Bayerisches Staatsministerium der Justiz Kaufmann mit beschränkter Haftung 1. Wirtschaftlicher Hintergrund Bedarf einer Haftungsbeschränkung Einem Unternehmer, der seine Haftung auf sein Betriebsvermögen beschränken möchte, stehen hierfür im deutschen Recht derzeit nur die Kapitalgesellschaften zur Verfügung, Verwendung findet regelmäßig die GmbH. Von den GmbH-Gründungen der jüngeren Vergangenheit erfolgten ca. 60 % nur durch eine Person als so genannte "Ein-Mann-GmbH", ca. 30 % wurden durch zwei Personen gegründet. Bei den letztgenannten ist davon auszugehen, dass diese in erheblichem Umfang wirtschaftlich eine Ein-Personen-Gesellschaft darstellen. Der zweite Gesellschafter wird dabei nur deswegen aufgenommen, weil das Mindeststammkapital der GmbH von 25.000 Euro bei der Gründung durch eine Person vollständig, bei zwei Personen jedoch nur zur Hälfte einbezahlt werden muss. Der Bedarf einer Haftungsbeschränkung zwingt daher die weit überwiegende Mehrheit der alleine tätigen Unternehmer in eine gesellschaftsrechtliche Struktur, die nach ihrer ursprünglichen Zielrichtung die wirtschaftliche Betätigung mehrerer Personen ermöglichen soll. Eine Vielzahl der geltenden Bestimmungen sind für die Unternehmensverfassung einer aus mehreren Gesellschaftern bestehenden GmbH erforderlich (z.b. Bestimmungen zu Gesellschaftsvertrag und Gesellschafterversammlung, Gesamthaftung für noch nicht erbrachte Einlagen etc.), dem Ein-Mann-Gesellschafter dagegen erscheinen diese oftmals als unflexibel und bürokratisch. Er befindet sich notgedrungen in der falschen Rechtsform, weil ein auf seine Bedürfnisse zugeschnittenes Institut nicht besteht.
- 2 - Nicht nur unhandlich, sondern in vielen Fällen tatsächlich nachteilig, ist der Betrieb eines Ein-Mann-Unternehmens in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft aus steuerlicher Sicht: Hier fällt nicht nur zunächst die Körperschaftsteuer an, das ungeliebte Halbeinkünfteverfahren gilt, eventuelle Verluste entstehen zunächst innerhalb der Gesellschaft und können nicht unmittelbar vom Gesellschafter zur Verrechnung mit anderen Einkünften verwendet werden. Die zur Reduzierung der Gewerbesteuerbelastung eingeführte Möglichkeit der Gewerbsteueranrechnung bleibt Kapitalgesellschaften generell untersagt. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 24.11.2005 (B 12 RA 1/04 R) unterliegt die Vergütung des Gesellschafters für seine Tätigkeit als Geschäftsführer seiner GmbH zudem in vielen Fällen der Rentenversicherungspflicht. Konkurrenz durch ausländische Kapitalgesellschaften Die derzeit allseits beworbenen ausländischen Kapitalgesellschaften, allen voran die britische Limited, passen hier übrigens nicht besser. Auch diese sind als Gesellschaften grundsätzlich für mehrere Beteiligte konstruiert, die steuerliche Behandlung ist wie bei einer deutschen Kapitalgesellschaft. Ihren derzeitigen Aufschwung als Alternative zur deutschen GmbH erfahren diese demnach vor allem durch das fehlende Mindestkapital sowie drei angebliche Vorteile: eine schnelle Gründung, geringe Kosten und die Flexibilität ausländischer Rechtsordnungen. Wobei das Argument der schnellen Gründung durch die Erfahrungen der Praxis, wie lange es trotz einer schnellen Registereintragung tatsächlich dauert, bis eine ausländische Gesellschaft im Inland den Geschäftsbetrieb aufnehmen kann, zusehends an Stärke verliert. Den niedrigen Gründungskosten stehen ansehnliche Folgekosten für notwendige Übersetzungen und den Betrieb des "Briefkastens" am Gründungssitz gegenüber. Die vermeintliche Flexibilität der jeweiligen Rechtsordnung lässt sich in vielen Fällen eher mit Unkenntnis derselben als mit tatsächlichen wesentlichen Vorteilen erklären. Zum Haftungsdurchgriff bei Verschulden des Geschäftsführers und zu Fragen des Insolvenzverfahrens gibt es auf Grund der kurzen Anwesenheit auf dem deutschen Rechtsmarkt noch keine einheitliche gerichtliche Praxis, so dass hier mangels verlässlicher Vorgaben sogar eher Nachteile im Vergleich zum einheimischen Produkt bestehen. Damit bleibt als relevanter Vorteil im Vergleich zur GmbH letztlich nur das aufzubringende Mindeststammkapital bei einer ausländischen Gesellschaft. Eine Haftungsbeschränkung lässt sich erreichen, ohne dass zunächst 25.000 Euro
