Langfristige Kompetenzentwicklung im Mathematikunterricht
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- Ralf Flater
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1 Langfristige Kompetenzentwicklung im Mathematikunterricht Regina Bruder, Technische Universität Darmstadt 1. In welchen Bereichen sollen die Schülerinnen und Schüler im Mathematikunterricht langfristig kompetent werden? Wenn man seinen Mathematikunterricht vorbereitet, stehen immer wieder folgende grundsätzlichen Fragen im Zentrum: a) Was sollen die Lernenden von der Mathematik erfahren und verstanden haben, b) was sollen sie behalten und c) was soll möglichst flexibel angewendet werden können? Versucht man mit den von Heinrich Winter (1995) viel zitierten Grunderfahrungen in einem allgemeinbildenden Mathematikunterricht Antworten auf diese Fragen zu finden, könnte man folgendermaßen argumentieren: Zu a) Die Lernenden sollen erfahren und auch an instruktiven Beispielen verstanden haben, dass die Mathematik deduktiv geordnet ist, eine eigene Sprache besitzt und dass es bestimmte Regeln und Werkzeuge gibt für das Gewinnen neuer Erkenntnisse und deren Begründung, die sich von anderen Disziplinen durchaus unterscheiden. Wenn man die Ecken eines Papierdreiecks abreißt und aneinander legt, kann man (mit physikalischen Mitteln) eine Vermutung für die Innenwinkelsumme von Dreiecken finden, hat diese aber so noch nicht mit den in der Mathematik zugelassenen Mitteln bewiesen. Zu b). Die Lernenden sollen Denkstrategien der Mathematik beherrschen, also Problemlösefähigkeiten besitzen, die jedoch weit über die Mathematik hinausgehen. Es geht tatsächlich weniger darum, ausgeprägte formale Rechenfertigkeiten zu erwerben oder viele verschiedene Formeln einzuprägen, die ohne ständige Übung keine Chance haben verfügbar zu bleiben. Vielmehr ist das Unterscheiden von Zusammenhängen wichtig ist es ein linearer oder nichtlinearer, ist es ein periodischer Zusammenhang? Welche Strukturen oder Gesetzmäßigkeiten lassen sich in Gleichungen und geometrischen Mustern entdecken und wie findet man diese? Dazu bedarf es natürlich eines gewissen unverzichtbaren Repertoires an intelligentem mathematischen Wissen, das auch tatsächlich intelligent geübt und immer wieder aufgefrischt werden muss. Und explizit erlernte heuristische Prinzipien, Strategien und Hilfsmittel können darüber
2 hinaus Orientierung bieten, sich in der Welt der Mathematik und ihrer Anwendungsvielfalt zurecht zu finden und weit darüber hinaus. Was macht man, wenn man seinen Schlüssel verlegt hat und ihn gezielt suchen will? Rückwärtschließen: Wo hatte ich ihn noch? Diese Strategie kann man gerade im Mathematikunterricht systematisch erlernen. Hier ein prototypisches Rätsel 1 für das Rückwärtsarbeiten: Ein Mann geht Äpfel pflücken. Um in die Stadt zu kommen, muss er 7 Tore passieren. An jedem Tor steht ein Wächter und verlangt von ihm die Hälfte seiner Äpfel und einen Apfel mehr. Am Schluss bleibt dem Mann nur ein Apfel übrig. Wie viele Äpfel hatte er am Anfang? 