemen aus natürlichen Interaktionszusammenhängen ihren kognitiven Entstehungsorten zugewiesen werden, lassen sich, ausgehend von der sprachlichen Oberfläche, keine gültigen Rückschlüsse über die einem bestimmten Lexikalisierungsproblem zugrundeliegende Störung der Sprachverarbeitung ziehen. 41 Nicht jedes Phänomen, das sich im Gespräch beispielsweise als 41 Ausgenommen sind Analysen von Korpora spontaner Versprecher. 47

49 Wortlücke oder Wortsuche präsentiert, kann a priori auf eine Blockade im Wortzugriff zurückgeführt werden. Um diese Vorstellung nicht zu implizieren, wird innerhalb dieser Arbeit bewusst mit dem Begriff Lexikalisierungsproblem operiert. II.4.1 Lexikalisierungsprobleme im Gespräch Wortwahl und Wortverarbeitung werden in der aphasiologischen Forschung fast ausschließlich als innere, kognitive Prozesse verstanden und untersucht. Äußere Einwirkungen auf die Prozesse der Lexikalisierung bleiben bei experimentellen Untersuchungen weitgehend ausgeklammert, obwohl gezeigt wurde, dass sie auch hier kontextsensitiv und aufgabenabhängig erfolgen (vgl. z.b. Levelt 1989). Besonders drastisch werden Lexikalisierungsprozesse unter natürlichen Gesprächbedingungen beeinflusst, wo andere und vielfältigere Faktoren einwirken, als in Testsituationen. Ein Sprecher richtet seine Wortwahl z.b. auf spezifische Gesprächsaufgaben, den kommunikativen Kontext und das angenommene Wissen seines Gesprächspartners (recipient design, vgl. Kapitel II.2.3.3) aus. Beispielsweise verwendet er im Gespräch mit bestimmten Personen fachsprachliche Begriffe, die er anderen gegenüber durch allgemeinverständliche Ausdrücke ersetzt. Oder er verwendet anstelle eines Begriffs eine Proform, weil der Begriff im Gesprächszusammenhang schon gefallen ist. Diese Faktoren, die im Gespräch auf die Lexikalisierungsprozesse einwirken, können im Falle von Lexikalisierungsproblemen wiederum adaptiv genutzt werden (beispielsweise durch die Verwendung von Proformen anstelle der problematischen Begriffe). Wie in den Kapiteln II.2 und II.3 gezeigt wurde, unterliegt interaktive Kommunikation strukturellen und formalen Regeln. Daher erhalten auch Lexikalisierungsprobleme im natürlichen Gesprächszusammenhang eine andere Qualität als beispielsweise im experimentellen Benennen: sie wirken sich massiv auf das Gespräch aus, müssen interaktiv bewältigt werden und sind psychosozial relevant. Wie Goodwin & Goodwin (1986) betonen, ist ein Lexikalisierungsproblem, das sich beispielsweise in einer Wortsuche äußert, not simply a cognitve process which occurs inside a speakers s head, but rather (is) a visible activity that others can not only recognize but can indeed participate in. (Goodwin & Goodwin 1986: 52) Wie diese Aktivität organisiert wird, muss im Gespräch lokal ausgehandelt werden, da allen Gesprächsteilnehmern stets alternative Handlungsmöglichkeiten zur Wahl stehen, über die sie (gemeinsam) entscheiden müssen. Sie betreffen vor allem das auf das Problem ausgerichtete Verfahren, den Partizipationsrahmen und die konkreten Reparaturtechniken: 48

50 Kann die Störung übergangen bzw. camoufliert werden, oder soll sie an der Gesprächsoberfläche bearbeitet werden? Wenn ja, unter welcher Beteiligung wird diese Bearbeitung organisiert? Soll versucht werden das Lexikalisierungsproblem gemeinsam zu lösen oder möchte der Aphasiker es selbständig angehen? Welche Techniken eignen sich im konkreten Fall dafür? Und wie gelingt der Ausstieg aus einer - womöglich - gescheiterten Bearbeitung? Fragen dieser Art beantworten sich im Gesprächszusammenhang meist im Bruchteil von Sekunden. Nicht selten entstehen dabei Verfahrenskonflikte, wenn die Gesprächsteilnehmer unterschiedliche Ziele verfolgen (vgl. Bauer 2003). Grundsätzlich lassen sich zwei Verfahrenstypen unterscheiden: entweder wird das Problem übergangen bzw. camuofliert und damit nicht an der sprachlichen Oberfläche exponiert oder es wird explizit zum Gegenstand der Interaktion gemacht und bearbeitet. Aufgrund der retro- und prospektiven Orientierung der Sinnherstellung im Gespräch besteht die Möglichkeit, dass ein übergangenes Problem (beispielsweise aus face-gründen) sich als irrelevant herausstellt oder sich zu einem späteren Gesprächszeitpunkt auflöst. Gerade in aphasischer Kommunikation ist dies aber heikel, dort findet nämlich die ex post-erklärung oft nicht mehr statt. Es ist dann aber schwierig, die Konversation wieder auf eine frühere Stelle zurückzulenken und deren übermäßige Indexikalität einzuklagen (Auer 1981: 491f). Wird das Lexikalisierungsproblem bearbeitet, so bedeutet dies eine temporäre Unterbrechung der vorherigen Gesprächsaktivität zugunsten der eingeleiteten Reparaturhandlung. Diese Reparatur kann prinzipiell von allen Gesprächsteilnehmer initiiert und durchgeführt werden (vgl. Kapitel II.2.3.4). Sie nimmt dabei ganz unterschiedliche Formen an, wie beispielsweise in sogenannten hint-and-guess-sequenzen (vgl. Lubinski et al. 1980; Laakso & Klippi 1999) oder Sprachübungssequenzen (vgl. Bauer & Kulke 2004). Besonders bei flüssigen Aphasien versucht der Aphasiker oftmals - der Präferenzhierarchie folgend (vgl. Kapitel II.3.2.1) - das Lexikalisierungsproblem selbstständig zu bearbeiten und eine redezuginterne Reparatur durchzuführen. Von vielen Aphasikern wird eine kollaborative Partizipation an der Reparatur erst dann initiiert, wenn ein vorangehender Selbstreparaturversuch zu scheitern droht (Laakso & Klippi 1990: 360). II.4.2 Redezuginterne Reparaturen In sprachgesunder Konversation werden die meisten Reparaturen innerhalb des Redezugs initiiert, in dem das Reparandum situiert ist. Von diesen Reparaturinitiierungen wird ebenfalls 49

51 die Mehrheit erfolgreich im selben Redezug ausgeführt, so dass redezuginterne Reparaturen das prominenteste Reparaturformat darstellen (Schegloff et al. 1977: 369). Typischerweise vollzieht sich eine solche Reparatur, nachdem der Sprachfluss des Sprechers durch ein auftretendes Problem unterbrochen wird, so dass er eine Reparatur initiiert und durchführt: the basic format for same-turn repair is, then, self-initiation with a non-lexical initiator followed by candidate repair (Schegloff et al. 1977: 376). Psycholinguistische Untersuchungen zeigen, dass die Initiierung in der Regel noch während der Produktion eines Reparandums (beispielsweise durch Wortabbruch) oder aber unmittelbar im Anschluss daran stattfindet (vgl. Levelt 1983). Für den Ablauf der Selbstreparatur spielen die Selbstüberwachungsprozesse (monitoring) der Sprachproduktion eine große Rolle. Levelt unterscheidet drei typische Phasen im Ablauf redezuginterner Reparaturen: die erste Phase besteht aus der Monitorleistung, also der Wahrnehmung des Reparandums, und der Unterbrechung des Redeflusses. Die zweite Phase ist durch Interjektionen, Pausen und anderes trouble-indicating behaviour gekennzeichnet. Die dritte Phase schließlich wird durch die Reparaturausführung definiert. Wird keine Reparatur initiiert, so die These Levelts, dann liegt ein Scheitern der Selbstüberwachung zugrunde (vgl. Levelt 1983). Allerdings klammert Levelt den interaktionalen Einfluss aus, der für den Ablauf von Selbstreparaturen im Gespräch besteht. Seinem Modell liegen experimentell ermittelte Daten zu Grunde, so dass seine Ergebnisse nicht auf natürliche Interaktion übertragbar sind. Der Sprecher im Leveltschen Modell muss kein Eingreifen durch einen Gesprächspartner fürchten, daher kann er zum Beispiel unabhängig von möglichen Turnübergabepunkten und Sprecherwechseln agieren. Im natürlichen Gespräch ist dies nicht möglich. Dafür kann ein Sprecher hier trotz intakter Selbstüberwachung auf eine Reparatur verzichten oder diese nicht beenden, wenn ihm sein Gesprächspartner Verstehen signalisiert. Das Erreichen des Punktes, der das Ende der TCU vorhersehbaren macht (pre-possible completion point) (vgl. Schegloff 1996; Lerner 1996) könnte den Zeitpunkt markieren, ab dem eine redezuginterne Reparatur überflüssig wird oder aus ihrer Vollendung ausgestiegen wird. Aphasischen Sprechern wird häufig eine Beeinträchtigung der Monitorleistung unterstellt (vgl. z.b. Ejeilat, Hielscher & Laubenstein 1998; Lesser & Perkins 1999; Perkins et al. 1999; Oomen, Postma & Kolk 2001). Eine verringerte Fähigkeit in der Überwachung der eigenen Sprachproduktion hat natürlich Folgen für die selbstständige Initiierung und Durchführung von Reparaturen. Allerdings kann, wie bei sprachgesunden Sprechern auch, nicht bei jeder fehlenden Reparaturinitiierung auf ein Versagen der Monitorfunktion rückgeschlossen werden. Psychosoziale Faktoren und sprachliche Beeinträchtigungen, die eine rasche 50

52 Selbstreparatur erheblich erschweren, können das Übergehen eines Reparandums unabhängig von Selbstüberwachungsmechanismen begründen (vgl. z.b. Laakso 1997; Rönfeld & Auer 2001; Perkins 2003): aphasic speakers may not be as deficient in self-monitoring their aphasic errors as has been proposed in previous studies. It seems plausible that they make decisions concerning whether and how they indicate awareness of trouble and whether they self-initiate repair in connection with their aphasic words. This is consistent with the observation that the relationship between error detection and selfrepair is not straightforward. (Laakso 1997: 187) Gleichzeitig gilt es festzuhalten, dass eine große Anzahl von aphasiebedingten Hindernissen im Gespräch trotz der erschwerten Bedingungen wie im sprachgesunden Gespräch redezugintern bearbeitet werden. 42 Dabei werden unterschiedliche, kontextsensitive Bearbeitungsstrategien interaktiv eingesetzt. II Prä- und postinitiierte Selbstreparaturen Innerhalb redezuginterner Reparaturen können nach Laakso (1997) zwei grundsätzliche Reparaturformate unterschieden werden, die durch die Stellung der Reparaturinitiierung zum Reparandum definiert werden: postinitiierte und präinitiierte Selbstreparaturen (Laakso 1997: 76-79). Im Falle der postinitiierten Selbstreparatur wird eine Reparatur eingeleitet, nachdem das Reparandum artikuliert wurde. In der Regel wird das Reparandum (z.b. ein Wort) durch ein anderes Element ersetzt, wie im Falle eines Versprechers. Die prototypische Form der postinitiierten Selbstreparatur ist die redezuginterne Selbstkorrektur (vgl. Schegloff et al. 1977). Die folgenden Beispielen zeigen jeweils die postinitiierte Selbstreparatur durch (1) einen sprachgesunden englischen Sprecher und (2) einen deutschsprachigen Aphasiker aus dem Korpus der Arbeit. 43 (1) 1 A: That sto:re has terra cotta floors. 2 ((pause)) 3 Not terra cotta. 4 Terrazzo. (aus: Schegloff et al. 1977: 376) 42 Durchschnittlich etwas mehr als ein Drittel der Lexikalisierungsprobleme im Gespräch werden laut Laakso (1997: 186) bei flüssiger Aphasie selbstständig bearbeitet. 43 Alle deutschsprachigen Beispiele, die in dieser Arbeit verwendet werden, stammen aus dem der Arbeit zugrundeliegenden Datenkorpus. Zur Datenerhebung vgl. Kapitel III.1.1. Zur Notation und Zuordnung der Abkürzungen vgl. Kapitel III Der Aphasiker ist in den Beispielen daran zu erkennen, dass beide Buchstaben seines Kürzels groß geschrieben sind. 51

53 (2) 1 Fa: <<lesend>damit machen sie!ihm! (.) garantiert (.) 2 eine FREUde. 3 (4.3) 4 <<pp>moment da möcht ich mal guckn>. 5 (7.3) 6 HA: mir macht man KEIN- (.) 7 m MIR macht [man] <<len>keine> (--) 8 Fa: [äh ]; 9 HA: freude mit SOwas. (Familie A, Aufnahme a11, t: 0:07:08) Im ersten Beispiel (1) ersetzt der Sprecher das Reparandum (terra cotta) nach Abschluss der TCU durch ein anderes Wort (terrazzo). Die Reparaturinitiierung erfolgt während der Pause im TRP. Der Sprecher verwendet das nicht X, Y -Format (vgl. Schegloff 1977: 376), durch dessen nicht X -Komponente (not terra cotta) das Reparandum explizit lokalisiert wird. Die Reparatur im zweiten Beispiel (2) vollzieht sich innerhalb der TCU. Unmittelbar nach dem Reparandum (kein) bricht der Sprecher den angefangenen Redezug ab und wiederholt ihn, wobei das Reparandum durch das intendierte, aufgrund der Verlangsamung des Sprechtempos markierte Wort (keine) ersetzt wird. Wie in den Beispielen (1) und (2) gezeigt, kann die Reparaturinitiierung in redezuginternen, postinitiierten Selbstreparatur entweder in der selben TCU wie das Reparandum situiert sein oder im TRP erfolgen. 44 Im Gegensatz zur postinitiierten Selbstreparatur wird eine präinitiierte Selbstreparatur nur innerhalb der betroffenen TCU eingeleitet, nämlich bevor das zu reparierende Element artikuliert wird. Der Sprecher repariert gewissermaßen die projizierte Schwierigkeit, das Wort zu äußern, die sich an der Oberfläche in trouble-indicating behaviour manifestiert (vgl. Kapitel II.2.3.4), wie im Falle einer Wortlücke durch Pausen und Interjektionen. Die prototypische Form dieses Reparaturformats ist die redezuginterne Wortsuche. Schlenck, Huber & Willmers (1987) verwenden in diesem Zusammenhang anstelle des Reparaturbegriffs (repair) die Bezeichnung prepair. Sie beschreiben präinitiierte Selbstreparaturen als various forms of searching behaviour which are not preceded by an error and which seem to aim at a following part of the utterance (Schlenck et al. 1987: 226f). Auch hier soll als Beispiel die Repartur eines Lexikalisierungsproblems durch (3) einen sprachgesunden englischen Sprecher und (4) einen deutschsprachigen Aphasiker zur Illustration dienen: 44 Nicht redezuginterne postinitiierte Selbsreparaturen befinden sich im zweiten auf das Reparandum folgenden Redezug (third position repair) (vgl. Schegloff 1997). 52

54 (3) 1 C: B t, 2 a-another one theh wentuh school with me wa:s a girl 3 na:med uh, 4 (0.7) 5 W t th hell wz er name. 6 Karen. 7 Right. 8 Karen. (aus: Schegloff et al. 1977: 363) (4) 1 Fa: wo war der VORher? 2 (2.2) 3 HA: bei der- 4 (3.3) 5 <<p><<len>bei der> (-) wie heißt das; 6 (2.0) 7 <<p>bei der> ah:: (-) <<f>alpina>. (Familie A, Aufnahme a11, t: 0:19:38) Im ersten Beispiel (3) gelingt dem Sprecher der Zugriff auf den gesuchten Namen (Karen) nicht sofort. Seine Schwierigkeiten äußern sich in trouble-indicating behaviour, das aus Dehnungen (wa:s, na:med) unmittelbar vor der Wortlücke, gefüllten (uh) und ungefüllten Pausen ((0.7)) sowie einem metasprachlichen Kommentar (w t th hell wz er name) besteht. Nachdem dem Sprecher der Name einfällt, bestätigt er den Erfolg seiner Wortsuche durch die Ratifizierung (right) und erneute Wiederholung (Karen) des gesuchten Namens. Ganz ähnlich verläuft das zweite Beispiel (4). Der aphasische Sprecher hat Probleme, den Namen einer bestimmten Firma (alpina) zu produzieren. Diese Schwierigkeiten zeichnen sich bereits durch die lange Pause ((2.2)) vor seiner Übername des Redezugs aus. Die begonnene TCU bricht dann auch unmittelbar vor dem Problem ab (bei der), so dass erneut eine lange ungefüllte Pause entsteht ((3.3)). Der Sprecher wiederholt daraufhin erneut, aber verlangsamt und mit reduzierter Lautstärke, den Anfang des Redezugs (bei der) und kommentiert seine Wortsuche auf der Metaebene (wie heißt das). Nach einer ungefüllten Pause ((2.0)) wiederholt er ein weiteres Mal leise den unterbrochenen Redezug und artikuliert dann den Anlaut des gesuchten Wortes (ah::). Die erfolgreiche Nennung des Anlautvokals hat möglicherweise deblockierende Wirkung: er kann den Firmennamen nun nennen (alpina). Das Ende der Reparatur und die gleichzeitige Vollendung der TCU werden durch die Erhöhung der Lautstärke und die fallende Intonation deutlich markiert. Wie in den vorgestellten Beispielen, nimmt die Durchführung einer präinitiierten Selbstreparatur generell mehr Zeit in Anspruch als die einer postinitiierten Selbstreparatur (Laakso 1997: 79). Im Gesprächszusammenhang können die Formate sich einander annähren: 53

55 präinitiierte Selbstreparaturen nehmen ähnliche Strukturen an wie postinitiierte Selbstreparaturen, wenn ein Element, das als möglicher Reparaturversuch produziert wurde, wieder verworfen wird. In diesen Fällen wird im Weiteren dennoch von präinitiierten Selbstreparaturen gesprochen. Dasselbe gilt im umgekehrten Fall. Im Fokus der vorliegenden Arbeit stehen redezuginterne Reparaturen aphasischer Lexikalisierungsprobleme, die sich im Äußerungszusammenhang als Wortlücken präsentieren, also präinitiierte Selbstreparaturen. Wie die Beispiele (3) und (4) andeuten konnten, weisen diese ganz unterschiedliche Strukturen auf. Ich gehe von der Annahme aus, dass sich bestimmte Muster isolieren lassen, in denen sich redezuginterne präinitiierte Selbstreparaturen vollziehen. Inwiefern diese Muster mit unterschiedlichen Bearbeitungsstrategien korrelieren und welche Faktoren bei der Auswahl dieser Bearbeitungsstrategien zum tragen kommen, soll anhand der empirischen Daten überprüft werden. II Forschungsstand Aufgrund des großen Interesses an kollaborativen Bearbeitungsverfahren aphasischer Lexikalisierungsprobleme liegen nur wenige Arbeiten vor, die sich mit redezuginternen Reparaturen im Gespräch beschäftigen. Wenngleich verschiedene Auffälligkeiten und Techniken beobachtet und referiert worden sind, so ist doch insgesamt noch wenig über diese Bearbeitungsstrategien bei Aphasie bekannt. Ergebnisse speziell zu präinitiierten Selbstreparaturen lassen sich überall dort extrahieren, wo redezuginterne Wortsuchen analysiert werden, da präinitiierte Selbstreparaturen von vielen Autoren als Wortsuchen interpretiert werden. Im Folgenden werden die vorhandenen Arbeiten zusammengefasst, die sich mit aphasischen Selbstreparaturen auseinandersetzen. Marshall (1976), Farmer (1977), Marshall & Tompkins (1982) und Holland (1982) gehen in ihren Untersuchungen von experimentellen Daten aus und suchen nach Strategien, mittels derer Aphasiker ihre Lexikalisierungsprobleme kompensieren. Ahlsén (1985) und Penn (1988) verwenden Videoaufnahmen natürlicher Gespräche, um ebenfalls aphasische Kompensationsstrategien zu beschreiben, analysieren diese aber nicht mit konversationsanalytischen Methoden. Perkins (1993), Laakso (1997), Rönfeld & Auer (2001) und Helasvuo, Laakso & Hamo (2004) arbeiten sowohl mit natürlichen Gesprächsdaten als auch mit den Methoden der KA. Sie analysieren 54

56 redezuginterne Reparaturformate und ihre Funktionen im Gespräch, wobei Rönfeld & Auer (2001) ein besonderes Augenmerk auf deren psychosoziale Implikationen richten. Eine frühe Studie von Marshall (1976) beschäftigt sich mit redezuginternen Bearbeitungsstrategien bei Aphasikern, die Schwierigkeiten zeigen, ein bestimmtes Wort zu äußern. Vermutlich handelt es sich vorrangig um präinitiierte Reparaturen von Lexikalisierungsproblemen. Marshall untersucht 18 Aphasiker und beschreibt als Bearbeitungstechniken eine Verlangsamung des Redeflusses mit Hesitationen und Planungspausen, semantische und phonematische Approximationen, Umschreibungen sowie die Verwendung sinnentleerter Ersatzwörter ( empty words, Marshall 1976: 446). Letztere interpretiert er als Versuch, die Mithilfe des Gesprächspartners bei der Wortsuche zu initiieren. Ähnliche Phänomene wie Marshall beobachtet auch Farmer (1977) bei 19 untersuchten Aphasikern, wobei in ihren Daten Verzögerungstechniken am prominentesten auftreten. Dabei stellen sie fest, dass der Erfolg der Selbstkorrekturen mit dem Schweregrad der Aphasie, nicht aber mit dem Aphasietyp korreliert. Außerdem vermutet Farmer, dass unterschiedliche Arten von Lexikalisierungsproblemen unterschiedliche Reparaturformate hervorrufen. Marshall & Tompkins (1982) untersuchen das Selbstreparaturverhalten von 46 Aphasikern bei experimentellen Benennaufgaben. Sie klassifizieren die Antworten der Patienten nach der Art der Reparatur und ihrem Erfolg. Hier unterscheiden sie jeweils drei Kategorien. Bei den erfolgreichen Selbstreparaturen sind dies unmittelbare und mühelose Selbstkorrekturen (immediate correction), verzögerte und mühevolle Selbstkorrekturen (effortful correction) sowie Selbstreparaturen, die mittels verbaler oder nonverbaler Verweise und Beschreibungen erfolgen (cued correction). Zu den nicht erfolgreichen Selbstreparaturen zählen einfache inadäquate Bennenversuche (acknowledged single errors) und mehrfache inadäquate Benennversuche (acknowledged multipe errors), die als solche erkannt werden, sowie inadäquate Benennversuche, die nicht eindeutig als solche erkannt werden (multiple errors). Eine Unterscheidung zwischen prä- und postinitiierten Selbsteparaturen wird nicht vorgenommen. Aufgrund des methodischen Vorgehens ist aber anzunehmen, dass von den Aphasikern beide Reparaturformate verwendet werden. Dies gilt auch für die Studie von Holland (1982). Hier wird das kommunikative Verhalten von 40 Aphasikern mittels Teilnehmender Beobachtung von familiärer Alltagskommunikation untersucht. Im Zusammenhang mit Lexikalisierungsproblemen werden folgende 55

