Europarecht IV. Institutionen und Kompetenzen der Union
Übersicht 1. Institutionen 2. Kompetenzarten 3. Verfahren der Rechtssetzung 2
n Organe Art 13 EUV n Europäisches Parlament n Europäischer Rat n Rat n Kommission n EuGH n EZB n Rechnungshof 3
n Sonstige Institutionen n Wirtschafts- und Sozialausschuss n Ausschuss der Regionen n EIB 4
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n Europäisches Parlament, Art. 14 EU n Zusammensetzung: n besteht aus Vertretern der Völker der Mitgliedstaaten, Art. 14 Abs. 2 EU, Wahl für 5 Jahre, Art. 14 Abs. 3 EU. n Wahlverlauf nach dem jeweiligen nationalen Recht nach allgemeinem Wahlrechtsgrundsatz des Art. 14 Abs. 3 EU > max. 750 MdEP 8
n Europäisches Parlament, Art. 14 EU n Anzahl der Vertreter der Einzelstaaten richtet sich nicht unmittelbar nach der Bevölkerungszahl. n Folge: unterschiedlicher Erfolgswert der Stimmen der wahlberechtigten Unionsbürger = moderates Demokratiedefizit und Kollision mit Art. 6 Abs. 1 EU n Ein Präsident und 14 Vizepräsidenten, Fraktionen und Ausschüsse 9
n Aufgaben und Befugnisse: n Mitwirkungsrecht bei der Rechtsetzung: Anhörungsverfahren (Art. 103 Abs. 1 AEU), Zusammenarbeitsverfahren (Art. 114 Abs. 1 AEU), Mitentscheidungsverfahren (Art. 251 EG a.f.; heute: Art. 294 AEU)) n Kontrolle der Kommission, vgl. Art. 17 Abs. 1 EU (Mitwirkung bei Ernennung der Kommission), Art. 226 AEU (Einrichtung eines Untersuchungsausschusses), Art. 17 Abs. 8 Satz 2 EU (Misstrauensvotum) 10
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n Der europäische Rat, Art. 15 EU 13
n Der europäische Rat, Art. 15 EU n Zusammensetzung: n Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, Kommissionspräsident sowie ständiger Präsident des europäischen Rats n Amt des Präsidenten des europäischen Rats mit Vertrag von Lissabon eingeführt, Wahl durch europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit für zweieinhalb Jahre (Art. 15 Abs. 5 EU) 14
n Aufgaben und Befugnisse: n Vor allem politische Aufgaben, Impulse für Fortund Weiterentwicklung der Union n Festlegung allgemeiner politischer Zielvorstellungen und Prioritäten (Art. 15 Abs. 1 EU) n Verschiedene Rechte zur personellen Besetzung von Organen der Union n Vorschlag des Kommissionpräsidenten an das Parlament (Art. 17 Abs. 7 EU) n Entscheidet grundsätzlich im Konsens, aber nicht notwendigerweise einstimmig (Art. 15 Abs. 4 EU) 15
n Rat der Europäischen Union (=Rat), Art. 16 EU 16
n Rat der Europäischen Union (=Rat), Art. 16 EU n Zusammensetzung: n je Mitgliedstaat ein Vertreter auf Ministerebene, auch Landesvertreter möglich (Art. 16 Abs. 2 EU) n Ratsvorsitz wechselt alle 6 Monate nach festgelegter Reihenfolge, seit Lissabon Vorsitz von einer Gruppe von drei Mitgliedstaaten für 18 Monate n unterschiedliche Gewichtung der Stimmen, vgl. Art. 238 AEU 17
n Tagt als Ecofin-Rat (=Wirtschafts- und Finanzministerrat), Verkehrsminister-Rat, Landwirtschaftsminister-Rat n > immer dasselbe europäische Gremium ohne feste Besetzung (auch: Europäischer Rat als Rat) n Rat der Europäischen Union (Rat), Art. 16 EU n persönliches und mündliches Abstimmungsverfahren, n teilweise einfache Mehrheit, n teilweise qualifizierte Mehrheit erforderlich (Art. 16 Abs. 3 EU) n Früher: vor allem Einstimmigkeit 18
n Aufgaben und Befugnisse: n Hauptrechtsetzungsorgan der EU (Art. 16 Abs. 1 EU) = parlamentsähnliche Stellung n Repräsentationsorgan der Vertreter der Mitgliedstaaten n Aufgabenzuweisung aus einzelnen Vorschriften: Rechtsetzung (vgl. Art. 288 AEU) n Außenbeziehungen und innere Sicherheit (vgl. Art. 218 Abs. 2 AEU, Art. 40 Abs. 2 AEU), n Haushalt (Art. 313 f. AEU) 19