2 Zu c) Die Lernenden sind in der Lage, die Welt mit der Mathebrille anzuschauen und erkennen typische mathematische Fragestellungen innerhalb und außerhalb der Mathematik. Sie sind mündige Bürger, die z.b. mathematische Darstellungen bzw. Interpretationen von Zusammenhängen in den Medien nachvollziehen bzw. nachfragen können, z.b. auch Fehler in grafischen Darstellungen finden. Sie können Größenordnungen abschätzen (was ist 5kg schwer, was ist 80cm breit, wie viel Liter Wasser passen etwa in einen abgebildeten Tank, erfüllt eine Konfektverpackung die Kriterien einer Mogelpackung usw.) und haben sachgerechte Vorstellungen über Wachstum und Veränderung, über das Vergleichen von Anteilen (Prozentrechnung) usw. Mit dem Literacy-Konzept in der internationalen PISA-Studie (Neubrand 2001) werden durchaus konsensfähige 1 Rätsel sind aufgrund des leicht verständlichen und vorstellbaren Kontextes besonders geeignet, Problemlösestrategien zu erkennen und zu erlernen. Es geht im Mathematikunterricht letztlich aber nicht darum, Strategien für das Lösen von Rätseln zu lernen, sondern das ist nur ein Weg, um solche Strategien zunächst ohne größeren Ballast zu verstehen, die dann in komplexeren Zusammenhängen hilfreich sein können. 2 Musteraufgaben zum Erlernen heuristischer Strategien findet man in der Aufgabendatenbank für Mathematiklehrkräfte
3 Antworten geben auf die Frage nach dem, was man mit mittlerem Schulabschluss von der Mathematik anwenden können sollte. In den Bildungsstandards der KMK (2004) wurde normativ verankert, welche Kompetenzen im Mathematikunterricht im Laufe der obligatorischen Schulzeit erworben werden sollen. Hier sollen diese Ziele auf der Grundlage des Weinertschen Kompetenzbegriffs 3 folgendermaßen zusammen gefasst werden und dienen als Antwort auf die in der Kapitelüberschrift gestellte Frage: Die Lernenden - erkennen mathematische Fragestellungen, auch in Alltagssituationen, und können solche Fragestellungen formulieren und erläutern. - kennen Mathematisierungsmuster und verschiedene heuristische Vorgehensweisen sowie Darstellungsarten zur Bearbeitung mathematischer Fragestellungen und können diese situations- und sachgerecht anwenden, interpretieren und begründen. - entwickeln Anstrengungsbereitschaft und Reflexionsfähigkeit für ihr eigenes Handeln. Die erstgenannte Zielstellung wird aus mathematischer Sicht gerne als trivial abgetan. In der Unterrichtspraxis zeigt sich jedoch, dass es gerade im Umgang mit offeneren Aufgabenstellungen auch deshalb Probleme bei leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern gibt, weil ihnen intuitive Orientierungen und explizierte Leitbilder für mathematische Fragestellungen fehlen. Sinnvolle und weiterführende Fragen stellen zu können, ist eine besondere kognitive Leistung und erfordert ein gewisses Abstraktionsvermögen mit einer Analyse- und einer Synthesekomponente. Damit wird das Fragenstellen selbst zu einem Instrument und gleichzeitig zu einem wichtigen Ziel für Reflexionen im Mathematikunterricht, vgl. Bruder Bei der dritten Zielstellung vermisst man vielleicht den fachspezifischen Aspekt, denn Anstrengungsbereitschaft und Reflexionsfähigkeit würden andere Unterrichtsfächer sicherlich auch gerne für sich beanspruchen. Aus unseren Untersuchungen zum selbst 3 In Übereinstimmung mit Weinert (2001, S. 27f.) verstehen wir unter Kompetenzen die bei Individuen verfügbaren oder von ihnen erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.
