Praktikumsbericht Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie Libal SS 2015 Julius Pfadt Matrikelnummer: 774859 julius.pfadt@uni-ulm.de Wortanzahl: 1224
1. Einführung und Kurzdarstellung der Praxis Libal, Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Die Praxis Die Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Libal ist eine sozialpsychiatrische Praxis in Ulm, Baden-Württemberg. Diese besteht aus angestellten Mitarbeitern unterschiedlicher Fachrichtungen und bietet somit eine breite und umfassende ambulante Versorgung im psychiatrischen Bereich für Kinder und Jugendliche. Geleitet wird die Praxis von Herr und Frau Dr. Libal. Beide besitzen die oberste Entscheidungsgewalt. Zum Team gehören zwei approbierte Psychotherapeuten (Verhaltenstherapie), eine Ergotherapeutin, eine Sozialpädagogin, wechselnde Psychotherapeuten in Ausbildung und zwei Arzthelferinnen/Sekretärinnen. Zudem arbeitet die Praxis Libal interdisziplinär mit Theater- und Kampfkunstpädagogen (Kung-Fu-Schule Red Boat, Neu-Ulm) zusammen. Die Patienten Kinder und Jugendliche die einer kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlung in einer interdisziplinären sozial-psychiatrischen Praxis bedürfen, werden in der Praxis Libal behandelt. Die Art der Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad und der Dauer der Erkrankung. Generell gehören Kinder und Jugendliche zwischen drei und achtzehn Jahren zum Patientenstamm. In Ausnahmefällen wird die Behandlung oder Betreuung auch über das 18. Lebensjahr hinaus fortgeführt. Die Gründe, warum Kinder und Jugendliche bzw. Eltern die Praxis Libal aufsuchen sind sehr vielfältig. Hierzu zählen zuallererst meist Probleme in der Schule. Es ergeben sich Diagnosen zu affektiven Störungen, Hyperkinetische Störung, Verhaltensauffälligkeiten (oppositionelle Störung, Störung des Sozialverhaltens), Autismus, Intelligenzminderung, Persönlichkeitsstörungen, Essstörungen, Phobien, Zwangsstörungen, Dyskalkulie und Lese- Rechtschreib-Schwäche. Arbeitsweise der Praxis Der Verlauf einer Behandlung in der Einrichtung beginnt in der Regel mit einem Erstgespräch bei einem der beiden Psychiater. Hierzu werden das zu behandelnde Kind und dessen Erziehungsberechtigten eingeladen. Im Verlauf dieses Gesprächs werden relevante Information, die für die Planung der weiterführenden Behandlung wichtig sind erfasst. Dazu gehören die aktuelle Problematik, die Krankheitsgeschichte, sowohl vom Kind, als auch von den Eltern, die
Schulsituation, die Familiensituation und welche bisherigen Interventionsmaßnahmen in Anspruch genommen wurden. Im Anschluss wird meist ein Termin zu einer Intelligenzdiagnostik vereinbart. Die daraus folgenden Testergebnisse sollen Aufschluss darüber geben, wo die Stärken und Schwächen des Kindes liegen. Alle gesammelten Informationen werden genutzt, um einen Behandlungsplan aufzustellen. 2. Darstellung des eigenen Aufgaben- und Tätigkeitsfeldes Diagnostik Ein Schwerpunkt meines Praktikums bestand in der Durchführung von Diagnostiken. Am häufigsten handelte es sich dabei um Intelligenzdiagnostiken (WISC, WIE). Die ersten zwei eigenständigen Messungen führte ich unter Aufsicht von Mitarbeitern durch. Dies war sehr hilfreich, da aufkommende Fragen, Fehler und Verständnisprobleme beim Ablauf (z.b. Abbruchkriterien der einzelnen Aufgaben) schnell geklärt werden konnten. Im Anschluss wertete ich die Testung aus. Ergebnis der Auswertung war das altersabhängige Intelligenzniveau. Zuletzt erstellte ich einen Befund für jedes getestete Kind, mit Hilfe dessen der Psychiater später den Eltern und Kindern die vorliegenden Ergebnisse erklärt. Erstgespräche & Therapiesitzungen Ein weiterer Fokus meiner Tätigkeit als Praktikant lag auf dem Führen von Erstgesprächen mit dem Kind/ Jugendlichen oder den Eltern. In diesen werden Beschwerden und eine Anamnese des Krankheitsbildes besprochen. Bei Möglichkeit bevorzugen es die Psychiater der Praxis Libal das Erstgespräch mit dem Kind und den Eltern einzeln zu führen. Die Gespräche werden von zwei Mitarbeitern durchgeführt und laufen parallel ab. Diese Vorgehensweise ermöglicht es auf der einen Seite mehr Information in der gleichen Zeit zu erfassen und auf der anderen Seite können brisante Themen angesprochen werden. In den Erstgesprächen erfragte ich die Gründe für das Aufsuchen der Praxis, Krankheitsgeschichte, Entwicklungsgeschichte, Schulverlauf, Familiensituation und Psychopathogenese. Im Anschluss fanden sich beide Parteien wieder zusammen und tauschten die gesammelten Informationen unter Begleitung des Psychiaters aus. In Folge dessen wurde ein, auf die individuellen Bedürfnisse, zugeschnittener Behandlungsplan aufgestellt. Soziale Kompetenz Gruppe In der Praxis fanden alle zwei Wochen Gruppensitzungen zu sozialem Kompetenztraining in zwei Gruppen statt. In einer Gruppe waren Kinder von 7-10 Jahren und in der anderen, Kinder von 11-14 Jahren. Bei den Sitzungen sollten die Kinder verschiedene Übungen zu Problemen im Alltag, in den