57 Bearbeitungs- und Kompensationsstrategienstrategien beschrieben: Umschreibung, Buchstabierung oder Niederschrift des Zielwortes, Verwendung eines stark assoziierten Begriffs zur Selbstdeblockierung (häufig im nicht X, Y -Format), Reformulierung der begonnenen Äußerung, Verweis auf eine Wortliste oder ein Objekt sowie nonverbale Erklärung durch Gesten. Holland betont, dass keine Abhängigkeit der kommunikativen Muster von dem aphasischen Syndrom resultiert (Holland 1982: 53). Im Gegensatz zu den bereits genannten Autoren geht Ahlsén (1985) bei der Untersuchung von Wortfindungsstörungen von auf Video aufgenommenen Reparaturhandlungen im Gespräch aus, untersucht diese aber nicht mit konversationsanalytischen Methoden im engeren Sinne. Vermutlich befasst sie sich vorwiegend mit präinitiierten Reparaturen, da diese als typische Indikatoren für Wortfindungsstörungen interpretiert werden können. Zu den Signalen der Reparaturinitiirung zählt Ahlsén Pausen, die länger als drei Sekunden dauern, verbale und nonverbale Zeichen dafür, dass ein begonnener Redezug noch nicht beendet ist (beispielsweise metasprachliche Kommentare wie wie heißt das noch? oder eine erhobene Hand), Umschreibungen, Gesten, die Zögern oder Nachdenken ausdrücken (beispielsweise sich am Kopf kratzen) und Hilfsaufforderungen an den Gesprächspartner. Sie stellt fest, dass die 10 von ihr untersuchten Aphasiker häufig verbale und nonverbale Bearbeitungsstrategien kombinieren. Gleichzeitig vermutet sie eine Korrelation zwischen den unterschiedlichen Aphasietypen und Strategien: Different types of aphasics use different patterns of word finding behaviour (Ahlsén 1985: 93). Penn (1988) untersucht die von insgesamt sechs Aphasiker verwendeten Kompensationsstrategien im Gespräch mit ihrem Therapeuten und die Effektivität dieser Strategien. Häufig werden hierbei Lexikalisierungsprobleme bearbeitet. Penn unterscheidet sieben unterschiedliche Strategietypen mit insgesamt 32 Techniken: 1. Vereinfachungen (kurze TCUs, Veränderte Wortstellung, Linksherausstellungen, direkte Rede, Pronominalisierung), 2. Ausführungen (Umschreibungen, Funktionsbeschreibungen, Ausschließungen, Koordination, Modifikation), 3. Wiederholungen (Wiederholung eigener Äußerungen, Wiederholung fremder Äußerungen, variierte Wiederholung, revidierte Widerholung), 4. das Aufrechterhalten des Redeflusses (Platzhalter, Stereotype, gefüllte Pausen), 5. soziolinguistische Techniken (Mechanismen des Sprecherwechsels, Selbstkorrektur, Kommentare, Themenwechsel, verständigungssichernde Fragen, Pausen), 56

58 6. nonverbale Techniken (ersetzende Handlungen, unterstützende Handlungen, informationsergänzende Handlungen, Hilfshandlungen, Verwendung alternativer Modalitäten) sowie 7. Hörerstrategien (veränderter Input (Länge, Geschwindigkeit), Ja/Nein-Fragen, konversationelle Puffer, Verwendung von Stichwörtern). Die untersuchten Aphasiker weisen trotz ähnlicher Schädigungsstrukturen unterschiedliche Strategieprofile auf, die Penn als direkte, in der Interaktion entwickelte Kompensationsstrategien ansieht. In ihrer unveröffentlichten Doktorarbeit beschäftigt sich Perkins (1993, nach Laakso 1997: 141) ebenfalls mit Selbstreparaturen, die bei drei untersuchten Aphasikern im natürlichen Gespräch auftauchen. Sie unterscheidet zwischen der Wiederholung vorangegangener Wörter, Hesitationen, Wortersetzungen und dem Abbruch von Hauptsätzen zugunsten nachgeschobener Nebensätze. Wiederholungen und Hesitationen werden von Perkins als Verzögerungstechniken interpretiert, die bei Wortsuchen, also präiniitierten Selbstreparaturen, zum Zeitgewinn eingesetzt werden. In ihren Daten werden beide Techniken häufig kombiniert. Außerdem beobachtet Perkins, dass der unvollständige Redebeitrag bei missglückter Wortsuche oftmals aufgegeben wird. Wortersetzungen finden im Rahmen postinitiierter Selbstkorrekturen und überwiegend bei phonematischen Paraphasien und morphologischen Fehlleistungen statt. Die von Perkins beschriebe hohe Erfolgsrate dieser Korrekturen führt sie auf die gute Selbstüberwachungsfähigkeit (self-monitoring ability) der Aphasiker zurück. Laakso (1997) untersucht in ihrer Dissertation das Reparaturverhalten 11 flüssiger Aphasiker. Zu redezuginternen Reparaturinitiatoren zählt sie Wortabbrüche, Dehnungen, Wiederholungen, Hesitationen sowie einige lexikalische Elemente (wie beispielsweise nein ich meine, oder und ich meinte vielmehr ). Nach Laakso treten Wortabbrüche in Verbindung mit einer Pause oder Hesitation typischerweise bei postinitiierten Reparaturen auf, während präinitiierte Reparaturen durch Pausen und/oder Hesitationen eingeleitet werden (Laakso 1997: 113). In ihren Daten sind überwiegend Nomen von präinitiierten Reparaturen betroffen. Diese werden häufig durch metasprachliche Kommentare begleitet (wie beispielsweise wie heißt das noch ), die besonders dann artikuliert werden, wenn die Wortsuche schon eine Weile andauert. Den prototypischen Ablauf einer präpositionierten Reparaturinitiierung stellt Laakso mit folgendem Schema dar (vgl. Abb. 1): 57

59 sound filler pause ( trouble source ) stretch particle self-repair Abb. 1. Prototypischer Ablauf einer redezuginternen prepositionierten Reparaturinitiierung (Laakso 1997: 130). Der Reparaturvorgang selbst kann sich oft über einen längeren Zeitraum und mehrere Anläufe erstrecken, bis das gesuchte Zielwort produziert wird: different means such as lexical affiliates, demonstrative pronouns, pointing and repetition are used (often in a succession) before the final self-repair is done. Thus some of the features of fluent aphasia such as semantic substations and indefinite pronouns that are traditionally considered as errors ( ) may in fact appear due to a proficient use of the means available while the search goes on for a more accurate repair element (Laakso 1997: 139). Laakso isoliert vier regelmäßige Muster redezuginterner Selbstreparaturen. Im ersten erfolgt eine schrittweise Approximation an das Zielwort durch Wiederholung und Neuanordnung der Äußerungselemente, ohne dass die Reparatur oder ihr Erfolg explizit kommentiert oder ratifiziert wird. In diesen Fällen versucht der Aphasiker laut Laakso, eine zügige, unmarkierte Selbstreparatur durchzuführen, die sich aufgrund der sprachlichen Beeinträchtigung aber verzögert. Das zweite Muster zeichnet sich dadurch aus, dass die schrittweise Approximation an das Zielwort von Verwerfungen, Kommentaren oder Suchfragen (wie beispielsweise wie heißt das noch? ) begleitet und abschließend ratifiziert wird. Dieses Muster findet sich besonders bei der Reparatur phonematischer Paraphasien. Ein drittes Muster besteht darin, dass deiktische Ausdrücke, Proformen und Neologismen anstelle des Zielwortes eingesetzt werden. Gerade Wortsuchen können auf diese Weise beendet werden, selbst wenn die eigentliche Suche nicht erfolgreich war. Ist dies der Fall, so wird die Handlung häufig durch Kommentare über die eigene Sprach- oder Merkfähigkeit begleitet. Das vierte Muster nutzt nonverbale Kommunikationsressourcen wie das Zeigen auf den Referenzgegenstand oder gestische Beschreibungen des Zielwortes (Laakso 1997: ). Den größten Einfluss auf die Organisation der Selbstreparatur sieht Laakso in der Form der Aphasie und der mit ihr verbundenen Symptome (Laakso 1997: 142). Außerdem vermutet sie, dass die Reparatur desto leichter und schneller abläuft, je genauer ein Problem definiert und eingegrenzt ist. Je globaler ein Problem ist (wie beispielsweise eine fehlende thematische Referenz zwischen Gesprächsteilnehmern), desto komplexere Reparatursequenzen ruft es hervor, da eine Reparatur hier leicht weitere Probleme verursacht, die repariert werden 58

60 müssen (Laakso 1997: 159). Einen weiteren Faktor bildet der Gesprächsteilnehmer, seine Orientierung und sein Verhalten während der Reparatur: the emergence of the trouble sources, the self-initiation and the self-repair (attempt) can be interactionally different depending on whether the speaker and the recipient(s) are oriented towards coparticipitation or towards aphasic own attempts to repair. (Laakso 1997: 190) Diese Orientierung kann sich an jedem Punkt des Gesprächs verändern und hängt häufig auch damit zusammen, wie global und wie relevant für den weiteren Fortgang des Gesprächs sich ein Problem darstellt. Die angestrebte Reparaturpartizipation muss daher stets lokal und kontextsensitiv ausgehandelt werden, wobei nonverbalen Mitteln eine große Bedeutung zukommt (vgl. Kapitel II.3.2.3). Die von Milroy & Perkins (1992) angenommene Verschiebung der Präferenzhierarchie hin zu kollaborativen Bearbeitungsverfahren wird von Laakso (1997) aufgrund ihrer Untersuchungsergebnisse nicht bestätigt. Rönfeld & Auer (2001) beschäftigen sich mit dem Einfluss sozialer Implikationen auf den Umgang mit Wortfindungsstörungen. Dabei untersuchen sie auch Sequenzen, in denen redezuginterne Reparaturen vorgenommen werden und betonten, dass Aphasiker durchaus in der Lage sind, diese Korrekturformate in ähnlicher Weise wie Sprachgesunde zu produzieren (Rönfeld & Auer: 94). Anhand von Beispielen zeigen sie, wie Aphasiker trotz bereits erfolgreich hergestellter Referenz einen großen interaktiven Aufwand betreiben, um ein Wortlücke zu füllen und damit ihr Gesicht wiederherzustellen. Daneben demonstrieren sie lückenverdeckende Strategien, welche von den Sprechern eingesetzt werden, um eine Gefährdung des face zu vermeiden. Dem Konversationsziel Verständigung steht das der Gesichtswahrung gegenüber, das ihm beim Einsatz camouflierender Strategien übergeordnet wird. Helasvuo et al. (2004) untersuchen die syntaktische Struktur präinitiierter Selbstreparaturen, the syntax of word search sequences (Helasvuo et al. 2004). Ihr Ziel ist es zu zeigen, wie Aphasiker die syntaktischen Möglichkeiten von Sprache nutzen, um Informationen über das gesuchte lexikalische Element zu liefern und zu projizieren. Als Datengrundlage dienen Videoaufzeichnungen fünf flüssiger Aphasiker im Gespräch mit ihrer Sprachtherapeutin oder mit Familienangehörigen. Helasvuo et al. (2004) beschreiben vier syntaktische Grundstrukturen bei der Bearbeitung von Lexikalisierungsproblemen: Nominalphrasen (wie eine Art + X 45, dieses + X ), beschreibende Konstruktionen (wie es ist + X ), lokative Konstruktionen (wie dort ist + X ) und Fragen (wie wie heißt es? X ). Mit Hilfe dieser Muster können die Aphasiker ihrem Gesprächspartner Informationen über die gesuchte 45 Das X markiert die Position des fehlenden lexikalischen Elements. 59

61 Wortart sowie über Genus, Kasus und Numerus übermitteln. Häufig werden diese Informationen durch nonverbale Handlungen unterstützt, die auch sprachersetzend eingesetzt werden: the gesture may thus so-to-speak fill the position of the head noun (Helasvuo 2004: 19). Helasvuo et al. (2004) zeigen außerdem, dass Aphasiker den sequentiellen Gesprächskontext als Kommunikationsressource nutzen, um das gesuchte Element interpretierbar zu machen. Bei der Konstruktion der Wortsuche wird der angenommene Wissensstand des Gesprächpartners vom Aphasiker mitberücksichtigt. 60

62 III. EMPIRISCHE ANALYSE III.1 Methodisches Vorgehen III.1.1 Datenerhebung Ziel der vorliegenden Arbeit ist, Bearbeitungsstrategien von Lexikalisierungsproblemen bei Aphasie anhand natürlicher Gesprächsdaten zu untersuchen. Für die empirische Analyse konnten Daten aus dem DFG-Projekt Adaptationsstrategien in der familiären Kommunikation zwischen Aphasikern und ihren Ehepartnern verwendet werden. 46 Das Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Auer und Angelika Bauer hat die Untersuchung kommunikativer Strategien zum Ziel, mittels derer Aphasiker und ihre Familienangehörigen sich auf die Aphasie und ihre Folgen einstellen. Dabei soll zum einen die Entwicklung und Etablierung familieninterner Strategien einzelner Familien sowie zum andern das Problemmanagement verschiedener Familien im Vergleich analysiert werden. Ursprünglich konnten zwölf Familien für das Projekt gewonnen werden, bei denen jeweils bei einem Ehepartner eine Aphasie diagnostiziert worden war. Um die Identität der Teilnehmer zu wahren, wurden den einzelnen Familien projektintern Buchstaben zugeordnet (z.b. Familie A, Familie B, etc.). Zwei der Familien (F und M) sind während der Datenerhebung ausgeschieden, so dass insgesamt zehn Familien in dem Projekt verblieben sind. Die Daten bestehen aus audiovisuellen Aufzeichnungen familiärer Alltagsgespräche. Sie wurden von den Teilnehmern in ihrer häuslichen Umgebung angefertigt. Um möglichst natürliche Kommunikationssituationen zu evozieren, wurden keine Vorgaben bezüglich der Gesprächsaktivitäten und -inhalte gemacht. In einem Zeitraum von ca. zehn Tagen konnten die Familien selbstständig entscheiden, wann und was sie aufnehmen wollten. Um sowohl Quer- als auch Längsschnittsuntersuchungen zu ermöglichen, wurden mit jeder Familie innerhalb eines Jahres fünf Aufnahmezeitpunkte vereinbart. Zu jedem Aufnahmezeitpunkt sollten ca. zwei Stunden Videomaterial entstehen. Dabei wurde die erste Aufnahme in der postakuten Phase nach Heimkehr des Aphasikers aus der Rehabilitationsklinik angefertigt, weitere Aufnahmen zu den Zeitpunkten ein, drei, sechs und zwölf Monate nach seiner Rückkehr. Insgesamt konnten so ca. 150 Stunden Videodaten gesammelt werden. Nach Abschluss der Datenerhebung wurden die Videoaufnahmen digitalisiert, auf Basis der GAT- Konventionen (vgl. Selting et al. 1998) transkribiert und in einer Datenbank (AphaDB) gespeichert. 46 Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt! 61

63 III Teilnehmerdaten Für die vorliegende Arbeit werden Aufnahmen von sieben der zehn Familien aus dem Projektkorpus herangezogen. Eine Familie (E) wird nicht miteinbezogen, weil die Aphasie- Diagnose des Familienvaters inzwischen von der Projektleitung angezweifelt wird. Bei den anderen beiden ausgesonderten Familien (C und L) leidet jeweils ein Mitglied an einer unflüssigen globalen Aphasie in Verbindung mit schwerer Sprechapraxie. Da beide Aphasiker nur wenige Worte produzieren, können Lexikalisierungsprobleme und ihre redezuginterne Bearbeitung hier kaum untersucht werden. In allen Familien, die untersucht werden sollen (A, B, D, G, H, J, K), ist der männliche Ehepartner der Aphasiker. Alle vier Grundsyndrome sind vertreten, das Spektrum reicht von leichter Restaphasie bis hin zu schwerer Globaler Aphasie. Bei allen Sprechern liegt eine als flüssig zu bezeichnende Aphasie vor, so dass komplexe sprachliche Äußerungen produziert werden. Bezüglich ihrer familiären Situation bilden die Familien drei Gruppen. Die Ehepartner der Familien A, B und D sind zwischen 32 und 50 Jahre alt und haben gemeinsame Kinder im Alter zwischen 0.5 und 11. Die Paare der Familien G und K hingegen sind deutlich älter und bereits in Pension, ihre erwachsenen Kinder leben außer Haus. Die jüngsten Teilnehmer sind die Paare H und J, die beide kinderlos sind. Die nachstehende Tabelle (Abb. 2) fasst die Sozial- und Krankheitsdaten der Teilnehmer zusammen: 62

64 B HB (38), Fb (36), Kb (9) D HD (50), Fd (43), Kd1 (11), Kd2 (10) G HG (64), Fg (?), Kg (?) H HH (34), Fh (?) J HJ (40), Fj (?) K HK (64), Fk (62), Kk (?) Familiäre Konstellation verheiratet, ein Sohn (Ka); HA hat zwei Töchter aus erster Ehe verheiratet, eine Tochter verheiratet, ein Sohn (Kd1) und eine Tochter (Kd2) verheiratet, ein erwachsener Sohn, der mit seiner eigenen Familie im selben Haus lebt verheiratet, kinderlos verheiratet, kinderlos verheiratet, eine erwachsene Tochter, die außer Haus lebt FAMILIE Familienangehörige A HA (48), Fa (32), Ka (0.5) Berufe Ereignis Aphasietyp / Schweregrad HA: Kaufmann in Dissektion arteria Wernickeleitender Position carotis interna links, Aphasie oder Fa: Sekretärin im ischämischer Leitungsaphasie Erziehungsurlaub Mediaverschluss / mittel HB: Kraftfahrer Fb: Schreinerin HD: Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei Fd: Hausfrau HG: Industriemeister, pensioniert Fg: Hausfrau HH: Schlossermeister mit eigenem Betrieb Fh: kaufmännische Arbeiten im Betrieb HJ: Pharmareferent Fj: Kinderärtzin HK: Ingenieur, pensioniert Fk: Hausfrau links intacerebrale Massenblutung links temporal ischämischer Mediainsult links ischämischer Mediaverschluss links fronto-temporal ischämischer Mediainsult links Schädelhirntrauma ischämischer Mediainsult links Amnestische Aphasie / leicht Amnestische Aphasie / leicht - mittel Amnestische Aphasie / leicht Amnestische Aphasie / mittel Aphasie vom Typ Broca / mittel -leicht Aphasie vom Typ Wernicke / schwer Abb. 2: Sozial- und Krankheitsdaten der Familien III Aufnahmedaten Aus der Fülle des Datenmaterials der Familien werden die innerhalb des ersten Aufnahmezeitpunkts gemachten Videoaufnahmen berücksichtigt, so dass jeweils ca. anderthalb Stunden pro Familie vorliegen. Insgesamt werden 13:40 h Videomaterial herangezogen. Bei den meisten Familien setzt sich das Material der verwendeten Aufnahme aus mehreren kürzeren Sequenzen zusammen, zwischen denen die Kamera aus- und eingeschaltet worden ist. Sie bilden unabhängige Gesprächsausschnitte und werden projektintern als Szenen bezeichnet. Die Szenesigle setzten sich aus dem jeweiligen Familienbuchstaben, dem Aufnahmezeitpunkt (1-5) und der Szene innerhalb dieses Aufnahmezeitpunktes zusammen (z.b. a11 für die erste Szene der ersten Aufnahme der Familie a oder b12 für die zweite Szene der ersten Aufnahme der Familie B). Die Szenen, ihre Dauer, die Teilnehmer und die Gesprächsaktivität während der Aufnahme sind folgender Tabelle zusammengefasst (Abb.3): 63

65 Familie Aufnahmen Dauer Partizipation Gesprächsaktivität A a11 a12 a13 HA, Fa, Ka HA, Fa, Ka HA, Fa B D G H J K b11 b12 b13 b14 d11 d12 d13 g11 g12 g13 h11 h12 j11 j12 j13 k11 k12 k13 k14 k15 k16 Abb. 3: Aufnahmedaten 0:26 h 0:42 h 1:10 h 2:18 h 0:14 h 0:14 h 0:36 h 0:37 h 1:41 h 0:18 h 0:21 h 0:35 h 1:14 h 1:05 h 0:22 h 0:35 h 2:00 h 0:58 h 1:34 h 2:32 h 0:43 h 0:24 h 0:42 h 1:49 h 0:28 h 0:22 h 0:15 h 0:14 h 0:26 h 0:21 h 2:06 h HB, Fb, Kb HB, Fb, Kb HB, Fb, Kb HB, Fb, Kb HD, Fd, Kd1, Kd2 HD, Fd, Kdb HD, Kdb HG, Fg HG, Fg HG, Fg HH, Fh, Bh1, Bh2 HH, Fh, Bh1, Bh2 HJ, Fj HJ, Fj HJ, Fj HK, Fk HK, Fk HK, Fk, Kk HK, Fk, Kk, Bk HK, Fk HK, Fk, Kk Gespräch mit Nebenaktivität (Katalog) Tischgespräch (Frühstück) Gespräch mit Nebenaktivität (Kreuzworträtsel, Katalog) Tischgespräch (Abendessen) Tischgespräch (Abendessen) Spielaktivität (Puzzle) Tischgespräch (Abendessen) Tischgespräch (Abendessen) Tischgespräch (Mittagessen) Gespräch ohne Nebenaktivität Tischgespräch (Frühstück) Sprachübungen Tischgespräch (Mittagessen) Gespräch mit Nebenaktivität (Monopoly) Tischgespräch (Mittagessen), Gespräch mit Nebenaktivität (Monopoly) Tischgespräch (Abendessen) Tischgespräch (Frühstück) Tischgespräch (Frühstück) Tischgespräch (Abendessen) Sprachübungen Tischgespräch (Mittagessen) Tischgespräch (Kaffee) Tischgespräch (Abendessen) Tischgespräch (Kaffee) Die in der Tabelle enthaltenen Teilnehmerkürzel sind dieselben, die auch in den Transkripten der Aufnahmen verwendet werden. Männliche Gesprächsteilnehmer werden mit einem H ( Herr ) und dem jeweiligen Familienbuchstaben (z.b. Ha, Hb,...) abgekürzt, weibliche mit einem F ( Frau ) und dem Familienbuchstaben (z.b. Fa, Fb,...). Gleichzeitig wird der Familienbuchstabe des Aphasikers im Gegensatz zu allen anderen Gesprächsteilnehmern groß geschrieben, um ihn als aphasisch zu kennzeichnen (z.b. HA). Kinder werden mit einem K ( Kind ), dem Familienbuchstaben und einer Nummer bezeichnet, die der altersgemäßen Reihenfolge der Kinder entspricht (z.b. Ka1, Ka2,...). Besucher der Familie werden durch ein B ( Besuch ), den Familienbuchstaben und wenn mehrere Personen zu Besuch sind einer Nummer bezeichnet (z.b. Ba1, Ba2,...). 64