4 regulierten Lernen in Verbindung mit mathematischem Problemlösen wurde deutlich, welches große Potenzial zur Verbesserung von Lernergebnissen allein darin steckt, Aspekten selbst regulierten Lernens im Mathematikunterricht mehr Aufmerksamkeit zu schenken und diese in den unterrichtlichen Lernumgebungen gezielt zu verankern, vgl. KOMOREK et al Deshalb erscheint es legitim, nach fachspezifischen Ausprägungen altersangemessener Anstrengungsbereitschaft und Reflexion auch im Mathematikunterricht zu suchen. 2. Wie kann langfristiger Kompetenzaufbau im Mathematikunterricht angelegt werden? Langfristiger Kompetenzaufbau im Sinne der Bildungsstandards meint folgendes: Ausgehend vom aktuellen Kompetenzniveau einer Schülerin oder eines Schülers in den verschiedenen mathematischen Kontexten (Leitideen) in einer Lerngruppe einer bestimmten Klassenstufe sind solche entwicklungsgemäßen und entwicklungsfördernden Aufgaben zu stellen, die für den Lernenden schrittweise einen Kompetenzzuwachs im Sinne der Ziele des Mathematikunterrichts ermöglichen. Damit ist einerseits ein hoher Anspruch an die diagnostische Kompetenz der Lehrkräfte verbunden und andererseits wird erwartet, in heterogenen Lerngruppen individuell fordernde und fördernde (binnendifferenzierende) Lernumgebungen über geeignete Aufgaben bereit zu stellen, damit entsprechende Lernprozesse anzuregen und diese angemessen zu begleiten, vgl. Bruder 2006 und Kap.3. Im Folgenden werden mögliche Etappen eines langfristigen Kompetenzaufbaus anhand der erstgenannten Zielstellung vorgestellt. Damit die Lernenden mathematische Fragestellungen auch in Alltagssituationen erkennen lernen, eignet sich die Metapher der Mathebrille : Wir stellen uns vor bzw. machen das auch wirklich, nämlich einen Stadtrundgang mit der Mathebrille. Wir notieren alles, worin Mathematik versteckt sein könnte von der Treppe im Hausflur bis zur Ampelkreuzung, vorbei an den Antennen auf den Dächern und bis zum Bäcker nebenan. Welche Fragen musste man früher stellen, damit die Dinge um uns herum genau so funktionieren, wie wir das kennen und schätzen? Welche mathematischen Kenntnisse hat man dafür benötigt?
5 Der nächste Schritt lautet dann: Wobei wird Mathematik benötigt? Bleiben wir beim Bäcker: Er will eine neue Leckerei kreieren. Wofür könnte er hierbei Mathematik gebrauchen? Oder es soll ein neues Zelt für eine bestimmte Zielgruppe entwickelt werden. Wo benötigt man hier Mathematik? Was sind das jeweils für Fragestellungen? Gibt es Gemeinsamkeiten aus Sicht der Mathematik, wenn Bäcker und Zeltentwickler etwas Neues gestalten wollen? Wir suchen weiter nach typischen Situationen, in denen Mathematik angewendet wird, wenn also Realsituationen mathematisch beschrieben werden sollen, um damit einen Mehrwert zu generieren. Codes spielen heutzutage eine große Rolle und es kann auch Missbrauch damit betrieben werden. Kann hier Mathematik helfen? Oder denken wir an den Bau einer Autobahnabfahrt. Wie angenehm ist es, wenn das Lenkrad nicht mehrfach eingeschlagen werden muss, weil die Kurve so eng ist. Das lässt sich sehr gut mit dem mathematischen Begriff der Krümmung beschreiben und entsprechend modellieren. Wenn man einen Überblick über die verschiedenen Arten zu fragen in der Mathematik gewinnt, schließt sich immer wieder die Frage an: Wie kann man solche Situationen/Zusammenhänge mathematisch beschreiben? Welche Vorteile, welchen Erkenntnisgewinn kann diese mathematische Beschreibung bieten? Dieses Vorgehen eignet sich mit entsprechenden Variationen für alle Jahrgänge in den Sekundarstufen. Jedes Kompetenzziel hat i.w. drei Komponenten: Intelligentes Wissen, Handlungskompetenz und Metakompetenz, vgl. Weinert Bezogen auf das erst genannte Ziel, mathematische Fragestellungen erkennen und formulieren zu können, lassen sich diese Zielformate folgendermaßen konkretisieren: Intelligentes Wissen wurde entwickelt, wenn die Lernenden in der Lage sind, die Frage zu beantworten: In welche Richtungen kann man fragen? (Wo ist Mathematik versteckt, wo hilfreich ). Dafür sollten sie typische Mathematikerfragen kennen, die u.a. auch in Verbindung mit den fundamentalen Ideen der Mathematik stehen. Mathematiker versuchen etwas zu optimieren, etwas schrittweise zu verfeinern, anzunähern, einen Algorithmus zu finden (eine Formel ) für einen Zusammenhang oder sie suchen nach mathematischen Modellen für Realsituationen und machen Simulationen. Und wenn Mathematiker eine Lösung für ein Problem gefunden haben, dann fragen sie: Ist das die einzige Lösung? Kann man das beweisen?
