Dysphagie Endoskopie Michael Häfner Abteilung für Gastroenterologie, Physiopathologie und Endoskopie des Verdauungstraktes Zentralkrankenhaus Bozen Bolzano / Bozen - Italien Michael.Haefner@me.com
Dysphagie beschreibt das subjektive Empfinden von Schluckbeschwerden Odynophagie den mit Schlucken verbundenen Schmerz Globusgefühl das Gefühl eines Druckes, einer Engstelle, oder eines Fremdkörpers
Akute Dysphagie
Akute Dysphagie das akute Auftreten von Schluckbeschwerden ist meist Hinweis für Impaktation eines Fremdkörpers und muss sofort abgeklärt werden häufig ist es ein Nahrungsbolus, der zur akuten Dysphagie führt man geht von ca. 25 Fällen pro 100.000 Einwohnern aus Männer sind häufiger betroffen als Frauen, die Inzidenz nimmt ab dem 7. Lebensjahrzehnt zu Auftreten meist nach Genuss von Fleisch mit kompletter Lumenobstruktion und Unvermögen den Speichel zu schlucken samt Blister verschluckte Tablette Gretarsdottir HM, Jonasson JG, Björnsson ES. Scand J Gastroenterol 2015; 50:513. Sperry SL, Crockett SD, Miller CB, et al.gastrointest Endosc 2011; 74:985.
Laugen- und Säureverätzungen Verätzungen treten meist bei Kindern oder in suizidaler Absicht beim Erwachsenen durch Einnahme von Putzmitteln oder Knopfzellen auf Laugen führen meist zu transmuralen Kolliquationsnekrosen des Ösophagus (weniger des Magens) während Säuren zu weniger gefährlichen Koagulationsnekrosen führen aufgrund der geringeren Viskosität der Säuren ist der Ösophagus meist weniger als der Magen betroffen allgemein wird empfohlen innerhalb von 24h eine Gastroskopie durchzuführen um den Schweregrad festzustellen, da dieser mit der Mortalität korreliert Grad 0 Grad 1 Grad 2a Grad 2b Grad 3a Grad 3b Schweregrad von Ösophagusverätzungen normal Schleimhautödem und Erythem oberflächliche Ulcera, Blutung, Exsudat tiefe oder zirkumferentielle Ulcera fokale Nekrose ausgedehnte Nekrose Zargar SA, Kochhar R, Mehta S, Mehta SK. Gastrointest Endosc 1991; 37:165.
Frische Verätzung durch Ingestion von Putzmittel in suizidaler Absicht
Chronische Dysphagie
Dysphagie / Odynophagie - Soor ösophageale Candidiasis ist eine häufige Infektion bei Kindern, alten Patienten, nach Chemo-, Strahlen-, oder Antibiotikatherapie und bei Immunsuprimierten klinisch steht meist die Odynophagie im Vordergrund die endoskopische Diagnose ist einfach, die weisslichen Plaques sind typisch im Zweifelsfall kann die Diagnose durch einen Bürstenabstrich oder eine Biopsie bestätigt werden
Dysphagie / Odynophagie - virale Ösophagitis virale Ösophagitiden treten meist bei immunsuprimierten Patienten, seltener beim Immunkompetenten auf meist werden sie durch HSV-1 oder CMV hervorgerufen beim Immunkompetenten sind meist Männer unter 40 betroffen, eine Assoziation mit der eosinophilen Ösohagitis wird diskutiert* neben der Dysphagie stehen teils heftige Schmerzen beim Schlucken im Vordergrund ein Herpes labialis kann gleichzeitig bestehen das endoskopische Bild ist typisch: meist finden sich wie ausgestanzt imponierende Ulcera, manchmal auch Bläschen *Zimmermann D, Criblez DH, Dellon et al. ACG Case Rep J. 2016 Apr 15;3(3):165-8.