- 3 - (ein Gesellschafter) oder zumindest 12.500 Euro (mehrere Gesellschafter) Kapital aufgebracht werden müssen. Insbesondere im Dienstleistungsbereich ist eine vergleichbare Kapitalausstattung für die Unternehmensgründung häufig auch gar nicht erforderlich. Um hier Abhilfe zu schaffen, werden vor allem zwei denkbare Wege diskutiert: Die generelle Absenkung des Mindeststammkapitals bei der GmbH und die Einführung einer neuen Gesellschaftsform speziell für Unternehmensgründer mit geringeren Anforderungen an die Kapitalaufbringung. Beide Wege haben gemeinsam, dass sich mit dem Auftreten von geringkapitalisierten Gesellschaften des deutschen Rechts die Insolvenzgefahr für die Gesellschaft erhöhen, das Risiko für deren Geschäftspartner steigen und das Vertrauen in die GmbH allgemein sinken wird. Erfolgreich in der Rechtsform der GmbH tätige Unternehmen würden durch die neuen "Billig-Unternehmen" in Misskredit gebracht. Kaufmann mit beschränkter Haftung Die Rechtsform des Kaufmanns mit beschränkter Haftung kann die dargestellten Bedürfnisse der Unternehmensgründer befriedigen, ohne der bewährten GmbH Schaden zuzufügen. Sie bietet eine Haftungsbeschränkung, ohne ein festes Mindestkapital aufbringen zu müssen. Gegenüber ausländischen Gesellschaften besteht der entscheidende Vorteil der Geltung des deutschen Handelsrechts. Die Besonderheit liegt jedoch darin, dass mit dem Kaufmann mit beschränkter Haftung erstmals eine Rechtsform angeboten wird, die auf die wirtschaftliche Situation der meisten Existenzgründer zugeschnitten ist. Der Ein-Mann- Unternehmer muss nicht auf das für mehrere beteiligte Personen entwickelte Gesellschaftsrecht zurückgreifen. Die Entwicklung in der Praxis wird durch ein passendes Institut im Bereich des Kaufmannsrechts nachvollzogen. Die künstliche Trennung zwischen dem Vermögen der Gesellschaft und dem Vermögen des Alleingesellschafters entfällt, vielmehr nimmt der Kaufmann innerhalb seines Vermögens eine Zuordnung zwischen Betriebs- und Privatvermögen vor. Die Schaffung eines neuen Rechtssubjekts nur zur Erreichung einer Haftungsbefreiung wird entbehrlich.
- 4-2. Überblick über die Rechtsform des Kaufmanns mit beschränkter Haftung Gründung Die Gründung erfolgt durch Anmeldung beim Handelsregister. Einzureichen sind vor allem eine Eröffnungsbilanz und ein Inventar über das haftende Vermögen des Kaufmanns, dabei ist die Versicherung abzugeben, dass die Verbindlichkeiten des Unternehmers nicht sein Vermögen übersteigen. Wurde das Unternehmen bereits zuvor als einzelkaufmännisches Unternehmen geführt, ist dessen Schlussbilanz vorzulegen. Die Registeranmeldung ist notariell zu beglaubigen. Dadurch entstehen dem Unternehmen im Vergleich zur Beurkundung der Gründung einer Kapitalgesellschaft nur geringe Kosten, gleichzeitig nimmt der Notar die Gründungsberatung vor und kann auf die Beibringung aller Unterlagen hinwirken. Transaktionskosten etwa bei der Einbringung eines Grundstücks entstehen nicht, weil bei der Gründung lediglich eine Vermögenszuordnung, jedoch keine Vermögensübertragung stattfindet. Gegebenenfalls erforderliche staatliche Genehmigungen müssen dem Registergericht gegenüber nicht nachgewiesen werden. Die Daten werden künftig auf elektronischem Weg an das Handelsregister weitergegeben, lange Eintragungszeiten entfallen damit. Mit Eintragung in das Handelsregister beschränkt sich die Haftung des Kaufmanns auf das inventarisierte haftende Vermögen. Nach Einführung des elektronischen Unternehmensregisters durch das EHUG können die Informationen auch dort eingesehen werden. Offenlegungspflichten Der Kaufmann mit beschränkter Haftung ist verpflichtet, jährlich den Jahresabschluss und ein Schlussinventar über sein haftendes Vermögen zum Handelsregister einzureichen. Damit werden Veränderungen im Bestand des haftenden Vermögens nach außen dokumentiert, Geschäftspartner können sich über den Bestand des haftenden Vermögens informieren.
