28. Alzeyer Symposium

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Transkript:

Früherkennung und Frühbehandlung von klinischen Hochrisikostadien für eine Psychose: die Empfehlungen des EPA- Guidance Projekts PD Dr. phil. Frauke Schultze-Lutter, Dipl.-Psych. Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie LVR-Klinikum Düsseldorf, Kliniken der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland frauke.schultze-lutter@lvr.de Hintergrund: Früherkennung von Psychosen Die Früherkennung von Psychosen bei Hilfe suchenden Personen ist dabei in den letzten zwei Jahrzehnten intensiv beforscht worden. Dies zunächst in der (Erwachsenen)Psychiatrie, in der auch die heute verwandten klinischen Risikokriterien der ultra-high risk (UHR) und der Basissymptomansatz an überwiegend erwachsenen Patienten entwickelt und evaluiert und erst später von der Kinder- und Jugendpsychiatrie unverändert übernommen wurden. Etwaige alters- sowie erhebungs- oder einzelkriterienbezogene Besonderheiten in der Früherkennung sind wissenschaftlich wenig differenziert betrachtet worden. Entsprechend haben bisherige klinische Richt- und Leitlinien wenig differenzierte Empfehlungen für die Früherkennung von Psychosen bei Kindern und Jugendlichen abgegeben; basierend auf einer Metaanalyse ist dies nun erstmals im Rahmen des Guidance Projekts der European Psychiatric Association (EPA) geschehen. Zugrundeliegendes Modell des Frühverlaufs von Psychosen Vulnerabiliät Klinisches Risiko für eine Psychose Frühe Psychose Psychosoziale Funktionseinbußen Risikofaktoren Basissymptom-Kriterien: und mögliche cognitive-perceptive basic symptoms (COPER ) und/oder Dysfunktionen cognitive disturbances (COGDIS) Ultra-high risk (UHR) Kriterium: Ultra-high risk (UHR) Kriterium: Psychotische Symptome, die die genetisches Risiko und Funktionseinbußen Attenuierte psychotische Kriterien für eine ICD- oder DSM- (GRFD) Symptome (APS) Diagnose für eine Psychose erfüllen Ultra-high risk (UHR) Kriterium: Kurze intermittierende psychotische Symptome (BLIPS) COPER / APS BLIPS / COGDIS psychotsche Symptome Dysfunktionen / Risikofaktoren, z.b., schizotype Züge 1

Früherkennung Metaanalyse zur Entwicklung klinischer Empfehlungen Analyse der durchschnittlichen (gepoolten) jährlichen Übergangsraten in eine Psychose in Stichproben, die nach UHR- und/oder Basissymptom-Kriterien identifiziert wurden. Sensitivitätsanalysen für die Einzelkriterien bisher in Metaanalysen nicht berücksichtigt. Sensitivitätsanalysen für die die unterschiedlichen Erhebungsinstrumente/Operationalisierungen der UHR-Kriterien bisher in Metaanalysen nicht berücksichtigt. Sensitivitätsanalysen für Altersgruppen bisher in Meta-analysen nicht berücksichtigt. Die Analysen wurden im Rahmen des Guidance-Projekts der Europäischen Psychiatrischen Gesellschaft (EPA) durchgeführt. Eingeschlossene Studien (45 zu 42 Stichproben) zumeist Evidenzrating von 2+ gemäß SIGN (= Kohortenstudie mit geringem Risiko einer Konfundierung, eines Bias oder Zufallsergebnisses und einer zumindest mittleren Wahrscheinlichkeit einer kausalen Beziehung) mitausnahme 1 Jugendstichprobe immer Hilfe suchende Populationen Stichprobengröße bei Baseline: 7-817; zusammen 4 952 Risikopatienten 6 Studien mit nicht risikoerhöhter klinischer Vergleichsgruppe Alter bei Baseline: zumeist 12 bis 40 Jahre (Min. 6, Max. 53 Jahre, je 1 Studie) Stichproben: 15 fast ausschließlich Erwachsene (ADULT), 6 fast ausschließlich Minderjährige (CAD), je 10 gemischte mit mehrheitlich Patienten 18 Jahre (YOUTH) bzw. mehrheitlich Erwachsenen (MIX) meist erhielten die Risikopatienten irgendeine Form von Behandlung (aus Behandlungsstudien nur Aufnahme der Vergleichsgruppen in Metaanalyse) Erhebung der UHR-Kriterien: 17 SIPS, 12 frühe CAARMS Version, 6 2006 CAARMS Version mit generellem Funktionsverlust-Kriterium, je 2 PANSS und ERIraos und 1 BSIP in 11 UHR-Studien Bericht differenzierter Übergangsraten für die 3 UHR- Kriterien (APS, BIPS, GRFD) 2