Eosinophile Ösophagitis die eosinophile Ösophagitis wird als chronische, immun-/antigen vermittelte Erkrankung der Speiseröhre beschrieben, die klinisch durch eine Dysfunktion des Ösophagus und histologisch durch eine vor allem eosinophile Entzündung charakterisiert ist die Basis für die Erkrankung stellt vermutlich eine Nahrungsmittelassoziierte allergische Reaktion dar neben einer häufigeren Diagnose scheint die Krankheit auch an Häufigkeit zuzunehmen, die Prävalenz scheint bei ca. 1,3 pro 10.000 zu liegen** betroffen sind vor allem Männer im 2. und 3. Lebensjahrzehnt, typische Symptome sind die Dysphagie, Thoraxschmerz und Bolusobstruktion, aber auch Refluxbeschwerden basierend auf der Histologie ( 15 Eosinophile pro HPF) erfolgt die Therapie meist mit topischen Steroiden *Liacouras CA, Furuta GT, Hirano I, et al. J Allergy Clin Immunol 2011; 128:3. **Noel RJ, Putnam PE, Rothenberg ME. E N Engl J Med 2004; 351:940.
Eosinophile Ösophagitis das endoskopische Bild ist typisch: zirkuläre Ringbildung Längsfurchen eosinophiles Exsudat Kreppapiermukosa proximale Ösophagusstenosen small caliber esophagus
Dilatation bei der eosinophilen Ösophagitis die eosinophile Ösophagitis ist eine zunehmend häufiger diagnostizierte Erkrankung, deren typische Symptome Schluckbeschwerden bis zur Bolusobstruktion sind Bolusobstruktion bei eosinophiler Ösophagitis neben diätetischen Massnahmen (bei Kindern) steht vor allem die medikamentöse Therapie mit topischen Steroiden im Vordergrund zur Anwendung kommen vor allem Fluticason und Budesonid Sprays von der Dilatation wurde tendenziell abgeraten, weil frühe Studien erhöhte Komplikationsraten nahe legten Dougherty M, Runge TN, Eluri S, et al. Gastrointest Endosc 2017;86:581-91.
Dilatation bei der eosinophilen Ösophagitis in einer Meta-Analyse werden 37 Studien mit 2034 bei 977 Patienten zusammen gefasst insgesamt waren Komplikationen selten: Notwendigkeit einer stationären Aufnahme in 0,69%, signifikante Blutungen in 0,03%, klinische signifikante Brustschmerzen 3,6%. Perforationen traten in 0,03% (9 Fälle) auf keine der Perforationen musste chirurgisch behandelt werden, das Risiko einer Perforation ist unabhängig von der verwendeten Methode (Bougie, Ballon) Fazit: entgegen früher Studien scheint die Dilatation bei der eosinophilen Ösophagitis eine sichere Methode darzustellen Schleimhautlaceration nach Bougierung Dougherty M, Runge TN, Eluri S, et al. Gastrointest Endosc 2017;86:581-91.
Zenker Divertikel ZD treten am häufigsten in der siebten und achten Dekade auf und selten vor dem 40. Lebensjahr es handelt sich um eine Wandschwäche im Bereich des Hypopharynx (Kiliansches Dreieck) und einem daraus resultierenden Pulsionsdivertikel die Krankheit betrifft häufiger Männer, die Prävalenz liegt bei ca. 0.01% und 0.11% 80% bis 90% der Patienten klagen über Dysphagie die Dysphagie beim Zenker basiert auf Mechanismen: inkomplettes Öffnen des oberen Ösophagussphinkters und extrinsische Kompression des zervikalen Ösophagus durch das Divertikel selbst zervikale Borborygmi sind häufig mit zunehmender Grösse des Divertikels nimmt die Dysphagie zu und es kann zu Gewichtsverlust und Mangelernährung kommen Law R, Katzka DA, Baron TH. Clinical Gastroenterology and Hepatology 2014;12:1773 1782
Zenker Divertikel Law R, Katzka DA, Baron TH. Clinical Gastroenterology and Hepatology 2014;12:1773 1782
