Optimierung der Vermögensnachfolge durch gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung von (Immobilien-) ) Vermögen Dr. Carsten Hoth Rechtsanwalt der Mütze Korsch (Düsseldorf) seldorf)
A. Ausgangssituation Alternativ zur testamentarischen Regelung stehen Gestaltungsmöglichkeiten mit Wirkung zu Lebzeiten zur Verfügung. Vielfältige Gründe für Vorwegnahme der Erbfolge denkbar. Vorteile: v Empfänger erhält früher Rechtsstellung v Erblasser kann Übergang in der von ihm gewünschten Weise vornehmen und durch seine Präsenz Auseinandersetzungen zwischen den Erben verhindern v Pflichtteilsergänzungsansprüche entfallen, wenn seit der Vermögensübertragung zehn Jahre vergangen sind v Einkommensverlagerung, dadurch möglicherweise Verringerung der Progressionsstufe v Mehrfache Inanspruchnahme von steuerlichen Freibeträgen Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 2
Nachteile: v Erblasser gibt Vermögensteil oder Verfügungsmöglichkeit aus der Hand v Unvorhergesehene Ereignisse können Verwirklichung des Zweckes verhindern v Gläubiger des Begünstigten haben Zugriff auf Vermögenswerte Nachteile können teilweise durch entsprechende Vertragsgestaltung aufgefangen werden. Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 3
B. Gestaltungsformen im Rahmen vorweggenommener Erbfolge Es gibt keinen Königsweg der vorweggenommenen Erbfolge. Regelmäßige Überprüfung der einmal gefundenen Generationennachfolgeregelung ist notwendig. Bei allen Lösungen müssen die Vermögensbelastungen im Auge behalten werden v Besteuerung v Pflichtteilsansprüche v Güterrechtliche Ansprüche In den vergangenen Jahren haben sich Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt und der sog. Familienpool besonderer Beliebtheit erfreut. Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 4
C. Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt Nießbrauch ( 1030 ff. BGB) als höchstpersönliches und unvererbbares Recht gewährt das dingliche Recht, für die Zeit der Einräumung (sämtliche) Nutzungen des belasteten Gegenstandes zu ziehen. Bei Immobilien: Notarielle Beurkundung und Eintragung in Grundbuch (Abt. II) Unterscheide: Nießbrauchsvermächtnis Ausgangspunkt Schenkung: Erblasser überträgt den Vermögensteil und behält sich dessen Nutzung vor. Variante: Erblasser behält den Vermögensteil und räumt Nutzungsziehungsrecht ein. Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 5
Unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten v Vollrechtsnießbrauch v Ertragsnießbrauch v Quotennießbrauch v Sicherungsnießbrauch Genehmigungspflichtigkeit der Nießbrauchsbestellung: Vormundschaftsgericht bei einem dem Minderjährigen gehörenden Grundstück, es sei denn, Grundstück wird mit dem Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen Nießbrauch hat Vorteile: v Trennung der Vermögenssubstanz vom Ertrag v Übertragung der Einkommensquelle führt zur Vermeidung von Unterhaltszahlungen aus versteuerten Einkommen v Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs wird von der Nießbrauchsbestellung beeinflusst. Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 6
Aber es bestehen auch Nachteile v Starre Regelung durch Hingabe von Vermögenswerten v Zersplitterung des Vermögens bei mehreren Erben v Beleihungswert des Grundstückes wird belastet Problemlösung: Familien-Grundbesitzgesellschaft Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 7
D. Familien-Grundbesitzgesellschaften I. Problemstellung Grundbesitz ist beim Generationenwechsel erheblichen zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Gefahren ausgesetzt: bei mehreren Erben entsteht Erbengemeinschaft mit der Folge gemeinsamer Grundstücksverwaltung jeder Miterbe kann sofortige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen Pflichtteilsansprüche übergangener Erben können Grundbesitzvermögen gefährden Erbschaftsteuer kann zu erheblicher Liquiditätsbelastung führen Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 8
II. Überblick über Familien-Grundbesitzgesellschaften 1. Gründung der Familien-Grundbesitzgesellschaft vermeidet die Nachteile und löst die Probleme: Zentraler Aspekt ist, dass die Beteiligung am Vermögen durch Beteiligung an der Gesellschaft gelöst wird. 2. Das Vermögen des Schenkers/Übergebers wird in eine (vermögensverwaltende) Personen- oder Kapitalgesellschaft eingebracht. Gesellschafter werden auch die langfristig gewünschten Nachfolger 3. Steuerliche Qualifizierung (insbes. Gewerbesteuer) abhängig von Tätigkeit (reine Verwaltung?) und Rechtsform (Gewerbebetrieb?) Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 9