Ergebnisse der Metaanalyse Ergebnisse der Metaanalyse Ergebnisse der Hauptanalysen Übergangsraten in Stichproben, die nach UHR- und/oder Basissymptom-Kriterien identifiziert wurden, waren zu jedem Zeitpunkt signifikant höher als die der klinischen Vergleichsstichproben (χ² (1) 5,175; P<0,025). Übergangsraten in UHR, COPER und COGDIS Stichproben unterschieden sich nicht nach 6 Monaten, 1 und 2 Jahren (χ² (2) 4,118; P>0,10), aber nach längeren Beobachtungszeiträumen (χ² (2) 6,767; P<0,05) aufgrund höherer Übergangsraten in COPER und COGDIS gegenüber UHR Stichproben (χ² (1) 5,522; P < 0,05). 3

Ergebnisse der Sensitivitätsanalysen Übergangsraten der 3 UHR-Kriterien unterschieden sich signifikant nach 1, 2 und 3 Jahren, v.a. aufgrund gegenüber APS Stichproben erhöhten Übergangsraten von BLIPS und geringeren von GRFD Stichproben. Kein Hinweis auf einen generellen Effekt der Erhebungsinstrumente bzw. Operationalisierungen der UHR-Kriterien auf die Übergangsraten. Während sich erwachsene und altersgemischte Stichproben zu keinem Zeitpunkt in den Übergangsraten unterschieden, zeigten reine Kinder- und Jugendstichproben durchweg die geringsten Übergangsraten auf. Empfehlung 1 (a) Die EPA empfiehlt, dass die folgenden drei klinischen Risikokriterien alternativ für die Früherkennung einer Psychose verwandt werden sollten, wenn das Vorliegen einer derzeitigen oder früheren Psychose und die Verursachung der Risikosymptomatik durch eine körperliche Erkrankung ausgeschlossen wurde: mindestens ein attenuiertes psychotisches Symptom (APS) mindestens zwei von neun kognitiven Basissymptomen (COGDIS) mindestens ein transientes psychotisches Symptom (BLIPS) Empfehlung 1 (b) Mindestens ein attenuiertes psychotisches Symptom, das die zusätzlichen Anforderungen der SIPS oder der vor 2006 publizierten CAARMS erfüllt (siehe Tabelle): ungewöhnliche Denkinhalte oder wahnhafte Ideen, die nicht mit vollständiger Überzeugung gehalten werden (inkl. Beziehungsideen, die nicht sofort verworfen werden), Wahrnehmungsabweichungen oder Halluzinationen mit noch vorhandener Einsicht in ihre abnorme Natur desorganisierte Kommunikation oder Sprache, die noch inhaltlich verständlich sind und auf Strukturierungshilfen ansprechen Instrument Beginn Häufigkeit Substanzgebrauch oder Komorbidität SIPS Beginn oder deutliche Zunahme Durchschnittliche Häufigkeit Nicht Folge von der Überzeugung / von mindestens 1 / Woche Substanzkonsum und nicht Verhaltensrelevanz in den letzten im letzten Monat besser durch eine andere 12 Monaten psychische Störung erklärt CAARMS, frühe Auftreten für mindestens 1 Woche Mehrmaliges Auftreten pro Keine Abgrenzung Version im vergangenen Jahr und Beginn Woche nicht vor mehr als 5 Jahren 4

