Die Umsetzung der IDD in deutsches Recht
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- Busso Hochberg
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2 2 Die Umsetzung der IDD in deutsches Recht Eine Bestandsaufnahme unter digitalem Blickwinkel Dr. Kai-Michael Goretzky, LL.M Düsseldorf, den
3 3 1. Digitaler Kontext Marktzahlen und digitaler Blickwinkel 2. Digitaler Kontext Zielsetzung und Anwendungsbereich der IDD 3. Digitaler Kontext Informations- und Beratungspflichten 4. Digitaler Kontext Produktentwicklung 5. Digitaler Kontext Zusammenfassung der Ergebnisse
4 4 Digitaler Kontext 1.0 Marktzahlen und digitaler Blickwinkel
5 Marktdaten, Risiken & Chancen Konstant wachsender Online-Anteil des Neugeschäfts zwischen 2012 und Schaden/Unfall : von 10,4% auf 13,9 % - Kranken : von 4,8% auf 6,1% - Kfz : 17% im Jahr 2016 Biometrische Versicherungen - Anteil der drei größten Direktversicherer 2015/2016 bereits 9,7%. - Entwicklung wie im Bereich Schaden- und Unfall wahrscheinlich Internet-Vertrieb von Versicherungen geprägt durch Nebeneinander von Chancen und Risiken (EIOPA). 5
6 Digitaler Blickwinkel IDD = europarechtliche Anerkennung einer fortschreitenden Digitalisierung des Versicherungswesens Streben nach dem bestmöglichen Nutzen von neuen Technologien für Kunden Neuordnung von Prozessen, wo dies aus Kundensicht sinnvoll und technisch möglich ist Hohe Agilität in der Anpassung an neues Kundenverhalten und neue Markterfordernisse 6
7 7 Digitaler Kontext 2.0 Zielsetzung und Anwendungsbereich der IDD
8 IDD Erwägungsgründe Angemessener Verbraucherschutz Sicherstellung eines gleichen Schutzniveaus, trotz der Unterschiede der Vertriebskanäle Vermeidung von Interessenskonflikten sowie der sachgerechten Wahrnehmung von Kundeninteressen Anknüpfungspunkte für richtlinienkonforme Auslegung Bewertung: Kein zwangsläufiges Mehr an Risiken und damit Prozessen durch Internet-Vertrieb von Versicherungen Ziel einer Harmonisierung, gepaart mit nationaler Öffnungsklausel, in sich widersprüchlich, insbesondere unter digitalem Blickwinkel 8
9 Level-Playing-Field ( 1 a VVG, Art. 1 Abs. 1 Nr.1 IDD) (I) Einheitlicher Begriff des Versicherungsvertriebs durch IDD für Versicherer und Vermittler, einschl. Bereitstellung von Informationen über Webseiten, Weiterleitung auf Webseiten, auf denen der Abschluss möglich ist Tippgeber aufsichtsrechtlich und zivilrechtlich weiterhin nicht erfasst, bei gleichzeitiger Umsatzsteuerbefreiung Tschibo-Urteil des BGH/November 2013: Vermittlung bei konkreter Empfehlung und Möglichkeit des Abschlusses über eine Webseite Check24-Urteile des LG und OLG-München/Juli 2017: Gesetzliche Informations- und Beratungspflichten auch durch Vergleichsplattformen zu erfüllen 9
10 10 Level-Playing-Field ( 59 Ab. 1 Satz 3 VVG, Art. 2 Nr. 15 IDD) (II) Messenger-Dienste: Anwendungsfälle von Weiterleitungen auf Webseiten möglich Affiliate Netzwerke: - Aggregatoren für Advertiser & Publisher - Ggf. Möglichkeit des Abschlusses über Webseiten des Publishers oder gesonderte Landingpage - Einzelfallbetrachtung erforderlich Verbraucherschutzorganisationen: Abgabe persönlicher Empfehlungen? - Generische Aussagen wie BU für Studenten sinnlos, Lebensversicherung als gesetzlicher Betrug u.a. - Beratung gegen Entgelt - Einzelfallberatung zu Gestaltungsrechten
11 11 Digitaler Kontext 3.0 Informations- & Beratungspflichten
12 Informationspflichten (Art. 18, 19 IDD, 11 Abs. 1 VersVermVO) Übermittlung von Statusinformationen des Vermittlers beim ersten geschäftlichen Kontakt, enger als IDD, dort: vor Vertragsabschluss Erfordernis einer konkreten Beratungssituation, jenseits des (wiederholten) Besuches einer Webseite Check-Point: Quick-Quote, mehr als initiale Angaben auf anonymer Basis OLG-Schleswig 2010 ( tarifliches Versicherungsangebot ) vs. OLG-München 2017 ( Preisvergleich ) Textformerfordernis ( 126b BGB) - Kommunikation über geschützte Webseite? - Obligatorischer Download? - Clash zwischen dem geübten Kundenverhalten im Internet und gesetzlichen Vorgaben - Anpassung im Rahmen der neuen VersVermVO wünschenswert 12
