Fall 4: Doppelte Stereoanlage. Sachverhalt

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Der 16-jährige Kevin (K) bekommt von seinen Eltern ein monatliches Taschengeld von 50,- EUR zu seiner freien Verfügung.

Transkript:

Fall 4: Doppelte Stereoanlage Sachverhalt Der 17-jährige M sieht im Laden des V eine einfache Stereoanlage zum Preis von 200 EUR. Ohne Wissen seiner Eltern einigt sich M mit V über den Kauf. Dieser ist bereit, dem M die Anlage gegen Anzahlung von 100 EUR sofort auszuhändigen. Eine Woche später feiert M seinen 18ten Geburtstag. Zu diesem Anlass überreichen ihm seine Eltern eine wertvolle Stereoanlage. M hat nun an der wenige Tage zuvor bei V erworbenen Anlage kein Interesse mehr und teilt dies dem V mit. Wie ist die Rechtslage? 1

Lösung I. Anspruch des V gegen M auf Zahlung des restlichen Kaufpreises, 433 II BGB Fraglich ist, ob V von M Zahlung der restlichen 100 EUR aus 433 II BGB verlangen kann. Kaufvertrag? 1. Willenserklärung des V Problem: Zugang der Willenserklärung beim beschränkt geschäftsfähigen M ( 2, 106 BGB) - Gemäß 131 Abs. 2 S. 1 BGB ist für die Wirksamkeit der Willenserklärung der Zugang beim gesetzlichen Vertreter (hier: Eltern, vgl. 1626 Abs. 1, 1629 BGB) erforderlich. - Aber: Gemäß 131 Abs. 2 S. 2 BGB genügt der Zugang beim Minderjährigen, wenn die Willenserklärung für diesen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. - Hier: Angebot auf Vertragsschluss = lediglich rechtlich vorteilhaft 2

= > Zugang der WE bei M (+) 2. Willenserklärung des M Problem: Wirksamkeit der Willenserklärung des beschränkt geschäftsfähigen K ( 2, 106 BGB) - Gemäß 107 BGB bedarf der Minderjährige zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung (= vorherige Zustimmung, vgl. 183 S. 1 BGB) seines gesetzlichen Vertreters. - Hier: Durch den Abschluss des Kaufvertrages wird M (auch) zu einer Leistung (Zahlung des Kaufpreises, 433 Abs. 2 BGB) verpflichtet. = > Der Abschluss des KV ist für M nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, sondern auch rechtlich nachteilig. = > Eine Einwilligung der Eltern als gesetzliche Vertreter ( 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1 S. 1 BGB liegt nicht vor. = > Der Vertrag ist gemäß 108 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam. 3

= > Die Wirksamkeit hängt von der Genehmigung (= nachträgliche Zustimmung, 184 Abs. 1 BGB) ab. Aber: M ist mittlerweile unbeschränkt geschäftsfähig geworden (argumentum e contrario: 106, 2 BGB). = > Gemäß 108 Abs. 3 BGB tritt die Genehmigung des Minderjährigen an die Stelle der Genehmigung der Eltern. Hier: M hat die Verweigerung der Genehmigung erklärt. = > Die Willenserklärung des M ist endgültig unwirksam. 3. Ergebnis V hat keinen Anspruch gegen M gemäß 433 Abs. 2 BGB. II. Anspruch des V gegen M gemäß 985 BGB auf Herausgabe der Stereoanlage Möglicherweise hat V gegen M einen Anspruch auf Herausgabe der Stereoanlage gemäß 985 BGB. 4