Outcome nach flexibler Endoskopie 18 Fallserien zur Therapie des Zenkerdivertikels mittels flexibler Endoskopie wurden publiziert. Die Zahl der Patienten in diesen Arbeiten liegt bei 650 die verfügbaren Daten legen nahe, dass in 1 bis 2 Behandlungssessions eine adäquate Therapie durchgeführt werden kann, die mit einem hohen klinischen Ansprechen und einer niedrigen Rezidivrate assoziiert ist in der Mehrzahl der klinischen Studie liegt die klinische Ansprechrate bei mehr als >90%, während das Wiederauftreten bei weniger als 20% liegt; eine formale Definition des klinischen Ansprechens existiert aber nicht ein Rezidivdivertikel kann aber meist neulich endoskopisch behandelt werden Law R, Katzka DA, Baron TH. Clinical Gastroenterology and Hepatology 2014;12:1773 1782
Outcome nach flexibler Endoskopie Law R, Katzka DA, Baron TH. Clinical Gastroenterology and Hepatology 2014;12:1773 1782
Prinzip der endoskopischen Divertikulotomie Law R, Katzka DA, Baron TH. Clinical Gastroenterology and Hepatology 2014;12:1773 1782
Zenkerdivertikulotomie mit Divertikulotom und Zimmon Needle Knife, Verschluss mit Clip
Traktionsdivertikel Traktionsdivertikel finden sich im mittleren Ösophagus und entstehen meist als Folge entzündlicher Prozesse im Mediastinum eine andere Ursache können Motilitätsstörungen des Ösophagus darstellen epiphrenische Divertikel finden sich knapp oberhalb des Zwerchfells und sind die Folge von Motilitätsstörungen wie der Achalasie im Unterschied zum Zenkerdivertikel gibt es keine endoskopische Behandlungsoption Traktionsdivertikel
Peptische Stenosen die peptische Stenose ist eine Komplikation der Refluxösophagitis und findet sich dementsprechend meist nahe des gastroösophagealen Überganges peptische Stenose bei Refluxösophagitis es besteht eine Assoziation mit Alter, männlichem Geschlecht, und der Dauer von Refluxbeschwerden neben der diagnostischen Rolle, liegt die Aufgabe der Endoskopie in der (Dilatations-)Behandlung
Management von benignen (Ösophagus-)Stenosen in vielen Fällen benigner Stenosen ist eine Stentimplantation nicht notwendig (wiederholte) Bougierungen oder Ballondilatationen sind oft ausreichend zu diesen Indikationen gehören z.b. Anastomosenstenosen und peptische Stenosen des Ösophagus im Falle therapierefraktärer Engstellen kann aber eine Endoprothesenimplantation sinnvoll sein peptische Ösophagusstenose
Möglichkeiten zur Dilatation die beiden gängigsten Methoden zur Dilatation sind Bougies (z.b. Savary Gilliard Bougies) Bougies über eine longitudinale Kraft beim Vorschieben in den Ösophagus aus, aber auch radiale Scherkräfte Dilatationballons TTS Dilatatationsballons über nur eine radiale Kraft aus, die zu einer gleichmäßigen Dehnung über die gesamte Ballonlänge führt keine Methode zeigt entscheidende Vorteile, für Bougies sprechen die geringeren Kosten Ballondilatation
Dilatation die häufigsten Komplikationen der Ösophagusdilatation umfassen die Perforation, Blutungen sowie Bakteriämien Schleimhautriss nach Bougierung mit Savary Gilliard Bougies die Perforationsrate wird in der Literatur mit 0,1 und 0,4% und wird vor allem bei komplexen Stenosen beobachtet das Perforationsrisiko ist bei Einhaltung der rule of three minimal (im Rahmen einer Sitzung soll nicht mehr als 3 Bougies steigenden Durchmessers zum Einsatz kommen)
Postinterventionelle Stenosen nach zirkumferentieller Mukosaresektion oder ESD sowie Radiofrequenzablation scheint es häufig zum Auftreten von Dysphagie und Stenosen zu kommen die daraus resultierende Verlust an Lebensqualität ist ein limitierender Faktor von Eingriffen wie der ESD verschiedene therapeutische Zugänge kommen bei diesen Fällen zur Anwendung Dilatation Injektion mit Triamcinolon systemische Steroidtherapie Stricture after circumferential ESD in SCC Isomoto H, Yamaguchi N, Minami H, Nakao K. Management of complications associated with endoscopic submucosal dissection/ endoscopic mucosal resection for esophageal cancer. Dig Endosc. 2013 Mar;25 Suppl 1:29-38.