Mindestens 2 selbst wahrgenommene und berichtete kognitive Basissymptome, die dem Patienten nicht aus seiner gesunden Zeit bekannt sind, innerhalb der letzten 3 Monate zumindest zeitweilig wöchentlich oder häufiger auftraten und nicht auf die Wirkung einer Substanz zurückführbar sind: Gedankeninterferenzen Gedankenblockaden, Gedankenjagen, -drängen Störung der rezeptiven Sprache Störung der expressiven Sprache Störung der Symbolerfassung Eigenbeziehungstendenz Unfähigkeit zur Spaltung der Aufmerksamkeit Fesselung der Aufmerksamkeit Gedankeninterferenzen Gedankeninterferenzen Hierunter fallen interferierende, eindringende, nicht zum jeweiligen Gedankengang gehörenden Bewusstseinsinhalte, die den intendierten Gedankengang stören. Die störend eindringenden Gedanken sind emotional neutral und nicht affektiv besetzt. Gedankeninterferenzen stehen dabei in keinem bzw. sehr weitläufigen assoziativen Zusammenhang zum intendierten Gedanken. Sie werden nicht hier, sondern unter Gedankenblockierungen kodiert, wenn in ihrer Folge der eigentlich intendierte Gedanke verloren geht. Wiederholen sich die Inhalte der Gedankeninterferenz i.s. eines zwangähnlichen Perseverierens bestimmter Bewusstseinsinhalte, so werden sie ebenfalls nicht hier kodiert. Abgrenzung gegen: Störung der Konzentrationsfähigkeit, Gedankenperseveration, Gedankenblockierung, Reizoffenheit, erhöhte Ablenkbarkeit und motorische Interferenz 5

Gedankenblockaden Gedankenblockaden Selbst wahrgenommene Blockierung des jeweiligen Gedankenganges, die auch als plötzliche eintretende Gedankenleere, als Gedankenabbrechen oder Gedankenabreißen sowie Fadenverlieren beschrieben wird. Die Störungen kann entweder rein subjektiv oder auch subjektiv und gleichzeitig im Interview zu beobachten sein. Hierunter fallen: 1.Reine Blockierung ohne Interferenz eines neuen, anderen Gedankens; der alte Gedanke bricht plötzlich und vollständig ab, ohne dass ein neuer Gedanke an seine Stelle tritt. 2.Reines 'Fading' als Variante der reinen Blockierung: Der ursprüngliche Gedanke schwindet allmählich, ohne dass ein neuer Gedanken interferiert. Zum Teil wird der Gedanke nicht kontinuierlich schwächer, sondern erscheint mal schwächer, mal stärker, um letztendlich vollständig zu entgleiten. 3.'Fading' und Gedankeninterferenz simultan: Alte und neue Gedanken bestehen nebeneinander, wobei der neue immer mehr in den Vordergrund tritt während der alte in den Hintergrund rückt. Gedankenblockaden 4. Gedankenblockierung und Gedankeninterferenz sukzessiv: Vollständiges und plötzliches Abreißen des alten Gedankens und gleichzeitiges Auftreten eines oder mehrerer neuer Gedanken, die interferieren und möglicherweise persistieren. 5. Fadenverlieren, das keinem der Subtypen 1 bis 4 zugeordnet werden kann. Das Fadenverlieren bedeutet auch dann, wenn es durch Gedankeninterferenz bedingt oder mit Gedankeninterferenz verbunden ist, eine Blockierung bzw. Unterbrechung des aktuellen, intendierten Gedankenganges. Abgrenzung gegen: Störung der Konzentrationsfähigkeit, Gedankeninterferenz (ohne Behinderung des aktuellen Gedankens) und motorische Blockierungen 6

Gedankenjagen, -drängen Gedankenjagen, -drängen Zahlreiche Gedanken oder Vorstellungen unterschiedlichen Inhalts schießen im raschen Wechsel ein und drängen sich auf, wobei der Patient Schwierigkeiten hat, darauf Einfluss zu nehmen, das Auftauchen und Verschwinden immer wieder neuer Bewusstseinsinhalte zu unterdrücken oder steuern. Die einzelnen Gedanken betreffen unterschiedliche Themen, sind in sich somit mehr oder weniger zusammenhangslos und lösen sich jeweils in rascher Folge auf. Wie alle anderen Basissymptome auch verbleibt ein Gedankendrängen zumeist im Subjektiven, kann zumeist durch vermehrte Anstrengung, Konzentration ausgeglichen werden und wird nicht etwa i.s. einer Assoziationslockerung im Gespräch sichtbar. Abgrenzung gegen: Gedankenperseveration Störung der rezeptiven Sprache HAUS 7