66 Die aus diesen Aufnahmen entnommenen Gesprächssequenzen, die im Rahmen der empirischen Analyse als Beispiele abgedruckt sind, werden entsprechend der GAT- Konvention in der Schriftart Courier und der Schriftgröße 10 dargestellt. Allerdings werden folgende projektinternen Abweichungen von der Konvention übernommen: zum einen wird die bei vielen Projektteilnehmern ausgeprägte dialektale Färbung so orthographisch wie möglich, aber so frei wie nötig verschriftlicht. Zum anderen werden die phrasenfinalen Tonhöhenbewegungen auch bei Rezipientensignalen und Partikeln markiert. Des Weiteren werden folgende Ergänzungen vorgenommen, die eine bessere Lesbarkeit der Transkripte bewirken sollen: die verbalen Anteile der Gespräche sowie die den zeitlichen Ablauf mittragenden Pausen zwischen verbalen Äußerungselementen werden durch Fettdruck hervorgehoben. Nonverbales Verhalten wird in Doppelklammern notiert. Pro Transkriptzeile wird eine Intonationsphrase wiedergegeben, d.h. die Zeilennummerierung wird mit jeder neuen Intonationsphrase und nicht mit jedem aus dem Papierformat resultierenden Zeilenumbruch fortgesetzt. In den Transkriptzeilen, in denen das jeweils analysierte Phänomen sichtbar wird, werden die Zeilennummern unterstrichen. 47 Vor dem eigentlichen Transkriptausschnitt werden die Aufnahme, aus der die Sequenz entnommen wurde, sowie ihr genauer Zeitpunkt innerhalb der Aufnahme angegeben. Zudem erfolgt eine kurze Beschreibung der Teilnehmerkonstellation und des vorangegangenen Gesprächskontextes. Eine Skizze zeigt die Positionierung der Teilnehmer zueinander und im Verhältnis zur Kamera. III.1.2. Korpusauswahl Um Aufschluss über redezuginterne Bearbeitungsstrategien der untersuchten Familien zu erlangen, sollen Gesprächssequenzen untersucht werden, die wiederkehrende, natürlich abgegrenzte Handlungsmustern ( patterns of occurrences, Wilkinson 1999a: 254) enthalten, mit denen redezugintern auf Lexikalisierungsprobleme reagiert wird. Eine aus den Aufnahmen zusammengestellte Sammlung dieser Gesprächssequenzen bildet das Korpus für die empirische Analyse der vorliegenden Arbeit. Alle Sequenzen, die in der Analyse als Beispiele verwendet werden, befinden sich als mpg-datei im Anhang der Arbeit. Für die Auswahl der Gesprächssequenzen und die Zusammenstellung des Korpus gelten folgende Eingrenzungen: Sequenzen mit offenen und eingebetteten (vgl. Jefferson 1987) Fremdinitiierungen oder Fremdreparaturen (vgl. Schegloff et al. 1977), kollaborative 47 Aus Gründen den leichteren Formatierung werden diese Stellen nicht mit einem Pfeil vor der jeweiligen Zeile markiert. 65

67 Bearbeitungsformen (vgl. z.b. Laakso & Klippi 1999; Milroy & Perkins 1992; Laakso 2003) oder joint constructions (vgl. z.b. Lind 2002) werden nicht in das primäre Korpus aufgenommen. Kollaborativ realisierte, redezugintern begonnene Reparaturen werden gesondert gesammelt und ergänzend herangezogen, um die Übergänge von selbstinitiierten Selbstreparaturen in kollaborative Bearbeitungsformen in den Blick zu nehmen. Postinitiierte Selbstreparaturen, bei denen ein bereits produziertes, aber als reparaturbedürftig empfundenes Äußerungselement vom Aphasiker redezugintern korrigiert werden, bleiben ebenfalls von der Analyse ausgeklammert. Aus den Aufnahmen werden vielmehr solche Gesprächssequenzen ausgewählt, in denen das betroffene Zielwort zunächst nicht produziert wird. Typischerweise handelt es sich um Gesprächssequenzen, in denen der Sprecher seinen Redebeitrag unterbricht, ohne anschließend eines der vorhergegangenen Elemente zu korrigieren. Er projektiert vielmehr seine Schwierigkeit, den Beitrag nahtlos fortzusetzen und tritt in eine Wortsuche ein. Trouble-indicating behaviour, wie typischerweise Dehnungen von Wörtern und Wortenden, Pausen, Interjektionen und Metakommentare (vgl. z.b. Schegloff et al 1977; Schegloff 1979; Helasvuo et al. 2004) können begleitend auftreten. Zusätzlich liegen für die Analyse Gesprächssequenzen vor, bei denen ein begonnenen Redebeitrag trotz Lexikalisierungsproblem vollendet wird, wobei das von dem Lexikalisierungsproblem betroffene Zielwort ausgelassen oder durch ein ersetzendes Element kompensiert wird. Weiter werden bei der Korpusauswahl keine Gesprächssequenzen berücksichtigt, in denen die syntaktische Struktur des betroffenen Redebeitrags aufgegeben wird. Diese Einschränkung wird formuliert, da umfangreiche Reorganisierungen und Umformulierungen oft nicht eindeutig auf lexikalische, sondern ebenso auf morphosyntaktische Schwierigkeiten hindeuten. Es soll dabei nicht ausgeschlossen werden, dass während der Bearbeitung eines Lexikalisierungsproblems Elemente des zuvor begonnenen Redebeitrags in variierter Form wiederholt werden, solange der vorgegebene syntaktische Rahmen erhalten bleibt. Auch Bearbeitungsversuche, in denen das eigentliche Zielwort nicht realisiert werden konnte, und abgebrochene Bearbeitungsversuche werden untersucht. Kollaborativ realisierte Reparaturen werden ergänzend herangezogen, um die Übergänge von selbstinitiierten Selbstreparaturen in kollaborative Bearbeitungsformen in den Blick zu nehmen. Sie sind nicht Teil der primären Korpusauswahl. Für diese gilt zusammenfassend: das Korpus der Arbeit besteht aus Gesprächssequenzen redezuginterner Bearbeitungsstrategien, in denen zum einen nicht postinitiiert repariert wird, und bei denen zum anderen die syntaktische Struktur des von dem Lexikalisierungsproblem betroffenen Redebeitrags gewahrt bleibt. Die Grenzziehung folgt dabei so weit möglich 66

68 thematisch oder handlungslogisch abgeschlossenen Einheiten (Deppermann 1999: 36), so dass die untersuchten Handlungsmuster in ihrem natürlichen sequentiellen Ablauf analysiert werden können. III.1.3 Analyseverfahren Es wird davon ausgegangen, dass die Gesprächsteilnehmer systematisch ihre kommunikativen Ressourcen nutzen, um Lexikalisierungsprobleme im Gespräch zu lösen, und dass das jeweilige Vorgehen im Gesprächsprozess sichtbar wird. Daher sollte es möglich sein, aus den gesammelten Gesprächsequenzen rekurrent Handlungsmuster zu isolieren, die bei redezuginternen Managementversuchen von Lexikalisierungsproblemen eingesetzt werden. Jede Einteilung und Hypothesenbildung muss dabei materialgestützt und nicht apriorisch erfolgen. Sind auf diesem Wege Handlungsmuster aus den Korpusauswahl isoliert worden, so soll zunächst deskriptiv dargestellt werden, wie diese formal aufgebaut sind, d.h. wie die Gesprächspartner ihr Handeln organisieren. In einem nächsten Schritt soll rekonstruiert werden, mit welchen Techniken das Handeln ausgeführt wird und welche Funktionen es erfüllt, also welche Gründe, Motive und Ziele hinter der jeweiligen Wahl stehen. Ausgehend von dieser Analyse soll versucht werden, praktische Strategien zu formulieren, die den Handelnden als institutionalisierte Lösung für dieses Problem [, also ihre momentane Schwierigkeit bei der Lexikalisierung, A.C.] dienen und deren Verwendung die beobachtete Geordnetheit eines Interaktionsgeschehens hervorbringt (Bergmann 1994: 12). Da der konversationsanalytische Begriff der Reparatur starke Implikationen aufweist, wird im Rahmen der empirischen Untersuchung mit dem offeneren Begriff Bearbeitung operiert. Die Analyse folgt dem zeitlich-linearen Ablauf der Gesprächshandlung, so dass die einzelnen Schritte der Bearbeitungsaktivität in ihrer sequentiellen Abfolge beschrieben und die Frage nach dem why that now? (Schegloff & Sacks 1973) beantwortet werden kann. Dabei soll versucht werden, einzelne Phasen zu bestimmen, die ein Handlungsmuster determinieren. Abschließend sollen die Handlungsmuster miteinander verglichen werden, um die Faktoren zu bestimmen, die den lokalen Einsatz des Mustern bestimmen. Es ist darauf zu achten, das Handeln aller Gesprächsteilnehmer nicht isoliert, sonder in seiner Interdependenz und in ihrem unmittelbaren Kontext zu analysieren. 67

69 III.2 Bearbeitungsstrategien Der Forschungsüberblick hat gezeigt, welche unterschiedlichen Phänomene und Techniken innerhalb von redezuginternen Reparaturen bisher untersucht wurden. Dabei wurde auch deutlich, dass mit Ausnahme der Studie von Helasvuo et al. (2004) in den Arbeiten nicht klar unterschieden wird, welche Elemente Ausdruck des zugrundeliegenden Problems sind und welche vom Sprecher tatsächlich als Bearbeitungstechnik angewendet werden. Die erstgenannten Elemente machen das Lexikalisierungsproblem an der sprachlichen Oberfläche sichtbar, ohne zum Zielwort hinzuführen (trouble-indicating behaviour), während die zweiten auf sprachliche Ressourcen zurückgreifen, um sich dem Zielwort (syntaktisch, semantisch oder phonologisch) anzunähern. Zudem bleiben die interaktiven Funktionen der einzelnen Techniken in der bisherigen Forschung unklar. In diesem Kapitel sollen empirische Analyseergebnisse zum sequentiellen Ablauf redezuginterner Bearbeitungsverfahren dargestellt werden. Aus der Analyse resultiert eine Unterscheidung von Wortsuchen in zwei Handlungsmuster: die offene Wortsuche und die stille Wortsuche. In der offenen Wortsuche werden verschiedene Techniken angewendet, um das jeweilige Lexikalisierungsproblem zu bearbeiten. Diese Techniken werden im Folgenden anhand von Beispielen dargestellt und analysiert. Die stille Wortsuche läuft im Gegensatz zur offenen mental ab. Nicht immer kann jedoch das gesuchte Zielwort am Ende einer redezuginternen Wortsuche produziert werden. Dennoch muss dann die Bearbeitungsaktivität zu einem Ende gebracht werden. Im Anschluss an die Bearbeitungstechniken werden daher interaktive Beendigungstechniken dargelegt (vgl. weiter unten, Kapitel III.2.3). 2.1 Bearbeitungstechniken bei offener Wortsuche Eine in den untersuchten Daten häufig anzutreffende Form im Gespräch mit einem Lexikalisierungsproblem umzugehen, ist die Bearbeitung des Problems im Rahmen einer offenen Wortsuche. Die Bezeichnung offen soll implizieren, dass der Bearbeitungsvorgang nicht nur mental vom Sprecher vollzogen, sondern an der sprachlichen Oberfläche sichtbar wird. Typischerweise vollzieht sich die offene Wortsuche in mehreren Schritten. Schematisch kann man vier Phasen unterscheiden, wobei nicht alle Phasen durchlaufen werden müssen (Abb. 4). 68

70 Sprecher Gesprächsteilnehmer problemankündigende Phase problemanzeigende Phase problembearbeitende Phase z.t. - Pausen - Wortdehnungen - Sprechtempoveränderungen Unterbrechung der TCU z.t. - Interjektionen - Metakommentare floor holding - Strategien - syntaktische Approximation - semantische Approximation - phonolog. Approximation - gestische Approximation - Interne Substitution Orientierung auf den Gesprächspartner und seinen Redezug, z.t. - Rezipientensignale - Blickzuwendung wait & see - Strategie problembeendende Phase - Produktion des Zielwortes - finale Substitution - Änderung des Gesprächsthemas - Änderung des Partizipationsrahmens (kollaborative Bearbeitung) Abb. 4. Prototypische Struktur der offenen Wortsuche In der ersten Phase kündigt sich das entstehende Lexikalisierungsproblem durch Pausen, Wortdehnungen, Sprechtempoveränderungen und ähnliches trouble-indicating behaviour an (problemankündigende Phase). Da der Sprecher das Zielwort nicht produzieren kann, unterbricht er an dieser Stelle die begonnene TCU. Das Gesprächsthema wird unterbrochen und die eingeleitete Wortsuche verbal und nonverbal markiert. Sie bildet die zweite, die problemanzeigende Phase. Zu den typischen verbalen Signalen für Wortsuche und Sicherung des Rederechts (floor holding - Strategien) zählen Interjektionen und Metakommentare. Nonverbal sind besonders die Abwendung des Blicks vom Gesprächspartner und typische Gesten zu nennen (vgl. Kapitel II.3.2.3). Innerhalb der Wortsuche wendet der Sprecher unterschiedliche Bearbeitungstechniken an, um sich dem Zielwort syntaktisch, semantisch, phonologisch oder nonverbal anzunähern. Er tritt damit in die dritte, die problembearbeitende 69

71 Phase. Die eingesetzten Techniken sind für den Gesprächsteilnehmer mitverfolgbar und analytisch beschreibbar, da sie die Bearbeitung explizit an der sprachlichen Oberfläche sichtbar werden lassen. Der Gesprächspartner partizipiert an der Wortsuche, indem er eine abwartende, Aufmerksamkeit signalisierende Haltung einnimmt und somit in der Hoffnung auf spätere Klärung auf eine unmittelbare lokale Sinnkontrolle verzichtet (wait & see - Strategie, auch: principle of charity, vgl. Garfinkel 1967). Die Wortsuche wird durch eine vierte Phase, die Beendigungsphase, abgeschlossen. Gelingt eine erfolgreiche redezuginterne Bearbeitung, so wird der unterbrochene Redezug syntaktisch zu Ende geführt und die ursprüngliche Gesprächsaktivität wieder aufgenommen. Gelingt die Bearbeitung nicht, so kann sie der Sprecher durch den Einsatz von Ausstiegstechniken als beendet erklären, beispielsweise indem er an Stelle des Zielwortes eine Lücke lässt, eine Proform gebraucht oder das Gesprächsthema verändert. Als Alternative kann jeder Gesprächsteilnehmer eine Änderung des Partizipationsrahmens initiieren und ein kollaboratives Bearbeitungsverfahren einleiten. Der Gesprächspartner, der die Suche mitverfolgt, kann auch schon vor Abschluss der Bearbeitung sein Verstehen signalisieren, so dass der Sprecher dann unter Umständen die Suche abbricht. Wie sich anhand der untersuchten Gesprächssequenzen gezeigt hat, sind nicht immer alle genannten Phasen des Modells vorhanden und klar abtrennbar. Besonders Elemente der problemanzeigenden und der problembearbeitenden Phase folgen oftmals nicht seriell aufeinander, sondern vermischen sich. Dieser Sachverhalt wird im Modell durch einen Doppelpfeil angedeutet. Anhand des folgenden Beispiels (5) soll die Struktur der offenen Wortsuche exemplarisch verdeutlicht werden: (5) Beispiel Tanne, Aufnahme a12, t: 0:33:08-0:33:33 Herr A (HA), Frau A (Fa) und der kleine Sohn (Ka) sitzen auf der Couch und Frühstücken. HA befindet sich links im Bild. Vor der ausgewählten Sequenz galt die Aufmerksamkeit der Eltern dem Sohn. Daran anschließend beginnt HA ein neues Thema: er erzählt von einem Eichhörnchen, das er zuvor im Garten gesehen hat. 1 HA: [komm; (--) [((HA blickt zu Fa)) Abb. 5: Beispiel (5), t: 0:33:08 70

72 [((Fa blickt auf den Tisch, verschiebt einen Gegenstand)) 2 <<angestrengt>nehm DU mal schnell>; 3 [(1.8) [((Fa reibt ihre Hände, nimmt Ka entgegen)) 4 [hey weißt du [was ] heut morgen (.) HIER war? [((Fa blickt zu Ka, zieht ihn an sich)) 5 Fa: [((stöhnt))]; 6 <<gepresst>[bestimmt die KATze>; [((Fa blickt zu HA, setzt sich und Ka zurecht)) 7 HA: [nein; (---) [((HA schüttelt den Kopf)) 8 hab ich AUch gedacht; 9 Fa: wa:s? 10 HA: ein EICHhörnchen; 11 Fa: ein EICHhörnchen? 12 HA: [ein EICH[hörnchen war [direkt hier am (--) [FENster, [((HA steht auf, verdeckt Fa)) [((HA zeigt mit dem linken Arm auf die Terrassentür)) [((HA geht zur Terrassentür)) [((Fa herzt Ka)) 13 von [(-) dem BALkon; [((Fa blickt zu HA)) 14 [ich weiß; [((HA befindet sich außerhalb des Bildes)) 15 es ist dann (-) da Rüber, (--) 16 [zu:- [((HA erreicht mit ausgestrecktem linken Arm und Zeigefinger die Terrassentür, blickt hinaus; hält Arm weiter ausgestreckt)) 17 Fa: =[hm=hm:::; [((Fa blickt zu Ka)) 18 HA: =wie heißts? (--) 19 <<p>[zu> (-) DER]- [(---) 20 Fa: [mh=hm::: ]; [((Fa küsst Ka mehrfach)) [((HA blickt kurz zur Seite, dann zu Boden)) 21 HA: <<p><<len>[wie heißts>? (-) [((HA blickt wieder nach draußen)) 22 <<p>[zu> (.) zu der <<f>tanne>; [((HA senkt den Arm)) 23 [(1.2) [((Fa blickt zu HA, dieser geht zwei Schritte rückwärts)) HA leitet in Z. 4 ein neues Thema ein: er beginnt ein vergangenes Ereignis zu erzählen (story telling). 48 Der Themenwechsel wird durch den Partikel hey markiert. Zentrales inhaltliches Element der Geschichte ist die Wiedergabe der Strecke, die das von HA gesichtete Eichhörnchen im Garten zurückgelegt hat, nämlich von der Terrassentüre zur nahe gelegenen Tanne. Zunächst nennt HA den Ausgangspunkt, an dem er das Eichhörnchen gesehen hat. Eine kurze Pause vor dem Nomen, mit dem er diesen Ort bezeichnet ( Fenster ), lässt auf erste Schwierigkeiten bei der Lexikalisierung schließen (Z. 12). Während HA die Äußerung 48 Die zur Eröffnung verwendete Definition von Zeit ( heut morgen ) und Ort ( hier ) der Handlung und der Aufbau von Spannung mittels einer Frage ist typisch für den Erzählbeginn einer Geschichte (vgl. Sacks 1974). 71

73 produziert, steht er auf und zeigt auf das Objekt. Es handelt sich um die Glastüre zur Terrasse, nicht um ein Fenster. Bei dem von HA verwendeten Nomen handelt es sich um eine semantische Paraphasie, die insofern unauffällig ist, als sie dem selben semantischen Kontext entstammt wie das Zielwort. Um Unklarheiten vorzubeugen spezifiziert HA, welches Fenster er meint (Z. 13). Wieder weist eine kurze Pause auf Produktionsschwierigkeiten hin, wieder produziert HA eine semantische Paraphasie ( Balkon ). 49 Bereits zu diesem Zeitpunkt, so wird deutlich, bereitet das Erzählen der Geschichte HA Schwierigkeiten. Die Wiedergabe des Ausgangsortes des Eichhörnchens gelingt aber trotz erheblicher lexikalischer Probleme, ohne dass er offene Wortsuchen einleitet (die hier verwendeten Technik initiale Substitution durch semantisch Paraphasie dient mehr der Verdeckung der Lexikalisierungsprobleme als ihrer Bearbeitung, vgl. unten, Kapitel III.3.2). Dies ändert sich, als HA den Ort benennen möchte, zu dem sich das Eichhörnchen hinbewegt hat: HA bearbeitet die problematische Lexikalisierung des Zielortes innerhalb einer offenen Wortsuche. Zunächst verweist HA durch ein deiktisches Adverb ( da ) auf den gesuchten Ort (Z. 15). Er bewegt sich zu diesem Zeitpunkt außerhalb des aufgezeichneten Bildes, es ist jedoch anzunehmen, dass die Äußerung durch dieselbe deiktische Geste begleitet wird, mit der HA wenige Sekunden später wieder im Bild erscheint (Z. 16). Während HA eine Präposition artikuliert, die eine telische Richtungsangabe projiziert ( zu ), referiert er mittels Blick und Zeigegeste auf ein Objekt im Garten des Hauses. Fa ratifiziert die vage Angabe ihres Mannes, beschäftigt sich dabei allerdings mit Ka (Z. 17). Die finale Dehnung der von HA produzierten Präposition (Z. 16) sowie die beiden Pausen innerhalb und im Anschluss an die vorangehende TCU (Z. 15) kündigen die Schwierigkeiten an, welche die Spezifizierung des Ortes HA bereiten (problemankündigende Phase). HA leitet nun die offene Wortsuche ein. Seine als Frage intonierte metasprachliche Äußerung ( wie heißts?, Z. 18) macht das Lexikalisierungsproblem explizit (problemanzeigende Phase). Die Frage ist aufgrund des fehlenden Blickkontaktes nicht als Aufforderung an Fa zu verstehen, kollaborativ in die Bearbeitung einzusteigen (vgl. Goodwin & Goodwin 1986). HA strebt vielmehr eine selbstständige Bearbeitung an, was er auch durch die Verminderung der Sprechlautstärke markiert. Er wiederholt die Präposition und ist nun in der Lage, sie durch einen bestimmten Artikel zu ergänzen (Z. 18). Da die Präposition eine nominale Ergänzung im Dativ fordert, ist der Artikel eindeutig als Dativ Singular Femininum identifizierbar. Er verweist als solcher auf ein weibliches Nomen im Dativ (problembearbeitende Phase). In Überlappung mit HA 49 Von der sich im Wohnzimmer befindenden Glastüre gelangt man auf eine Terrasse, die ebenerdig an den Garten des Hauses anschließt, so dass eine korrekte Spezifizierung der Türe von der Terrasse lauten würde und nicht von dem Balkon. 72