n Besetzung der Organe und Personalangelegenheiten (Art. 301 UAbs. 2, 305 UAbs. 3, 243 AEU) n Vertragsänderung (Art. 48 EU) sowie Aufnahme neuer Mitgliedstaaten (Art. 49 EU) n Überlassung von Durchführungskompetenzen an die Kommission in den von ihm erlassenen Vorschriften 20
n Kommission, Art. 17 EU 21
1.Institutionen n Die aktuelle n Kommission n (seit 11/2014) 22
n Kommission, Art. 17 EU n Zusammensetzung: n pro Mitgliedstaat ein Kommissar, Benennung auf 5 Jahre, Art. 17 Abs. 3 n weisungsunabhängige Mitglieder, Art. 17 Abs. 3 UAbs. 2 und 3 EU 23
n Kommission, Art. 17 EU n Präsident der Kommission durch Vorschlag des Europäischen Rates unter Zustimmung des Europäischen Parlaments bestimmt, Art.17 Abs. 1 Satz 1 EU n ab 1.11.2014 Reduzierung der Zahl der Kommissare auf zwei Drittel Art. 17 Abs. 5 EU, Art 244 AEU n Wahl der Mitglieder nach einem strikt gleichberechtigten Rotationsverfahren 24
n Aufgaben und Befugnisse: n Aufgabenzuweisung eigener Befugnisse aus Art. 17 Abs. 1 EU: n Verwaltungsaufgaben (z. B. Verbot von Unternehmensfusionen) und n Kartellbehörde der EU (Art. 101 u. Art. 102 AEUV) im Wettbewerbsbereich, 25
n Aufgaben und Befugnisse: n Ausführung des primären Unionsrechts und der auf dessen Grundlage erlassenen Rechtsetzungsakte (sek. Unionsrecht) n Vertretung der EU bei internationalen Organisationen und Verhandlungen (Art. 220 AEUV) 26
n Hüterin der Verträge (vgl. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 EU) = die Kommission überwacht gem. Art. 258 AEU die Einhaltung des EU-Vertrags durch die Mitgliedstaaten. n Folge: Möglichkeit zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEU n Initiativmonopol: alleiniges Recht, Initiativen für Unionsrechtsakte zu ergreifen = Rat kann Rechtsetzungsakte nur auf Vor-schlag der Kommission beschließen; ABER: Art. 225 AEU (indirektes Initiativrecht). n Folge: Rolle als Motor der Integration 27
n Gerichtshof, Art. 19 EU 28
n Gerichtshof, Art. 19 EU 29
n Gerichtshof, Art. 19 EU n Zusammensetzung: n Unbenannt in Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) n 28 Mitglieder, benannt für 6 Jahre (Wiederernennung möglich) durch die einzelnen Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen, Art. 19 Abs. 2 UAbs. 2 EU 30
n Gerichtshof, Art. 19 EU n Art. 253 AEU = ein Richter pro Mitgliedstaat n 8 Generalanwälte, Art. 252 AEU = von den Richtern unabhängige, nur dem Unionsrecht verpflichtete Berichterstatter; Anfertigung von mit den Urteilen zu veröffentlichenden Schlussanträgen n Besetzung des EuG im Wesentlichen nach den gleichen Kriterien wie der EuGH 31
n Aufgaben und Befugnisse: n Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge der EU, Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EU. n Gewährleistung einer einheitlichen Auslegung und Anwendung des Unionsrechts 32
n Aufgaben und Befugnisse: n Verfahrensmöglichkeiten vgl. Art. 256 AEU: z.b. n Aufsichtsklage der Kommission wegen Vertragsverletzung, Art. 258 AEU; n Vertragsverletzungsverfahren der Mitgliedstaaten, Art. 259 AEU; n Nichtigkeitsklage, Art. 263 AEU; n Untätigkeitsklage, Art. 265 AEU; n Vorabentscheidungsverfahren, Art. 267 AEU 33
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n Rechnungshof, Art. 285 AEU n Zusammensetzung: n 28 weisungsunabhängige Mitglieder, vgl. Art. 285 UAbs. 2 Satz 2 AEU n Ernennung auf sechs Jahre nach Anhörung des Parlaments mit qualifizierter Mehrheit des Rates n Aufgaben und Befugnisse: n externe Rechnungsprüfung n aktive Klagebefugnis nach Art. 263 UAbs. 3 AEU, passive Klagebefugnis nicht vertraglich geregelt, dennoch Zulässigkeit von Klagen gegen Rechnungshof vor EuG und EuGH 36
n Europäische Zentralbank, Art. 282 AEU 37