Störung der rezeptiven Sprache Störung der Erfassung von bekannten, dem Patienten geläufigen Worten, Wortfolgen und/oder Sätzen beim Lesen oder Hören, die in ihrer Bedeutung nicht erkannt oder nur mit Mühen oder unvollständig aufgefasst und verstanden werden, ähnlich wie das bei einer Fremdsprache der Fall sein kann. Hier erfolgt keine Kodierung, wenn etwa Konzentrationsstörungen alleiniger Grund für die Störung sind und die kognitive Verarbeitung des semantisch verstandenen Gehörten oder Gelesenen behindern oder wenn die Störung nur in einem speziellen Anforderungsbereich, wie z.b. beim Lesen anspruchsvoller Fachlektüre oder wissenschaftlicher Artikel, angegeben wird. Abgrenzung gegen: Störung der Konzentrationsfähigkeit, irgendwelche visuelle und akustische Wahrnehmungsstörungen sowie Gedächtnisprobleme Störung der expressiven Sprache O S E H U?? Störung der expressiven Sprache Selbst wahrgenommene Einschränkung des sprachlichen Ausdrucksvermögens mit defizitärer Aktualisierung passender Worte. Der Patient registriert beim eigenen Sprechen, dass Wortauswahl, sprachliche Präzision und Wortflüssigkeit beeinträchtigt sind. Das richtige Wort steht nicht sofort oder zum Teil nur vage und unpräzise zur Verfügung. Bei starker Ausprägung der Störung kann es zu einem beobachtbaren Vorbei- oder Danebenreden kommen, aber auch zu einer Sprachverarmung, die aber hier im Unterschied etwa zum Negativsymptom Sprachverarmung vom Patienten selbst erlebt und geschildert wird. Abgrenzung gegen: Störung des In-Erscheinung-Tretens, Störung der rezeptiven Sprache, beobachtete abschweifende oder vage Sprache, Sprachverarmung, vermeidende Persönlichkeitsstörung oder soziale Phobie, Epilepsibedingte Aphasie und elektiver Mutismus (Landau- Kleffner Syndrom) 8

Störung der Symbolerfassung Störung der Symbolerfassung Beeinträchtigungen der Erfassung von symbolischen Beziehungen und Sinnzusammenhängen, Konkretismus: Der Betreffende ist nicht mehr fähig, sich innerlich auf Abstraktes, Gedachtes einzustellen und mit diesem zu operieren, um ein Leistungsziel zu erreichen. Ebenso kann die Erfassung visueller Symbole, etwa von Apps, Verkehrsschildern oder Items in Symbolleisten am PC, gestört sein. Dieses Basissymptom darf als einziges geprüft und unabhängig vom Selbsterleben (als 8 ) geratet werden! Eine Überprüfung kann ähnlich wie in der PANSS etwa durch Sprichworttests erfolgen. Es handelt sich hier um den Verlust einer erworbenen Fähigkeit, d.h., abstrakt-logisches Denken und die Erfassung von symbolischen Beziehungen muss erworben worden sein. Abgrenzung gegen: Störung der rezeptiven Sprache Eigenbeziehungstendenz 9

Eigenbeziehungstendenz Subjektive, subklinische Erlebnisse von Beziehungserlebnissen, bei denen der Patient das vages Gefühl hat, dass bestimmte Verhaltensweisen und Äußerungen anderer oder Ereignisse seiner Umgebung sich auf ihn beziehen, obwohl er sich gleichzeitig (oder unmittelbar danach) bewusst ist, dass dies unmöglich oder unwahrscheinlich ist. Erklärungsmodelle oder kognitive Ausformungen wie temporär bei Beziehungsideen i.s. attenuierter Positivsymptome oder gar i.s. eines Beziehungswahns erfolgen daher hier nicht. Abgrenzung gegen: Wahn und Beziehungsideen Unfähigkeit, die Aufmerksamkeit zu spalten Unfähigkeit, die Aufmerksamkeit zu spalten Schwierigkeit, zwei oder mehreren Anforderungen, die verschiedene Sinnesmodalitäten beanspruchen, gerecht zu werden. Die Integration von sensorischen Stimuli von mehr als einer Sinnesmodalität, z.b. optische und akustische Signale, kann nicht mehr bewerkstelligt werden. So fühlen sich die Patienten z.b. nicht mehr in der Lage, einem Vortrag zuzuhören und gleichzeitig schriftliche Notizen anzufertigen, ohne dabei den gedanklichen Kontakt zu der Thematik des Vortrages zu verlieren, oder beim Autofahren gleichzeitig Verkehrssignale zu beachten und eine Unterhaltung mit dem Beifahrer zu führen. Ebenso kann die Verrichtung der Hausarbeit bei einer gleichzeitigen Unterhaltung als unmöglich beschrieben werden. Nicht zu kodieren ist hier eine Minderung der psychischen Belastungsfähigkeit gegenüber Zeitdruck oder gegenüber rasch wechselnden unterschiedlichen Anforderungen, die eine erschwerte Umstellungsfähigkeit von einer Tätigkeit auf die andere beschreibt. 10