74 rezipiert Fa diese neuen Informationen, ohne in die Wortsuche einzugreifen (Z. 19). Wieder widmet sie sich vorwiegend Ka. HA versucht weiterhin, das Zielwort zu lexikalisieren. Seine Bemühungen scheinen nicht primär darauf ausgerichtet zu sein, das Gespräch voranzutreiben oder die Intersubjektivität zu sichern, sondern das gesuchte Wort korrekt zu lexikalisieren. Seine suchenden Blickbewegungen (Z. 20) und der wiederholte Metakommentar (Z. 21) bilden seine mentale Suche nach dem Zielwort äußerlich ab (problemanzeigende Elemente). Schließlich gelingt die Lexikalisierung. Er wiederholt die Approximationsversuche (vgl. Z. 16, Z.19) und benennt das gesuchte Nomen ( Tanne ). Dabei verstärkt er kontinuierlich seine Sprechlautstärke und lässt den verweisend ausgestreckten Arm sinken (problembeendende Phase). Die Wortsuche ist erfolgreich beendet. Fa, die sich während der Bearbeitung stark zurückgenommen und vorwiegend mit dem Kind beschäftigt hatte, blickt nun wieder zu HA und signalisiert ihre Aufmerksamkeit auf den Fortgang der Geschichte. In dem soeben dargestellten Beispiel nutzt der Sprecher besonders syntaktische Implikationen, um sein Lexikalisierungsproblem zu bearbeiten. Neben dieser Technik, im Folgenden syntaktische Approximation genannt (vgl. unten, Kapitel III.2.1.1), verwenden die Aphasiker in den untersuchten Daten weitere Bearbeitungstechniken. Sie nutzen die Projektionskraft von Sprache auch auf den Ebenen der Semantik (semantische Approximation) und der Phonologie (phonologische Approximation), um sich dem Zielwort anzunähern. Es erscheint mir wichtig, die drei Techniken getrennt zu analysieren. Ich möchte mich hier von Laakso (1997) abgrenzen, die als Bearbeitungstechnik Approximation an das Zielwort nennt, aber nicht die Unterschiede verschiedener Approximationstechniken thematisiert. 50 Eine Unterscheidung ist deswegen wichtig, weil zahlreiche untersuchte Gesprächssequenzen belegen, dass vielfach verschiedene Techniken kombiniert werden, so dass eine Annäherung auf mehreren sprachlichen Ebenen gleichzeitig stattfindet. Eine solche Kombination liegt auch vor, wenn eine weitere, in den Daten ermittelte Technik verwendet wird: die Substitution. Hier wird das Zielwort durch eine anderes sprachliches Element ersetzt (z.b. durch eine Proform, vgl. unten, Kapitel III.1.1.4). Daneben ist als Bearbeitungstechnik der Rückgriff auf nonverbale Kommunikationsressourcen zu nennen, speziell der Einsatz von Gesten mit referentieller und ersetzender Funktion (vgl. unten, Kapitel III.1.1.5). Auch diese Technik wird in der Regel multimedial, in Kombination mit anderen Bearbeitungstechniken, angewendet. 50 Bei den von Laakso (1997) analysierten Beispielen handelt es sich um semantische und phonematische Annäherungsversuche, die syntaktische Approximation bleibt ausgespart (Laakso 1997: ). 73

75 Auf Seiten der Gesprächspartner kann nicht von Bearbeitungstechniken gesprochen werden, da die redezuginterne Bearbeitung Fremdeingriffe per Definition ausschließt. In einem Großteil der Fälle verfolgt der Sprachgesunde die Wortsuche jedoch abwartend mit, wobei er seine Orientierung auf den Gesprächspartner und dessen Redezug ausrichtet (vgl. Goodwin & Goodwin 1986; Oelschlaeger 1999; Oelschlaeger & Damico 2003). Allerdings gibt es auch Beispiele, in denen der Gesprächspartner diese Orientierung nicht signalisiert. III Syntaktische Approximation Bei der Technik der syntaktischen Approximation nutzt der Sprecher die syntaktische Projektionskraft der Sprache, um Informationen über Wortart sowie Genus, Kasus und Numerus des Zielwortes zu übermitteln (vgl. Helasvuo et al. 2004). Die Technik wurde in dem bereits vorgestellten Beispiel (5) Tanne angewendet, in dem zunächst die Präposition als Kopf der Phrase auf Wortart und Kasus, dann der Artikel auf Numerus und Genus verwiesen haben. Neue syntaktische Informationen können ebenso durch variierende Wiederholung bereits produzierter Äußerungsbestandteile in die Wortsuche eingebracht werden. Ein zweites Beispiel soll diese Technik noch verdeutlichen. (6) Beispiel Büro, Aufnahme a12, t: 0:04:00-0:04:19 Herr A (HA) und Frau A (Fa) sitzen auf der Couch und Frühstücken. Der kleine Sohn (Ka) spielt außerhalb des Bildausschnittes. HA hatte zuvor angekündigt, etwas auf seiner Arbeitsstelle abholen zu wollen (bei t: 0:2:40). Unmittelbar vor der Beispiel-sequenz hat eine Nebensequenz mit Ka stattgefunden. HA bezieht sich nun wieder auf das vorherige Gesprächsthema. Abb. 6: Beispiel (6), t: 0:04:00 1 Ka: [oh; [((HA blickt auf seine Tasse, trinkt)) [((Fa beißt von ihrem Brötchen ab, kaut, blickt vor sich in den Raum)) 2 [(4.0) [((HA stellt seine Tasse ab, blickt auf seine Knie, wischt mit den Händen darüber)) 3 HA: [ha ja das [MACH ich schon, [((HA blickt auf seine Knie, wischt darüber)) [((HA blickt kurz in den Raum, dann auf den Teller)) 74

76 4 [nachher; [((Has Hände gehen zum Brötchen auf seinem Teller)) 5 [nachher <<len>geh ich>- (---) [((HA legt ein auf dem Brötchen liegendes Stück Paprika zurecht)) 6 Ka: <<vokalisiert>[hei>; [((HA blickt zu Ka, legt die Hände aufeinander)) 7 (1.0) 8 HA: ins äh:- [(---) [((HA senkt den Blick auf den Teller)) 9 (2.1) 10 <<pp>bü>, 11 <<all>ins> BÜro; 12 [und wenn du dann- [((HA greift schnell nach seinem Brötchen)) 13 [(1.5) [((HA zupft an seinem Brötchen herum)) 14 äh; 15 HIER (-) <<len>aufräumst>- (---) 16 [hol ich MEINE- [((HA blickt auf, reibt seine Hände gegeneinander)) 17 [(1.0) [((Fa beißt von ihrem Brötchen ab)) 18 SACHen für- (---) [((Fa blickt zu HA)) 19 WIE sagt [man? [((HA blickt auf seinen Teller)) Nach einer längeren Nebensequenz, in der HA und Fa sich mit Ka beschäftigt haben, initiiert HA die Rückkehr zur vorangegangenen Gesprächsaktivität (Z. 3). Seine Äußerung weist anaphorisch auf sein bereits angekündigtes Vorhaben, nämlich noch bei seiner Arbeitsstelle vorbeizufahren. Dieses Vorhaben wird zunächst mit dem semantisch vagen Pronomen das (Z.3) transportiert. Um die Äußerung im zeitlichen Kontext zu situieren, ergänzt HA die Angabe nachher (Z. 4). Das Adverb markiert das nachzeitige Verhältnis der Ankündigung zum aktuellen Handlungszusammenhang. Noch immer bleiben die Äußerung und ihr retrospektiver Bezug sehr vage. Fa blickt kauend in den Raum und signalisiert weder verbal noch nonverbal, ob sie HAs Äußerung in ihrem Sinnzusammenhang verstanden hat. HA wertet ihr Verhalten als wait & see - Strategie mit Verzicht auf lokale Sinnkontrolle und damit als Nicht-Verstehen. Er versucht daher, sein Vorhaben erneut zu lexikalisieren. Dabei hat HA ein Lexikalisierungsproblem, das er in einer offenen Wortsuche mittels syntaktischer Approximation bearbeitet. Das Problem kündigt sich in der Reduzierung des Sprechtempos vor dem problematischen Wort an (problemankündigende Phase). Die Unterbrechung der prosodisch als unvollendet markierten TCU (Z. 5) macht sein Lexikalisierungsproblem an der sprachlichen Oberfläche sichtbar (problemanzeigende Phase). Es entsteht eine längeren Pause, in der HAs Wortsuche nonverbal kontextualisiert wird: die sich ankündigende Handlung, das Brötchen zu greifen und davon abzubeißen (Z. 4), wird während der Wortsuche ausgesetzt. Erst nachdem die 75

77 Bearbeitung erfolgreich beendet ist, greift HA wieder nach dem Brötchen um die Handlung fortzuführen (Z. 12). 51 Die unterbrochene Äußerung projiziert eine Orts- oder Handlungsangabe (in Form eines Verbs im Infinitiv) als Ergänzung. In einem ersten Bearbeitungsschritt gelingt HA die syntaktische Approximation, indem er ein Klitikon aus der Präposition in und dem Artikel das produziert (Z. 8) (problembearbeitende Phase). Damit übermittelt er die Information, dass es sich bei dem gesuchten Zielwort nicht um eine Handlungsangabe, sondern um eine Ortsangabe handelt. Die Präposition in projiziert in Zusammenspiel mit dem Verb gehen eine telische Richtungsangabe und fordert eine nominale Ergänzung im Akkusativ. Dadurch wird der Artikel als im Akkusativ Singular Neutrum flektiert erkennbar, bei dem Zielwort muss es sich um ein kongruentes Nomen handeln. Allerdings kann HA das gesuchte Wort noch immer nicht lexikalisieren. Eine Interjektion ( äh:, Z. 8), die gleichbleibende Intonation sowie die darauf folgende lange Pause mit typischer Blickbewegung nach unten markieren den Fortgang der Suche (problemanzeigende Elemente). Offensichtlich liegt HAs Problem zu diesem Zeitpunkt vorwiegend auf der phonologischen Ebene. Darauf deutet hin, dass er den Anlaut des Zielwortes zunächst wie probeweise mit stark reduzierter Lautstärke produziert, um dann schnell und in normaler Lautstärke die korrekte Realisierung desselben zu liefern (problembeendende Phase). Die Äußerung ist nun syntaktisch wie semantisch abgeschlossen und wird durch die fallende Intonation auch prosodisch so markiert. Nonverbal drückt sich die erfolgreiche Bearbeitung durch den Griff zum Brötchen aus. HA fährt dabei im Gespräch fort und produziert eine neue TCU, die wiederum von einem Lexikalisierungsproblem unterbrochen wird (Z ). Die Beispiele (5) Tanne und (6) Büro konnten zeigen, wie sich der Sprecher die syntaktische Projektionskraft der Sprache zunutze macht, um sich Schritt für Schritt an das von ihm gesuchte Zielwort anzunähren. In beiden Beispielen können die Elemente, welche die syntaktischen Informationen transportieren (in diesem Fall vorwiegend die Präpositionen und Artikel) nicht unmittelbar produziert, sondern erst in einem mentalen Suchprozess aktiviert werden. Dieser wird so an der sprachlichen Oberfläche sichtbar. Den Gesprächsteilnehmern ermöglicht die syntaktische Approximation, die Wortsuche schrittweise mitzuverfolgen und gegebenenfalls Lösungsvorschläge bereit zu stellen. 51 Da er innerhalb der neuen TCU abermals mit einem Lexikalisierungsproblem ( aufräumst ) zu kämpfen hat, wird die eigentliche Handlung (das Abbeißen) allerdings erneut ausgesetzt. HA beißt erst in sein Brötchen, als Fa (auf seine Initiative hin) kollaborativ in eine dritte anschließende Wortsuche ( Steuererklärung ) eingreift und ihm die Bearbeitung abnimmt. 76

78 III Semantische Approximation Neben und in Kombination zur Technik der syntaktischen Approximation wird in einigen der untersuchten Gesprächssequenzen die Technik angewendet, sich semantisch an das Zielwort anzunähern. Aus der Literatur ist als semantische Annäherungstechnik vor allem das nicht X, Y -Format bekannt (vgl. Schegloff 1977: 376). In den untersuchten Daten wird dieses Format nicht angewendet. Die Sprecher nähern sich hier semantisch an ihr Zielwort an, indem sie innerhalb der Wortsuche Begriffe aus dem semantischen Umfeld des gesuchten Wortes nennen. Die Nennung erfolgt in Form von isolierten Stichwörtern oder umschreibenden Formulierungen. Die beiden folgenden Beispiele veranschaulichen diese Technik. Im ersten Beispiel (7) erfolgt die Approximation mittels eines außerhalb des syntaktischen Rahmens der Äußerung platzierten Stichwortes, im zweiten Beispiel (8) bedient sich der Sprecher einer Umschreibung innerhalb der vorgegebenen Struktur. (7) Beispiel Orthopäde, Aufnahme j12, t: 0:2:18-0:2:48 Herr (HJ) und Frau J (Fj) sitzen am Mittagstisch. HJ sitzt frontal zur Kamera, Fj ihm gegenüber. Das Gespräch dreht sich darum, dass HJ nur bestimmte Ärzte aufsuchen darf und sich bei jedem Arztbesuch eine Überweisung von einem bestimmten Arzt (einem Orthopäden) ausstellen lassen muss. Dieser Sachverhalt muss als gemeinsames Hintergrundwissen angenommen werden. Er wird von HJ in das bisherige Gesprächs eingebracht, da er sich über diese Regelung ärgert und sie in Frage stellen möchte. Abb. 7: Beispiel 7, t: 0:02:18 1 Fj: [ich weiß gar nicht ob=es auch neurologische DE-ärzte gibt? [((Fj blickt zu HJ))((HJ blickt auf seinen Teller)) 2 [(3.4) [((Fj senkt den Kopf, scheint zu essen)) 3 ah ich GLAUbe dass du ei[ne aphasie [hast. ] 4 HJ: [ja was SOLL ich beim ]- [((HJ blickt zu Fj)) [((Fj blickt zu HJ)) 5 was <<rall>soll ich denn beim>- [(--) [((HJ senkt die Augen)) 6 <<p>[beim::>- [((HJ blickt auf seinen Teller)) 7 [(2.4) [((HJ macht Kopfbewegung zur Seite))((Fj legt den Kopf schief)) 8 <<all>knochen>? [(-) [((HJ zuckt kurz mit dem Kopf zu den Seiten)) 9 beim ortho[päden, [((Fj senkt den Kopf)) 77

79 10 [was SOLL ich da? [((HJ blickt zu Fj)) 11 [ich hab doch nix mehr ], 12 Fj: [na das Is ja [(3 Silben)]. [((Fj blickt zu HJ)) [((Fj nickt)) 13 HJ: des=is doch [GUT; [((HJ hebt kurz die rechte Hand an)) 14 Fj: [des is ja unser (2 Silben)]; 15 HJ: [ja aber mei HALS is gut ], 16 [da hab ich NIX; (--) [((HJ zuckt mit den Schultern, schüttelt den Kopf)) 17 [hab ich NIX mehr. [((HJ zuckt mit den Schultern, schüttelt den Kopf)) 18 Fj: [ja aber der [koordiniert das ganze ja. (---) [((HJ senkt die Augen, steckt sich die Gabel in den Mund)) [((Fj wedelt mit der linken Hand hin- und her)) 19 der schickt dich dann WAHRscheinlich zum Augenarzt, 20 oder zum neurologen oder- 21 je nachdem wer ne ANdre fachrichtung (braucht). HJ bringt einen neuen thematischen Aspekt in das laufende Gespräch ein: er möchte seinem Ärger darüber Ausdruck verleihen, dass er bei jeder Art von Beschwerden zunächst seinen hauptverantwortlichen Arzt, einen Orthopäden, aufsuchen muss. Zu diesem Zweck setzt er zur Produktion einer rhetorischen Frage nach dem Sinn dieser Praxis an (Z. 4f). 52 Allerdings bekommt er aufgrund eines Lexikalisierungsproblems Schwierigkeiten, die begonnene TCU zu beenden (Z. 5). Das Problem wird aufgrund seiner zunehmenden Verringerung des Sprechtempos bereits angezeigt, bevor der Punkt erreicht ist, an dem das Zielwort nicht produziert werden kann und die Äußerung unterbrochen wird (Z. 5) (problemankündigende Phase). Hier wird die eingeleitete Wortsuche durch die Blickabwendung des Sprechers sowie eine Intrapause sichtbar (problemanzeigende Phase). Aufgrund der syntaktischen Projektion der Wortverbindung beim aus der Präposition bei und dem Artikel dem kann als Information vorausgesetzt werden, dass es sich bei dem gesuchten Begriff um eine Ortsangabe in Form eines Nomens im Dativ Singular Maskulinum oder Neutrum handeln muss. Der innere Prozess der Wortsuche wird durch HJs Wiederholung des Trägers dieser Information mit verringerter Lautstärke und gedehntem Auslaut bei gleichbleibender Intonation und mit noch tiefer gesenktem Blick (Z. 6) sowie die folgende lange Pause (Z. 7) äußerlich markiert. Fj verhält sich währenddessen sehr zurückhaltend, sie folgt der wait & see - Strategie. Ihr Blick scheint auf HJ gerichtet zu sein, wodurch ihre Orientierung auf den unvollendeten Redebeitrag und ihre prinzipielle Bereitschaft zur Partizipation signalisiert wird (Goodwin & Goodwin 1986: 54f). Das Kopfschieflegen, das innerhalb der Daten auch bei 52 Aufgrund seines affektiven Zustandes missachtet HJ dabei die Regeln der Sprecherwechsel und spricht in Überlappung mit Fj (z. 3f). Um sich nun das Rederecht zu sichern, nutzt HJ die interaktive Technik des wiederholten Turnbeginns (recycled turn beginning), die zur Organisation des Rederechts besonders in redezugeinleitenden TCUs verwendet werden kann (Schegloff 1987). 78

80 anderen Rezipienten redezuginterner Wortsuchen beobachtet werden kann (vgl. unten Beispiel (10)), verstärkt ihre Haltung. Es kann ebenfalls als Zeichen der ungebrochenen Aufmerksamkeit (im Sinne von ich folge Dir noch oder ich warte ), als nonverbales Rezipientensignal (ähnlich einem hm? ) und als Zeichen der Bereitschaft zur Kollaboration (im Sinne von soll ich mitsuchen? ) interpretiert werden. HJ steigt auf Fjs mutmaßliches Angebot nicht ein. Er beendet die lange Pause (Z. 7), indem er stichwortartig einen Begriff produziert, der in engem semantischem Zusammenhang mit dem gesuchten Wort steht ( Knochen, Z. 8) (problembearbeitende Phase). Dabei verzichtet er auf die syntaktische und morphologische Einpassung des Begriffs in die unterbrochene Äußerung und markiert ihn überdies durch ein hohes Sprechtempo und eine fragende Intonation als Nicht-Zielwort. Knochen ist offensichtlich nicht das projizierte Wort, nennt aber den Gegenstand, mit dem sich der gemeinte Referent (der Orthopäde) beschäftigt. Aufgrund des gemeinsamen Hintergrundwissens kann man davon ausgehen, dass Fj als knowing recipient (vgl. Goodwin 1981, 1987) den begonnenen Redebeitrag zu diesem Zeitpunkt einordnen und verstehen kann. Allerdings wird diese Vermutung durch kein Verhalten von ihrer Seite bestätigt: Fj verhält sich weiterhin abwartend. HJ dagegen scheint es in Folge der semantischen Annäherung an das Zielwort gelungen zu sein, es nun lexikalisieren zu können. Nach einer nur wenige Millisekunden andauernden Pause setzt er die unterbrochene Äußerung fort, wobei er das ursprüngliche syntaktische Format zu Ende führt (problembeendende Phase). Um die Bearbeitungsaktivität zu beenden und zu seiner ursprünglichen Intention zurückzukehren, nämlich eine rhetorische Frage nach dem Sinn dieser Regelung zu stellen, wiederholt HJ fast wörtlich die Frage, mit der er das neue Thema eröffnet hatte (Z. 10, vgl. Z. 4f). Die erneute Frage schließt elegant an die Bearbeitung an, indem sie das bearbeitete Element als vorangestellten Nebensatz behandelt (Z. 9f). Die Rückkehr zur vorangegangenen Gesprächsaktivität wird außerdem durch die Blickbewegungen der Gesprächsteilnehmer markiert. Fj wendet in dem Moment ihren Blick von HJ ab, in dem voraussehbar ist, dass er das Lexikalisierungsproblem erfolgreich selbständig bearbeiten wird. HJ dagegen blickt zu Fj, nachdem ihm die Produktion gelungen ist und seine Wiederholung der rhetorischen Frage die Rückkehr in die ursprüngliche Gesprächsaktivität manifestiert. 79