III. Einzelheiten 1. Rechtsformwahl Grundsatzfrage: Erwerb, Verwaltung und Veräußerung oder gewerblicher Grundstückshandel? Gesellschaft bürgerlichen Rechts Kommanditgesellschaft oder Kapitalgesellschaften gewerblich geprägte Personengesellschaften Beachte: Keine gewerbliche Prägung bei Gestaltung mit geschäftsführenden Kommanditisten. Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 10
GbR findet sich in der Praxis am häufigsten. Aber: unbeschränkte Haftung aller Gesellschafter mit dem gesamten Vermögen. Haftungsbeschränkung nur durch Individualvereinbarung mit Gläubigern möglich. Daher GmbH & Co. KG, wenn Haftungsgefahren drohen, z.b. bei Krediten, umfangreichen Bauvorhaben oder mit Altlasten belastete Grundstücke. In diesem Fall sind aber zusätzliche Kosten zu beachten (Publizitätspflicht, Bilanzierungspflicht, Zwangsmitgliedschaften bei IHK und Berufsgenossenschaft) Bei Rechtsformwahl aktuell noch zu berücksichtigen: Bei der schenkweisen Übertragung von gewerblichen Vermögen bleibt zusätzlich ein Betrag von 225.000,- steuerfrei. Das danach verbleibende Vermögen unterliegt darüber hinaus einem Bewertungsabschlag von 35 % und wird nur mit 65 % zur Erbschaft-/Schenkungsteuer herangezogen. Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 11
Berechnungsvergleich Ansatz Freibetrag Bemessungsgrundlage Bewertungsabschlag von Restwert Freibetrag Zu versteuern Erbschaftsteuer Steuerersparnis Grundbesitz im Privatvermögen 3.000.000,00 205.000,00 2.795.000,00 0,00 0,00 2.795.000,00 531.050,00 Grundbesitz im Betriebsvermögen 3.000.000,00 225.000,00 2.775.000,00 971.250, 00 205.000,00 1.598.750,00 303.762,50 227.287,50 Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 12
Abzugsfähigkeit von Schulden (1) Im Privatvermögen gehaltene Immobilien nur mit entsprechenden Teilwert (2) Im Betriebsvermögen: Volle Anrechnung der Verbindlichkeiten auf den steuerlichen Wert des Grundstücks, was zur völligen Steuerfreiheit von Schenkungen führen kann (hohe Fremdfinanzierung!) Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 13
Überblick: Tabelle zur Gewerblichkeit der einzelnen Rechtsformen und den steuerlichen Folgen Vermögensverwaltende Personengesellschaften gewerblich tätige Personengesellschaften Kapitalgesellschaften, GmbH & Co. KG Gewerbesteuerplicht Nein Ja Ja Ertragsteuerliche Verstrickung nur im Rahmen der Spekulationsfrist Ja Ja Betriebsvermögensfreibetrag Nein Ja Ja Schuldenabzug nur anteilig In voller Höhe In voller Höhe Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 14
2. Einbringung des Grundstücks in die Gesellschaft Variante (1): Kauf Fallgestaltung: Grundstücksgesellschaft kauft Grundstücke. Voraussetzung: Liquidität muss vorhanden sein. Selbst wenn, werden erbund schenkungssteuerlich neue Probleme geschaffen (Erblasser verfügt über Barvermögen). Ggfs. steuerpflichtiger Gewinn, wenn der Erwerb innerhalb der Spekulationsfrist von zehn Jahren erfolgt. Umgehung der Frist durch Optionen möglich. Besonderheiten bei Immobilien im Betriebsvermögen beachten (Gewinne unterliegen der vollen Steuerbelastung ohne Freibeträge). Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 15
Variante (2): Schenkung Fallgestaltung: Grundstücksinhaber bringt Grundstück in Gesellschaft ein. Rechtstechnisch drei Wege: Verpflichtung zur Sacheinlage im Gesellschaftsvertrag (der dann beurkundungspflichtig ist) Schenkweise Auflassung auf die späteren Gesellschafter als Miteigentümer und anschließende Gründung der Gesellschaft, in die alle ihren Miteigentumsanteil einbringen Gründung der Gesellschaft und Einbringung des Grundstücks durch Erblasser mit anschließender unentgeltlicher Übertragung der Gesellschaftsanteile. Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 16
Beachte: Bei Kapitalgesellschaften und Kommanditgesellschaften muss aus Haftungsgründen die Einlage vollwertig erbracht sein. Daher: Stammkapital- bzw. Hafteinlageziffer deutlich unter dem Verkehrswert ansetzen! Steuerliche Gestaltung Keine Grunderwerbsteuer Schenkungsteuer: unentgeltlicher Erwerb von Gesellschaftsanteilen unterliegt der Schenkungsteuer. Bemessungsgrundlage ist der steuerliche Wert des Anteils. Freibeträge für Familienmitglieder (Ehegatten 307.000,00; Kinder 205.000,00). Daher: Frühzeitige Gründung der Familiengesellschaft Ausnutzung der Freibeträge, die mehrmals im Abstand von zehn Jahren in Anspruch genommen werden können, durch entsprechende Verteilung der Gesellschaftsanteile Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 17
Beispiel: Verkehrswert 2 Mio. angenommene Bewertung 1 Mio. Schenkung an 2 Kinder in Höhe der jeweiligen Freibeträge einmalig zweimalig 0,41 Mio. 0,82 Mio. Unter Nutzung der Progression kann Steuersatz noch von 11 % auf 7 % reduziert werden. Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 18