Fesselung der Aufmerksamkeit Fesselung der Aufmerksamkeit Ein beliebiges, alltägliches Wahrnehmungsdetail tritt auffällig hervor, erscheint irgendwie von dem Rest der Umgebung isoliert und fesselt für Sekunden, seltener Minuten die Aufmerksamkeit bzw. den Blick des Betreffenden, obwohl er dies gar nicht möchte. Der Blick ist nur schwer und mit Mühe abzuwenden oder wieder auf andere Aspekte zu lenken. Eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem bannenden, fesselnden Wahrnehmungsdetail findet nicht statt. Abgrenzung gegen: Derealisation und Reizoffenheit, erhöhte Ablenkbarkeit Empfehlung 1 (d) Mindestens ein transientes, spontan remittierendes psychotisches Symptom, das die zusätzlichen Anforderungen der SIPS oder der vor 2006 publizierten CAARMS erfüllt (siehe Tabelle): Wahn Halluzination Formale Denkstörungen Instrument Beginn Häufigkeit Substanzgebrauch oder Komorbidität SIPS Beginn innerhalb der letzten 3 Monate CAARMS, frühe Version Auftreten im letzten Jahr Mehrere Minuten am Tag mindestens 1 / Monat und nicht länger als 1 Std. / Tag für durchschnittlich 4 Tage / Woche in 1 Monat Dauer von weniger als 1 Woche Symptome sind nicht ernsthaft gefährdend oder desorganisierend, nicht Folge von Substanzkonsum und nicht besser durch eine andere psychische Störung erklärt Keine Abgrenzung 11

Empfehlung 2 Die EPA empfiehlt, dass ein genetisch erhöhtes Psychoserisiko durch eine positive Familienanamnese für Psychosen bei einem erstgradigen biologischen Angehörigen nicht für sich allein genommen als klinisches Risikokriterium benutzt werden sollte, auch wenn es von Funktionseinbußen und psychischen Problemen begleitet ist. Vielmehr sollte es als ein genereller Risikofaktor, der ein bereits vor der Risikoerhebung bestehendes erhöhtes Prätest-Risiko für Psychosen anzeigt, betrachtet und als solches bei Patienten mit klinisch erhöhtem Risiko gemäß eines der 3 Kriterien berücksichtigt werden. Patienten, die keines der 3 Risikokriterien erfüllen, aber ein genetisches Risiko und psychische Beschwerden haben, sollten jedoch zur Wiedervorstellung ermutigt werden, sollten sie das Auftreten von den Risikosymptomen ähnlichen Beschwerden bemerken. Empfehlung 3 In Übereinstimmung mit den allgemeinen Empfehlungen der EPA für die Prävention psychischer Störungen, deren Ziele neben der Verhinderung des Erkrankungsausbruch auch die Verhinderung der Einbußen in ökonomischer Produktivität und sozialem Funktionsniveau beinhalten, empfiehlt die EPA, dass ein signifikanter Einbruch im schulisch-beruflichen und/oder sozialem Funktionsniveau keine obligatorische Zusatzanforderung für ein klinisches Psychoserisiko gemäß der drei genannten Kriterien darstellen sollte, da die Evidenz für eine Risikosteigerung durch diesen Zusatz fehlt. Es sollte jedoch als ein Hinweis auf ein unmittelbarer drohendes Übergangsrisiko in eine Psychose gewertet werden, und Patienten mit einem klinischen Risiko und einem signifikanten Funktionseinbruch sollten als hoch behandlungsbedürftig betrachtet werden. Empfehlung 4 Die EPA empfiehlt, dass die eingangs genannten klinischen Risikokriterien nur auf Personen angewandt werden, die bereits unter psychischen Beschwerden leiden und hierfür Hilfe suchen, sowie auf solche, die wegen einer bekannten höheren Gefährdung, z.b. aufgrund einer positiven Familienanamnese für Psychosen, eine Abklärung ihres derzeitigen klinischen Risikostatus wünschen. Jegliches klinisches Screening bei anderen Personen erscheint derzeit durch die wissenschaftliche Evidenzbasis nicht gerechtfertigt. 12