81 (8) Beispiel Kopfweh, Aufnahme j11, t: 0:24:47-0:25:15 Herr J (HJ) und Frau J (Fj) sitzen am Gartentisch und essen zu Mittag. Fj sitzt mit dem Rücken zur Kamera, weswegen lediglich ihre Kopf-, nicht aber ihre Blickbewegungen zu erkennen sind. Das Gespräch dreht sich um die Bauarbeiten der Nachbarn, die viel Lärm verursachen. Beide ärgern sich über diese Lärmbelästigung. HJ hatte zuvor gesagt, dass er trotzdem manchmal in den Garten gehe. Nun erklärt er, dass der Lärm ihn besonders dann störe, wenn er Kopfschmerzen habe. Abb. 8: Beispiel 8, t: 0:24:47 1 Fj: [du KANNST da momentan nich raus; [(-) [((Fj scheint zu HJ zu blicken))((hj blickt auf seinen Teller)) [((Fj schüttelt den Kopf, senkt den Kopf)) 2 HJ: und WENN ich- 3 [(1.4) [((HJ isst nicht weiter, blickt vor sich ins Leere)) [((Fj scheint zu essen)) 4 des mit dem (.) kopf hab? [(--) [((Fj scheint aufzublicken)) 5 <<len>kopf:weh>, 6 [(4.0) [((Fj senkt den Kopf, isst)) [((HJ nimmt sich Essen nach)) 7 [(1.0) [((Fj scheint aufzublicken)) 8 und des is: (.) NET gut. 9 (1.0) 10 Fj: <<p>[bitte>? [((Fj schüttelt leicht den Kopf, beugt sich nach vorn)) 11 HJ: [dann Is des <<prononciet>nicht gut>. [((Fj isst)) 12 [(1.4) [((HJ blickt Fj an)) 13 Fj: [RAUSgehn? [(--) [((Fj blickt auf))[((hj senkt den Blick)) 14 HJ: [nein, [((HJ schüttelt leicht den Kopf)) 15 [äh (-) des (.) LAUde; [((HJ hebt kurz die rechte Hand)) 16 [(9.6) [((Fj nickt)) HJ bringt in der vorliegenden Gesprächssequenz einen neuen thematischen Aspekt in das Gespräch ein. Er knüpft an den bisherigen Kontext an, formuliert aber eine einschränkende Bedingung, indem er einen Konditionalsatz beginnt (Z. 2). Aufgrund eines Lexikalisierungsproblems kann HJ den Satz allerdings nicht beenden. Er unterbricht ihn, um 80

82 das betreffende Wort zu suchen (problemanzeigende Phase). Seine mentale Suche wird an der Oberfläche durch die Pause und seine regungslose Haltung sichtbar. Die bisherige Äußerung lässt keine Schlussfolgerung über das fehlende Wort zu, da die TCU noch nicht weit genug fortgeschritten ist, um eine syntaktisch oder semantische Projektion zu liefern. Trotz der langen Pause (Z. 3) richtet Fj ihre Orientierung nicht auf HJ und seinen Redebeitrag, sondern isst weiter. Dann gelingt HJ die semantische Approximation an den gesuchten Begriff (problembearbeitende Phase). Er setzt eine Umschreibung an die Stelle des Zielworts und führt den begonnen syntaktischen Rahmen fort (Z. 4). So gelingt es ihm, wesentliche Informationen zu übermitteln. Die Umschreibung beinhaltet als zentrales Wort einen Teil des Zielwortes, nämlich den determinierenden Teil des Kompositums. Damit wird das semantische Feld rund um den Kopf aufgerufen. Gleichzeitig ermöglicht die Substitution des Zielwortes die Vollendung des unterbrochenen Nebensatzes und die Nennung seines Prädikats. 53 Der Äußerungszusammenhang deutet nun an, dass das Zielwort einen Zustand beschreibt. Die Intonierung als Frage markiert die Umschreibung prosodisch als vorläufige Ersetzung: die Bearbeitung des Lexikalisierungsproblems ist also nicht beendet. Fj scheint zu diesem Zeitpunkt aufzublicken. Ihre Blickzuwendung kann als Signal der Bereitschaft zur Partizipation an der Wortsuche interpretiert werden. Dank der neuen Informationen sieht sie sich nun im Gegensatz zum Beginn der Wortsuche (Z. 2f) in der Lage, einen Bearbeitungsversuch zu unternehmen. Möglicherweise hatte sie zuvor bewusst eine Blickaufnahme vermieden, um eine langwierige Bearbeitungssequenz zu umgehen. HJ initiiert allerdings keine Fremdreparatur. Nachdem er den ersten Teil des Zielwortes bereits erfolgreich produziert hat, gelingt ihm nun auch die Nennung des Gesamtkompositums (Z. 5) (problembeendende Phase). Er artikuliert es sehr prononciert und mit verlangsamtem Sprechtempo, was auf verbleibende phonologische Schwierigkeiten hindeutet. An die erfolgreiche Bearbeitung schließt eine lange Pause an, in der beide Gesprächspartner sich wieder dem Essen zuwenden (Z. 6). Der Aktivitätswechsel markiert die Wortsuche als beendet Hier wird parallel zur semantischen Approximation eine Technik angewendet, auf die weiter unten unter der Bezeichnung interne Substitution noch detailliert eingegangen wird. Das Beispiel wurde als Beispiel für eine semantische Approximation gewählt, da das gesuchte Wort hier nicht durch ein inhaltsloses Syntagma ersetzt wird, sondern die Substitution das semantische Feld klar eingrenzt. 54 Allerdings ist HJs Äußerung weder semantisch noch syntaktisch vollständig, weshalb die Einlösung seiner konditionellen Relevanz von Fj initiiert (z. 10) und von HJ nachgereicht (z. 11) wird. 81

83 Die Beispiele (5), (7) und (8) verdeutlichen, dass aphasische Sprecher semantische Relationen nutzen, um sich ihrem Zielwort anzunähern. In Beispiel (5) ersetzt der Sprecher fehlende Wörter durch bedeutungsähnliche, grammatisch passende Wörter ( Fenster für Türe und Balkon für Terrasse). In den Beispielen (7) und (8) evoziert er das semantische Umfeld des Zielwortes durch die Nennung von in Beziehung zum Zielwort stehenden Wörtern ( Knochen bei Orthopäde) oder durch umschreibende Phrasen ( das mit dem Kopf für Kopfweh). Bei Umschreibungen dieser Art nennen die Sprecher häufig Eigenschaften, Funktionen oder Begriffe aus dem engen Umfeld des gesuchten Wortes. Ihre syntaktische Einbettung ist meist wesentlich stärker als die einzelner Stichwörter. Die Beispiele (7) und (8) verbinden die semantische Approximation mit der Technik der initialen Substitution bzw. der internen Substitution und machen sich so neben den semantischen auch syntaktische Ressourcen zunutze. Die vorgestellten Gesprächssequenzen zeigen außerdem, dass die Technik der semantischen Approximation funktional doppelt belegt ist: zum einen dient sie den Sprechern zur Selbstdeblockierung, zum anderen ermöglicht sie es den Gesprächspartnern, der Wortsuche in das intendierte semantische Feld zu folgen. Sie ist damit als Teil des rezipientenspezifischen Zuschnitts (recipient design) anzusehen. III Phonologische Approximation Neben der syntaktischen und der semantischen ist auch eine phonologische Approximation an ein Zielwort zu beobachten. Phonologische Annäherung wurde als conduite d approche (Joanette, Keller & Lecours 1980) bereits in der vorliegenden Arbeit vorgestellt (vgl. oben, Kapitel II.1.1). Im Gegensatz zu den beiden vorher genannten Approximationstechniken erscheint es schwieriger zu entscheiden, ob es sich hier tatsächlich um eine Bearbeitungstechnik handelt oder ob lediglich die dem Lexikalisierungsproblem zugrunde liegenden kognitiven Schwierigkeiten an die sprachliche Oberfläche dringen. Die Frage kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Ich gehe davon aus, dass die phonologische Approximation zu den Bearbeitungstechniken gezählt werden kann, da ihre Funktion analog zu den beiden bereits vorgestellten Techniken zu sehen ist. 82

84 (9) Beispiel Kupferkessel, Aufnahme a12, t: 0:21:13-0:21:39 Herr A (HA) und Frau A (Fa) sitzen beim Frühstück auf der Couch. Sie haben zu einem vorhergehenden Zeitpunkt verschiedene Blumen eingekauft. Das Gespräch dreht sich nun darum, wer welche Pflanzen wo einpflanzen darf. HA hatte vor Beginn der ausgewählten Gesprächssequenz an-gekündigt, die einzige vorhandene Erika einpflanzen zu wollen. A Abb. 9: Beispiel (9), t: 0:21:13 1 Fa: [en bisschen Wenich; [((HA und Fa blicken sich an)) 2 HA: wieso? 3 Fa: die Erika, 4 hat ja nur Eine, 5 [ne? [((HA blickt kurz zu seiner Tasse)) 6 HA: [.hja;(-) [((HA blickt zu Fa)) 7 [kommn die AN[dern, [((HA macht deiktische Kopfbewegung nach rechts)) [((HA blickt zu Fa, greift Tasse)) 8 [kommn ja auch ANderst rein noch; (---) [((HA führt die Tasse in Richtung Mund)) 9 Fa: <<p>[aber NICH so schön>; [((Fa schüttelt den Kopf, senkt den Blick)) [((HA trinkt)) 10 (3.0) 11 HA: [die Erika <<len>[komm:t VORne> in den- [((HA setzt Tasse ab, blickt vor sich ins Leere)) [((Fa blickt zu HA))[((Fa blickt auf ihre Hände, reibt sie gegeneinander, um Krümel zu entfernen)) 12 [(1.5) [((HA setzt sich zurecht, blickt von Fa weg ins Leere)) 13 <<prononciert>ku: (.) BOR (.) [KOCK=h>- (---) [((Fa blickt zu HA)) 14 KUpfer- 15 Fa: <<pp>hh>; 16 [(1.5) [((Fb blickt wieder auf ihre Hände, reibt sie gegeneinander)) 17 HA: [KESsel; [((HA nickt)) 18 (1.0) 19 und dann [(--) [ziehn die ZWEI [((HA blickt zu Fa, zeigt mit linker Hand in ihre Richtung)) [((Fa blickt zu HA)) 20 (1.0) 21 die sech (--) GELben; Das Gespräch dreht sich zu Beginn der vorliegenden Sequenz darum, welche Blumen HA einpflanzen möchte. Kurz zuvor hatte er angekündigt, die Erika einpflanzen zu wollen. Fa hat Zweifel an seinem Vorhaben (Z.1, Z. 3-5), weswegen HA es näher erläutert (Z. 7f) und das 83

85 von ihm vorgesehene Behältnis nennen möchte. Dabei hat er Probleme mit der Lexikalisierung des Zielwortes. Diese Schwierigkeiten deuten sich durch die Verlangsamung des Sprechtempos an (Z. 11). Zudem blickt HA nicht zu Fa, sondern ins Leere (Z.11f) (problemankündigende Phase). Fa sieht ihn zunächst an, wendet dann aber den Blick ab interessanterweise genau in dem Moment, in dem sich HAs Schwierigkeiten andeuten. Ihr Blickverhalten weicht von dem üblicherweise in der Literatur beschriebenen ab (vgl. Goodwin & Goodwin 1986; Oelschlaeger 1999): sie signalisiert weder ihre Orientierung auf den Redezug noch die Bereitschaft zur Partizipation. 55 Aufgrund des Lexikalisierungsproblems muss HA die Äußerung unterbrechen. Es entsteht eine ungefüllte Pause, welche die mentale Wortsuche markiert (Z. 12) (problemanzeigende Phase). Dann gelingt HA die Produktion der korrekten Anlautsilbe des Zielwortes (Z.13) (problembearbeitende Phase). Seine weiteren Äußerungsversuche führen allerdings zu phonematischen Paraphasien (Z. 13). Die prononcierte Aussprache und Akzentuierung der einzelnen Silben demonstrieren HAs phonologische Unsicherheit und unterstreichen den Versuchscharakter der Äußerungselemente. Mit dem wiederholten Versuch, die anlautende Silbe zu nennen ( Kock=h, Z. 13), entfernt er sich wieder vom Zielwort (conduite d ecart). In diesem kritischen Moment wendet Fa ihren Blick wieder ihrem Mann zu. Offenbar hat sie den Annäherungsversuch rezipiert. Da die Entfernung vom Zielwort ein Scheitern der Bearbeitung möglich erscheinen lässt, signalisiert sie nun ihre Bereitschaft, in die Bearbeitung einzusteigen. HA initiiert seinerseits keine Beteiligung. Nach einer Planungspause gelingt ihm die erfolgreiche Artikulation des ersten Teil des Zielwortes, das ein Kompositum ist. Seine Unvollständigkeit wird prosodisch durch die gleichbleibende Tonhöhe markiert. Nachdem die Bearbeitung nun doch wieder erfolgversprechend abläuft, kann Fa ihren Blick wieder von HA abwenden (Z. 16). HA bearbeitet den zweiten Teil des Kompositums im Rahmen einer stillen Wortsuche (vgl. unten, III.1.2). Die korrekte Produktion gelingt (problembeendende Phase). Sie wird prosodisch mittels fallender Intonation und nonverbal durch ein bestätigendes Nicken markiert (Z. 17). HA kann nun im Gespräch weiter gehen. Er setzt seine Ausführungen fort und wendet seinen Blick wieder seiner Frau zu (Z. 19). Die phonologische Approximation kann vom Sprecher als Bearbeitungstechnik eingesetzt werden, um eine gezielte Annäherung an das Zielwort zu betreiben. Ein Teil der lautlichen 55 Fas Handeln ist aus ihrer Erfahrung heraus begründet: HA bevorzugt grundsätzlich eine selbstständige Bearbeitung seiner Probleme und initiiert kaum kollaborative Verfahren (vgl. weiter unten, Beispiel (11)). Dennoch zeigt sich immer wieder, dass sie HAs Bearbeitung auch bei abgewendetem Blick mitverfolgt (vgl. weiter unten). 84

86 Materialität des gesuchten Begriffs wird so an die Gesprächsoberfläche transportiert und damit auch anderen Gesprächsteilnehmern zugänglich gemacht. Die Zergliederung eines Zielwortes in phonologische Einheiten wie Laute oder Silben erleichtert dem Sprecher zudem die korrekte Artikulation. 56 III Interne Substitution In Beispiel (8) gelingt HJ die semantische Annäherung an das Zielwort, indem er eine inhaltliche Umschreibung des fehlenden Begriffs an dessen Stelle produziert. Die hier in Kombination mit der semantischen Approximation verwendete Technik wird im Folgenden als Substitution bezeichnet. Bei der Substitution wird die Position des Zielworts durch eine Proform oder eine umschreibende Ersatzphrase ausgefüllt. Unter den verwendeten Proformen ist das inhaltsleere Passepartout-Wort Ding(s) besonders häufig. Bei den umschreibenden Ersatzphrasen handelt es sich in der Regel um semantische Approximationen wie im Beispiel (8). Die Substitutionstechnik weist Ähnlichkeiten zu dem von Laakso (1997) beschriebenen dritten Bearbeitungsmuster auf: the use of deictic expressions and neologisms in self-repair (Laakso 1997: 151). Laakso (1997) nennt aber weder die Positionen, an denen die Technik im sequentiellen (Bearbeitungs-)Kontext angewendet wird, noch untersucht sie ihre damit verbundenen, unterschiedlichen Funktionen. Gerade die Positionierung der Technik ist aber nach meinen Analysen ausschlaggebend für die Funktion, welche die Ersetzung einnimmt. Daher wird in dieser Arbeit unterschieden zwischen initialer Substitution, interner Substitution und finaler Substitution. Die initiale Substitution wird verwendet, bevor das Lexikalisierungsproblem an die sprachliche Oberfläche gedrungen ist (vgl. unten, Kapitel III.3.3). Die finale Substitution wird am Ende einer Wortsuche zu deren Beendigung eingesetzt (vgl. unten, Kapitel III.2.3.1). Die interne Substitution wird mit nachgeschobener Reparatur innerhalb der Wortsuche eingesetzt. 56 Man denke an die silbische Artikulation schwieriger und wenig frequenter Begriffe, die auch bei Sprachgesunden beobachtet werden kann. 85

87 (10) Beispiel Zinsbeträge, Aufnahme a12, t: 0:11:50-0:12:18 Herr A (HA) und Frau A (Fa) sitzen auf der Couch und Frühstücken. Thema ist HAs neuerdings in der Schweiz aufgenommener Kredit, dessen Vorteile HA nun erläutert. Einer dieser Vorteile liegt in den nied-rigeren Zinsbeträgen. Abb. 10: Beispiel (10): t: 0:11:50 1 HA: [weil- [((HA blickt auf den Tisch))((Fa blickt zu Ka)) 2 [(5.0) [((Ha kaut und schluckt, nimmt sein Brot mit der Rechten und führt es zum Mund)) 3 [erstens <<len>[ist [DER>- [((HA blickt zu Fa, macht parallel mit linker Hand eine Geste für erstens, eine Faust mit aufgestelltem Daumen)) [((HA blickt kurz zu Ka2)) [((HA blickt in den Raum)) [((Fa blickt zu HA)) 4 Ka: [häh:- (---) [((HA und Fa blicken zu Ka)) 5 HA: ha ha; 6 (1.0) 7 [erstens ]- [((HA blickt auf sein Brot, legt es wieder auf den Teller)) 8 Fa: [voll niedlich]; [((Fa blickt zu HA, schüttelt den Kopf)) 9 HA: [ja:. [((HA und Fa blicken zu Ka)) 10 [erstens (.) <<len>sin> (.) <<all>[die DINGS> äh- (--) [((HA blickt auf den Teller)) [((HA blickt zu Fa, nimmt sein Brot wieder in die Hand)) 11 TIEFer; 12 [(2.0) [((Fa blickt zu HA, legt dann den Kopf schief)) 13 [die <<len>zins: (--) [be>träge, (-) [((HA blickt ins Leere))[((HA nickt)) 14 [in der SCHWEIZ, [((HA blickt auf sein Brot)) 15 <<all>[sind TIEfer>- [((HA blickt zu Fa, führt sein Brot zum Mund)) 16 [(1.5) [((HA blickt auf sein Brot, beißt davon ab)) 17 Fa: [ja:? [((HA macht Geste für zweitens : ausgestreckter Zeig- und Mittelfinger)) 18 [wie VIEL? (-) [((HA blickt zu Ka, der rumort)) 19 [SECHS prozent [oder fünf? [((HA blickt zu Fa)) [((HA wendet sich in Richtung Ka)) 20 [(1.0) [((HA beugt sich auf den Boden)) 86

88 21 HA: [zwischen fünf und sechs; [((HA hebt eine Papierrolle vom Boden auf)) Der ausgewählten Gesprächssequenz vorangegangen ist HAs von vielen lexikalischen und morphosyntaktischen Schwierigkeiten durchsetzte Erklärung, warum sein neuer Kredit besser sei als der alte. Nun möchte HA seine Aussage begründen. Er leitet seine Äußerung mit einer kausalen Konjunktion ein (Z. 1), die in diesem Fall die Funktion eines Diskursmarkers einnimmt. 57 Die darauf folgende lange Pause (Z. 2) entsteht zum einen, weil HA gerade isst und fertig kauen muss, bevor er seinen Redezug ausführt, zum anderen deuten sich bereits sprachliche Schwierigkeiten bei der Organisation des Redezugs an. HA hat schon zu Beginn seiner begründenden TCU mit einem Lexikalisierungsproblem zu kämpfen (Z. 3). Die Akzentuierung des Artikels sowie die Reduzierung des Sprechtempos verweisen auf HAs Schwierigkeiten, das Subjekt des Satzes zu produzieren projiziert ist ein maskulines Nomen im Nominativ (problemankündigende Phase). Der Redezug bricht bei gleichbleibender Tonhöhe unvollendet ab (problemanzeigende Phase). Nonverbal verweist HAs Blick ins Leere auf das Lexikalisierungsproblem und die mentalen Suchbemühungen. Fa erkennt die Schwierigkeiten: sie blickt zu HA und signalisiert ihre Orientierung auf seinen Redebeitrag. Die eigentliche Wortsuche wird allerdings aufgeschoben, da Ka durch sein Vokalisieren die Aufmerksamkeit beider Elternteile auf sich lenkt (Z. 4) und eine kurze Nebensequenz auslöst (Z. 4-9). HA beginnt die Wortsuche anschließend, indem er den ursprünglich unterbrochenen Redebeitrag (Z. 3) in variierter Form 58 wiederholt und dabei die interne Substitution anwendet (Z. 10): an die Position des gesuchten Wortes rückt er ein Passepartout-Wort ( Dings ). Mit geringer Verzögerung kann er so die TCU syntaktisch vollenden (Z. 11) (problembearbeitende Phase). Die mittels Substitution vervollständigte Äußerung liefert nun eine Vielzahl von Informationen über das gesuchte Wort. 59 Das Attribut tiefer (Z. 11) beschreibt eine Eigenschaft des Zielwortes: es kann hoch oder tief sein und ist bei dem neuen Kredit tiefer als bei dem alten. Interessant ist das mit der Verwendung dieser Technik verbundene Verhalten des Sprechers: zu Beginn der problematischen Äußerung blickt HA auf seinen Teller und spricht abgehackt und langsam (Z. 10). Sobald die Entscheidung fällt, anstelle des Zielworts eine interne Substitution zu äußern, beschleunigt er sein Sprechtempo, blickt zu Fa und greift nach seinem Brot. Die für erfolgreiche redezuginterne Wortsuchen 57 Sie leitet keinen Nebensatz ein, sondern einen Hauptsatz, und markiert dabei einerseits, dass HA einen Redezug plant und andererseits, dass dieser eine kausale Begründung für vorangegangene Äußerungen nachliefert. 58 Prädikat und Artikel äußert er nicht länger im Singular, sondern im Plural. 59 Die Verschiebung der syntaktischen Projektion von einer Singular- in die Pluralform ist eine Variation und keine Korrektur, weil im Äußerungskontext beide Formen möglich sind ( der Zinsbetrag ist tiefer die Zinsbeträge sind tiefer ). 87