6 - Kann man die spezielle Lösung auch verallgemeinern? Handlungskompetenz wird benötigt und gefördert, wenn die Lernenden konkrete Fragen in einem Kontext finden und darstellen, was auf verschiedenen Orientierungsleveln 4 möglich ist. Von Metakompetenz sprechen wir, wenn die Lernenden Beurteilungskriterien für mathematikhaltige Fragestellungen entwickeln bzw. bekannte Kriterien selbständig anwenden und reflektieren: Wie kann vorgehen, um gegebene Situationen oder Zusammenhänge mathematisch zu beschreiben? Welche Vorteile, welchen Mehrwert kann eine mathematische Beschreibung bieten? Kompetenzförderung kann schließlich untersucht und gefördert werden innerhalb eines Schuljahres über verschiedene Unterrichtsthemen bzw. Leitideen hinweg in horizontaler Verknüpfung (z.b. Abschätzaufgaben in verschiedenen Kontexten) oder innerhalb einer Leitidee, aber vertikal mit fachlicher Anreicherung angelegt über mehrere Klassenstufen. (z.b. Entfernungs- bzw. Abstandsbestimmungen, vgl. Beispiele in Bruder 2006). Die sogenannte Curriculumspirale bietet hierfür eine geeignete Visualisierung, vgl. Bruder Man kann sich vorstellen, dass Figur und Zahl die zentralen Objekte im mathematischen Lernprozess darstellen, symbolisiert durch das Eisenbahngleis, auf dem der Lernzug hinauffährt, abgestützt durch vertikale Kompetenzlinien, siehe Abb.1. In jeder Klassenstufe kommt man wieder an den einzelnen Leitideen vorbei und dort gibt es dann Knotenpunkte für einen Erkenntnis- und Kompetenzzuwachs. Langfristiger Kompetenzaufbau umfasst also sowohl die Anreicherung der mathematischen Begriffe und Werkzeuge zur Problembearbeitung als auch Steigerungen im Orientierungslevel, auf dem mit den bisherigen und neu kennengelernten mathematischen Werkzeugen gearbeitet wird. 4 Vor dem Hintergrund des Tätigkeitskonzeptes (Lompscher 1988) unterscheiden wir drei Level für das Orientiertsein in einem Lern- und Anwendungsbereich: I Orientierung nach Versuch-Irrtum (Probierorientierung) II Orientierung am Beispiel (Muster) III Feldorientierung.
7 Abb. 1 Curriculumspirale mit Figur und Zahl als Schienenstrang und vertikalen Kompetenzlinien, die in jeder Klassenstufe inhaltlich angereichert werden 3. Wie kann langfristiger Kompetenzaufbau im Mathematikunterricht methodisch unterstützt werden? Einen entscheidenden Einfluss auf das Angebot und Potenzial zur Kompetenzentwicklung haben die Aufgaben. Wird innerhalb einer Unterrichtseinheit ein vielseitiges Aufgabenangebot bereit gestellt, steigen die Chancen für ein verständiges, nachhaltiges Lernen. Ein gut überschaubares und handhabbares Kriterium ist die Typisierung von Aufgaben nach dem Handlungsziel. Mit den in der folgenden Übersicht beschriebenen 8 Zieltypen von Aufgaben wird ein Lerninhalt von verschiedenen Blickwinkeln aus betrachtet und mit anderen Wissenselementen vernetzt. Wenn in einer Unterrichtseinheit Aufgaben aller 8 Zieltypen in sinnvollen Anteilen vorkommen, hat das beachtliche Auswirkungen auf die Qualität der kognitiven