Empfehlung 5 Die EPA empfiehlt, dass die eingangs genannten klinischen Risikokriterien nur mit äußerster Vorsicht bei Kindern und jüngeren Adoleszenten angewandt und kommuniziert werden sollten, wobei sie aber nichtsdestotrotz bei diesen erhoben und im weiteren Verlauf beobachtet werden sollten. In der späteren Adoleszenz hingegen scheinen die klinischen Risikokriterien bei Jugendlichen ähnlich gut wie bei Erwachsenen anwendbar zu sein. Empfehlung 6 Die EPA empfiehlt, dass ein/e trainierte/r Fachmann/frau (Psychiater/in, klinischer Psychologe/in oder eine andere Fachkraft für psychische Gesundheit) mit ausreichender Erfahrung mit einem klinischen erhöhten Risikostatus für Psychosen die Erhebung durchführt. Wenn eine Zuweisung zu einer/m entsprechenden Spezialisten/in nicht möglich ist, sollte der/die verantwortliche Behandler/in sollte eine/n Spezialisten/in beratend zu dem Fall konsultieren, etwa telefonisch; und spezialisierte Psychose-Früherkennungseinrichtungen sollten solche konsiliarischen Beratungen ermöglichen, z.b. im Rahmen telefonischer Sprechstunden. Fallbesprechungen mit einem/r Experten/in für die Früherkennung von Psychosen sind auch für Fachkräfte im Bereich psychischer Gesundheit ohne entsprechende Zusatzexpertise angeraten. Frühbehandlung 13

Metaanalyse zur Entwicklung klinischer Empfehlungen Analyse der durchschnittlichen (gepoolten) jährlichen Übergangsraten in eine Psychose in Stichproben, die nach UHR- und/oder Basissymptom-Kriterien identifiziert wurden. Sensitivitätsanalysen für die Einzelkriterien bisher in Metaanalysen nicht berücksichtigt. Sensitivitätsanalysen für die die unterschiedlichen Erhebungsinstrumente/Operationalisierungen der UHR-Kriterien bisher in Metaanalysen nicht berücksichtigt. Sensitivitätsanalysen für Altersgruppen bisher in Meta-analysen nicht berücksichtigt. Die Analysen wurden im Rahmen des Guidance-Projekts der Europäischen Psychiatrischen Gesellschaft (EPA) durchgeführt. Eingeschlossene Studien (15 Studien) 12 RCTs, 3 nicht-kontrollierte Eingruppen-Studien RCTs Evidenzrating von 1 bis 1++ gemäß SIGN (= RCTs mit hohem bis geringen Risiko eines Bias ); Eingruppen-Studien 2 (= case-control Studien mit hohem Risiko einer Konfundierung, eines Bias oder Zufallsergebnisses und einer geringen Wahrscheinlichkeit einer kausalen Beziehung) Stichprobengröße bei Baseline: 11-228; zusammen 1 394 Risikopatienten 10 Studien in gut etablierter Früherkennungszentren Alter bei Baseline: 15 bis 26 Jahre Stichproben: 6 gemischte mit mehrheitlich Patienten 18 Jahre, 9 mehrheitlich Erwachsenen Outcome: 9 Studien erhoben Übergang in Psychose, 14 Funktionsniveau Behandlung: 9 Studien zu Psychotherapie, 6 zu Pharmakotherapie (mit oder ohne psychotherapeutische Zusatzintervention) Begründung - Empfehlung 1 Schizophrenie: zählt bei Erwachsenen in Europa zu den sieben häufigsten Gründen für YLDs, vor allem wegen psychosozialer Beeinträchtigungen (Wittchen et al., 2011; Jääskeläinen et al., 2013) Psychosoziale Beeinträchtigungen oft schon vor Ausbruch der ersten psychotischen Episode vorhanden, häufig Verschlechterung bis zu diesem Zeitpunkt und prädiktiv für Übergang in eine Psychose (Häfner et al., 1999; Addington et al., 2008; Granö et al., 2014) 14