Therapeutische Interventionen bei post-esd Stenosen Isomoto H, Yamaguchi N, Minami H, Nakao K. Management of complications associated with endoscopic submucosal dissection/ endoscopic mucosal resection for esophageal cancer. Dig Endosc. 2013 Mar;25 Suppl 1:29-38.
Achalasie ist eine neuromuskuläre Erkrankung die zu einem Spasmus des unteren Ösophagussphinkters führt die Erkrankung ist selten: Inzidenz 1:100.000 ohne geschlechtsspezifische Prädilektion und breiter Altersverteilung Symptome: Dysphagie Regurgitation von Nahrung retrosternale Schmerzen Aspiration Gewichtsverlust Stadieneinteilung: hypermotile Form (A): Versuch erhöhten LES Druck zu überwinden hypomotile Form (B): zunehmende Dilatation des Ösophagus amotile Form (C): schlaffer Muskelsack endoskopisches Bild der Achalasie mit Dilatation und Nahrungsresten
Therapeutische Optionen bei Achalasie Ballondilatation und POEM
Malignome des Ösophagus & maligne Stenosen frühe Tumorstadien sind prinzipiell einer endoskopisch-kurativen Therapie zugänglich, manifestieren sich aber meist nicht klinisch und sind Zufallsbefunde oder Screeningbefunde bei Risikopatienten neben der Rolle in der Diagnostik maligner Stenosen, liegt die Aufgabe der flexiblen Endoskopie vor allem in der Palliation bei Dysphagie in inoperablen Tumorstadien während die meisten Anwendungen distale Ösophagusstenosen betreffen, sind mittels (proximal release) Endoprothesen auch proximale Stenosen überbrückbar selbstexpandierende Metallstents aus Nitinol haben sich auch in benigner gegenüber Plastikstents und Stents aus resorbierbarem Material durchgesetzt Plattenepithelkarzinom bei Achalasie Bild nach ausgedehnter ESD
Selbstexpandierende Metallstents im Ösophagus Metallstents sind aus Draht geflochten oder Laser geschnitten. Sie werden zusammen gefaltet auf einem Einführbesteck geliefert und dehnen sich nach Freisetzen auf einen definierten Durchmesser aus Entfernung eines fully covered Ösophagusstents Stents bestehen aus Metallegierungen wie z.b. Nitinol und können mit einer Silikonmembran beschichtet oder unbeschichtet sein (Voll-)beschichtete Stents werden auch bei benignen Indikationen verwendet und haben dort die SEPSs ersetzt neuerdings gibt es auch Stents aus selbstauflösendem (Naht-)Material
Mehr Stents als Patienten? ASGE Technology Evaluation Report Gastrointest Endosc 2011
Benigne oder maligne Stenose soll bei einer Stenose ein Stent gelegt werden ist die Grundkrankheit für die Auswahl entscheidend: benigne Stenose - wieder entfernbarer SEMS, SEPS oder biodegradabler Stent maligne Stenose - nicht wieder entfernbarer SEMS (teilweise beschichtet) Beispiele für benigne Indikationen sind entzündliche Engstellen, postinterventionelle Stenosen, Anastomosenstenosen Metallstentimplantation bei Ösophaguskarzinom
Zusammenfassung die Endoskopie spielt bei vielen Formen der Dysphagie eine wichtige diagnostische Rolle noch viel spannender sind die therapeutischen Optionen, die bei vielen Erkrankungen die 1. Wahl darstellen können (sollten) Zenkerdivertikel peptische Stenose Achalasie Palliation beim Ösophaguskarzinom Zenker Divertikel & eosinophile Ösophagitis als zweifache Ursache für Dysphagie
Danke für die Aufmerksamkeit