8 Anforderungen an die Lernenden und auf die Art des Unterrichts. Details zu diesem Modell siehe Bruder/Leuders/Büchter Aufgabenformate als Zieltypen Gege- Transfor- Gesuch- Legende: x bekannt benes mationen tes - unbekannt X X X gelöste Aufgabe (stimmt das?) X X - einfache Bestimmungsaufgabe, Grundaufgabe - X X einfache Umkehraufgabe X - X Beweisaufgabe, Spielstrategie X - - schwere Bestimmungsaufgabe, auch: Blütenmodell, Variationen - - X schwierige Umkehraufgabe - X - Aufforderung, eine Aufgabe zu einem geg. Thema zu erfinden (-) - (-) offene Problemsituation (Trichtermodell) Die Breite und Relevanz der 8 Zieltypen für ein Thema soll das Arbeitsprodukt einer Lehrerfortbildung in Burgwedel (Niedersachsen) zeigen, bei der diese Aufgabentypisierung als Orientierungsgrundlage für die Entwicklung kompetenzorientierter Lernumgebungen eingesetzt wurde (siehe nächste Seite). Das Stellen geeigneter Aufgaben allein, was schon das Variieren von Aufgaben durch Lehrer und Schüler mit einschließen soll, wird jedoch noch nicht ausreichen, um nachhaltig zu lernen und damit langfristig solide mathematische Kompetenzen aufzubauen. Es kommt darauf an, das Lernpotenzial, das in jeder Aufgabe steckt, auch effektiv zu nutzen. Dabei können die folgenden Fragestellungen helfen, deren kooperative Bearbeitung im Unterricht nur wenig Zeit kostet: Welche Strategien waren nützlich? Welche mathematischen Werkzeuge haben uns geholfen, die Aufgabe zu lösen? Was ist das Gemeinsame aller Beispielaufgaben, die wir zuletzt bearbeitet haben? Worin unterscheiden sich die bearbeiteten Aufgaben voneinander?
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10 Ein weiterer zentraler Aspekt als Voraussetzung und gleichzeitig auch Weg zum langfristigen Kompetenzaufbau ist das Wachhalten von mathematischem Grundkönnen. Die regional gut bekannten Täglichen Übungen wurden weiter entwickelt zu wöchentlichen vermischten Kopfübungen mit Diagnoseelementen. Mit diesem Instrument kann verstandene Mathematik dauerhaft verfügbar gehalten werden. In diesen vermischten Übungen wird bewusst keine Aufgabe zum aktuellen Unterrichtsthema gestellt. Während ein Teil der Aufgaben wöchentlich ähnlich wiederholt wird, ist ein anderer Teil etwa im 6-Wochenrhythmus flexibel und variierbar. Beispiele zu solchen Kopfübungen findet man u.a. in der Aufgabendatenbank Regelmäßig wiederkehrende Inhalte von vermischten Kopfübungen in der Sekundarstufe I sollten u.a. sein: - Elementare Rechenfertigkeiten in den Grundoperationen - Umrechnen von Einheiten, Größenvorstellungen und Dreisatz (z.b. Maßstab) - Zahlen/Anteile/Verhältnisse in verschiedenen Darstellungsformen angeben - Punkte im Koordinatensystem und Funktionsverläufe identifizieren - Übersetzungsbausteine (Termstrukturen) - Basiswissen Geometrie (Winkelsätze, Symmetrie, Kongruenzkriterien, Flächenberechnung...) - Ebenes und Raumvorstellungsvermögen (Skizzieren, Identifizieren) - Logisch-kombinatorisches Denken. Details zum Modell der vermischten Kopfübungen siehe Bruder/Leuders/Büchter Eine besondere Herausforderung in jedem Unterricht ergibt sich aus der Heterogenität der Lerngruppen, was aber ein ganz natürliches Phänomen ist. Einen besonders effektiven und für die Lehrkräfte auch realisierbaren Weg binnendifferenzierter Kompetenzförderung bieten so genannte Blütenaufgaben. Damit sind Aufgaben gemeint, die mehrere Teilaufgaben zum gleichen Kontext besitzen, die schwierigkeitsgestuft sind. Die erste Teilaufgabe soll niedrig schwellig sein (eine Grundaufgabe), um möglichst allen Lernenden ein Erfolgserlebnis zu ermöglichen. Die zweite Teilaufgabe sollte möglichst eine Umkehrung einer Grundaufgabe sein und die dritte Teilaufgabe und ggf. noch eine folgende sollte offener und schwieriger angelegt sein.