Empfehlung 1 (Evidenz: 5) Die EPA empfiehlt, dass die Frühbehandlung von Patienten mit einem erhöhten Psychoserisiko nicht nur auf die Verhinderung einer ersten affektiven oder nicht-affektiven psychotischen Episode abzielen sollte, sondern auch die Entwicklung psychosozialer Defizite verhindern sollte. Empfehlung 2 (Evidenz: 2a) Die EPA empfiehlt, dass vor jeder Intervention mit dem Ziel der Prävention einer psychotischen Störung der Risikostatus gemäß der EPA Guidance zur Früherkennung von Psychosen erhoben wird. Begründung: Meta-Analyse zur Früherkennung von Psychosen Empfehlung 3 - Begründung Meta-Analyse: 15 Studien, n = 1394 Personen 9 Studien untersuchten die Wirksamkeit von Psychotherapie 5 Studien CBT 2 Multi-Familien Therapie / Psychoedukation 1 Kognitive Remediationstherapie 1 Integrierte Intervention 6 pharmakologische Studien 5 atypische Antipsychotika 1 Omega-3 Fettsäuren 15

Begründung - Empfehlung 3 Übergangsraten: 6 Monate: RR = 0,36; NNT = 15; 10% KG vs. 4% EG; 12 Monate: RR = 0,44; NNT = 10; 18% KG vs. 8% EG; 18 Monate: RR = 0,41; NNT = 13; 14% KG vs. 5% EG; 24-36-Monate: RR = 0,58; NNT = 13; 19% KG vs. 12%; Begründung - Empfehlung 3 Psychosoziales Funktionsniveau: 6/12/18-48 Monate: Kein signifikanter Gruppenunterschied (Hedges g b = 0,05, 6 Monate; Hedges g b = 0,43, 12 Monate; Hedges g b = 0,13, 18-48 Monate) Gruppeneffekte für EG und KG: beide wiesen signifikante Gruppenunterschiede nach 2-6 Monaten (Hedges g w 0,62) und 9-12 Monaten auf (Hedges g w 0,84) Empfehlung 3 (Evidenz: 1a) Gemäß der EPA können psychologische Interventionen, insbesondere CBT, und pharmakologische Interventionen bei erwachsenen Patienten eine erste psychotische Krankheitsepisode verhindern oder zumindest verzögern. 16

Begründung - Empfehlung 4 Psychologische vs. pharmakologische Interventionen: Übergangsraten: 6- und 12-Monate: signifikante RR für beide Interventionen; 18 Monate: Kein Vergleich der RR möglich, da nur CBT 24-48 Monate: nur psychologische Interventionen erzielten eine signifikante RR; aber kein signifikanter Gruppenunterschied Psychosoziales Funktionsniveau: Kein signifikanter Gruppenunterschied nach 6 und 12 Monaten Nach 18-48 Monaten: Nur psychologische Interventionen erzielten signifikante Effekte Kontrollbedingung: Nur psychologische Interventionen erzielten signifikante Effekte Empfehlung 4 Teil I (Evidenz: 5) Die EPA empfiehlt, dass bei erwachsenen Patienten mit einem erhöhten Psychoserisiko ein gestuftes Interventionsmodell zum Einsatz kommt, das den am wenigsten restriktiven Behandlungsansatz, d.h. CBT, als erste Wahl anbietet. Empfehlung 4 Teil II Erweisen sich psychologische Interventionen als ineffektiv, sollten sie bei erwachsenen Patienten mit einem erhöhten Psychoserisiko durch niedrig dosierte atypische Antipsychotika ergänzt werden, falls die Risikosymptomatik stark ausgeprägt ist und einen negativen Verlauf nimmt (APS mit geringem oder deutlich abnehmendem Realitätsbezug oder BLIPS mit zunehmender Häufigkeit). Dies sollte mit dem primären Ziel geschehen, ein Ausmaß an symptomatischer Stabilisierung herzustellen, das notwendig ist, damit psychologische Interventionen wirksam werden können. 17