89 typische Blickbewegung während der Suche vom Gesprächspartner weg, bei der Produktion des Zielwortes zum Gesprächspartner hin (vgl. Kapitel II.3.2.2) überträgt HA hier auf die Substitutionstechnik. Er markiert damit die Proform als mögliche, ausreichende Bearbeitung. Fa ratifiziert die Äußerung allerdings weder verbal (z.b. durch ein bestätigendes Rezipientensignal) noch nonverbal (z.b. durch Nicken und Blickabwendung), sondern blickt ihn weiterhin an und legt darüber hinaus ihren Kopf schief (vgl. das Kopfschieflegen in Beispiel (7)). Ihr Verhalten signalisiert, dass sie die Bearbeitung als unzureichend ansieht. HA setzt daraufhin die Bearbeitung des Lexikalisierungsproblems fort, was nonverbal durch seine Blickabwendung sichtbar gemacht wird (Z. 13). Nach einer kurzen Pause gelingt ihm die Reparatur, wobei das mit verlangsamter Sprechgeschwindigkeit und kurzer Intrapause artikulierte Zielwort die Proform ersetzt (Z. 13) (problembeendende Phase). HA bettet die nachgeschobene Reparatur ein, indem er sie zu einer vollständigen Äußerung erweitert (Z ), in der die Zinsbeträge durch eine attributive Phrase (Z. 14) weiter spezifiziert und in den vorangegangenen Gesprächskontext eingebunden werden. 60 Mittels seiner nachfolgenden Handlungen signalisiert HA, dass die Bearbeitungsaktivität beendet ist: er isst zunächst weiter (Z. 16) und möchte dann, wie seine Geste deutlich zeigt, die Aufzählung fortsetzen (Z. 17). Auch Fa markiert die Bearbeitungsaktivität als beendet, indem sie mehrere relevante Folgeäußerungen (next relevant turn) anschließt (Z ) und so die ursprüngliche Gesprächsaktivität fortsetzt. Durch die kataphorische Verwendung der Substitutionstechnik konnte HA das Zielwort syntaktisch und semantisch eingrenzen und den begonnenen Redezug wohlgeformt vollenden. Eine nachgeschobene Reparatur der Ersetzung wurde nötig, da seine Gesprächspartnerin die Proform nicht als ausreichende Bearbeitung ratifiziert hat. 61 Im folgenden Beispiel wird die Technik anaphorisch eingesetzt, um auf Informationen das vorangegangenen Gesprächszusammenhangs zurückzuverweisen. 60 Obwohl die Äußerung syntaktisch und semantisch abgeschlossen ist, wird sie prosodisch nicht als vollendet markiert. Möglicherweise hält HA es sich so offen, weitere Spezifizierungen anzuhängen, falls erneut keine Ratifizierung durch Fa erfolgt. 61 Wäre dies der Fall gewesen, so wäre die Ersetzung als finale Substitution zu klassifizieren. Vgl. Kapitel III

90 (11) Beispiel Versicherungen, Aufnahme A12, t: 0:8:24-0:8:50 Herr A (HA) und Frau A (Fa) sitzen auf dem Sofa und frühstücken. Gesprächsthema sind Steuererklärung und Freibeträge. HA hat Fa gerade erklärt, dass er seine Krankenversicherung von der Steuer absetzen kann. Abb. 11: Beispiel (11), t: 0:08:24 1 Fa: [ach die kannst du [ABsetzn? [((Fa blickt zu Ha)) [((Ha blickt zu fa, greift nach der Tasse)) 2 HA: [ha KLAR; [((Ha nickt)) 3 Fa: <<p>[(ah/na) ja>, [((Fa dreht den Kopf weg, schüttelt ihn)) 4 <<pp>das könn wir ja [NICH, [((Fa blickt wieder zu Ha)) 5 ne>; 6 HA: [und DANN [die::- [((Ha blickt geradeaus)) [((Ha nickt mit dem Kinn nach oben rechts)) 7 Fa: =[wir KLEINen [würstchen; [((Ha blickt in seine Tasse und trinkt)) [((Fa blickt auf ihr Brot)) 8 [(3.0) [((Fa blickt kurz grinsend zu Ha, dann auf ihr Brot, beißt ab)) 9 HA: [na die DING immer, [(--) [((Ha setzt die Tasse ab, blickt zu Fa)) [((Ha blickt geradeaus in den Raum)) 10 <<p>[die>- [((Ha blickt nach rechts)) 11 [(2.0) [((Ha blickt geradeaus, dann nach rechts, dann auf den Tisch)) 12 [w:ie heißt [das? (--) [((Ha blickt zu Fa))[((HA blickt geradeaus ins Leere)) 13 [die=äh:: versicherung, [((Fa beginnt den Kopf zu Ha zu drehen, hält Augen gesenkt)) 14 [die ich so [HA[be; [((Ha blickt auf den Tisch, greift sein Brötchen)) [((Fa blickt kurz zu HA, dann wieder weg; nickt)) [((Ha blickt zu Fa)) 15 [die [UNfall, [(---) [((Ha blickt auf sein Brötchen)) [((Ha blickt zu Fa)) [((Fa nickt))((ha blickt kurz auf sein Brötchen)) 16 [Alles. [((HA und Fa blicken sich an, Fa nickt)) 17 [(2.0) [((Fa blickt auf ihr Brot)) [((Ha blickt auf sein Brötchen, beißt ab)) 18 Fa: <<pp>mh=hm>; 89

91 19 [(1.0) [((Fa schüttelt den Kopf)) 20 HA: <<p>[alles ]>; 21 Fa: [das ] REICHT bei mir [nich, [((Ha legt Brötchen ab, blickt zu Fa)) 22 das kommt nich übern FREIbetrag; (---) HA befindet sich zu Beginn der vorliegenden Gesprächssequenz in einer Aufzählung der Posten, die er von der Steuer absetzen kann. Eben hatte er seine Krankenversicherung genannt. Nun möchte er die Aufzählung fortsetzen, wird aber durch ein Lexikalisierungsproblem davon abgehalten (Z. 6). Das Problem kündigt sich in dem gedehnten Artikel an (problemankündigende Phase) und wird durch den Abbruch der prosodisch als unvollendet markierten Äußerung sowie die deiktische Kopfbewegung sichtbar (problemanzeigende Phase). 62 Fa reagiert nicht auf HAs Lexikalisierungsproblem, da sie ihren eigenen Redebeitrag beenden möchte (Z. 7). Die anschließende längere Pause (Z. 8) schiebt die Bearbeitung des Problems auf: Fas Orientierung ist auf die Wirkung der eigenen leicht ironischen Äußerung ausgerichtet, HA ist damit beschäftigt, etwas zu trinken (Z. 8). Sobald er diese Tätigkeit beendet hat, setzt er die Aufzählung fort und bearbeitet das Lexikalisierungsproblem, indem er das Zielwort durch die Proform Ding substituiert (Z. 9) (problembearbeitende Phase). Im Gegensatz zu Beispiel (11) liefert die Substitution hier keine neuen syntaktischen oder semantischen Informationen. Die Proform knüpft aber anaphorisch an eine Äußerung an, die HA zu einem vorangegangenen Zeitpunkt im Gespräch produziert hatte. Dieser Rückverweis wird durch den Partikel na verdeutlicht, der im Zusammenspiel mit der Blickzuwendung Fa als knowing recipient (Goodwin 1990) ausweist und impliziert, dass ihr das Zielwort bekannt ist. 63 Auch das Adverb immer stellt den Rückbezug zu dem begonnenen Thema her, das durch Fas Fragen, was er von der Steuer abschreibe (t: 0:06:04) bzw. was er absetzen könne (t: 0:07:00), ausgelöst worden war. HA hatte diese Frage bereits vor Beginn der hier analysierten Sequenz wie folgt beantwortet: ich- (---) / schreib natürlich die ganzen (--) ganzen versicherungen ab, / die ich HAB; (t: 0:07:30-36). 64 Nachdem Fa mit dieser Erklärung nicht zufrieden gewesen war, hatte HA mit der Aufzählung der einzelnen Posten begonnen und seine Krankenversicherung genannt. Nun 62 Die mit dem Kinn ausgeführte Zeigegeste verweist nicht auf einen sichtbaren Gegenstand, auf den referiert werden soll, sondern auf die Leerstelle, die durch das Lexikalisierungsproblem entstanden ist. Sie kann als nonverbale Ersetzung verstanden werden, die mit einer verbalen Ersetzung (z.b. Ding ) korrespondiert. 63 Da die Äußerung, auf die HA sich retrospektiv bezieht, sehr weit zurück liegt, ist wahrscheinlich, dass Fa nicht erkennt, was gemeint ist. Man könnte sie daher als unknowing knowing recipient bezeichnen, als Rezipient, der nicht weiß, dass/was er weiß. 64 Die vorliegende Analyse geht davon aus, das es sich bei dem Problemitem um "Versicherungen" handelt. Herr Auer hat mich zu Recht darauf hingewiesen, dass HA möglicherweise bereits nach "Unfall" sucht. Trifft dies zu, so wird das passepartout-wort natürlich nicht anaphorisch verwendet. 90

92 möchte er offensichtlich zu der vorausgegangenen Antwort ( die ganzen Versicherungen ) zurückkehren, kann aber das entscheidende Wort ( Versicherungen ) nicht lexikalisieren und wendet daher die Technik der Substitution an. Da der Verweis sehr vage ist, initiiert HA beinahe unmittelbar eine nachgeschobene Reparatur der Substitution in Form einer offenen Wortsuche. Nonverbal wird der Beginn diese Wortsuche durch seine Blickabwendung von Fa markiert, verbal durch die Wiederholung des Artikels (Z. 10). Seine unruhig suchenden Blickbewegungen (Z. 10f) machen die mentale Suche äußerlich sichtbar. Schließlich wendet HA sich mit einer metasprachlichen W-Frage an Fa (Z. 12). Interessant ist dabei, dass er sie zunächst anblickt, dann aber wegsieht. Die Kombination aus Blickzuwendung und W-Frage wird in der Literatur als eindeutige und explizite Partizipationsinitiierung interpretiert (vgl. Goodwin & Goddwin 1986; Oelschlaeger 1999). HA wendet den Blick aber von Fa ab und blickt nachdenklich ins Leere, noch ehe er die Frage vollständig geäußert hat. Fa, die vermutlich tatsächlich nicht erkannt hat, welches Wort ihr Mann sucht, interpretiert die Frage aufgrund der Blickabwendung nicht als explizite Aufforderung, an der Suche zu partizipieren. 65 Sie signalisiert ihre Orientierung auf seine Bearbeitung, indem sie sich ihm langsam zuwendet, greift aber nicht direkt ein (Z. 13). Gleichzeitig gelingt HA die Lexikalisierung des Zielwortes (Z. 13). 66 Die spezifizierende Ergänzungsphrase (Z. 14) entspricht fast wörtlich der eine Minute zuvor gegebenen Antwort, auf welche die Ersetzung bezogen war. Die nachgeschobene Reparatur (Z. 13f) schließt syntaktisch an den unterbrochen Äußerungsbeginn (Z. 6) an und beendet die Wortsuche formal. HA kehrt wieder zu der Aktivität des Essens zurück, indem er sein Brötchen greift. Sein Blick zu Fa markiert den Redezug als potenziell abgeschlossen. Fa ratifiziert das erfolgreiche Ende der Wortsuche durch Blickzuwendung und Nicken (Z. 14). Zur Verdeutlichung schiebt HA als Beispiel eines der unter dem Zielwort subsummierten Elemente nach, welches von FA nonverbal (Z. 15f) und verbal (Z. 18) ratifiziert wird. Beide Beispiele illustrieren, mit welchem Potenzial und mit welchen Funktionen die Substitution alleine an der internen Position angewendet wird. Als Träger syntaktischer und semantischer Informationen kann sie anaphorisch mit Bezug auf einen im Gesprächskontext bereits genannten Begriff eingesetzt werden, dessen erneute Lexikalisierung durch den 65 Eine Längsschnittuntersuchung der Familie hat gezeigt, dass HA bevorzugt selbständige Reparaturen durchführt und nicht explizit initiierten Fremdeinmischungen negativ gegenübersteht. Fa hat sich dieser Präferenz angepasst, indem sie sehr zurückhaltend an den Bearbeitungen partizipiert (vgl. Bauer 2004). 66 Versicherung meint hier die in dialektaler Schnellsprechform artikulierte Pluralform Versicherungen. 91

93 Rückverweis umgangen wird. 67 Diese Form, sich Bedeutung aus Redebeiträgen anderer Sprecher nutzbar zu machen, wird bei Goodwin, Goodwin & Olsher (2002) als tying to the talk of others (Goodwin, Goodwin & Olsher 2002: 4) bezeichnet. Die Analyse hat gezeigt, dass sich das tying nicht ausschließlich auf Äußerungen anderer Sprecher beziehen muss: der Sprecher kann ebenso auf eigene Äußerungen rückverweisen. Außerdem wird die Anbindungstechnik verwendet, um kataphorisch auf einen Begriff zu verweisen, der in einer nachgeschobenen Reparatur durch den Sprecher selbst oder im Rahmen einer kollaborativen Wortsuche bearbeitet wird. Die Technik zeichnet sich gegenüber der syntaktischen, semantischen und phonologischen Approximation besonders dadurch aus, dass sie ohne Unterbrechung abläuft und eine (vorläufige) Vollendung der Äußerung möglich macht. So füllt sie erstens (ähnlich metasprachlichen Kommentaren wie wie heißt s? ) an der sprachlichen Oberfläche Pausen, die durch das Lexikalisierungsproblem bedingt sind. Zweitens verringert sie die Gefahr eines Verlusts des Redezugs im Sinne einer floor holding - Strategie und schafft Zeit für die weitere Bearbeitung des Problems. Drittens wird der gesamte Äußerungskontext mit seinem syntaktischen, semantischen und pragmatischen Gehalt als Informationsträger bereitgestellt. Die Möglichkeit, den Gesprächspartner in eine kollaborative Bearbeitung mit einzubeziehen, bleibt offen. Gerade wenn ein Lexikalisierungsproblem schon zu Beginn einer TCU auftritt, bietet sich die interne Substitution als geeignete Technik an, um das Problem zu bearbeiten. III Gesten in der Wortsuche Wie in den vorgestellten Beispielen bereits deutlich wurde, spielen nonverbale Kommunikationsmittel bei Wortsuchen eine große Rolle. Blickbewegungen und Gesten lassen die Wortsuchen an der Oberfläche sichtbar werden und werden maßgeblich zur Partizipationssteuerung eingesetzt. Als Bearbeitungstechnik ist besonders die Verwendung sprachbegleitender, deiktischer Gesten herauszustellen. Diese Technik korrespondiert weitgehend mit dem vierten bei Laakso (1997) beschrieben Muster: Pointing and illustrative gesture in self-initiated repair (Laakso 1997: 154). Die Technik wird in den bereits beschrieben Beispiele (5) in Kombination mit der syntaktischen Approximation eingesetzt. HA stellt während der Wortsuche eine Referenz zu dem Zielwort her, indem er auf das Objekt zeigt, dessen Bezeichnung er sucht (die Tanne). Die Verwendung deiktischer Geste wird auch von Sprachgesunden vor der Produktion des 67 Proformen transportieren, vor allem mit einleitendem Artikel, meist syntaktische Informationen (wie den Genus, vgl. z.b. die Ding ), Umschreibung meist semantische Informationen. 92

94 eigentlichen Wortes eingesetzt, um auf einen Gegenstand zu referieren (vgl. Schegloff 1984). Goodwin (2000b) betont, dass Zeigegesten nicht nur auf außersprachliche Objekte, sondern ebenso auf Aktivitäten ebenso auf Aktivitäten und Handlungen verweisen können. 68 Besonders bei sprachlich stark eingeschränkten Sprechern können Gesten stark zur Kontextualisierung beitragen und/oder sprachliche Äußerungen ersetzen (vgl. Kapitel II.3.2.2). Zwei Beispiele sollen die Verwendung von Gesten in offenen Wortsuchen veranschaulichen. Im ersten Beispiel (12) wird die Technik verwendet, um die Referenz zu einem konkreten Objekt aus der Umgebung der Gesprächsteilnehmer herzustellen. Im zweiten Beispiel (13) erfüllt die Geste umschreibende Funktion. Bei beiden Beispielen werden die Gesten mit internen Substitutionen kombiniert. (12) Beispiel Kamera, Aufnahme k11, t: 0:27:50-0:27:55 Herr K (HK) und Frau K (Fk) sitzen am Esszimmertisch, HK befindet sich recht im Bild. Sie haben vor kurzem ihr Frühstück beendet. Fk hat kurz vor der ausgewählten Sequenz das Thema auf HKs sprachliche Probleme gelenkt, was ihm unangenehm ist. Er fordert sie daher auf, die Kamera auszuschalten. Abb. 12: Beispiel (12) t:0:27:50 1 Fk: [ja ALso; [((Fk blickt in neutrale Position)) [((HK blickt zu Fk; hat Ellbogen aufgestellt, Hände gefaltet)) 2 [ich mein ] 3 HK: [((seufzt))]; 4 Fk: [unsere verständigung ]- 5 HK: <<cres>[jetzt [könntsch ja mal] [da SCHLUSS> [machen; [((HK blickt in Richtung Kamera)) [((Fk blickt zu Hk)) [((HK löst die linke Hand und zeigt auf die Kamera)) [((HK blickt zu Fk)) 6 Fk: =[unsre versch]- [((Fk nickt)) 7 HK: =<<pp>[da oder net ]>? [((HK führt die linke Hand wieder zur rechten)) 8 Fk: [versch ]- [((Fk blickt kurz auf den Tisch, dann wieder zu HK)) 9 HK: [jetzt ka]nnsch ja mal [die DINGS da zu [zu En ][de ]; [((HK zeigt mit linker Hand auf Kamera)) 10 Fk: [SO (.)]? [((Fk nickt)) 68 In dem von Goodwin analysierten Beispiel zeigt ein globalaphasischer Sprecher zunächst auf den leeren Autostellplatz vor seinem Haus und dann in die Küche. Dem Gesprächsteilnehmer gelingt es zu entschlüsseln, dass er mit dieser Geste vom Aphasiker dazu aufgefordert wurde, dessen Frau beim Hereintragen der Einkäufe zu helfen, sobald diese vom Einkaufen zurück ist. 93

95 11 [soll] ich [((Fk blickt zur Kamera)) 12 jetzt AUS[schalten? [((HK nickt)) [((Fk blickt zu HK)) 13 HK: =[(des) machsch du SCHO; [((HK nickt)) Die ausgewählte Sequenz setzt ein, nachdem Fk seit einiger Zeit das Thema auf HKs sprachliche Probleme und die damit verbundenen Verständigungsprobleme gelenkt hat (Z. 1-4, Z. 6). Dass das Gespräch über seine Schwierigkeiten HK unangenehm ist, ist weiter oben bereits deutlich geworden. In der vorliegenden Sequenz schlägt es sich in einem Seufzen nieder (Z. 3) sowie in der Tatsache, dass HK die Kamera ausschalten möchte (Z. 5-10). In Überlappung zu Fk formuliert er die Aufforderung, sie könne ja mal da SCHLUSS machen (Z. 5). Während er dies sagt, blickt er zunächst in Richtung der Kamera, zeigt dann auf die Kamera und blickt anschließend zu Fk, der Rezipientin seiner Äußerung. Blick, Geste und das Adverb da referieren eindeutig auf die Kamera. Fk versucht, das Rederecht zurückzugewinnen (Z. 6, Z. 8), wird aber von HK unterbrochen (Z.7, Z. 9). Er fordert seine Frau explizit auf, die Aufzeichnung zu beenden (Z. 9). Allerdings hat HK Schwierigkeiten, das entscheidende Wort (Kamera) zu lexikalisieren, weswegen er eine Substitution einsetzt: anstelle von Kamera bettet er die Proform Dings in die Äußerung ein. Es handelt sich hierbei um eine initiale Substitution, der keine problemankündigende Phase und kein Suchverhalten vorangeht und in der problemanzeigende, problembearbeitende und problembeendende Phase gleichsam zusammenfallen (vgl. unten, Kapitel III.3.2). Die Proform wird in dem vorliegenden Beispiel doppelt mit Bedeutung angereichert. Zum einen wird ein anaphorischer Bezug zu der in Z. 5 zwar ebenso wenig explizit genannten, aber bereits vorwiegend nonverbale eingeführten Kamera hergestellt. Zum anderen nutzt HK erneut deiktische Gesten, indem er parallel zur Produktion der Proform auf die Kamera zeigt. Fk kann bei ihrer Interpretation der Äußerung auf die von HK genutzten nonverbalen Kommunikationsressourcen zurückgreifen (vgl. Goodwin & Goodwin 1992). Sie reformuliert HKs Aufforderung mit ansteigender finaler Tonhöhe, d.h. als Frage (Z. 10f). Dabei versprachlicht und übersetzt sie nicht die Geste, mit der HK sein Lexikalisierungsproblem bearbeitet und die Kamera referenziert hatte, sondern stellt ihre Interpretation der gesamten Äußerung zur Disposition. Gleichzeitig stellt sie für das weitere Gespräch das adäquate Verb bereit, mit dem man für gewöhnlich die von HK geforderte Handlung vollzieht ( ausschalten Z. 11). Damit nimmt Fk eine embedded correction (vgl. Jefferon 1987) der ungrammatischen Formulierungen vor, die HK verwendet hatte (Z. 9). Das Lexikalisierungsproblem wird von 94