13 Beratungspflichten (Art. 18, 20 IDD, 6 und 61 Abs. 1 VVG) (I) Optionale Beratung gemäß IDD, keine grundsätzliche Beratungspflicht; weiterhin strengerer Standard gemäß 6, 61 VVG, auch nach IDD- Umsetzung Bereichsausnahmen - Keine Beratungspflicht für Versicherer bei Abschluss über Makler - Bereichsausnahme des 6 Abs. 6 a.f. analog (str.); Relevanz für Online-Sachverhalte bis zum Grundsatz der anlassbezogenen Beratung, Aufrechterhaltung des Status Quo vor Umsetzung der IDD, insoweit: Aus Brüssel nichts Neues 13
14 Beratungspflichten (Art. 18, 20 IDD, 6 und 61 Abs. 1 VVG) (II) Leitplanken für digitale Antragsstrecken ab dem Keine eigenständige Pflicht zur Prüfung, ob die Voraussetzungen vorliegen, die eine Befragung oder Beratung erforderlich machen 2. In konkreten Situation ggf. Anlass, den Websitebesucher nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen 3. Bloße Möglichkeit, eine Beratung in Anspruch zu nehmen, für sich genommen keine Beratung, aber Möglichkeit des Beratungsverzichts in Textform 14
15 Beratungspflichten (Art. 23, 20 IDD, 6 und 61 Abs. 2 VVG) (III) Kein Grundsatz nach IMD1 oder IDD, Beratungsinformationen in Papier zu übermitteln (Wahlrecht gemäß 50. Erwägungsgrund IDD) Zwei Möglichkeiten der Übermittlung: 1. Geschlossene Webseite mit personalisiertem Zugang 2. Voraussetzungen des 6a Abs Fall Buchstaben a) bis d) 15
16 Offenlegung der Vergütung (Art. 19 Abs. 1 und 4 IDD) Mitteilungspflicht zur Art der Vergütung, nicht der Höhe Konkretisierung im Verordnungswege? Keine Besonderheiten aus digitalem Blickwinkel 16
17 Zusammenfassung zu Informations- und Beratungspflichten Kein Rechtsrabat für digitale Antragsstrecken durch IDD und Rechtsprechung, aber auch keine generellen Show-Stopper Einfache und verständliche Kundenprozesse von zentraler Bedeutung, sowohl aus rechtlicher als auch aus digitaler Perspektive Erfolgsrezept: Interdisziplinäres Arbeiten in kleinen Teams auf der Schnittstelle zwischen Marketing, IT und Recht 17
18 18 Digitaler Kontext 4.0 Produktentwicklung
19 Produktgenehmigungsverfahren (Art. 25 IDD, 23 (1a) bis (1d) VAG) Verfahren für die Genehmigung jedes einzelnen Versicherungsprodukts, einschließlich wesentlicher Anpassungen, sind zu unterhalten, betreiben und laufend zu prüfen Gilt unabhängig von der Komplexität des Produktes, bei Wahrung der Verhältnismäßigkeit IDD-Umsetzungsgesetz selbst auf Versicherer begrenzt, Regelungen für Vermittler dem Verordnungsgeber vorbehalten Wertschöpfungsbeiträge von InsTechs, digitalen Vermittlern und Technologieanbietern für Inhalte und Prozesse künftiger Produktgenehmigungsverfahren maßgeblich Produktgenehmigungsverfahren darf Agilität der Entwicklung nicht behindern 19
20 20 Digitaler Kontext 5.0 Zusammenfassung der Ergebnisse
21 Zusammenfassung der Ergebnisse (I) Bedeutung des Internets als bedeutsamer Vertriebskanal jetzt gesetzgeberisch verankert Ziel eines angemessenen Verbraucherschutzes richtet sich an alle Marktteilnehmer, die Vertriebstätigkeiten i.s.d. der IDD durchführen; Abgrenzungsfragen für Affiliate-Netzwerke und Verbraucherschutzorganisationen absehbar IDD gewährt keinen Rechtsrabatt für Online-Antragsstrecken, baut aber auch keine generellen Hürden auf Zeitpunkt der Übermittlung von Status-Informationen für Vermittler im Verordnungswege anzupassen auf Zeitpunkt vor Vertragsschluss 21
22 Zusammenfassung der Ergebnisse (II) Künftige Produktgenehmigungsverfahren dürfen Agilität der Produktentwicklung nicht einschränken Die IDD hinkt dem digitalen Kundenverhalten und der technologischen Entwicklung hinterher und kann damit per heute nicht digital sein. Bei der Gestaltung digitaler Antragsstrecken können Chancen des digitalen Vertriebs genutzt und Risiken minimiert werden durch 1. kundenzentrierte und rechtskonforme Online-Prozesse sowie 2. effektives Arbeiten auf der Schnittstelle von Recht und Technik ( Law meets Technology ). 22
23 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 23
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