Voraussetzungen des Herausgabeanspruchs gemäß 985 BGB 1. Eigentum des Gläubigers 2. Besitz des Schuldners = tatsächliche Sachherrschaft, vgl. 854 Abs. 1 BGB 3. Kein Recht zum Besitz (Einwendung gemäß 986 BGB) Rechtsfolge: Pflicht zur Herausgabe 1. Eigentum des V? Ursprünglich (+) V könnte sein Eigentum aber durch Übertragung an M gemäß 929 S. 1 BGB verloren haben. Voraussetzungen der Übereignung beweglicher Sachen gemäß 929 S. 1 BGB 1. Einigung = dinglicher Vertrag 2. Übergabe der Sache = Realakt 3. Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe 4. Berechtigung des Veräußerers 5

a) Berechtigung des V (+) b) Übergabe (+) c) Problem: Einigung (1) Willenserklärung des V (+) insbesondere genügte der Zugang der WE bei M ( 131 Abs. 2 S. 2 BGB: lediglich rechtlich vorteilhaft) (2) Willenserklärung des M? - Gemäß 107 Abs. 1 BGB ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich, wenn die WE nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist. - Hier: lediglich rechtlicher Vorteil (+) Durch die dingliche Einigung wird M nicht verpflichtet und auch sonst nicht in seinen Rechten beeinträchtigt. = > Auch ohne Einwilligung der gesetzlichen Vertreter ist die WE des M wirksam. (3) 1. Zwischenergebnis: Einigung (+) 6

d) 2. Zwischenergebnis: V hat sein Eigentum an M verloren. 2. Endergebnis V hat keinen Anspruch gegen M gemäß 985 BGB auf Herausgabe der Stereoanlage. III. Anspruch des V gegen M gemäß 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB Möglicherweise steht V aber ein Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes und Rückübertragung des Eigentums an der Stereoanlage aus ungerechtfertigter Bereicherung ( 812 I 1 1. Alt. BGB) zu. Voraussetzungen des Kondiktionsanspruchs aus 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB 1. Etwas erlangt = jede Verbesserung der Vermögenslage des Bereicherungsschuldners, insbes. Besitz und/oder Eigentum an einer Sache 2. Durch Leistung = zweckgerichtete fremde Mehrung fremden Vermögens 3. Ohne Rechtsgrund, insbesondere wegen Nichtigkeit (etwa aufgrund mangelnder Geschäftsfähigkeit, Anfechtung etc.) des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts Rechtsfolge: Pflicht zur Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten 7

1. Etwas erlangt (+) M hat Besitz und Eigentum an der Stereoanlage erlangt. 2. Leistung des V (+) V hat bewusst und zweckgerichtet (Erfüllung des vermeintlich wirksamen Kaufvertrages) das Vermögen des M gemehrt. 3. Ohne Rechtsgrund (+) Der Kaufvertrag zwischen M und V ist unwirksam (s.o.) 4. Ergebnis V kann von M Herausgabe des Erlangten, das heißt Rückübereignung und Verschaffung des tatsächlichen Besitzes an der Stereoanlage, aus 812 I 1 1. Alt BGB verlangen. IV. Anspruch des M gegen V gemäß 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB Fraglich ist, ob M einen Anspruch gegen V auf Herausgabe der als Anzahlung geleisteten 100 gemäß 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB hat. 1. Etwas erlangt (+) 2. Leistung des M (+) 3. Ohne Rechtsgrund (+) 4. Ergebnis: M hat einen Anspruch gegen V auf Herausgabe der 100. 8

Fall 5: Tierlexikon V bietet über eine Internetplattform ein Lexikon der Tierwelt aus dem Jahre 1952 für nur 10 EUR zum Verkauf an. Der Wert des Lexikons beträgt 50 EUR. Der 10jährige K sieht fünf Minuten nach der Eingabe des V das Lexikon und klickt nach Eingabe seiner Adresse auf Kaufen. Sekunden später erscheint auf dem Bildschirm des K die übliche, vom Computersystem des Plattformbetreibers automatisch erstellte Bestätigungsnachricht, wonach der erteilte Auftrag bald ausgeführt werde. Am Abend erzählt K seinen Eltern von dem Kauf. Sie schimpfen und sagen, dass sie die Sache ablehnen. Er müsse ohne dieses Buch auskommen. Kann K von V Lieferung des Buches verlangen? 9