11 Hier ein Beispiel: Torsten hat sich einen Zaubertrick ausgedacht. Er sagt: Denke dir eine Zahl. Verdopple deine Zahl und addiere 9. Multipliziere das Ganze nun mit 4 und ziehe 36 ab. Torsten behauptet, dass er anhand des Ergebnisses sofort die gedachte Zahl benennen kann. a) Jan denkt sich die Zahl 5. Welches Ergebnis nennt er Torsten? b) Beim nächsten Versuch hat Jan das Ergebnis 64. Welche Zahl hatte er sich gedacht? c) Wie kann Torsten schnell und einfach die gedachte Zahl berechnen? Erkläre, warum dieser Trick immer funktioniert. Den Lernenden wird mit einer Zeitvorgabe signalisiert, dass sie sich bemühen sollten soweit wie möglich zu kommen. Es ist aber auch nicht notwendig, dass alle Lernenden tatsächlich auch die Teilaufgabe c) in unserem Beispiel alleine schaffen müssen. Individuelle Förderung heißt nicht darauf zu warten, bis alle eine bestimmte Hürde überspringen können sondern heißt vielmehr, die Lernzeit effektiv zu nutzen, so dass alle sich an den Hürden mühen, die für sie die Zone der nächsten Entwicklung markieren (Vygotski). Literaturverzeichnis BRUDER, R., LEUDERS, T., BÜCHTER, A.(2008): Mathematikunterricht entwickeln. Bausteine für kompetenzorientiertes Unterrichten. Cornelsen Scriptor. BRUDER, R. (2007): Lerngelegenheiten für Reflexionen im Mathematikunterricht. In: Andrea Peter-Koop, Angelika Bikner-Ahsbahs (Hrsg.): mathematische bildung - mathematische leistung. Festschrift für Michael Neubrand zum 60.Geburtstag. Franzbecker 2007, S BRUDER, R. (2006). Langfristiger Kompetenzaufbau. In Blum, W., Drüke-Noe, C.,Hartung, R. & Köller, O. (Hrsg.), Bildungsstandards Mathematik: konkret (S ). Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor.
12 BRUDER, R. (1998): Modellierung eines mathematischen Curriculums. In: Mathematische Bildung und neue Technologien. Klagenfurter Beiträge zur Didaktik der Mathematik. Vorträge beim 8.Internationalen Symposium zur Didaktik der Mathematik, Universität Klagenfurt, KMK (Hrsg.) (2004). Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Mittleren Schulabschluss Beschluss der Kultusministerkonferenz vom München: Wolters Kluwer. KOMOREK, E., BRUDER, R., COLLET, C. & SCHMITZ, B. (2006): Inhalte und Ergebnisse einer Intervention im Mathematikunterricht der Sekundarstufe I mit einem Unterrichtskonzept zur Förderung mathematischen Problemlösens und von Selbstregulationskompetenzen. In: M. PRENZEL & L. ALLOLIO-NÄCKE (Hrsg.): Untersuchungen zur Bildungsqualität von Schule. Abschlußbericht des Schwerpunktprogramms BIQUA. Münster: Waxmann, S LOMPSCHER, J.(Hrsg.) (1988): Persönlichkeitsentwicklung in der Lerntätigkeit. Berlin: Volk und Wissen / Luchterhand NEUBRAND, M. (2001): PISA: Mathematische Grundbildung / mathematical literacy als Kern einer internationalen und nationalen Leistungsstudie. In: KAISER, G. KNOCHE, N. (Hrsg.): Leistungsvergleiche im Mathematikunterricht: Ein Überblick über aktuelle nationale Studien. Hildesheim: Franzbecker, S WEINERT, F.E. (2001): Vergleichende Leistungsmessung in Schulen - eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In: Weinert (2001), F. E. (Hrsg.): Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim und Basel: Beltz Verlag, S WEINERT, F.E. (1996): Lerntheorien und Instruktionsmodelle. In: Weinert, F. E. (Hrsg.): Psychologie des Lernens und der Instruktion: Enzyklopädie der Psychologie, D, Serie Pädagogische Psychologie, Bd. 2, Göttingen: Hogrefe, S WINTER, H. (1995) : Mathematikunterricht und Allgemeinbildung, In: Mitteilungen der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik Nr. 61, 1995, S
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