Bei der Gründung der Familien-Grundbesitzgesellschaft ist daher in jedem Fall zu beachten Genaue Prüfung, zu welchem Wert die Immobilie eingebracht wird (Verstrickung?) Beachtung der Rechtsprechungsgrundsätze zum gewerblichen Grundstückshandel ( Drei-Objekt-Grenze /Fünf Jahre) Beteiligungsquoten sollen der steuerlichen Situation angepasst werden: Sinnvoll ist es besonders bei größerem Immobilienvermögen, dass der Erblasser als Gesellschafter mit einer Quote in der Gesellschaft verbleibt und nach einem Zeitraum von zehn Jahren durch eine weitere Schenkung der Freibetrag nochmals ausgenutzt wird. Außerdem: Einflussnahme durch Gesellschafterposition Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 19
3. Sonderproblem: Beteiligung Minderjähriger Ordnungsgemäße Vertretung beim Abschluss des Gesellschaftsvertrages erforderlich: Pfleger muss bestellt werden. bei Eintritt der Volljährigkeit besteht ein Sonderkündigungsrecht aus wichtigem Grund gemäß 723 Abs. 1 Satz 3 Ziffer 2 BGB, das dem volljährig gewordenen Gesellschafter die Möglichkeit einräumt, die langfristige Planung der Nachfolgelösung zu unterlaufen. Lösung: Unattraktive Abfindungsklauseln Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 20
4. Was ist bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages zu beachten? a) Geschäftsführung und Vertretung Gesetzliches Regelstatut: - Gesamtgeschäftsführung bei GbR - persönlich haftender Gesellschafter bei KG Änderung bei GbR dringend anzuraten, entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag erforderlich Absicherung des Erblassers: Sondergeschäftsführungsrecht auf Lebenszeit Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 21
b) Verteilung von Gewinn und Verlust Gesetzliches Regelstatut: Richtet sich nach der jeweiligen Höhe der Beteiligung Abweichende Regelung bei allen Gesellschaftsformen möglich Absicherung des Erblassers: Sondergewinnbezugsrecht auf Lebenszeit Beispiel: Beteiligungsquote 10 %, Gewinnanteil 90 % Möglich auch Ausstattung des Gesellschaftsanteils des Erblassers mit Vorabgewinn. Sollte aber aus steuerlichen Gründen auf Lebenszeit beschränkt werden Gewinnbeteiligung der aufgenommenen Mitgesellschafter kann durch Vorbehaltsnießbrauch zugunsten Dritter belastet werden Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 22
c) Gesellschafterbeschlüsse Gesetzliche Regelung: Einstimmige Fassung von Beschlüssen bei Personengesellschaften Zulassung von Mehrheitsentscheidungen möglich; Besonderheiten bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages beachten ( Bestimmtheitsgrundsatz ) Mehrfachstimmrechte / Stimmbindungsvertrag / Stimmrechtsvollmacht Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 23
d) Kündigung und Übertragung von Gesellschaftsanteilen Wesentliches Motiv für die Gründung der Grundbesitzgesellschaft ist auch, dass Grundbesitz nicht zerschlagen oder aufgeteilt werden soll Kündigungsmöglichkeit wird durch die Vereinbarung längerer Kündigungsfristen eingeschränkt. Höchstgrenze: Schwierig, da eine höchstrichterliche Entscheidung nicht existiert. 30 Jahre wohl möglich. Freie Verfügbarkeit muss ebenfalls eingeschränkt werden. Bei Personengesellschaften schon kraft Gesetzes nur einstimmig möglich, bei der GmbH ausdrückliche Regelung notwendig Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 24
e) Todesfall Erforderlich auch Regelung für den Todesfall v bei GbR würde Gesellschaft aufgelöst v bei KG scheidet der Komplementär aus, bei dem Kommanditisten geht der Anteil auf den Rechtsnachfolger über v bei GmbH geht der Anteil auf den Rechtsnachfolger über Fortsetzungsklausel, Nachfolgeklausel, qualifizierte Nachfolgeklausel, Eintrittsklausel Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 25
f) Abfindung bei Ausscheiden eines Gesellschafters Bestand der Grundbesitzgesellschaft ist durch Zahlung von Abfindungen gefährdet Gesetzliche Regelung: Ausscheidender Gesellschafter erhält Abfindung in Höhe des Verkehrswertes des Anteils Hiervon abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag bei Grundstücksgesellschaften notwendig Beschränkungsmöglichkeiten der Abfindung Besonderheiten bei dem Ausscheiden durch Tod: Verzicht auf Abfindung kann wirksam im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 26
Handlungsempfehlungen Erhöhung der Bemessungsgrundlage (nicht so hoch wie erwartet, kann sich aber durch BVerfG noch ändern!) Rückforderungsklausen in Schenkungsverträgen laufen ins Leere Vorziehen geplanter Schenkungen bei Grundbesitz mit deutlicher Erhöhung der Bodenrichtwerte seit dem 1.1. 1996 Beteiligungen an vermögensverwaltenden, gewerblichen Personengesellschaften Mütze Korsch Düsseldorf 8. November 2006 27
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