Lösung Es stellt sich die Frage, ob K gegen V einen Anspruch auf Lieferung (Übergabe und Übereignung) des Buches aus Kaufvertrag hat, 433 Abs. 1 S. 1 BGB. 1. Voraussetzung: Kaufvertrag zwischen K und V a) Willenserklärung des K? P: Minderjährigkeit des K ( 106 BGB) - Gemäß 107 Abs. 1 BGB ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich, wenn die WE nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist. - Hier: Rechtlicher Nachteil (+) K wird durch Abschluss des Kaufvertrages zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet ( 433 Abs. 2 BGB) Der Umstand, dass das Geschäft möglicherweise wirtschaftlich vorteilhaft ist, spielt hier keine Rolle (rechtlicher Vorteil!) - Wirksamkeit der WE gem. 110 BGB? (-) kein Bewirken der Leistung = > Die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter war erforderlich. = > Mangels Vorliegen ist der Vertrag schwebend unwirksam ( 108 Abs. 1 BGB). = > Die Wirksamkeit hängt von der Genehmigung ab. 10

- Hier: (-) Die Eltern haben die Genehmigung verweigert. Gemäß 182 Abs. 1 BGB konnte die Verweigerung der Genehmigung auch gegenüber K erklärt werden. = > Die Willenserklärung des K ist endgültig unwirksam. 2. Ergebnis K hat keinen Anspruch gegen V auf Übergabe und Übereignung des Buches gemäß 433 Abs. 1 S. 1 BGB. 11

Fortsetzung Am folgenden Tag ruft V bei K an, um sich nach den gewünschten Versandmodalitäten zu erkundigen. Die Eltern des K gehen ans Telefon. Als V erfährt, dass K erst 10 Jahre alt ist, fordert er die Eltern auf zu erklären, ob sie ihrem Sohn so etwas überhaupt erlauben wollen. Nachdem die Eltern während des Gesprächs K herbei gewunken und seine traurigen Augen gesehen haben, erklären sie dem V, dass sie den Kauf gutheißen. Kann K von V Lieferung des Buches verlangen? 12

Lösung Möglicherweise hat K einen Anspruch gegen V auf Verschaffung von Besitz und Eigentum am Tierlexikon, 433 Abs. 1 S. 1 BGB. 1. Voraussetzung: KV zwischen V und K a) Willenserklärung des K? P: Minderjährigkeit des K ( 106 BGB) - Im Unterschied zum Ausgangsfall könnte hier eine Genehmigung der Eltern am Telefon vorliegen ( 108 Abs. 1 BGB) - Problem: Die Verweigerung der Genehmigung gegenüber K führte zunächst zur Unwirksamkeit der WE des K. - Grundsätzlich kann die Genehmigung (bzw. die Verweigerung der Genehmigung) gegenüber V oder gegenüber K erklärt werden, 182 Abs. 1 BGB (s.o.) - Aber: Ausnahme gemäß 108 Abs. 2 S. 1 HS 2 BGB: Die Aufforderung des H führt zur rückwirkenden Unwirksamkeit der Verweigerung der Genehmigung. 13

Der ursprüngliche Schwebezustand lebt wieder auf. Die Wirksamkeit der Willenserklärung des K hängt wiederum von der Genehmigung der Eltern ab, die diesmal jedoch dem V gegenüber abgegeben werden muss. - Hier: Erklärung der Genehmigung der Eltern am Telefon = > Die WE des K wird rückwirkend wirksam, 108 Abs. 1 BGB. = > WE des K (+) b) WE des V? In Betracht kommt: - Einstellen des Lexikons auf der Internetplattform P: Rechtsbindungswille? = > Abgrenzung bindendes Angebot i.s.d. 145 BGB zur invitatio ad offerendum = > Durch Auslegung zu ermitteln, 133, 157 BGB = > Hier: eher invitatio ad offerendum (sonst u.u. Gefahr der Doppelverpflichtung bei mehreren gleichzeitigen Annahmen durch Klick ) = > Aber: Entscheidung kann letztlich offenbleiben. 14

- Eine WE des V liegt jedenfalls mit der Bestätigungsnachricht oder mit dem Anruf des V bei K bzw. seinen Eltern vor (dann auch Zugang der WE bei den gesetzlichen Vertretern, so dass es auf 131 Abs. 2 S. 2 BGB nicht mehr ankommt). = > WE des V (+) 2. Ergebnis K kann von V Übergabe und Übereignung des Lexikons gemäß 433 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen. 15