96 Fk nicht weiter bearbeitet: auch sie benennt die Kamera nicht, sondern nutzt Blickbewegungen, um einen Bezug zwischen ihrer Äußerung und der Kamera herzustellen (Z. 11). Damit verzichtet sie bewusst auf einen Eingriff in die von HK erfolgreich selbstständig durchgeführte Bearbeitung. 69 (13) Beispiel Halskrause, Aufnahme j12, t: 0:22:05-0:22:31 Herr J (HJ) und Frau J (Fj) sitzen am Esstisch und essen zu Mittag. Das Gespräch dreht sich um Erledigungen, die HJ bei seinem Gang in die Stadt machen soll. Abb. 13: Beispiel (13), t: 0:22:05 1 Fj: hast du eigentlich noch Irgendwas bei der REInigung? (-) 2 HJ: [nee, [((HJ blickt auf den Tisch, wo er hantiert)) 3 aber i MUSS- 4 (1.0) 5 die JAcke, (---) 6 am- (--) 7 BUSbahnhof muss ich Abgeben. 8 [(1.8) [((HJ greift mit der rechten Hand nach dem Teeglas und trinkt)) 9 Fj: [nich dass die das nach EInem jahr WEGwerfen, [((HJ blickt zu Fj, trinkt dabei)) 10 un wir WIssen=es gar nich mehr; 11 HJ: ['hm'hm; [((HJ blickt auf den Tisch, schüttelt den Kopf)) 12 [(1.2) [((HJ stellt sein Teeglas auf den Tisch)) 13 die KENNT mich; (--) 14 die KENNT mich die frau. (--) 15 [die WEISS, [((HJ nickt)) 16 ich hab- 17 [(1.4) [((HJ nimmt zweites Teeglas mit der rechten Hand auf)) 18 wo ich immer die HALS [(--) dings ghabt hab, [((zeigt mit dem Zeigefinger der linken Hand auf den Hals und macht enge, kreisende Bewegung)) 19 hat die immer (.) SCHO (.) [gewusst; [((HJ blickt zu Fj)) 20 <<p>[(des mein ich), [((HJ nickt leicht mit dem Kopf)) 69 Obwohl das Zielwort nicht verbal genannt wurde, handelt es sich hier um eine erfolgreiche Bearbeitung des Lexikalisierungsproblems, da das gemeinte Objekt von beiden Gesprächsteilnehmern eindeutig bestimmt worden ist. 95

97 21 [die kennt mich; [((HJ blickt wieder auf den Tisch)) 22 [(2.4) [((HJ trinkt))((fj blickt zur Seite, schüttelt ihr Haar und setzt sich im Stuhl zurecht)) 23 Fj: HEMden brauchst du ja nich, 24 ne? HJ und Fj überlegen gemeinsam, was HJ bei seinem Gang in die Stadt alles erledigen muss. Dabei fragt Fj ihren Mann, ob er noch etwas bei der Reinigung habe (Z. 1), da sie Angst hat, Kleidungsstücke von ihnen könnten weggeworfen werden, falls sie nicht abgeholt würden (Z. 9f). HJ verneint ihre Frage (Z. 2) und erläutert die Unbegründetheit der Sorge mit dem Hinweis darauf, dass man ihn bei der Reinigung kenne (Z. 13f). Im Gegensatz zu Fj, die sehr allgemein von den Beschäftigten der Reinigung gesprochen hatte ( die, Z. 6), führt HJ als Gewährsperson eine bestimmte Angestellte ein ( die Frau, Z. 14). Die von einem bestätigenden Nicken begleitete, nachfolgende Phrase soll seine Behauptung näher klären (Z. 15f). Dabei wird HJ von morphosyntaktischen Schwierigkeiten gebremst. Er reformuliert seinen Redezug daher und verlegt die Schilderung ins Präteritum (Z ). Offenbar möchte er ein persönliches Erlebnis wiedergeben, das sich in einem vergangenen Zeitraum mehrmals wiederholt hat ( immer Z.18 und Z. 19). HJ beginnt diese Erzählung mit einem Temporalsatz (die umgangssprachliche Konjunktion wo steht für als ), muss diesen dann aber wegen eines Lexikalisierungsproblems kurz unterbrechen (Z. 18) (problemanzeigende Phase). Schwierigkeiten bereitet das Akkusativ-Objekt, ein weibliches Kompositum, von dem HJ momentan nur den determinierenden Bestandteil produzieren kann ( Hals, Z. 18). Dieser gibt das semantische Feld vor, in dem das Zielwort zu suchen ist (vgl. Kapitel III.2.1.2). HJ bewältigt das Lexikalisierungsproblem, indem er das Zielwort durch eine Geste und eine Proform substituiert. Die eigentliche Bearbeitung wird durch die nonverbale Handlung erzielt (problembearbeitende Phase). Die kreisende Handbewegung liefert auf nonverbalem Weg semantische Informationen über das Zielwort. Sie deutetet sowohl die runde Form des gemeinten Objektes an als auch seine Positionierung um den Hals herum. Aufgrund des gemeinsamen Hintergrundwissens kann Fj erschließen, was gemeint ist: die Halskrause, die HJ nach seinem Autounfall eine Zeit lang tragen musste. Eine weitere, nachgeschobene Reparatur oder die Verbalisierung des Zielwortes ist daher nicht notwendig. Die Proform schließt die Bearbeitung ab (problembeendende Phase): sie dient in finaler Position mehr dem Ausstieg aus der Bearbeitung als der Bearbeitung selbst (vgl. unten Kapitel III.2.3.1). Durch die Substitution wird die semantisch durch die Geste gefüllte Lücke auch syntaktisch geschlossen, so dass die Äußerung wohlgeformt von HJ fortgesetzt werden kann (Z. 19). Erst bei Abschluss der Gesamtäußerung blickt HJ zu Fj und macht damit einen Sprecherwechsel 96

98 möglich. Fjs Blickbewegungen während HJs Redezug und der Bearbeitung des Lexikalisierungsproblems sind aufgrund der Kamerapositionierung leider nicht ersichtlich. Allerdings ist ihre Körperhaltung sehr ruhig, sie scheint nicht weiter zu essen, sondern der wait & see - Strategie zu folgen. Erst nachdem HJ im Gespräch fortfährt (Z. 20f), gibt Fj ihre ruhige, abwartende Haltung auf und orientiert sich neu (Z. 22). Mit der nachfolgenden Äußerung kehrt sie zur vorangegangenen Gesprächsaktivität zurück (Z. 23f). In beiden Beispielen werden die Gesten nicht alleine verwendet, sondern mit einer verbalen Substitutionstechnik kombiniert, trotzdem leisten sie in beiden Fällen die maßgebliche Bearbeitungsarbeit. Helasvuo et al. (2004) gehen davon aus, dass eine ersetzende Geste auch allein an die Stelle eines fehlenden Nomens treten kann (Helasvuo et al. 2004: 19). In den vorliegenden Daten wird die Technik allerdings nicht isoliert, sondern stets multimedial gebraucht. Der Großteil der Gesten wird zur Referenzherstellung eingesetzt, wobei in der Regel auf ein reales Objekt in der unmittelbaren Umgebung des Sprechenden Bezug genommen wird. Besonders hier und gerade für stark sprachlich beeinträchtigte Sprecher bietet der Rückgriff auf nonverbale Kommunikationsressourcen die Möglichkeit, Lexikalisierungsprobleme im Gespräch zu bearbeiten. Innerhalb der untersuchten Familien werden sie vermehrt von den stärker betroffenen Sprechern eingesetzt. Häufig werden die nonverbalen Handlungen anschließend im Rahmen einer nachgeschobenen Reparatur vom Gesprächspartner versprachlicht und so für das weitere Gespräch bereitgestellt. 2.2 Stille Wortsuchen Neben der offenen Wortsuche verwenden die Sprecher in den analysierten Daten das stark selbstorientierte, nach innen gerichtete Handlungsmuster der stillen Suche. Bei der stillen Wortsuche wird die betroffene Äußerung unterbrochen und nach einer ungefüllten Intrapause, in der das Zielwort vom Aphasiker ohne verbales trouble-indicationg behaviour gesucht wird, fortgesetzt. Die fertiggestellt Äußerung ist abgesehen von der (unter Umständen sehr langen) Pause wohlgeformt. Die schematische Darstellung der offenen Wortsuche lässt sich mit leichten Veränderungen auf die stille Wortsuche übertragen (Abb. 14): 97

99 Sprecher Gesprächsteilnehmer problemankündigende Phase problemanzeigende & -bearbeitende Phase z.t. - Pausen - Wortdehnungen - Sprechtempoveränderungen Unterbrechung der TCU mit Intrapause, typisches Blickverhalten und Gesten Orientierung auf den Gesprächspartner und seinen Redezug, z.t. - Rezipientensignale - Blickzuwendung problembeendende Phase - Produktion des Zielwortes - finale Substitution wait & see - Strategie - Änderung des Gesprächsthemas - Wechsel in Offene Wortsuche - Änderung des Partizipationsrahmens (kollaborative Bearbeitung) Abb. 14: Prototypische Struktur der stillen Wortsuche Strukturell unterscheidet sich die stille Wortsuche von der offenen Suche vor allem dadurch, dass hier die problemanzeigende und die problembearbeitende Phase zusammenfallen. Die Wortsuche wird nonverbal gekennzeichnet und erscheint an der sprachlichen Oberfläche als Pause. Der Sprecher greift nicht auf offene Bearbeitungstechniken wie die Approximation an das Zielwort oder seine Substitution zurück, sondern bearbeitet das Problem mental. Nicht immer wird diese mentale Wortsuche von den Gesprächsteilnehmern als solche erkannt. 70 Allerdings ist die mentale Such- und Lexikalisierungsaktivität des Sprechers während der Pause meist formal erkennbar und wird von den Gesprächsteilnehmern nonverbal markiert. Typischerweise wendet der Sprecher den Blick von seinem Gesprächspartner für die Dauer der Aktivität ab. Er signalisiert damit, dass sein Redezug noch nicht beendet ist und wehrt gleichzeitig eine mögliche Einmischung durch den Gesprächspartner ab (vgl. Goodwin 1981, 1967; Goodwin & Goodwin 1986). Mittels Körperhaltung, Gestik und Mimik (vgl. z.b. die Charakteristika des thinking face bei Goodwin & Goodwin 1986) verdeutlicht er, dass er sich in einem aktiv betriebenen Such- und Lexikalisierungsprozess befindet, den er zu Ende führen möchte. Der rezipierende Gesprächspartner hingegen wendet seinem Gegenüber den Blick zu und signalisiert seine Orientierung auf den unvollendeten Redebeitrag. Damit erkennt er das 70 Als Folge wird dem Sprecher z.b. das Rederecht entzogen. Es kommt zu kommunikativem Stress, der das Missverständnis sichtbar werden lässt. 98

100 Problem als solches an und vermittelt die Bereitschaft zur Partizipation (Goodwin & Goodwin 1986: 54f). Zur Beendigung der stillen Wortsuche steht dem Sprecher jederzeit die Möglichkeit offen, in eine offene Wortsuche zu wechseln, indem er die Wortsuche verbal anzeigt. Ebenso kann er die aktive Partizipation seines Gesprächpartners initiieren oder das Gesprächsthema ändern. (14) Beispiel Grillen, Aufnahme j11, t: 0:12:46-0:13:09 Herr J (HJ) und Frau J (Fj) sitzen am Gartentisch und essen zu Mittag. Da Fj mit dem Rücken zur Kamera sitzt, sind lediglich ihre Kopf-, nicht aber ihre genauen Blickbewegungen zu erkennen. Thema des Gesprächs ist der von Fj angekündigte (mögliche) Besuch ihrer Freundin Conny. HJ schlägt vor, mit dem Besuch zu grillen. Abb. 15: Beispiel (14), t: 0:12:46 1 Fj: <<p>die> CONNy hat gsagt, 2 ((räuspert sich)); 3 dass se eventuell morgen kommt; 4 (1.2) 5 HJ: jo:; (--) 6 Fj: [also [WENN se die (-) ][hanna (.) nach [schweinfurt fährt- [((Fj scheint aufzublicken)) [((Fj nickt)) [((HJ blickt auf))][((hj blickt wieder auf den Teller)) 8 (-) [dann ] kommt se eventuell mal vorbei; 9 HJ: <<p>[mh=hm]>; 10 Fj: das entscheidet sich [erst morgen nachmit[tag; (--) [((Fj nickt mit dem Kinn nach Rechts)) [((HJ blickt auf)) 11 HJ: <<p>[mh=hm>; [((HJ senkt die Augenlieder wieder und nickt leicht)) 12 Fj: [STÖRT dich dis, [((Fj scheint HJ direkt anzublicken)) 13 Oder? 14 [(1.8) [((HJ schüttelt leicht den Kopf)) 15 nich, 16 [(1.6) [((Fj senkt den Kopf)) 17 HJ: [dann kam=ma weng- [((HJ blickt zu Fj, legt das Messer ab, hebt die rechte Hand)) 18 [(1.0) [((HJ blickt auf den Teller, seine rechte Hand macht enge, kreisende Bewegungen)) [((Fj schaut auf)) 19 [GRILLN; [((HJ blickt zu Fj, nimmt Messer wieder auf)) 20 (1.6) [(--) [((HJ blickt wieder auf den Teller, isst weiter)) 99

101 21 fj: ja WENN se was mitbringt, [((Fj nickt dreimal)) 22 [ja; (--) [((Fj nickt zweimal, senkt den Kopf)) 23 HJ: [ja; [((HJ nickt)) 24 [(5.8) [((beide essen weiter)) Das neue Gesprächsthema wird in dieser Sequenz von Fj begonnen. Sie gibt die Ankündigung ihrer Freundin Conny wieder, eventuell am folgenden Tag auf Besuch zu Familie J zu kommen (Z. 1-10) und fragt ihren Mann, ob ihn das störe (Z. 12f). HJ möchte daraufhin den Vorschlag machen, dass anlässlich des Besuchs gegrillt werden könnte. Er beginnt mit einer Äußerung, muss sie aber aufgrund eines Lexikalisierungsproblems unterbrechen (Z. 17). Die lange Pause vor dem Redebeitrag hat die Schwierigkeiten bereits angekündigt (Z. 16) (problemankündigende Phase). Die unterbrochene TCU ist semantisch, syntaktisch sowie prosodisch als unvollendet markierte. Sie endet, bevor das zentrale, den Vorschlag ausdrückende Inhaltswort lexikalisiert werden kann, so dass eine Pause entsteht (Z. 18). Zeitgleich wendet HJ den Blick von seiner Gesprächspartnerin ab und blickt nach unten, auf seinen Teller. Dabei führt er mit der rechten Hand enge, dynamisch kreisende Bewegungen aus, die sein Lexikalisierungsproblem (ähnlich verbaler Interjektionen) an der Oberfläche sichtbar werden lassen (problemanzeigende Elemente). Diese Bewegung wird bereits vorbereitet, während HJ noch spricht: er legt sein Messer auf dem Tellerrand ab und hebt die nun freie Hand an (Z. 17). In dem Moment, indem HJ seine unvollendete TCU unterbricht und den Blick von seiner Gesprächspartnerin abwendet, schaut Fj auf. Sie vermittelt so ihre Erwartung auf eine Vollendung der TCU und signalisiert Aufmerksamkeit und Partizipationsbereitschaft (Goodwin & Goodwin 1986: 54f). Die entstandene Pause ist mit einer Dauer von einer Sekunde allerdings nur sehr kurz (Z. 18). HJ gelingt es sehr rasch, das gesuchte Zielwort selbständig zu produzieren und die TCU damit abzuschließen (Z. 19). Durch die Betonung wird das Zielwort als solches besonders hervorgehoben. Die vollendete Äußerung ist in Bezug auf seine semantische, syntaktische und prosodische Gestalt wohlgeformt. Interaktional wird die Abgeschlossenheit der TCU durch HJs Blick- und Handbewegungen markiert. Während er das Zielwort äußert, richtet er den Blick vom Teller wieder auf seine Frau. Gleichzeitig nimmt er sein Messer wieder auf (Z. 19) und isst weiter (Z. 20). Fj schließt einen nächsten relevanten Redebeitrag an (Z. 21f). In dem vorgestellten Beispiel (14) gelingt es dem Sprecher sehr schnell, das Zielwort zu lexikalisieren. Das ist nicht immer der Fall. Je länger die ungefüllte Pause andauert, desto 100

102 größer wird für den Sprecher die Gefahr, das Rederecht zu verlieren. Dies gilt besonders dann, wenn seine mentale Such- und Lexikalisierungsaktivität nicht eindeutig rezipiert wird. Lange andauernde Pausen fordern eine Toleranz vom Gesprächspartner, die nicht immer aufgebracht wird. Ein zweites Beispiel (15), in dem der Sprecher von seinem Gesprächspartner während der stillen Wortsuche unterbrochen wird, macht dies deutlich. (15) Beispiel Gartenmann, Aufnahme j11, t: 0:33:48-0:34:04 Herr J (HJ) und Frau J (Fj) sitzen am Gartentisch und essen zu Mittag. Das Gespräch dreht sich um Fjs Feststellung, dass ihre Tomaten plötzlich rot geworden sind, obwohl sie kurz zuvor noch gelb waren. HJ hatte daraufhin erklärt, dass Tomaten immer abends rot werden. A Abb. 16: Beispiel15, t: 0:33:48 1 Fj: [ah STIMMT, [((HJ blickt zu Fj)) [((Fj hat den Kopf gesenkt)) 2 [das is ja n NACHTschAttengewächs; (--) ((Fj hebt den Kopf an, steckt sich etwas in den Mund)) 3 HJ: [ja; [((HJ nickt)) 4 (1.2) 5 das weiß <<len>[ich- [((Fj nickt mehrmals leicht mit dem Kopf)) 6 (1.0) 7 sogar als[:- [((HJ senkt den Kopf, blickt auf seinen Teller)) 8 [(2.2) [((HJ bewegt den Kopf leicht hin und her)) [((Fj zuckt mit den Schultern und schüttelt den Kopf)) 9 NICHT>- 10 Fj: =ch bin ein STADTkind, 11 DU kommst vom land; 12 HJ: =als NICHT- 13 [(3.0) 14 GARtenmann. 15 [(3.0) [((HJ greift sein Glas und trinkt)) [((Fj senkt den Kopf, beginnt etwas zu scheiden)) Die Sequenz beginnt damit, dass Fj die vorangegangene Erklärung ihres Mannes mit Rückgriff auf ihr Weltwissen bestätigt: sie ordnet die Tomate ihrer Pflanzenfamilie zu (Z. 1f). HJ ratifiziert diese Zuordnung sowohl verbal als auch nonverbal (Z. 3). Dann beginnt er eine kommentierende Äußerung, deren Produktion besonders die Lexikalisierung des zentralen 101

103 Inhaltwortes ihm allerdings Schwierigkeiten bereitet (Z. 5). Diese Schwierigkeiten kündigen sich in der Verlangsamung des Sprechtempos (Z. 5) und der eine Sekunde andauernden Intrapause (Z. 6) an (problemankündigende Phase). Der Übergang in die mentale Wortsuche wird nonverbal durch das Kopfabsenken des Sprechers markiert (Z. 7) (problemanzeigende und -bearbeitende Phase). Während des Suchvorgangs entsteht an der sprachlichen Oberfläche eine Pause (Z. 8). In dieser Pause bereitet Fj bereits den Redezug vor, mit dem sie auf HJs Kommentar reagieren möchte. Auch wenn HJs Äußerung noch unvollständig ist, dringt doch ein polemischer Unterton durch. 71 Fj nonverbales Verhalten lässt darauf schließen, dass sie diesen Unterton missbilligt (Z. 8). Aufgrund ihrer Verärgerung sinkt ihr Toleranzgrad für die Länge der von HJ produzierten Pause. Gerade als es ihm gelingt, den ersten Teil des gesuchten Zielwortes zu produzieren (Z. 9), unterbricht Fj ihren Mann, um eine Rechtfertigung anzubringen (Z. 10f). Sie greift damit der Vollendung seiner Wortsuche vor und reagiert auf die Implikation seiner Äußerung, indem sie argumentiert, dass sie als Stadtkind nicht alles wissen müsse, was ihm als Landkind geläufig sei (Z. 10f). HJ setzt seine Wortsuche unmittelbar fort und wiederholt daher den bereits lexikalisierten ersten Teil seines Zielwortes (Z. 12). Unabhängig von Fjs Redezug möchte er seine Wortsuche beenden. 72 An der Oberfläche entsteht eine weitere, längere Pause, während der HJ regungslos und mit gesenktem Kopf da sitzt und das Problem mental bearbeitet (Z. 13). Schließlich gelingt ihm die Produktion des zweiten Bestandteils des Zielwortes (Z. 14) und damit die erfolgreiche Beendigung der Wortsuche (problembeendende Phase). Ihr Ende wird nonverbal markiert: beide Gesprächsteilnehmer kehren zur ursprünglichen Aktivität, dem Essen, zurück (Z. 15). Wie gezeigt wurde, kann der Sprecher die stille Wortsuche nur dann erfolgreich beenden, wenn sein Gesprächspartner ihm genügend Zeit lässt, das Lexikalisierungsproblem mental zu bearbeiten. Die benötigte Zeitspanne kann dabei zu Pausen von mehreren Sekunden führen. Ein extremes Beispiel, wie lange ein mentaler Suchprozess ohne verbale Bearbeitung durchgehalten werden kann, sofern der Sprecher nicht von einer Gefährdung des Rederechts ausgehen muss, liefert eine Gesprächssequenz der Familie A, das Beispiel (16) Specht. Allerdings erfolgt die Suche hier nicht innerhalb einer stillen Wortsuche (mit unterbrochener Äußerung), sondern innerhalb einer von HA explizit gemachten Demonstration seines 71 Die Wendung das weiß ich sogar (z. 5-7) impliziert, dass der so apostrophiert Sachverhalt zum allgemeinen Weltwissen zu zählen ist und dass Nicht-Wissen hier als Ignoranz gewertet werden muss. 72 Die Vollendung seiner Äußerung wird zeigen, dass die Aussageintention etwas weniger kritisch war, als Fj interpretiert hatte. 102