Begründung - Empfehlung 5 Distress und Stigmatisierung, geringe Lebensqualität (Kline et al., 2014, Rüsch et al., 2014) Diagnostische Kriterien für Angst-, depressive Störungen und Substanzmissbrauch/-abhängigkeit oft erfüllt (Hui et al., 2013; Fusar-Poli et al., 2014) Geringe Selbstwirksamkeit, dysfunktionale Coping- und Attributionsstile (Schmidt et al., 2014) Neuro- und sozial-kognitive Beeinträchtigungen (Giuliano et al., 2012; Bora et al., 2013) Psychosoziale Beeinträchtigungen und Negativsymptomatik (Meyer et al., 2014) Empfehlung 5 (Evidenz: 5) Die EPA empfiehlt, dass jede Intervention bei Patienten mit einem erhöhten Psychoserisiko auch individuelle Bedürfnisse sowie andere komorbide psychische Störungen, insbesondere depressive und Angststörungen, gemäß den jeweiligen Behandlungsleitlinien einschließen sollte. Diese Störungen sollten sorgfältig diagnostiziert und regelmäßig durch einen Spezialisten (Psychiater/-in, klinischen Psychologen/-in oder eine andere Fachkraft der psychischen Gesundheit) beobachtet werden. Begründung Empfehlung 6 & 7 Interventionen für Erwachsene vs. Jugendliche: Übergangsraten: Erwachsene: signifikante RR nach 6, 12, 18, 24-48 Monaten Jugendliche: generell niedrigere RR, die nach 12 Monaten, aber nicht nach 6 und 24-48 Monaten signifikant war; aber Gruppenunterschiede nicht signifikant; Psychosoziales Funktionsniveau: Erwachsene: profitierten in der EG und KG und verbesserten ihr Funktionsniveau nach 6 und 12 Monaten Jugendliche erzielten nur in der EG und nur nach 12 Monaten signifikante Verbesserungen 18

Empfehlung 6 (Evidenz: 1a) Die EPA empfiehlt, dass die gegenwärtige Evidenz für die Früherkennungskriterien und für die Wirksamkeit psychologischer und pharmakologischer Frühinterventionen von Psychosen bei Kindern und Jugendlichen nicht ausreichend ist, um Interventionen mit dem primären Ziel der Prävention zu rechtfertigen. Empfehlung 7 (Evidenz: 5) Die EPA empfiehlt, dass bei Kindern und Jugendlichen spezifische Interventionen mit dem Ziel einer Verbesserung des psychosozialen Funktionsniveaus eingebettet in den Gesamtbehandlungsplan angeboten werden sollten. Diese sollten durch Interventionen für andere psychosoziale Probleme und für komorbide psychische Störungen gemäß ihren Behandlungsleitlinien ergänzt werden. Die Risikosymptomatik sollte sorgfältig beobachtet und erhoben werden, um eine Verschlechterung der Symptomatik feststellen zu können. Zudem sollte der Behandlungsplan unter Berücksichtigung ihres Verlaufs angepasst werden. Autoren der EPA Empfehlungen Schweiz Frauke Schultze-Lutter, Stefanie J. Schmidt, Chantal Michel, & Benno G. Schimmelmann: University Hospital of Child and Adolescent Psychiatry and Psychotherapy, University of Bern, Bern Anita Riecher-Rössler: Center for Gender Research and Early Detection, Psychiatric University Clinics Basel, Basel Deutschland Stephan Ruhrmann & Joachim Klosterkötter: Department of Psychiatry and Psychotherapy, University of Cologne, Cologne Serbien Nadja P. Maric: School of Medicine, University of Belgrade and Clinic of Psychiatry, Belgrade Finnland Raimo K.R. Salokangas: Department of Psychiatry, University of Turku, Turku Niederlande Mark van der Gaag: Department of Clinical Psychology, VU University and EMGO Institute, Amsterdam Dänemark Merete Nordentoft: Mental Health Center Copenhagen, University of Copenhagen, Copenhagen Italien Andrea Raballo: Department of Mental Health, Reggio Emilia Public Health Centre, Reggio Emilia Anna Meneghelli: Dipartimento di Salute Mentale, Centro per l Individuazione e l Intervento Precoce nelle Psicosi-Programma 2000, Ospedale Niguarda Ca Granda, Milan England Max Marshall: LANTERN Centre, Lancashire Care NHS Foundation Trust, Preston Anthony Morrison: Psychosis Research Unit, Greater Manchester West NHS Mental Health Trust 19