n Europäische Zentralbank, Art. 282 AEU n Zusammensetzung: n Beschlussorgane: Zentralbankrat (= Mitglieder des europäischen Zentralbankrates sowie Präsidenten der nationalen Zentralbanken) und Zentralbankdirektorium (=Präsident, Vizepräsident sowie 4 weitere in Währungs- und Finanzfragen anerkannte Mitglieder) n Aufgaben und Befugnisse: n Leitung der unionsrechtlichen Geldpolitik n Durchführung der dazugehörigen Geschäfte n Verwaltung der Währungsreserven 38
n Sonstige Institutionen n Ausschuss der Regionen/Wirtschafts- und Sozialausschuss, Art. 300 AEU n Zusammensetzung: WSA: max. 350 weisungsunabhängige Vertreter verschiedener wirtschaftlicher und sozialer Bereiche als Mitglieder (i. d. R. gleichmäßige Aufteilung in Arbeitgeber, Arbeitnehmer und sonstige Wirtschaftsund Berufsverbände) Ausschuss der Regionen: max. 350 Mitglieder der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Ernennung für 4 Jahre auf Vorschlag der Mitgliedstaaten durch einstimmigen Beschluss des Rates 39
n Aufgaben und Befugnisse: lediglich beratende Funktion, sog. Nebenorgane Art. 300 Abs. 1 AEU n Europäische Investitionsbank, Art. 308 AEU n Aufgaben und Befugnisse: unabhängiges Kreditinstitut der Mitgliedstaaten mit dem Ziel der Förderung von Investitionen zu öffentlichen Zwecken mit Krediten und Bürgschaften Verwaltung zahlreicher Unionsfonds 40
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2. Kompetenzarten n Grundsatz: n keine Kompetenz-Kompetenz aus Art. 3 Abs. 6 EU n Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, Art. 5 EU. n Aber: Möglichkeit der Kompetenzerweiterung unter den Voraussetzungen des Art. 352 AEU 42
2. Kompetenzarten n Sinn: Verwirklichung der Unionsziele durch vertragsimmanente Weiterentwicklung des Unionsrechts unterhalb einer Vertragsänderung n Möglichkeit der Kompetenzerweiterung durch Anwendung der implied-powers-lehre und des effet utile n Begrenzung der Organisationsgewalt durch Subsidiaritätsgrundsatz, Art. 5 Abs. 3 EU i.v. m. Art. 2 Abs. 2 AEU (volle Überprüfbarkeit des Vorliegens der erforderlichen Voraussetzungen durch den EuGH) 43
2. Kompetenzarten n Zuständigkeiten gemäß AEU n Ausschließlich Zuständigkeit, Art 3 n Geteilte Zuständigkeit, Art 4 n Koordinierung, Art 5 n Unterstützung, Art 6 44
3. Verfahren der Rechtssetzung n Rechtsgrundlage des Unionsaktes n Erfordernis der genauen Bezeichnung und Begründung dieser Wahl durch den Rat n keine Nennung: Nichtigkeit des Rechtsaktes n Nennung der falschen Rechtsgrundlage: Nichtigkeit, wenn nicht andere RGL vorhanden und Einhaltung des vertragsmäßig vorgeschriebenen Verfahrens n Art. 352 AEU (Rechtsgrundlage aufgrund Kompetenzerweiterung) nur zulässig, wenn keine speziellere Rechtsgrundlage in Frage kommt. n Arg: sonst Umgehung der besonderen Verfahrensvorschriften, z. B. Art. 294 AEU 45
3. Verfahren der Rechtsetzung n Mehrheitserfordernisse n unterschiedliche Voraussetzungen je nach Art des Unionsakts n besonderes Gesetzgebungsverfahren, vgl. Art. 289 Abs. 2 AEU n ordentliches Gesetzgebungsverfahren, Art. 294 AEU (qualifizierte Mehrheit erforderlich) n Mitwirkungsvorschriften n Mitwirkungskompetenzen anderer Organe beachtet? n n Vorschlagsrecht der Kommission Mitwirkung des Parlaments EuGH: Missachtung führt zu Nichtigkeit des Rechtsaktes n Anhörung des Wirtschafts-/Sozialausschusses 46
3. Verfahren der Rechtsetzung n n n Umfang der Mitwirkung des Parlaments abhängig von der Art des Verfahrens Begründungspflicht, Art. 296 AEU n n incl. Bezugnahme auf die im Verfahren vorgesehenen Vorschläge/Stellungnahmen Arg.: bessere Kontrolle der Rechtmäßigkeit durch den EuGH und Adressat Veröffentlichung n Veröffentlichung aller erlassenen Rechtsakte gem. Art. 297 Abs. 1, 2 AEU im Amtsblatt Inkrafttreten n gem. Art. 297 AEU ab dem festgesetzten Zeitpunkt/bei Fehlen: ab 20. Tag nach Veröffentlichung 47