- 5 - Während des laufenden Geschäftsjahres sind Veränderungen im haftenden Vermögen in der Buchhaltung zu erfassen. Tritt eine wesentliche Verringerung des haftenden Vermögens ein, ist unverzüglich ein Zwischeninventar zum Handelsregister einzureichen. Vermögenstrennung, Entnahmen Der Kaufmann hat die besondere Pflicht, das haftende und das private Vermögen getrennt zu halten und eine ordnungsgemäße Buchführung zu betreiben. Zu Gunsten der Gläubiger gelten alle in den Betriebsräumen befindlichen Gegenstände als zum haftenden Vermögen zugehörig, sofern nicht das Gegenteil nachgewiesen wird. Scheiden Gegenstände aus dem haftenden Vermögen aus, z. B. durch Veräußerung, wird der dafür erlangte Ersatzgegenstand kraft Gesetzes haftendes Vermögen. Wird der Kaufmann zahlungsunfähig oder das Unternehmen überschuldet, ist unverzüglich Insolvenzantrag zu stellen. Entnahmen aus dem haftenden Vermögen sind nur zulässig, wenn es sich um tatsächlich angefallene Gewinne handelt oder der Verkehrswert des entnommenen Gegenstandes eingelegt wird. Damit wird der Bestand des haftenden Vermögens sichergestellt. Verlust der Haftungsbeschränkung Mit jeder Form der Haftungsbeschränkung wird ein Teil des unternehmerischen Risikos auf die Allgemeinheit verlagert. Als Ausgleich hierfür wird dieses Privileg nur gegen die Einhaltung bestimmter Sorgfaltsmaßstäbe gewährt. Der Kaufmann mit beschränkter Haftung verliert die Haftungsbeschränkung, wenn er erheblich gegen die ihm obliegenden Pflichten verstößt. Hierzu gehören insbesondere falsche Angaben hinsichtlich einer bestehenden Überschuldung, Verletzung der Offenlegungspflichten, Verletzung der Insolvenzantragspflicht oder die Vornahme unzulässiger Entnahmen. Ebenfalls zur persönlichen Haftung führt der Zugriff privater Gläubiger auf das haftende Vermögen im Rahmen einer Privatinsolvenz. Veräußerung des Handelsgeschäfts, Rechtsformwechsel
- 6 - Eine Veräußerung des Handelsgeschäfts ist auch ohne Zustimmung der Gläubiger möglich, sofern das gesamte haftende Vermögen übertragen wird. Ebenfalls unproblematisch kann das Geschäft beim Tod des Kaufmanns auf dessen Erben übergehen. Die Haftung des Erwerbers ist dabei jeweils auf das haftende Vermögen beschränkt. Möglich ist auch der Übergang zu einer anderen Rechtsform durch Formwechsel, Ausgliederung und Spaltung. Steuerrecht Steuerrechtlich erzielt der Kaufmann mit beschränkter Haftung Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des 15 EStG. Körperschaftsteuer entsteht nicht. Die geschäftlichen Einnahmen werden nach den allgemeinen Regeln über die Ermittlung der Einkünfte für die Berechnung des zu versteuernden Einkommens herangezogen. Entstandene Verluste können dabei unmittelbar mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden. Beim Kaufmann als Einzelunternehmer besteht im Gegensatz zur Kapitalgesellschaft zudem die Möglichkeit der Gewerbesteueranrechnung nach 35 EStG, d. h. die Einkommensteuer, die anteilsmäßig auf die gewerblichen Einkünfte entfällt, wird um das 1,8-fache des Gewerbesteuermessbetrages reduziert.