soziale Kompetenz gefragt ist, durchführen und dabei auch untereinander interagieren. Dies fand oftmals in Form von Rollenspielen statt. Die Gruppentrainings wurden von einer Verhaltenstherapeutin geleitet. Anfangs war ich während den Sitzungen für die Dokumentation und Verhaltensbeobachtung zuständig. Später leitete ich selbst einige Sitzungen. Kampfkunstpädagogik-Gruppe Ein weiteres Gruppenangebot in der Praxis Libal ist das KKP (Kampfkunstpädagogik-Gruppe). Dies ist ein weiteres freiwilliges Angebot und richtet sich vor allen an Kinder die an ADHS, oppositioneller Störung oder geringem Selbstwertgefühl leiden. Es gab zwei Gruppen (7-9 Jahre und 10-12 Jahre). Inhalt des Trainings sind Grundübungen aus den verschiedenen Kung-Fu-Stilen, sowie Meditation und das Erlangen von Ausdauer und Disziplin. Zu meinen Aufgaben gehörten Kinder bei Übungen anzuleiten und darauf zu achten, dass sie die Übung korrekt ausführten. Weiter unterstützte ich die Lehrer beim Vorführen von Übungen und kontrollierte den respektvollen Umgang bei der Durchführung von Partnerübungen der Kinder. Im Anschluss der Einheit dokumentierte ich eine Verhaltensbeobachtung über jedes Kind, um potentielle Veränderungen im Verhalten zu entdecken. 3. Zusammenfassende Einschätzung des Praktikums und der Praxiseinrichtung Insgesamt habe ich von dem Praktikum in der Praxis Libal sehr profitiert. Durch den umfassenden Einblick in den Beruf des Kinder- und Jugendpsychotherapeuten wurde mein Wunsch später selbst diesen Weg einzuschlagen sehr bestärkt. Kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Tätigkeit Fehlende Kompetenzen und Wissensgrundlagen fehlten mir im Bereich der therapeutischen Gesprächsführung. Dies machte sich bei den ersten drei Erstgesprächen daran bemerkbar, dass deren Verlauf stockend war, ich wiederholt Nachfragen stellte oder wesentliche Aspekte vernachlässigte. Dies verbesserte sich mit Hilfestellungen im Verlauf des Praktikums jedoch deutlich. Besonders interessant empfand ich die Beobachtung der Arbeitsstile der einzelnen Therapeuten, wie diese sich unterscheiden und welchen Einfluss deren Persönlichkeit auf ihren Arbeitsstil hat. Schwierig für mich war das Arbeiten mit Kindern zwischen drei und sechs Jahren. Da diese kognitiv noch wenig entwickelt sind und viele Dinge nicht verstehen (können), ist es nötig, Instruktionen altersgerecht zu formulieren und in Einzelteile zu erlegen. Da ich selten zuvor mit Kindern in diesem Alter zu tun hatte, fehlten mir oft die richtigen Worte um Kinder in diesem Alter effektiv anleiten zu können.
Voraussetzungen Eine grundlegende Voraussetzung, die man meiner Meinung nach mitbringen sollte, ist das Interesse sich mit Kindern auseinandersetzen zu wollen. Zeitweise erfordert der Umgang mit den Kindern sehr viel Geduld und Ausdauer. Hilfreich sind Vorkenntnisse in der klinischen Psychologie, insbesondere über die Klassifikation von psychischen Störungen. Dieses Wissen ermöglicht es, Symptome besser zu erkennen und zu differenzieren und in Folge dessen präzisiere Einschätzungen zu treffen. Des Weiteren sind grundlegende Vorkenntnisse in der Diagnostik von Vorteil, allerdings nicht notwendig. Lernmöglichkeiten Insgesamt lernte ich während meinem Aufenthalt in der Praxis Libal, welche Aufgaben zu dem Beruf eines Kinder- und Jungendtherapeuten zählen. Neben der Führung von Gesprächen bedeutet dies, das Verhalten der Kinder in verschiedenen Bereichen zu verknüpfen und eigenständig angemessene und personalisierte Therapiebausteine zu erarbeiten. Zudem lernte ich in der Praxis Libal als Praktikant, wie man korrekt verschiedene Diagnostiken durchführt (z.b. Intelligenz- und Lese-Rechtschreib-Diagnostik) und diese auswertet. Außerdem erlangte ich Kenntnisse über die unterschiedlichen Fragebögen, die zu Erhebung von psychischen Erkrankungen eingesetzt werden. Ich erhielt einen Einblick in das therapeutische Vorgehen bei unterschiedlichen Problemstellungen und psychischen Leiden. Zusätzlich verbesserten sich meine Gesprächsführungstechniken durch das eigenständige Betreuen von Erstgesprächen. Verbesserungsvorschläge Einen Aspekt, der meiner Ansicht nach verbesserungsfähig ist, zielt auf die Einarbeitung in den ersten zwei Wochen ab. Aufgrund dessen, dass die Mitarbeiter meist vielen Terminen nachgehen müssen, findet eine Einführung in den Praxisalltag kaum statt. In der Aufgabe, sich in diesem zu orientieren und zu integrieren, fühlte ich mich als Praktikant zu Beginn etwas überfordert. Jedoch fand ich schnell Anschluss und wurde so auch zu viel Eigeninitiative angeregt.