104 Suchverhaltens. Aus diesem Grund wird das Beispiel nicht näher analysiert. Es soll den langen Zeitraum aufzuzeigen, in dem still gesucht werden kann. (16) Beispiel Specht, Aufnahme a13b, t: 0:17:36-0:18:25 Herr A (HA) erzählt Frau A (Fa), dass er am Morgen ein Lexikalisie-rungsproblem hatte: er konnte sich nicht an die Bezeichnung,Specht erinnern. Durch Überlegung ist ihm dann Zugriff und Artikulation des Zielwortes gelungen. Er versucht nun, diese Leistung vor Fa zu wiederholen, hat aber erneut Schwierigkeiten mit der Lexikalisierung des Wortes. Abb. 17: Beispiel 16, t: 0:17:36 1 HA: [aber=äh- [((HA blickt vor sich ins Leere, macht mit der rechten Hand kurze wegwerfende Bewegung)) [((Fa blickt zu HA)) 2 (1.1) 3 [ich hab dann- [((HA senkt den Kopf, legt die Hand über Stirn und Augen)) [((Fa blickt von HA weg, nach unten)) 4 WARt a mal; 5 [ich hab dann überl:egt, [((HA kratzt sich an der Stirn)) [((Fa blickt wieder zu HA)) 6 und es kam mir [N:ICHT, [((Fa blickt vor sich in Leere)) 7 [(2.7) [((HA senkt den Kopf noch tiefer)) 8 <<len>[ich mein> [vielleicht würd es mir- (---) [((HA hebt den Kopf an, nimmt die Hand vom Gesicht)) [((HA verdeckt Stirn und Augen wieder mit der rechten Hand)) [((Fa blickt zu HA)) 9 <<len><<p>[jetzt grad> (-) <<dim>mal EIN falln>. [((HA führt die rechte Hand zum Mund, kaut am Zeigefinger)) 10 (2.8)[(1.2)[(4.1)[(3.8)[(14.1)[(0.8)[(3.1) 73 [((Fa blickt vor sich ins Leere, sie sitzt ganz ruhig)) [((HA legt die Hand wieder vor Stirn und Augen)) [((Fa blickt wieder zu HA)) [((Fa blickt vor sich ins Leere)) [((Fa blickt zu HA)) [((HA hebt den Kopf, führt die rechte Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger an den Mund)) 11 <<p>siehst du, 12 des hat heut MORgen auch andersch [geklappt. [((HA richtet sich auf und verschränkt die Arme vor der Brust)) 73 Die Pause und damit der mentale Suchprozess dauert insgesamt 29.9 Sekunden. 103

105 Die Pause in diesem Beispiel dauert fast eine halbe Minute. Währenddessen wartet Fa beinah bewegungslos ab. Sie beweist eine extrem hohe Toleranz. Es ist die längste Suchpause, die in den Daten auftaucht. Innerhalb stiller Wortsuchen bewegt sich die Pausendauer zwischen einer halben Sekunde und sieben Sekunden. Die Länge der Pausen hängt zusammen mit der sequentiellen Positionierung des Lexikalisierungsproblems und dem Aktivitätsrahmen, in dem es auftritt. Je stärker der betroffene Redezug konditionell in den Gesprächskontext eingebunden ist, desto größer ist die Toleranz für lange ungefüllte Pausen. Die höchste Toleranz und die längsten Pausendauern finden sich in Sprachübungssequenzen, in denen ein Gesprächsteilnehmer den aphasischen Sprecher ein Objekt benennen lässt. Ebenfalls relativ hoch ist die Toleranz, wenn die betroffene Äußerung Teil eines zweiten relevanten Paarteiles ist, auf dessen Einlösung der Gesprächspartner ausgerichtet ist. Meist handelt es sich hier um die Antwort auf eine Frage. In diesen Kontexten ist das Rederecht des Sprechers wesentlich weniger gefährdet als in Redezügen, die einen weniger starken Kontext besitzen. Dort finden sich keine Pausen, die länger als etwa drei Sekunden andauern. Gelingt es dem Sprecher in diesem Zeitraum nicht, das Lexikalisierungsproblem mental zu bearbeiten, so verliert er entweder das Rederecht oder wechselt in das Handlungsmuster der offenen Wortsuche über. Die stille Wortssuche exponiert sowohl das Lexikalisierungsproblem als auch dessen Bearbeitung weniger stark an der sprachlichen Oberfläche als die offene Wortsuche. Aus psychosozialer Sicht ist daher eine Stille Wortsuche mit rascher Bearbeitung, d.h. kurzer Pause, als das face-wahrendere Handlungsmuster präferiert. Die Entscheidung, ob still (und damit weniger explizit) gesucht werden kann oder offen gesucht werden muss, kann dabei nicht (nur) vom Sprecher getroffen werden, sondern ist abhängig von Aktivitätsrahmen, Kontext und schnellem Erfolg der Suche. III.2.3 Beendigungstechniken bei Wortsuchen In der Mehrzahl der vorgestellten Beispiele wird die Wortsuche beendet, indem das gesuchte Zielwort produziert wird. Ausnahmen bilden die Beispiele (12) und (13), bei denen die erfolgreiche Referenzierung nonverbal stattfindet. Nicht immer gelingt jedoch die redezuginterne Bearbeitung. In den untersuchten Daten zeigen sich drei unterschiedliche Techniken, mittels derer Wortsuchen dann beendet werden. Erstens findet hier die Substitution des Zielwortes durch eine Proform oder eine Ersatzphrase zu nennen (finale Substitution). Zweitens wird die Möglichkeit eines Gesprächsthemenwechsels genutzt. 104

106 Drittens nimmt einer der Gesprächsteilnehmer eine Änderung des Partizipationsrahmens vor, so dass die redezuginterne Bearbeitung des Lexikalisierungsproblems in eine kollaborativen Bearbeitung übergeht. III Finale Substitution Die finale Substitution wird im Rahmen begonnener Bearbeitungssequenzen genutzt, um den Bearbeitungsvorgang zu beenden (vgl. auch Laakso 1997: 154). Meist wird das fehlende Wort durch das Passepartout-Wort Ding ersetzt. Die Proform wird innerhalb einer Wortsuche angewendet, um aus der Suche auszusteigen oder sie nicht expandieren zu lassen. Aufgrund der Positionierung am Ende des Bearbeitungsprozesses wird die Technik hier als finale Substitution bezeichnet. (17) Beispiel Kegel, Aufnahme g13, t: 0:24:41-0:25:10 Herr G (HG) und Frau G (Fg) sitzen nach dem Mittagessen am Esstisch. Frau G raucht eine Zigarette, Herr G erzählt von seinem Kegelabend. Er berichtet insbesondere von einem Kegelfreund, der besonders schlecht gekegelt hat. A b Abb. 18: Beispiel (17), t: 0:24:41 1 HG: <<len>[der> KUno hat gscholte; [(-) [((HG blickt zu Fg)) [((HG grinst)) [((Fg blickt zu HG)) 2 Fg: ja? 3 [warum? [((HG nickt)) 4 HG: ah häm=mer=es-(-) 5 [(2 Silben) [(2 Silben) ] gspielt. [((HG schüttelt leicht den Kopf)) 6 Fg: [((räuspert sich))] 7 hm? 8 HG: =i glaub der hat (--) [ZEHN kugel nausgschobe, [((Fg blickt zum Aschenbecher)) 9 und <<pp>[na> vielleicht EIne isch drinne gsei; [((Fg beugt sich zum Aschenbecher, ascht ab)) 10 =<<all>sonscht hat er NIE: (kriegt)>; 11 Fg: =aber NARRet [wird er net, [((Fg schüttelt den Kopf)) 12 [dr <<p>[kuno ]>, [((Fg blickt zu HG)) 105

107 13 HG: [nee NEE ], 14 Fg: [[oder]? [((Fg blickt auf den Tisch, hantiert)) 15 HG: [aber]- (-) 16 ja, 17 aber des hat=ihn scho (GSCHABt). 18 <<p>.hh>; 19 er hat [NIX zu=wege bracht; [((HG schüttelt leicht den Kopf)) 20 [(5.8) [((beide blicken auf ihre Tasse, trinken)) 21 [der HAT- [((HG blickt zu Fg)) 22 <<p>[.hh hhh.hh>; [(-) [((Fg wirft einen Blick in die rechte Zimmerecke)) [((Fg blickt wieder zu HG)) 23 WIRKlich (--) von de (-) von de obere ding, 24 hat=er [GAR nix zu=wege bracht. [((HG schüttelt leicht den Kopf)) 25 =[<<all>und Immer> (---) [wenn er ebbes FERtig (gworde) isch, [((HG senkt den Blick, rückt den Stuhl zurecht)) [((HG blickt zu Fg)) 26 na hat er=es wieder GSCHObe; 27 ver[st<<lachend>ehsch>? (--) [((Fg schüttelt den Kopf)) 28 Fg: ah WA? HG erzählt von einem Freund namens Kuno (Z. 1), der sich bei einem gemeinsamen Kegelabend offensichtlich ungeschickt angestellt und sich daher geärgert hatte (Z. 1-19). HG scheint, als er nähere Details bezüglich der unzulänglichen Leistung seines Freundes erzählen will, ein Lexikalisierungsproblem zu haben, dass er zunächst innerhalb einer offenen Wortsuche bearbeitet und dann mittels finaler Substitution beendet (Z ). Das Lexikalisierungsproblem wird durch die Unterbrechung der TCU und eine durch Atemgeräusche gefüllte Pause (Z. 22) angekündigt. Als verzögerndes Element produziert HG das emphatische Adverb wirklich (Z. 23), auf das wiederum eine kurze Unterbrechung der TCU folgt. Der erfolgreich produzierte Artikel ( de bezeichnet die dialektale Variante von den ) und seine Präposition projizieren als Zielwort ein Nomen im Dativ Plural. HG entschließt sich, die Äußerung zu Ende zu führen und an Stelle des Zielwortes eine substituierende Proform zu verwenden (Z. 23f). Er nutzt sie aber weder, um einen anaphorischen Rückbezug herzustellen, noch um kataphorisch auf eine nachgeschobene Reparatur zu verweisen. 74 Ebenso wenig versucht HG, mittels der Substitutionstechnik einen Zeitgewinn für eine solche Reparatur zu erzielen. Er fährt vielmehr zügig mit seinem 74 Das Gesprächsthema wird nur eine halbe Minute vor Beginn der ausgewählten Sequenz von Fg initiiert (bei t: 0:24:02). In der kurzen Interaktion, die dem Beispiel vorangeht, findet sich kein Begriff, auf den HG sich rückbeziehen könnte. 106

108 Redebeitrag fort, um einer möglichen Fremdinitiierung so den Raum zu nehem (Z. 25). 75 HG nutzt die Substitution, um die begonnene Wortsuche abzubrechen und damit das Lexikalisierungsproblem nicht weiter an der sprachlichen Oberfläche zu exponieren. Im Gegensatz zu einem ausgedehnten Bearbeitungsversuch mit ungewissem Erfolg kann er so den Schaden an seiner Reputation klein halten, d.h. sein face wahren. Gleichzeitig reduziert HG den kognitiven Aufwand einer Bearbeitung und kann das Gespräch rasch fortsetzen. Allerdings bleibt seine Äußerung in Folge der Substitution vage. Die gemeinsame Sinnherstellung rückt in den Hintergrund. III Themenwechsel Sowohl Sprecher als auch ihre Gesprächspartner initiieren Themenverschiebungen und Themenwechsel, um aus Bearbeitungsaktivitäten auszusteigen. Der Themenwechsel ist die radikalste Form, eine Wortsuche abzubrechen. (18) Beispiel Themenverschiebung, Aufnahme a11, t: 0:17:48-0:18:23 Herr A (HA) und Frau A (Fa) sitzen auf der Wohnzimmercouch. Fa blättert immer wieder in einer Zeitschrift. Gesprächsthema ist der krankheitsbedingte Ausfall eines Mitarbeiters von HA. A bb. 19: Beispiel (18), t: 0:17:48 1 HA: [aber das find ich natürlich:- [(-) [((HA blickt in den Raum, Fa in ihre Zeitschrift)) [((HA hebt die Brauen an)) 2 Fa: [was? [((Fa blickt zu HA)) 3 [(1.2) [((HA dreht den Kopf zu Fa, blickt sie an)) 4 HA: ja der der (-) BRUno hat (-) FERien, 5 der [ZItter hat FERien, [((Fa nickt)) 6 also [wenn er AUCH äh weg ist.hh; [((Ha blickt mehrmals kurz weg, dann wieder zu Fa)) 7 dann [Ist das äh:- [(--) 75 HG lässt Fg erst wieder zum Zug kommen, nachdem er einen relevantes erstes Paarteil geliefert hat (z. 27), auf den Fg mit einem zweiten relevanten Paarteil reagieren muss (z. 28). Zu diesem fortgeschrittenen Zeitpunkt hat Fg keine Gelegenheit mehr, noch eine Reparatur der Proform zu initiieren. 107

109 [((HA blickt in den Raum))[((HA senkt den Kopf)) 8 Fa: [habt ihr deswegen vorige woche schon so LANG gearbeitet? [((Fa dreht sich von HA weg, blickt in ihre Zeitschrift)) 9 HA: JA. (--) 10 Fa: <<f>ja? 11 HA: ja der [(---) BRUno hat da nicht, [((HA setzt sich zurecht)) 12 NEIN; 13 und der zitter und ICH habm; 14 [die haben jetzt ab nächst (.) nächste [Woche; [((HA blickt auf den Tisch)) [((HA rückt die Fernbedienungen auf dem Tisch zurecht)) 15 aber.hhh das ist natürlich Alles äh::- (-) 16 <<p>[wie sagt man>? [((HA verharrt ganz ruhig)) 17 (3.1) 18 das ist alles [äh: äh ]- 19 Fa: [ja aber meinst] du nicht dass der da MEHR hat 20 als nur en SCHNUPfn, (---) 21 HA: ja: äh ich WART jetzt ab. (-) In der vorliegenden Gesprächssequenz versucht Fa gleich zwei mal, einen Themenwechsel zu initiieren. HA möchte seinen Unmut darüber äußern, dass einer seiner Mitarbeiter krank geworden ist. Allerdings hat er ein Lexikalisierungsproblem und bricht die begonnenen TCU ab (Z. 1). Der nicht lexikalisierte Unmut (einsetzbar wäre beispielsweise blöd o.ä.) wird nonverbal zum Ausdruck gebracht (Z. 1). Daraufhin initiiert Fa eine Reparatur der unvollständigen Äußerung (Z. 2). HA erklärt nun den Grund seines Ärgers: da zwei andere Kollegen im Urlaub sind (Z. 4f), fällt die Krankheit des Mitarbeiter mehr ins Gewicht. Erneut versucht HA zu lexikalisieren, was er von der Situation hält, muss aber die TCU abbrechen (Z. 7). HA tritt hier in eine Wortsuche ein, die durch sein Kopfabsenken markiert wird (Z. 7). Fa, welche diese Wortsuche durch ihr Nachhaken ausgelöst hat, versucht nun, sie durch eine Themenverschiebung zu beenden. Sie äußert einen next relevant turn, eine Frage, die von HA als zweites relevantes Paarteil eine Antwort fordert (Z. 8). HA liefert diese Antwort (Z. 9-14), kehrt dann aber zu der ursprünglichen Äußerung zurück, um die Wortsuche zu beenden (Z.15). Die Suche wird abermals durch den Abbruch der TCU (Z. 15) sowie einen metasprachlichen Kommentar (Z. 16) kontextualisiert. Nach einer Pause, welche die mentale Suche an der sprachlichen Oberfläche abbildet (Z. 17), wiederholt HA erneut, in variierter Form, seine Äußerung (Z. 18). Ein zweites Mal versucht Fa, die Wortsuche zu beenden. Sie beginnt in Überlappung zu HA einen Redebeitrag, mit dem sie das Gespräch fortführt (Z. 19f). Wieder nutzt sie ein erstes relevantes Paarteil, auf dessen konditionelle Relevanz HA reagieren muss (z 21). Diesmal hat Fa mit ihrer Technik Erfolg: das weitere Gespräch dreht sich nicht mehr um HAs Unmut über das Fehlen seines Mitarbeiters. 108

110 III Partizipationswechsel Droht ein redezuginterner Bearbeitungsversuch zu scheitern, so kann ohne das Gesprächsthema aufgegeben werden müsste aus der redezuginternen Wortsuche ausgestiegen werden, indem ein kollaborativer Partizipationsrahmen hergestellt wird. Eine Vielzahl kollaborativer Bearbeitungen geht aus Selbstreparaturversuchen hervor (vgl. auch Laakso & Klippi 1990: 360). Der Partizipationswechsel kann vom Sprecher selbst oder von einem seiner Gesprächsteilnehmer initiiert werden und sowohl auf gemeinsamem Einvernehmen als auch gegenläufigen Zielen beruhen. Kollaborative Bearbeitungsformen von Lexikalisierungsproblemen bei Aphasie sind vielfach analysiert worden. Wenn redezugintern begonnene Bearbeitungsaktivitäten in kollaborative Verfahren übergehen, finden sich Verfahren, die in ihren psychosozialen Implikationen stark voneinander abweichen: von der zurückhaltenden und face-wahrenden nachträglichen Lexikalisierung durch einen Gesprächspartner (glosses, vgl. Goodwin 1995b, 2000b) über selbstinitiierte Einbeziehung des Gesprächspartners, bei der dieser dem Sprecher einen Lexikalisierungsvorschlag zur Ratifizierung vorlegt (vgl. z.b. Laakso & Klippi 1999; Oelschlaeger & Damico 2003; Laakso 2003) bis hin zu fremdinitiierten Einmischungen bei Fremdreparaturen und Fremdkorrekturen (vgl. z.b. Ferguson 1994; Lindsay & Wilkinson 1999). Nachträgliche Lexikalisierung durch den Gesprächspartner Gesprächsteilnehmer liefern meist dann eine nachträgliche Lexikalisierung, wenn das Zielwort innerhalb der Bearbeitungsaktivität nicht vom Sprecher produziert wurde, wie im Falle einer nonverbalen deiktischen Referenzierung. Weiter wird die Technik in Fällen angewendet, in denen eine Wortsuche mittels finaler Substitution beendet oder das Lexikalisierungsproblem vom Aphasiker nicht explizit bearbeitet, sondern übergangen wurde (vgl. weiter unten, Kapitel III.3). In der vorliegenden Gesprächssequenz erfolgt eine nachträgliche Lexikalisierung durch den Gesprächspartner, nachdem der Sprecher das Lexikalisierungsproblem mittels initialer Substitution übergeht (vgl. weiter unten, Kapitel III.3.2). 109

111 (19) Beispiel Doppelseitiges Klebeband, Aufnahme g13, t: 0:25:39-0:25:56 Herr G (HG) und Frau G (Fg) sitzen am Esstisch und unterhalten sich. Fg lenkt die Aufmerksamkeit ihres Mannes auf Trockenblumen im Regal. Abb. 20: Beispiel (19), t: 0:25:39 1 Fg: [du, [((Fg blickt in das Regal, zeigt hinein)) [((HG blick auf den Boden)) 2 sieht [die getrocknete BLUme net [schee aus, [((HG blickt zu Fg)) [((HG dreht sich zum Regal)) 3 was i von dr [kerstin GHÄT han? [((HG blickt auf die Blume)) 4 HG: <<p>.hh>; 5 [hasch jetzt]- 6 Fg: [ganz ] (.) [(ganz TOLL) ]; 7 HG: [ach des ]- 8 han i ja Immer no net RUFF [gholt, [((Fg nickt leicht)) 9 dei DING. 10 Fg: [ha JA; [((HG dreht sich vom Regal weg, blickt auf seinen Teller)) [((Fg nickt, blickt zu HG)) 11 [des musch du mal [RUFFhole des; [((Fg blickt zur Blume))[((Fg zeigt zur Blume)) 12 [doppelseitige [KLEbeband. (-) [((Fg blickt zu HG))[((HG blickt zu Fg)) 13 [das mer die (-) [NAHklebe [kann. [((Fg nickt)) [((HG blickt zur Blume)) [((Fg blickt zur Blume)) 14 <<all>[weil sonscht> (-) [gaht mer mal [vorbei, [((Fg zeigt auf die Blume)) [((Fg macht horizontale Bewegung)) [((Fg blickt zu HG)) 15 [und schmeißt sie RUN[ter; [((Fg blickt zur Blume))[((Fg blickt zu HG)) Fg weist ihren Mann auf einen Strauß Trockenblumen hin, den sie ins Esszimmerregal gelegt hat (Z. 1-6). Daraufhin erinnert sich HG, dass sie ihn in der Vergangenheit schon mehrfach dazu aufgefordert hatte, zur Befestigung des Straußes ein doppelseitiges Klebeband zu holen. Möglicherweise bereitet HG die Lexikalisierung der Worte doppelseitiges Klebeband Schwierigkeiten, die er nicht exponieren und ihm Rahmen einer Wortsuche bearbeiten möchte. Daher wendet er eine Übergehungstechnik an, die hier als initiale Substitution 110

112 bezeichnet wird (vgl. weiter unten, Kapitel III.3.2): er substituiert die Zielworte durch eine Proform (Z. 9). Diese füllt die vermeintliche Leerstelle aus und erlaubt es, die Äußerung syntaktisch und pragmatisch zu Ende zu führen. Aufgrund gemeinsamen Wissens kann Fg den semantischen Gehalt der Äußerung rekonstruieren (Z.8, Z. 10). Sie erneuert ihre Aufforderung, HG möge den betreffenden Gegenstand holen (Z. 11), wobei sie zunächst ebenfalls eine Proform einsetzt ( des, Z. 11). Anschließend liefert Fg eine nachträgliche Lexikalisierung (Z. 12). Das betreffende Wort wird so für das weitere Gespräch bereit gestellt, ohne als explizite Bearbeitung markiert zu werden. Die Lexikalisierung ist syntaktisch eingebettet. Sie erfolgt durch Anschluss an die vorangegangene TCU, nachdem diese bereits prosodisch als abgeschlossen markiert worden war. HG wendet seiner Frau den Blick zu, als sie im Begriff ist, die Lexikalisierung zu vollenden. Da er ihre nachträgliche Bearbeitung an dieser Stelle nicht zurückweist, kann Fg davon ausgehen, dass die Intersubjektivität gewahrt wurde und das Gespräch weiter gehen kann (Z. 12ff). Selbstinitiierte kollaborative Bearbeitungsverfahren Die Initiierung der kollaborativen Partizipation an einem zuvor redezugintern bearbeiteten Lexikalisierungsproblem erfolgt in der Regel durch Blickaufnahme mit dem Gesprächsteilnehmer, häufig verbunden mit einer direkten metasprachlichen Frage (z.b. wie heißt das? ) (vgl. z.b. Oelschlaeger 1999). Die Aphasiker greifen hier auf dieselben interaktiven Techniken zurück, die Sprachgesunde nutzen (vgl. Kapitel II.3.2.2). Voraussetzung für einen selbstinitiierten Partizipationswechsel ist, dass der Gesprächspartner seine Orientierung auf die Lösung des Problems sowie die Bereitschaft zur Beteiligung signalisiert. (20) Beispiel Kreislauf, Aufnahme a11, t: 0:17:16-0:17:43 Herr A (HA) und Frau A (Fa) sitzen auf der Wohnzimmercouch. Das Gespräch dreht sich um einen Mitarbeiter von HA, der krank ist. Abb. 21: Beispiel (20), t: 0:17:16 111

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